Mittwoch, 7. November 2012

Zur Hölle mit Irgendwie

Feine Sahne Fischfilet 
„Scheitern und Verstehen“
(Audiolith)

Bei der Stichwortkombi „deutsch“, „Punk“ und „politisch“ winken hierzulande viele Menschen gelangweilt ab und bekommen das große Gähnen – Begründung: Braucht doch kein Mensch mehr, gibt’s Wichtigeres, bin doch schon auf dem Verteiler von Greenpeace/Avaaz/Occupy/Dingsbums..., hab doch einen Facebook-Account und so munter weiter. Dass es in Deutschland sehr wohl Regionen gibt, wo das öffentliche Bekenntnis zum antifaschistischen Liedgut eine ernsthafte, weil lebensbestimmende Komponente besitzt, ist vielleicht bei zunehmender Landflucht und dem trügerischen Schein der sozialen Vernetzwerkung etwas aus dem Blick geraten. Reden wir dennoch von  national befreiten Zonen, von der Dominanz rechter Jugendkultur oder auch nur von Landstrichen, wo die Wahl des falschen Fussballvereins bereits ein Gesundheitsrisiko darstellt.

Reden wir also von Feine Sahne Fischfilet, jener Band aus den Weiten Mecklenburg-Vorpommerns, seit 2007 im Geschäft. Zwei ihrer drei Alben wurden noch von einer fränkischen Kleinstfirma vertrieben, nun sind sie bei Audiolith unter Vertrag. Man darf diese Partnerschaft fast schon zwangsläufig nennen, gehört doch das Label aus Hamburg ebenfalls zu jenen, die bei entscheidenden, meint tagespolitischen Fragen auch mal den Mund aufbekommen, also mit ihrer Meinung nicht hinterm Deich halten, denen laut und deutlich also lieber ist als leise und irgendwie. Das Gute an FSF: Sie meinen es ernst. Man muß nicht aus dem Osten kommen (gleichwohl hilft es) um zu wissen, dass diese Art von Stellungnahme, die die Jungs auf „Scheitern und Verstehen“ betreiben, nicht nur – wie geschehen – den Verfassungsschutz auf den Plan ruft, sondern dass eine Menge Mut dazugehört, so unverstellt mit seiner Meinung hausieren zu gehen. Also nix Folklore- oder Feierabendpunk.

Auch schön: Hier wird nicht blind um der maximalen Schlagzahl willen geknüppelt, zu fast allen Songs des Albums werden zum Geschrammel leckere Bläsersätze gereicht, ein bisschen Ska also, ein bisschen gute Laune, wenn’s denn schon immer in der Tristesse enden soll („Dorffeste...“). Weiterhin haben wir: mächtig viel Wut („Stumpfe Parolen“, „In unseren Augen“), ein zünftiges Sauflied („Dienstag Nacht“), Rockmucke mit Gastgesang („Dreieinhalbmeter...“ feat. Marie Curry/Neonschwarz) und durchaus auch mal Besinnliches („Mit Dir“, „Weit hinaus“), letzteres könnte man zusammen mit „Wasted in Jarmen“ ganz vorsichtig auch als eine Art Heimatmelodie bezeichnen.

Auch wenn man nicht jede Textzeile der sechs mitgehen kann – „Gefällt mir“ ist so platt wie der Topf zu groß, in den dabei alles geschmissen wird, aber wir reden hier schließlich nicht über Blumfeld. Es passt zum Selbstverständnis der Band, dass „Scheitern und Verstehen“ just am 9. November in die Läden kommt, einem Tag also, dem in Deutschland gleich zwei gewichtige Rucksäcke aufgehängt sind: Man gedenkt, wenn man einigen Grips in der Birne hat, den Nazipogromen aus dem Jahr 1938 und hat auch an das Jahr 1989 im Kopf, ein Jahr also, das diesem Land neben einem „mehr“ an Fläche und manch gutem Grund zum Feiern auch ein nicht wegzudiskutierendes „mehr“ an gemeinsamen Problemen gebracht hat. Wenn Feine Sahne Fischfilet nicht die einzigen bleiben, die das im Auge behalten, dann ist doch schon was gewonnen. http://feinesahnefischfilet.blogsport.de/

Für alle, die gleich richtig einkaufen wollen - da gibt's Plastik, Vinyl und Drumherum.

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