Holy Esque
„At Hope’s Ravine“
(Beyond The Frequency)
Sie haben einen lange warten lassen. 2011 tauchten Holy Esque mit ersten Demos in der Öffentlichkeit auf, wieder zwei Jahre darauf vermeldeten die Netzportale ein angeblich bevorstehendes Album – es sollte bis heute und einige Singles und EPs mehr dauern, bevor das Langspieldebüt des Quartetts aus Glasgow realisiert werden konnte. Nun will das in Zeiten viraler Netzstrategen und so cleveren wie hungrigen Marketingabteilungen so gar nicht zum allgemeinen Hoppladihopp des umtriebigen Medienbetriebs passen (was die Sache nachträglich in einem sehr sympathischen Licht erscheinen läßt), man wundert sich also und freut sich ehrlichen Herzens über den längst fälligen Einstand. Der geschilderten Historie ist es geschuldet, dass dieser nun natürlich nicht mehr ganz so taufrisch rüberkommt – die Jungs hatten ja Zeit, über die Jahre ein paar Stücke zu sammeln und so sind ganz sechs der elf Songs einigermaßen bekannt und mit „Rose“, „Tear“ und „St.“ auch die ersten Gehversuche der Band auf der Platte vertreten.
Was überhaupt nicht schade ist, denn schon früh zeigten Holy Esque eine beeindruckende Qualität, die sie sich bis heute uneingeschränkt bewahrt haben. Hervorstechendstes Merkmal ist sicher des Sängers markante Stimme – Pat Hynes‘ Organ führt die Erinnerung zurück in die Zeit der Tonbandkassetten: Wenn damals böswillige Geschwisterkinder oder zerstörerische Bandfressgeräte die Lieblingstapes verknitterten, versuchte man diese in seiner Not behutsam über warme Glühbirnen zu ziehen und so mehr schlecht als recht zu glätten – hörte man sich das Band hernach wieder an, klang das ungefähr so schief und schlingernd wie Hynes heute. Und wie das mit Alleinstellungsmerkmalen nun mal so ist, sie machen den Unterschied, die Stücke bekommen durch diese Eigenart eine so noch nicht gehörte Fiebrigkeit und Intensität und Holy Esque wären gut beraten, dies auch so beizubehalten (Wie auch sonst – wer wollte sich zum Beispiel Jürgen Vogel mit einer Raabsche Kauleiste vorstellen…?!).
Zurück zur Musik. Die Band bevorzugt hier eher das große „Orchester“ – neben einer Reihe elektronischer Texturen dominieren die schweren, mitunter auch mächtig lärmenden Gitarrenwände. Melodische Hooks und leisere Töne gibt es eher selten, der Sound kracht und knirscht im Dunkel und Hynes setzt sein unfreiwilliges Vibrato obenauf. Textlich bewegt sich das alles zwischen Selbstzweifeln, Liebe, Angst und Einsamkeit, gespeist aus einer Jugend in East Kilbride, einer kleinen und ziemlich grausigen Glasgower Vorstadt, die weit davon entfernt ist, Heranwachsenden ein Sehnsuchtsort zu sein und einem wie so oft nur die Wahl läßt zwischen Flucht oder Kapitulation. Dieses Spannungsverhältnis übersetzen Holy Esque auf das Trefflichste in Wort und Ton und fügen noch ein paar fiktive Geschichten mehr hinzu, die Themen wie Religion (“St.”) und Prostitution (“Doll House”) mit den eigenen Erfahrungen versuchen zu verbinden. “Das Warten hat sich gelohnt” ist nun wirklich eine denkbar platte Floskel, hier aber trifft sie punktgenau zu. http://athopesravine.tumblr.com/
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