Dienstag, 20. April 2010

Gehört_131



Paul Weller „Wake Up The Nation“ (V2)
Dass ein Mann wie Paul Weller, der in diversen Nachschlagewerken neben Herren wie Brown und Cash schon in der Topkategorie „Godfather of ...“ geführt wird und noch dazu mehrmals öffentlich schamlos mit den Gebrüdern Gallagher fraternisiert hat, dass so ein Mann keine Versagens- und Berührungsängste kennt, dürfte jedem klar sein. Nicht ganz so wohlmeinende Menschen haben allerdings nach seinen letzten Veröffentlichungen (vorerst kleinlaut) behauptet, der Kerl habe ein Motivations-, schlimmer noch, ein Kreativitätsproblem. Nichts, aber auch wirklich gar nichts davon ist auf „Wake Up The Nation“ zu hören, man möchte im Gegenteil sogar kühn behaupten, Weller klang selten so laut, so frisch und – ja, straight. Man muss sich wirklich fragen, in welchen Jungbrunnen er wohl gefallen ist, denn Song auf Song holt Weller Überraschendes aus der Wundertüte, läßt nichts aus und hält dieses Tempo bis zum Ende der sechszehn Stücke auch tatsächlich durch. Mit „Moonshine“, „Wake Up The Nation“ und „Fast Car, Slow Traffic“ ist er so nahe bei The Jam wie selten zuvor, bei „Two Fat Ladies“ regelt er am Ende sogar die Drehzahl noch um eine punkige Spur höher. Dazu gibt es erstklassigen Northern Soul (No Tears To Cry), Progrock (Andromeda) und selbiges in der psychedelischen Breitwandvariante (Find The Torch, ...), wo selbst ein „Schalala“-Refrain irgendwie charmant wirkt, aufgepimpten 70s-Rock bei „7&3 (Is The Strikers Name)“ und „Up The Dosage“, Instrumentals, Swing und Shuffle (Aim High, Trees) – die ganze Palette, das volle Programm. Deutlich zu hören, dass da jemand mit viel Spaß bei der Sache war. Dass der Mann sich nun auf seine alten Tage auch noch zum politisch ambitionierten Protestler mausert, nur weil der Plattentitel diese Vermutung hergibt, ist nicht zu erwarten – dafür gehört er wohl schon zu lange zum hippen Establishment und möchte sicherlich auch dem Kollegen Billy Bragg seinen Job nicht streitig machen. Wohl dosierter Sarkasmus und beißende Ironie bleiben also eher die Waffen seiner Wahl. Musikalisch jedenfalls muß sich Weller mit dieser Platte nirgendwo hinten anstellen. Wenn er sich nur dieses lästige Gepose mit dem Britpopkindergarten schenken würde ...
http://www.paulweller.com/

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