Glitterbust
„Glitterbust“
(Burger Records)
Vielleicht sollte man das an dieser Stelle noch einmal erwähnen: Wo der Popmusiker um Anerkennung und Breitenwirkung bemüht ist, zählt für den Künstler zunächst einmal die Verwirklichung der eigenen Idee, die mit Macht nach außen dringt und deren Befreiung dem Schöpfer ein dringendes, nicht selten sogar körperliches Bedürfnis ist. Was jetzt so schwülstig klingt, hilft für das Verständnis so manchen Werkes und erspart die eine oder andere Enttäuschung. Denn dass Kunst auch gefällt ist mitnichten eine Selbstverständlichkeit, oft will sie gerade das überhaupt nicht, meist ist sie mit viel Arbeit, Mühe, Anstrengung und Geduld verbunden. Nun wissen wir, dass Kim Gordon heute nicht einfach nur mehr das „Girl In A Band“ wie zu Zeiten von Sonic Youth ist, vielmehr teilt sich die Musikerin in ihr den Platz mit der Autorin, der Feministin, der Modemacherin, der Schauspielerin und der zeitgenössischen Künstlerin. Es war also nicht damit zu rechnen, dass ihr neuestes Projekt Glitterbust als leicht bekömmlicher Starbucks-Jingle oder Retrorock-Aufkoche daherkommt. Und in dieser Hinsicht teilt sich die etwaige Enttäuschung gerecht auf beide Lager auf, denn auch die Fans von Partner Alex Knost sollten besser keinen Tomorrows-Tulips-Aufguss erwarten.
In der Kunst sind Wiederholungen, sieht man mal von Andy Warhol und einigen wenigen Gegenbeispielen ab, ja eher unerwünscht, entsprechend unhandlich und sperrig klingt das vorliegende Album und geht so jedem Verdacht auf Repetition aus dem Weg. Der Sound von Glitterbust läßt sich maximal mit Gordons zweitem Teilzeitjob Body/Head (zusammen mit Bill Nace) vergleichen – ähnlich wie auf deren Debüt „Coming Apart“ wird Musik hier eher als Teil eines medialen Gesamtkonzepts begriffen. Bilder und Töne sind dazu angehalten, den Film im Kopf des Zuhörers anzustoßen, zu illustrieren und als Inspirationsquelle für weitere, zuvor vielleicht gänzlich unerwartete Assoziationen zu dienen. Das Handwerkszeug dazu ist gleichwohl das bekannte, gewaltige Feedback-Wände werden von Gordon und Knost in den fünf Stücken aufgezogen, die Gitarren wabern, rauschen, kreischen und rumoren (fast ausnahmslos ohne Schlagzeug) und die wenigen Vocalparts erschöpfen sich in eingespielten Rezitativen oder Gordons weitgehend unverständlichen, taumelnden Gesangsflicken.
Wer Angst hat, er oder sie müsse nun komplett auf jegliche Melodie verzichten, darf beruhigt sein - es reihen sich in den teils überlangen Soundcollagen eine Vielzahl erstaunlich eingängiger Klänge aneinander und entwickeln reichlich Spannungsmomente, nur verbleiben diese eben als skizzenhafte Andeutungen und Teil eines chamäleonhaften Ganzen. Nicht vergessen werden soll natürlich auch der visuelle Part – für „The Highline“ gibt es schon eine erste Videoarbeit, verantwortet von Thomas Campbell, in welcher der Regisseur unscharfe, nächtliche Stadtansichten mit Aufnahmen des musizierenden Duos verschneidet, Ungefähres und Metaphorisches also auch hier. Eine einfache Platte ist das also weiß Gott nicht geworden, wer sie aber nicht böswillig als Umbaupausen-Mitschnitt oder Pedal-Fetisch beiseite legt, sondern ihr dagegen bei entsprechender Lautstärke die nötige Zeit gönnt, wird überrascht sein, welche Wirkung strukturierter, fantasievoller Lärm wie dieser zu entfachen in der Lage ist.
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