Freitag, 30. Dezember 2011
Deine Mutter
Wußten Sie zum Beispiel, dass die Berliner Band Mutter ursprünglich mal Camping Sex hieß und sich mit ihrem endgültigen Namen erst seit 1986 schmückte? Ach ja, war bekannt? Glückwunsch, ich meinerseits habe diesbezüglich das bestmögliche, wenn auch traurige Alibi, in den Achtzigern noch auf der anderen Seite der Mauer zu hocken. Und da weder SFB noch RIAS aus dem Berliner Untergrund schöpften, gelangten Mutter erst spät, sehr spät in mein Plattenregal. Überaus freundlich deshalb, dass nun Gründungsmitglied Frank Behnke via Mauerstadtmusik ein Album zum 25jährigen Bandjubiläum kuratierte, bestückt mit Unbekannten, Raritäten und teilweise recht spektakulären Live-Mitschnitten, alles verpackt im geschmacklosen Tortenschachtelcover. Zugegriffen!
Donnerstag, 29. Dezember 2011
Glaubenssache
A.A. Bondy „Believers“ (Fat Possum)
Der schattig verhangene Elektro-Folk von Auguste Arthur „Scott“ Bondy, hat einen, gehört man denn zur Zielgruppe der Berufsmelancholiker, schnell am Haken. Die Mischung aus klassischem Spelunken-Country und schluchzendem Slowcore, versetzt wahlweise mit kratzigen Gitarren oder behutsam gestreuten Störgeräuschen und pochenden Beats – traurig, traurig und deshalb auch so schön. Den wenigsten exklusive des Rezensenten wird die frühere Band des Mannes aus Alabama ein Begriff sein – in den 90ern sang Bondy für die Grungekapelle Verbena, deren Bekanntheitsgrad mutmaßlich in direktem Zusammenhang zur Güte ihrer Songs stand. Ungleich besser jedenfalls das, was Bondy auf seinem dritten Soloalbum „Believers“ dem Hörer bietet und nicht allzu weit entfernt von der Klasse eines Ryan Adams oder Gus Black. Schillernde Gitarren vor taumelnder Noisekulisse bei „Down In The Fire“, vorsichtiges Zupacken bei „Skull & Bones“ oder „Drmz“, die Herzstücke „The Heart Is Willing“ und „Hiway/Fevers“ wegen ihrer düsteren Catchyness ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Zusammen mit seinen Mitstreitern Macey Taylor am Bass und Ben Lester am Schlagwerk gibt hier einer überzeugend den versonnenen und gefühlvollen Crooner. Dass ihm dafür die Frauenherzen zufliegen werden, kann als gesichert gelten, wenn sich zudem auch der eine oder andere harte Kerl verstohlen eine Träne von der Wange wischt, so muss er sich dessen beileibe nicht schämen.
http://www.aabondy.co/
Weiterwarten
Womöglich war es Romy Madley Croft, Jamie Smith und Oliver Sim etwas unangenehm, dass dieses alte Jahr so ganz ohne etwas Greifbares zu Ende zu gehen drohte, ohne etwas also, das nach Arbeit, nach Bemühen und Fortschritt aussah. Wohl deshalb stellten The XX kurz vor dem Silvester-Countdown dieses zweieinhalbminütige Demo "Open Eyes" ins Netz. Ein enigmatisches, formlos waberndes Etwas, dunkel dräuend, kein Beat, der Hintergrund ein rauschendes Auf und Ab - klingt wie früher und läßt sich doch als Orientierung für's neue Album kaum verwenden. Was nichts weiter heißt als: Weiterwarten.
Donnerstag, 22. Dezember 2011
Komplettierung
Das Jahr ist offenbar erst komplett, wenn The Weeknd das sagen – mit der Veröffentlichung ihres dritten Mixtapes „Echoes of Silence“ tun sie dies nun. Wie auch schon die beiden Vorgänger „House Of Balloons“ und „Thursday“ ist auch das neue Werk von Abel Tesfaye kostenlos auf seiner Website herunterzuladen. Dass es auch ohne Bezahlung wieder ein äußerst lohnenswertes Vergnügen geworden ist und also der Regel widerspricht, nur Teures könne auch Gutes sein, macht The Weeknd zu einem Dauerphänomen. Gleich zu Beginn eine feine Überraschung – Tesfaye startet den Reigen mit einer fetten Coverversion von Michael Jacksons „Dirty Diana“. Das folgende „Montreal“ mutet fast etwas fernöstlich an, ist ansonsten aber so smooth und brillant wie der Großteil der restlichen Stücke. Selten, dass es mal etwas derber wird, nach dem gut siebenminütigen „XO/The Host“ klopft es bei „Initiation“ mal etwas nachdrücklicher zu verfremdeten Vocals, auch „The Fall“ gefällt mit einem stumpfen, trockenen Beat. Getragen und feierlich geht es zu Ende, zu spärlichen Pianoklängen wärmt einem Tesfayes anrührender Bittgesang das Herz: „Baby please, would you end your night with me, don’t you leave me all behind, don’t you leave my little light ...“ Nun also: Das Jahr hat seine Schuldigkeit getan, das Jahr kann gehen. Download - hier.
Merry Christmas with Siri
"All I know ...
Die Frage, ob man mit ausgiebiger Vervielfältigung die allgemeine Erwartungshaltung so in die Höhe treiben kann, dass aus Gerüchten am Ende Tatsachen werden, läßt sich auf die Schnelle nicht beantworten - fest steht: Sicher nicht mit dieser Seite. Das SPIN-Magazine jedoch versucht derzeit hartnäckig, aus einer der heißesten Nicht-Meldungen eine Schlagzeile zu machen und mit etwas Getumble und Getwitter könnte am Ende vielleicht folgende kleine Sensation zu lesen sein: "The Digable Planets reunion is happening!"
Zweifellos würde die Rückkehr einer der best beleumundetsten Hip-Hop-Bands der 90er, des Trios The Digable Planets aus Brooklyn also, perfekt ins Bild passen - De La Soul, die dem Rap die Lässigkeit und den Spaß brachten, touren zur Zeit kräftig und Jazzeinflüsse sind wieder en vogue. Warum also sollten Butterfly, Doodlebug und Ladybug Mecca nicht noch einmal in den Ring steigen und versuchen, einen respektablen Nachfolger für ihre Meisterwerke "Reachin" (1993) und "Blowout Comb" (1994) zu basteln? Schaumermal.
Mittwoch, 21. Dezember 2011
Traurige Nacht
Kein Jahr mehr
Kompilieren wider Willen
Wieder eine Band also, mit deren Ableben man seinen Frieden mehr schlecht als recht schon gemacht hatte. In guter Erinnerung die Konzerte, auf denen man war und mit Wehmut an die gedacht, die man ausließ, weil man meinte, sie kämen ja bald wieder. Irgendwann kamen sie dann nicht mehr – Guided By Voices, wohl die wandelbarsten Vertreter des LoFi-Indierocks der beginnenden 80er, galten laut Gründervater Robert Pollard spätestens seit Mitte des Jahrzehnts als beerdigt. Umso größer die Freude über die diesjährige Meldung, dass sich die Originalbesetzung der 90er wieder mit Bühne und Studio zu befassen gedachte. Und nun, das Ergebnis mit „Let’s Go Eat The Factory“ (so gut wie) in den Händen, die Erkenntnis, dass sich eigentlich nicht geändert hat.
Guided By Voices anno 2011 klingen im Grunde so, wie sie es auf den unzähligen Alben und Songs der letzten Jahrzehnte schon taten: Ihre Platten hatten schon immer die unfreiwillige Anmutung von Compilationen verschiedener Schaffensphasen – die Stilvielfalt brachte sie dazu. Auch auf dem aktuellen Album hört man ein buntes Nebeneinander aus klassischem Indierock („The Head“, „God Loves Us“, „Cyclone Utilities“), zärtlichen, fast balladesken Tönen („Doughnut For A Snowman“, „Hang Mr. Kite“, „Who Invented The Sun“), knarzigem Blues („The Big Hat And Toy Show“) oder psychedelischen Ausflügen („Spiderfighter“, „Imperial Racehorsing“). Die Länge der Songs wie immer auf das Notwendigste beschränkt, das bissige Schlußstück „We Won’t Apologize For The Human Race“ nimmt hier mit vier Minuten die unangefochtene Spitze ein, andere Tracks bleiben mit gut dreißig Sekunden bloße Andeutungen.
Auch beim Inhalt der Stücke keine Auffälligkeiten – Guided By Voices frönen auch hier wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung, der fantasievollen Vertonung gedanklicher Einspalter. Eingebungen, Spinnereien, Kurzgeschichten, Miniaturen, Meditationen, wie immer man das nennen will, manchmal reicht eine einzige Zeile, um daraus und darum ein Lied zu stricken. Verschrobene Frauenzimmer („Everything goes right for her when everything goes wrong“/“Doughnut For A Snowman“), die Liebe des Amerikaners zum alten Europa („My Europa“), das Schicksal des „Chocolate Boy“ in der Sommerhitze – manches Mal erinnern die GbV unweigerlich und keinesfalls unangenehm an Ben Folds und seinen eigenwilligen Humor („The Unsinkable Fats Domino“). Eine Rückkehr ohne Enttäuschung also, besser kann das alte Jahr kaum enden.
Nicht zu bremsen
Mach mal locker
Dienstag, 20. Dezember 2011
Post mortem
Montag, 19. Dezember 2011
Ab jetzt: Zugabe!
Es war über weite Strecken natürlich nicht gerade ein Leckerbissen, eher das letzte Aufbäumen zweier saisonmüder Mannschaften kurz vor der Winterpause. Aber was die Jungs des FC St. Pauli heute daheim gezeigt haben, war so grundverschieden zur Leistung vom vergangenen Wochenende, dass man sich die Augen reiben musste: Aufopferungsvoller, leidenschaftlicher Kampf um wirklich jeden Ball, mit Herz und Tschauner verteidigt und nach vorn das wenige genutzt, was sich bot. Ein Billardtor mit Glück durch den Kapitän, danach aber ein fabelhafter Konter von Bartels und Kruse, sie haben sich diesen Sieg über die Frankfurter Eintracht redlich verdient. Mit 39 Punkten ist die Nichtabstiegsmiete drinnen, ab Anfang Februar geht's also um die Zugabe. Bis hierhin besten Dank - walk on!
Lass es, tu es
Donnerstag, 15. Dezember 2011
Der nächste Schritt
Im Februar 2010 noch auf einem Bandworkshop der Münchner Villa Stuck aus Anlaß der dortigen Ausstellung "343 m/s" von Cris Koch (Ricochet#1) die ersten öffentlichen Gehversuche unternommen und unter den Mitbewerbern bei nicht wenigen den besten Eindruck hinterlassen, mit "Can't Run Away" auf dem dazugehörigen Sampler "Sonic Stuck" vertreten - nun veröffentlichen die vier Jungens von Dave A Marat aus der Hauptstadt der Herzen ihre neue EP "King Of The Sun" mit Material der letzten zwei Jahre. Sechs Songs mit zarten Postpunkanleihen, nervös, verspielt, melodisch fein gewoben, nahe an den Foals zu Zeiten ihres Debüts "Antidotes". Reinhören beim Kollegen OhFancy.
Still dancing
Und wieder ein Duo, diesmal aber eines, was schon ein paar mehr Jährchen auf dem Buckel hat und nun mit einer fetten Überraschung um die Ecke kommt: Lisa Gerrard und Brendan Perry, seit 1981 unter dem Namen Dead Can Dance nicht nur Freunden mittelalterlicher, elektronischer Klänge ein feststehender Begriff, planen nach eigener Auskunft im kommenden Jahr, ihrer letzten offiziellen Studioveröffentlichung "Spiritchaser" aus dem Jahr 1996 (!) einen Nachfolger hinterherzuschicken. Damit diese Pause von mehr als portisheadscher (grmpf...) Dimension aber nicht zu quählend wird, gibt's kurz vor dem Jahreswechsel die kostenlose 4-Track-Live-E.P. "Live Happenings" zum Download. Darauf enthalten sind Stücke, die allesamt während ihrer letzten Tournee 2005 aufgenommen worden sind - namentlich "Nierkia", "Babylon", "Compassion" und "The Ubiquitous Mr. Lovegrove". Das alles bei schallgrenzen.de - feine Sache.
Justice [not] for all
Mittwoch, 14. Dezember 2011
Ganz die Alten
Dienstag, 13. Dezember 2011
Schwarze Liste
1. Adapt
2. Comet
3. Smash
4. Please Take
5. Kidney Bingos
6. Clay
7. Map Ref 41°N 93°W
8. Moreover
9. Two People In A Room
10. Down To This
11. Drill
12. Red Barked Trees
13. Pink Flag
Kraftmeierei
"Hey!" und "Ho!" mit Quietsche-Entchen
"It's over."
Sonntag, 11. Dezember 2011
Geschenkt
Eine Halbzeit zum Davonrennen, eine zum Haareraufen, am Ende die schlimmsten Befürchtungen erfüllt: Der FC St. Pauli läßt bei einem ebenfalls erschreckend schwachen FC Ingolstadt mit einer mehr als dürftigen Leistung drei Punkte und damit ein wirklich wunderschönes Weihnachtsgeschenk für die "Schanzer". Die ersten 45 Minuten waren an Harmlosigkeit kaum zu überbieten und die Leidensfähigkeit des Gästeblocks wurde auf ihre Belastungsgrenze hin getestet. Kalla ein Totalausfall, Naki nur beim Diskutieren ein ganz Großer, Tschauner dagegen mehrmals als furchtloser Punkteretter - es war kaum anzuschauen. Runde zwei brachte etwas Besserung, mehr Tempo und sogar die eine oder andere Chance. Genutzt wurde keine davon, fast schon zwangsläufig kurz vor Schluß die Strafe - ein dummes Tor zu einem dummen Zeitpunkt, mehr als ärgerlich.
Als Tagesausflug war's trotzdem ganz unterhaltsam, ein schönes Stadion, die wohl freundlichsten, weil unscheinbarsten Heimfans der 2. Liga und ein Kaffee, liebe Leute vom Catering, den man so wahrlich nicht nennen muß - wie um alles in der Welt bekommt man den so scheußlich hin? Ich für meinen Teil überlege ernsthaft, dem Verein eine eidesstattliche Erklärung zuzusenden, dass ich auf künftige Spielbesuche freiwillig verzichte, denn bei jedem der Ausflüge verlieren die Jungs ... Klar, Scherz. Ein dickes Plus zum Schluß noch an Fin Bartels, der als Einziger im Kader, neben Tschauner, Normalform zeigte, für den Ultra bleibt zudem der schwache Trost, dass Rostock mit dem Ingolstädter Punktgewinn nun Letzter ist. Den Rest, naja, vergessen wir mal besser schnell.
Freitag, 9. Dezember 2011
Körperverletzung?
Dos and Don'ts
Donnerstag, 8. Dezember 2011
L o L
"Here’s a fun one! Rolling Stone, everyone’s uncle’s favorite magazine, has just unveiled its year-end top-50 albums list, and there’s a lot to pick through here. The magazine named Adele’s 21 as its #1 album of the year, and that actually makes sense, since it’s pretty much everything Rolling Stone looks for in music: Incredibly popular, reverent toward boomer-friendly music history, steeped in outmoded ideas about musical authenticity ... The rest of the list, however, is just a fascinating mess, with the usual critics’ favorites sharing space with a ghastly collection of classic-rockist silliness ..."
Was haben wir gelacht: PJ Harvey allen Ernstes am Ende der TOP 50, deutlich hinter SuperHeavy ("near-universally-hated supergroup"/stereogum), den Foo Fighters, Lady Gaga und Paul Simon. Noch amüsanter wirds bei dem Single-Charts, da rangieren in den TOP 10 Beyonce ("Countdown"), Lady Gaga ("Edge Of Glory") und Britney (!) Spears (!!) mit "Till The World Ends" (!!!) hinter - klar, Adele "Rolling In The Deep" auf der 1. Hahaha - komplett: hier.
Stille Nacht
Dienstag, 6. Dezember 2011
Keine Mätzchen
Was diese beiden Jungs so sympathisch macht? Nun, da kommt einiges zusammen: Ihnen gelingt beispielsweise zu zweit und auf vier Spuren eine satterer, umfänglicherer Sound als mancher überproduzierten AG „Indierock“. Sie machen dazu kein Hehl aus ihren leicht angestaubten Vorbildern, was auch wenig Sinn ergäbe, da Jimi Hendrix, Led Zeppelin und die Jon Spencer Blues Explosion ohnehin aus jeder einzelnen Pore ihrer Alben keuchen. Weiter: Glatte, perfekte Produktionen sind den beiden Nordamerikanern ein Greuel, laut eigener Auskunft lieben sie es geradezu, räudig und „etwas abgefuckt“ zu klingen – eigene Fehler sind ihnen dabei stets willkommen. Sie machen es nicht länger und komplizierter, als es eben sein muss und Angst vor der griffigen Melodie und dem eingängigen Riff ist ihnen fremd. Wenn man nun noch erwähnt, dass die Black Keys wahrscheinlich die einzige Blues-Kombo sind, wo mit Patrick Carney ein bebrillter Nerd an den Trommeltöpfen sitzt, dann sollte ein für allemal klar sein: Die muss man lieben!
Alles Humbug natürlich – was zählt, ist die Musik. Klar. Doch auch da gibt es keinen Grund, seine Meinung zu ändern. Denn schließlich ist „El Camino“, das neue Album, keinen Deut schlechter als der blitzsaubere Vorgänger „Brothers“ – etwas anders, aber eben nicht schlechter. Es gibt wieder viel von diesem trockenen, rumpelnden Elektroblues, bei dem der Wüstensand durch die Boxen pfeift. Was vorher „Tighten up“ und „She’s Long Gone“ waren, heißt nun „Gold In The Ceiling“, „Hell Of A Season“ oder „Little Black Submarines“. Dass mancher Brocken („Money Maker“/„Run Right Back“) dabei auch problemlos zu den „Songs For The Deaf“ der Queens Of The Stone Age addiert werden könnte, stört nur unwesentlich, es zeigt nur, dass die Black Keys ihr Spektrum wieder um ein gehaltvolles Stück erweitert haben. Neben dem Stoner kommt auch der Tänzer nicht zu kurz, Sachen wie „Dead And Gone“ und „Nova Baby“ sind schon sehr lässig.
Sieben Alben also und alle von mehr als ordentlicher Güte, das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit und betrachtet man sich die einst so hoffnungsvollen Karrieren der Kings Of Leon, die ihren ehemals guten Ruf mit „Come Around Sundown“ leider versemmelt haben, oder auch Black Mountain, denen es nach „In The Future“ an zündenden Ideen mangelte – man kann „El Camino“ gar nicht hoch genug schätzen. Zeit also, den Wunschzettel für’s große Fest noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen, dieses Album muss, keine Frage, mit drauf!
http://www.theblackkeys.com/
Live dabei:
27.01.2012 Hamburg, Sporthalle
28.01.2012 Berlin, Arena
Freitag, 2. Dezember 2011
Der Gemütsmaler
Mit Kalkül braucht man diesem Mann nicht kommen, Vorsatz trifft es schon eher. Sicher, die Tage werden kürzer, die Abende kühler und dunkler, da will Freverts neues Album ganz gut hineinpassen – der ehemalige Sänger der Nationalgalerie ist jedoch Zeit seines Soloschaffens als Melancholiker ein Überzeugungstäter, seine Lieder funktionieren ebenso gut in einer lauen Sommernacht wie in wohliger Wärme auf der Flucht vor dem frostigen Draußen. Eine Flasche guten Roten zur Seite zu haben ist dabei bestimmt kein Fehler, auf redselige Gesellschaft zu verzichten kann auch nicht schaden, will man Freverts Gedankenbildern und -geschichten ungestört nachhängen.
Es gibt ja nicht viele hierzulande, die die hohe Kunst beherrschen, sich einer gepflegten und fantasievollen Sprache zu bedienen, ohne gleich gestelzt und prätentiös daherzukommen, Jochen Distelmeyer fällt einem da ein, Dirk von Lowtzow natürlich und Gisbert zu Knyphausen – in diese Reihe kann man Niels Frevert bedenkenlos stellen. Auch er wählt bewußt und behutsam die leiseren Worte, knüpft aus Alltagsbetrachtungen fein gesponnene Netze, in denen man sich gern verliert. Dass manches dabei etwas ungewohnt klingt – wer sonst verwendet schon Sachen wie „ich geh so für mich hin“ oder „Melodei“ – geschenkt, Frevert ist als Musiker ein Gemütsmaler, die eine oder andere Marotte sieht man ihm deshalb gern nach.
So sitzt man beinebaumelnd und offenen Ohres neben ihm, hört Versonnenes über Parkausflüge („Schlangenlinien“), die Albträume der Therapeutin („Frustrationstoleranz, Herr Frevert“) und eine angenehm unbeholfene Liebeserklärung an Zürich. Ein verschmitztes Grinsen schleicht sich ins Gesicht bei Zeilen wie: „... niemand wird kommen, dich zu retten wie einen Regenwaldquadratmeter oder ein WWF-Tier“ („1m2 Regenwald“) oder „Und wenn ich falsch, aber richtig lieg, liegt’s vielleicht an mir, ob Du mich verlegen machst, weil mir so viel liegt an Dir“ („Ich würde Dir helfen...“). Irgendwie verspürt man ständig den Drang, ihm beipflichten zu müssen – so nah scheint er am eigenen Empfinden entlang zu singen. Am Ende hockt man der Küche und meditiert über all der Unordnung („Küchensee“) den Sinn flüchtiger Begegnungen und verschenkter Möglichkeiten („Eines flüchtigen Tages...“).
Zum Einordnen: Den Verweis auf die Verwandschaft Freverts zu Bill Callahan hat ja vor Zeiten der Spiegel schon verbraten, auch wenn ihm dessen Bissigkeit noch etwas abgeht. Verglichen mit Axel Prahl, dessen erstes Album (Blick Aufs Mehr) mir kürzlich in die Hände fiel, ist das Gefälle – der Hieb sei erlaubt – aber doch schon erstaunlich groß: Hier die bedachte, ungekünstelte Art, jedes Lied, sowohl in Text als auch Begleitung, als ein eigenes wirken zu lassen, dort der laute Ausflug in brechtsche Gefilde, wo sich der verirrte Akteur selbst auf dem Cover noch zum Popanz macht. Bei „Bis mich jemand hört“ meint Frevert: „Das Leben ist hart, ich sehne mich so nach einem positivem Geräusch.“ – diese Platte ist weit mehr als das.
http://www.nielsfrevert.net/
Für Kurzentschlossene:
Donnerstag, 1. Dezember 2011
Nachsorge
Heureka! [updated]
Show Date: 1995-07-04
Venue: Fabrik [Hamburg]
Attendance: 1300
Played with: Schwartzenegger
Recorded by: Joey Picuri
Original Source: Cassette
Bei pitchfork.com findet sich im Übrigen ein längeres Interview mit Ian MacKaye zum Thema - lesen: hier.
Mittwoch, 30. November 2011
Catchy execution
In letzter Zeit liest man ja öfters das Wort „auserzählt“, gern in Verbindung mit Menschen, deren Gesicht und Geschichte man meint der Öffentlichkeit nicht mehr zumuten zu wollen, ohne sie über Gebühr zu langweilen. Die Geschichte der Roots ist nun keineswegs auserzählt, dafür sind die Jungs einfach noch viel zu gut, es ist nur leider so, dass dem Rezensenten bei der Frequenz, mit der die glorreichen Sieben aus Philadelphia Platten von ausgezeichneter Qualität veröffentlichen, so langsam die Worte auszugehen drohen. Ausgeschrieben also? Das ist natürlich kein wirkliches Problem, schon erst recht keines, mit dem sich die Roots herumschlagen müssen, aber es ist dennoch unheimlich, mit welcher Konstanz diese Band, die ja im Nebenberuf auch noch, quasi als geschmackvolle Variante der „Los Zerlettos“, allabendlich für Jimmy Fallon auf der Bühne schwitzt, erstklassiges Material abliefert.
Allein der Anfang von „undun“, welches als Konzeptalbum die Geschichte des fiktiven Charakters Redford Stevens nacherzählt, der Song „Sleep“ ist von so meisterhafter Güte, dass einem der Rest des Albums fast schon egal sein kann – butterweiche Beats, dazu das soulige Timbre von Aaron Livingston, hier beweisen die Roots Mut und unerschütterliches Selbstbewußtsein gleichermaßen. Denn so wie dieser Song ist auch der Rest der Platte von einer warmen, abgedimmten und dunklen Grundstimmung getragen und setzt somit den denkbar stärksten Kontrast zur erwartungsgemäß ziemlich düsteren Story. Auch die monochrom angelegten Videoteaser zu den einzelnen Stücken möchten kaum zu dieser entspannten, souligen Untermalung passen, exemplarisch zu sehen beim Visual zu „Make My“ – catchyness meets execution. Das ganze Konzept ist von einer fesselnden Eigenwilligkeit, die ihresgleichen sucht.
Die Songs ansonsten reduziert und sparsam instrumentiert - Piano, ein paar gezupfte Saiten, lässiger Beat und eine bestechende Gästeliste sorgen für den perfekten Flow: Bilal Oliver croont „The Other Side“ in traumhafte Höhen („We’re all on a journey, down the hall of memories, don’t worry ’bout what you ain’t got, leave with a little bit of dignity...“), für „Stomp“ wird mal etwas derber musiziert und gereimt – das bleibt aber die berühmte Ausnahme. Schon erstaunlich, wie angstfrei The Roots die knarzig rauchigen Monologe von Black Thought Song auf Song („Lighthouse“/“I Remember“/“Tip The Scale“, etc.) in anmutige Melodien verpacken, wie selbstverständlich ihnen mittlerweile der Spagat zwischen dem erwarteten und dem überraschenden Moment gelingt. Die Krönung des Ganzen natürlich zum Schluß: Die letzten vier Stücken mit einer Gesamtspiellänge von gut fünf Minuten belassen sie als kurze Instrumentals mit klassischer, manchmal recht wilder Anmutung, wobei „Redford“ ursprünglich von Sufjan Stevens‘ Album „Michigan“ stammt und für „undun“ vom Schöpfer selbst in Bandbegleitung noch einmal neu eingespielt wurde.
Sollte irgendwer in nächster Zeit noch einmal behaupten, Hip Hop wäre so tot wie der Rock’n’Roll (und selbst der ist ja nur mit dem Rollator unterwegs), dann kann man dem Unbelehrbaren zu den diesjährigen Glanztaten des Wung Tang Clan, von Tyler The Creator, Drake, Kanye, Jay-Z und Spank Rock getrost diese makellose Platte auf die „Must Hear“-Liste setzen, danach möge er für immer die Klappe halten.
Wiederholungstäter/in
Dienstag, 29. November 2011
Auf die Birne
Remix-Compilationen sind in der Regel keine Sachen, die man sich spätabends am lauschigen Kaminfeuer bei einem Glas heißer Honigmilch zu Gemüte führt. Das gilt im Allgemeinen und für die Heimwerkereien des Hamburgers Alexander Ridha alias Boys Noize im Speziellen. Denn wie nur wenige Kollegen liebt er den fetten, unmißverständlichen Haudrauf-Sound, der immer schön saftig auf die Birne gibt und selten danach fragt, ob die Mischung dem Original sonderlich gut steht. Andererseits gelingt Ridha durch diese nicht eben zimperliche Dekonstruktion auch manch feine Überraschung – so macht er aus Leslie Feists Leichtgewicht „My Moon, My Man“ einen knochenharten Elektrotrack und schraubt den bläßlichen Editors für „You Don’t Know Love“ etwas Groove unter die Haube.
Berührungsängste kennt er keine, von Indie über Hip Hop, Dance und Disko bis hin zum Gruselgoth eines Marylin Manson ist alles dabei, er zerlegt Sebastien Tellier ebenso wie Charlotte Gainsbourg und Chilly Gonzales. Besonders gehaltvoll ist er natürlich dann, wenn schon das Original die nötige Drehzahl aufweist – Paradebeispiel hier das hochgepitchte Vollgasgehechel für Depeche Mode’s „Personal Jesus“. Sein Ruf muß nach wie vor ein guter sein, wiederholt haben ihm zum Beispiel Spank Rock ihre Arbeiten zum finalen Mix überlassen – gerade erst das komplette Album „Everyone Is Boring And Everyone Is A Fucking Liar“. Not bad for a german guy, möchte man meinen.
Bis irgendwann - vielleicht.
Dann besser Sidolin
Montag, 28. November 2011
Götter für alle
Freitag, 25. November 2011
Oberpollinger 2011 - Longplayer
Kitty, Daisy And Lewis "Smoking In Heaven" ("I'm Going Back")
Wugazi "13 Chambers" ("Sweet Release")
Wilco "The Whole Love" ("Art Of Almost")
This beer's great, isn't it?
Donnerstag, 24. November 2011
Oberpollinger 2011 - Die Einzelteile
Bright Eyes „One For Me, One For You“
The Rapture „How Deep Is Your Love“
The Dodos „Black Night“
Boy „Waitress“
Wye Oak „Holy Holy“
Veronica Falls „Found Love In A Graveyard“
Arctic Monkeys „Love Is A Laserquest“
Azealia Banks „212“
Radiohead „Lotus Flower“
Mittwoch, 23. November 2011
Kraftwerky
Gegen Ende eines jeden Jahres ist natürlich auch der gemeine Blogger bestrebt, penibel Inventur zu machen, um den Laden ordentlich zu übergeben – und wenn’s auch nur an sich selber ist. Soll heißen, der Bestand wird noch einmal überprüft und kontrolliert, ob sich nicht irgendeine Nachlässigkeit eingeschlichen hat und beispielsweise ein Album grob fahrlässig übersehen worden ist. Größere Ausfälle sind auf den ersten Blick nicht zu beklagen, sieht man einmal davon ab, dass manch vorhersehbare Pleite unkommentiert und allzu Mittelmäßiges wachen Sinnes unerwähnt blieb.
Soft Metals aus Portland sollten jedoch keineswegs unter den Tisch fallen, auch wenn das Album schon im Herbst auf den Tisch kam. Das Elektronik-Duo, bestehend aus der Stimme von Patricia Hall und den Tastenanschlägen von Ian Hicks, hat sich nach einigen kleineren Anläufen nun an das größere Format gewagt und mit dem selbst betitelten Debüt einen recht gelungenen Arbeitsnachweis abgeliefert. Auch wenn die beiden in diversen Posts gern in die Wave-Ecke gestellt werden, so nutzen sie in ihren Stücken doch eher die klare, strukturierte Melodik von Vorbildern wie Kraftwerk oder den frühen Depeche Mode als die düster wabernden Stimmungsbilder.
Stücke wie „Voices“, „The Cold World Melts“ oder „Eyes Closed“ sind also durchaus tanzbare Kompositionen, der etwas in den Hintergrund gemischte Gesang macht sie zwar weniger präsent und punktiert im Vergleich zu den Düsseldorfer Vorbildern, verleiht ihnen dafür aber eine angenehm warme und entspannte Grundstimmung. Dass die Nische, in der sich Soft Metals mit ihrem Sound bewegen, überbelegt ist, kann man nun nicht gerade behaupten – in diesem Jahr meldeten sich hier mit den Berlinern Bodi Bill und Sean McBride alias Martial Canterel gerade mal zwei Mitstreiter. Kein Trend also, noch nicht, aber durchaus schon Potential. http://www.myspace.com/softmetals
[Auch gut – sechsminütiges Cover des Throbbing-Gristle-Songs „Hot On The Heels Of Love“ – hier.]
Nachschlag
Word.
Nicht schön, dass man bei der Freude über jemanden, der unpopuläre Dinge klar beim Namen nennt, unfreiwillig an den blöden BILD-Slogan denken muss, dass die Wahrheit immer jemanden brauche, der sie ausspricht. Schön aber, dass olle Weller Paule auf die Frage von shortlist.com nach dem Sinn des grassierenden Reunionisierens eine deutliche Antwort parat hat: "Money talks, doesn't it?” und "Hopefully I'll never be that skint, mate.”
Noch schöner, dass im März kommenden Jahres das nach “Wake Up The Nation” mittlerweile elfte reguläre Studioalbum von ihm zu erwarten ist. “Sonik Kicks” wird es heißen und den Song “Around The Lake” kann man im Netz schon mal probehören. Eine zwingende Meinung zur eigenen Produktion hat der Mann aus Woking natürlich auch: "I'm going to go out and play a classic album next year, but it'll be my fucking new one. Not one from 20 years ago."
Montag, 21. November 2011
Wiedergefunden
Klassik vor Welle
Zweimal perfekt
Freitag, 18. November 2011
For the crowd, for the wall
Neues aus Nashville
23.02. Berlin - Babylon
24.02. Berlin - Babylon
25.02. Dresden - Beatpol
26.02. Leipzig - Werk 2
29.02. Köln - Kulturkirche
10.03. Frankfurt - Union-Halle
14.03. Dornbirn - Spielboden
16.03. München - Kammerspiele
17.03. Düsseldorf - Zakk
27.03. Hamburg - Fabrik
28.03. Karlsruhe - Tollhaus
Donnerstag, 17. November 2011
Vollwaschgang
1. Gehört ein Tischstaubsauger zu deinem Küchenequipment?
2. Ziehst du Tierfilme einem Tatort mit der Begründung vor, das sei schon Aufregung genug?
3. Lehnst du den Besuch von Live-Konzerten grundsätzlich ab, wenn sich keine Sitzplätze buchen lassen?
Das Glastonbury-Festival im englischen Südwesten, als Spießer-Eldorado bei weitem nicht so bekannt wie für sein ausgezeichnetes Line Up und sein konstant mieses Wetter, möchte nun nach Auskunft seines Organisationschefs Melvin Benn und mit Zustimmung des Gründers Michael Eavis der zunehmenden Betagtheit seiner Besucher Tribut zollen und künftig Waschmaschinen auf dem Gelände aufstellen lassen. Zitat: „Older fans are getting far more demanding and we have to respond. That means better toilets and now washing machine facilities.”
Ab dem Jahr 2013 also, dem nächsten Big Bang auf Worthy Farm, darf sich der in die Jahre gekommene Besucher also bedenkenlos im Matsch suhlen, weiß er doch, dass am Ende eines langen Tages ein geeigneter Waschvollautomat, im günstigsten Falle mit integriertem Trockner, die Klamotte wieder auf neu wienert, porentief natürlich und aprilfrisch. Und da wird immer behauptet, für ältere Menschen gäbe es keinerlei erfreuliche Nachrichten mehr ...
How I learned to hate Rock'n'Roll
VERYRELEASEDISCOALTERNATIVEYES