Mittwoch, 21. Dezember 2011

Kompilieren wider Willen



Guided By Voices „Let’s Go Eat The Factory“ (Fire Records)
Wieder eine Band also, mit deren Ableben man seinen Frieden mehr schlecht als recht schon gemacht hatte. In guter Erinnerung die Konzerte, auf denen man war und mit Wehmut an die gedacht, die man ausließ, weil man meinte, sie kämen ja bald wieder. Irgendwann kamen sie dann nicht mehr – Guided By Voices, wohl die wandelbarsten Vertreter des LoFi-Indierocks der beginnenden 80er, galten laut Gründervater Robert Pollard spätestens seit Mitte des Jahrzehnts als beerdigt. Umso größer die Freude über die diesjährige Meldung, dass sich die Originalbesetzung der 90er wieder mit Bühne und Studio zu befassen gedachte. Und nun, das Ergebnis mit „Let’s Go Eat The Factory“ (so gut wie) in den Händen, die Erkenntnis, dass sich eigentlich nicht geändert hat.

Guided By Voices anno 2011 klingen im Grunde so, wie sie es auf den unzähligen Alben und Songs der letzten Jahrzehnte schon taten: Ihre Platten hatten schon immer die unfreiwillige Anmutung von Compilationen verschiedener Schaffensphasen – die Stilvielfalt brachte sie dazu. Auch auf dem aktuellen Album hört man ein buntes Nebeneinander aus klassischem Indierock („The Head“, „God Loves Us“, „Cyclone Utilities“), zärtlichen, fast balladesken Tönen („Doughnut For A Snowman“, „Hang Mr. Kite“, „Who Invented The Sun“), knarzigem Blues („The Big Hat And Toy Show“) oder psychedelischen Ausflügen („Spiderfighter“, „Imperial Racehorsing“). Die Länge der Songs wie immer auf das Notwendigste beschränkt, das bissige Schlußstück „We Won’t Apologize For The Human Race“ nimmt hier mit vier Minuten die unangefochtene Spitze ein, andere Tracks bleiben mit gut dreißig Sekunden bloße Andeutungen.

Auch beim Inhalt der Stücke keine Auffälligkeiten – Guided By Voices frönen auch hier wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung, der fantasievollen Vertonung gedanklicher Einspalter. Eingebungen, Spinnereien, Kurzgeschichten, Miniaturen, Meditationen, wie immer man das nennen will, manchmal reicht eine einzige Zeile, um daraus und darum ein Lied zu stricken. Verschrobene Frauenzimmer („Everything goes right for her when everything goes wrong“/“Doughnut For A Snowman“), die Liebe des Amerikaners zum alten Europa („My Europa“), das Schicksal des „Chocolate Boy“ in der Sommerhitze – manches Mal erinnern die GbV unweigerlich und keinesfalls unangenehm an Ben Folds und seinen eigenwilligen Humor („The Unsinkable Fats Domino“). Eine Rückkehr ohne Enttäuschung also, besser kann das alte Jahr kaum enden.

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