Die Ärzte, Comback-Tour
Augsburg, Schwabenhalle
23. 10.2012
Wo anfangen? Vielleicht beim Aufhören. Das taten die Ärzte nach knapp 40 Liedern und drei Stunden Spielzeit. Respekt! möchte man meinen. Auch wenn es bei den dreien eher Regel denn Ausnahme ist – länger spielt eigentlich nur der Boss aus New Jersey – man kann es ihnen dennoch nicht hoch genug anrechnen, dass sie sich mit umgebauter Setlist nach diesem Sommer noch einmal in die unwirtlichen und zugigen Mehrzweckhallen des Landes wagen, in diese schwer bespielbaren, uncharmanten Zeitgeistwürfel namens MCC, ISS, Europa- und eben Schwabenhalle. Gut deshalb auch, dass weder Publikum noch Band an diesem Abend bereit waren, sich von den widrigen Bedingungen großartig beeindrucken zu lassen – wie all jene Musiker, die ihre treue und eingeschworene Anhängerschaft aus den 80ern in die Jetztzeit mitzunehmen verstanden, ähneln ein solches Konzerte ohnehin eher einem liturgischen Hochamt, funktioniert es über Rituale, einstudierte Wechselgesänge und ist in diesem speziellen Fall noch mit allerlei spaßigen Zoten angereichert, die nur bedingt für den Einzug ins Himmelreich taugen.
Die gut 7.000 da unten sind ja größtenteils mit den Dreien da oben stetig mitgewachsen, spaßbereit und spätpubertär, wenn’s drauf ankommt, mit dem nötigen Ernst und fein dosierter Wut, wo’s nötig ist, nie dümmlich, immer hellwach – so spielt sich die Berliner Rockmaschine vor dankbaren Fans durch’s mehr als umfangreiche Lebenswerk. Dass bei der Unmenge an Material so mancher liebgewonnene, alte Song und auch das eine oder andere neue Stück („M&F“, „Himmelblau“) aus der Liste gekegelt wurde – das alte Lied und Leid. Dass aktuelle Sachen, schon auf dem Album eher schwach („Angekumpelt“, „Tamagochi“), nur gebremste Euphorie entfachen konnten – auch geschenkt.
Das Gros jedenfalls konnte sich sehen und hören lassen, die drei Zugabenblöcke, vollgepackt mit Selbstläufern („Junge“, „Unrockbar“, „Manchmal haben Frauen...“) sowieso, zur Hochform laufen Bela, Rod und Farin vor allem als gegenseitige Stichwortgeber im Liedpausen-Pingpong auf, hier zeigen sie wahre Entertainerqualitäten. Die Muppetshow allgegenwärtig, Seitenhiebe auf die Hosen, Maffay und Scooter (sie dürfen das), beinhartes Training für die richtige Choreo (Wedeln und Schwäneln beim „Waldspaziergang“), man wird sie ewig dafür lieben. Den „Schrei nach Liebe“ im Herbst aus dem Mittelteil wieder kurz vor‘s Ende zu setzen war sicher auch keine falsche Entscheidung, besser kann man einen Punkt nicht unters Ausrufezeichen setzen. Der Schluß dann für die Träne im Knopfloch: „Gute Nacht, auf Wiedersehn, schöne Grüße an Mami und Papi. Sagt zu Haus‘: ‚Es war sehr schön!‘“ – da wurde es einem ganz klamm um’s Herz. Sie sind halt doch die Besten.
Auch schön: Ärzte vs. Deichkind vs. Bonaparte:
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