„Los mas bleibm“
(Trikont)
Am Ende sind sie alle g‘scheiter. Da kommen die Klugscheißer um die Ecke geschlurft und wollen es schon vorher gewusst haben. Dass die Neigungsgruppe alsbald das Zeitliche segnet und Schluss macht, das – bitteschön – hätte man doch aus den Texten schon herauslesen können. Ja wie denn, verdammt, wenn doch fast jedes ihrer eigenen und angeeigneten Stücke ohnehin den Verfall, den Abschied, das Verlassen und das Aufgeben besingt. Gut, als sie sich vor Zeiten für „Oh, dieser Sound“, den Superpunk-Gedächtnissampler, deren Song „Das Feuerwerk ist vorbei“ griffen und dieses eigentlich recht flotte Stück in eine grabeskalte Trauerweise umwidmeten, da hätte man das als Vorgriff auf Späteres nehmen können. Hätte, vielleicht.
Nun, da das neue, dritte und letzte Album erscheint, sind die Zeichen natürlich nicht mehr zu übersehen: Der charmant abgewandelte, natürlich größenwahnsinnige Beatles-Titel, vor allem aber die Songs selbst lassen gar keinen anderen Schluß zu, als dass diese Rezension nurmehr ein Nachruf werden kann. Was soll denn noch kommen nach Zeilen wie „Du liegst da und kannst di net rühren, die Würmer krallen dir in's Hirn, und sie dinieren“ (I lieg am Ruckn)? Die stammen vom Ludwig Hirsch, dem Meister aller bodenlosen Schwärze, und der schaut bekanntlich auch nicht mehr so lebendig aus.
Es mischen sich in gewohnter Weise die selbstkomponierten Sachen wieder mit denen, die ihnen so nahe gehen, dass sie für’s gepflegtere Leiden flugs ins Wienerische übereignet werden mussten. „Foi Na Cruz“ von Nick Cave dreht am Grab die erste Runde („Foi net um“), bevor die Totenglocken, frei nach Lana Del Reys „Video Games“, der jämmerlichen Leere und Sprachlosigkeit vereinsamter Zweisamkeit heimläuten. Auch mit den „Eskimo Girls“ wird’s einem nicht wärmer, das „Leben ist nur noch ein Pannenstreifen“, da ist nichts mehr peinlich, alles albern, Goodbye mühsam bewältigter Anstand, Servus Selbstachtung, Ciao baba...
„Keiner kommt hier lebend raus“ heißt es in der „Bar zu den sieben Plagen“, damit ist das Ziel resp. Ende schon mal grob umrissen, weiter „Baby don’t cry, ‘cause closing time is near“, Trost ist kaum zu finden, man greint (besser: reart) ungehört und als letzter Halt bleibt einem das abgestandene Bierglaserl am Tresen. „I hob an Grund“, wiederholt begleitet von Anja Plaschg (Soap&Skin), greift einem tatsächlich ans Herz – das ehrwürdige „I Found A Reason“ der Velvets macht hier auf tränenersticktes Drama („grundlos trauert i mi net singen“), von Leichtigkeit keine Spur. Ähnlich ergeht es darauf dem „Better Man“ von Robbie Williams, der durch „verbranntes Land“ stolpert und alle Hoffnung schon hat fahren lassen. „Emotionales Covern“ nennt das FM4-Moderatorengespann dieses Einverleiben und Umarbeiten, zuweilen ist es nicht weniger als ein vertonter Albtraum.
Schonung ist nicht in Sicht – die Stimmbänder werden ebenso malträtiert („Lenzibald“) wie die Gitarrensaiten, wenn zu meistenteils düsterem, künstlichem Geplucker plötzlich die Akkorde kreischen, so erhält selbst Nirvanas „School“ („Bleach“) als „Geh Kumm Hearst!“ die Weihen mundartgerechten Transformation. Am Ende („Wüde Hund“) stehen sie alle, a wild bunch – fürwahr, ein letztes Mal am Grabe von Sam Peckinpah, dem Paten aller Verwahrlosten, verheulter Säuferkitsch, der im Spanischen noch eine Spur wehmütiger klingt, es sei ihnen gegönnt. Eine Handvoll Erde dazu, „a salzige Träne“ (Hirsch) hinterher, es war uns eine Ehre, farewell. (Neigungsgruppe bei Trikont)
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