Radiohead „The King Of Limbs“ (Sandbag)
Bei Versuch, wissbegierigen Dritten die eigene Passion für Radiohead zu erklären, wird das Gespräch in der Regel erstmals ins Stocken geraten, wenn man sich erfolglos müht, für ihren Stil eine halbwegs schlüssige Beschreibung zu finden. Und auch wenn ihnen auf dem großen Tableau der Geschichte der populären Musik, untermauert durch das ehrfürchtige Lob der Kollegen, anerkanntermaßen eine eigene Kategorie zustünde, greifen die handelsüblichen Muster hier nicht. Von klassischem Indierock haben sie sich, spätestens mit ihrem Jahrhundertwerk „OK Computer“, endgültig verabschiedet, Tanzmusik wollte es niemand ernsthaft nennen, und das Etikett „Elektronisch verstärkter Klagegesang“ trifft auch nur auf wenige Titel des beachtlichen Katalogs zu.
Martin Stempfhuber meinte in einer ungewohnt verbraucherfreundlichen Rezension in der Süddeutschen, Radiohead lieferten die „idealtypische Hintergrundmusik einer komplexen Internetgesellschaft“, das mag zwar etwas emotionslos klingen für eine Band, die ihre Anhängerschaft vor allem mit berührendem Habitus an sich zu binden weiß, trifft aber im Kern fraglos zu. Erstaunlich in diesem Zusammenhang auch, das Radiohead über Jahre Elogen und Lobeshymnen für ein Werk einfahren, welches sich mit der Zeit von klassischen Strukturen eines Popsongs komplett gelöst hat und größtenteils skizzenhafte, fragmentarische Arbeiten aufweist, versehen mit einer ganz und gar seltsamen und ungewöhnlichen Dramaturgie.
Auch die neue Platte macht da keine Ausnahme, die acht Stücke stammen allesamt aus dem von Thom Yorke oft beackerten Graubereich zwischen künstlich-künstlerischem Gefrickel, symphonischen Bruchstücken und akkustischer Reduktion. Und weil Radiohead nicht der Kaste der Erwartungserfüller angehören, starten sie „The King Of Limbs“ mit einem wuselig ausgefransten „Bloom“ – jede andere A&R-Abteilung als die eigene hätte wahrscheinlich schon jetzt entmutigt die Hände zum Himmel geworfen. Auch „Feral“ und „Little By Little“ gehen diesen Weg, der allgegenwärtige Dubstep läßt die Drumpads pochen und allerlei melodische Versatzstücke und verfremdete Sprachfetzen fliegen einem um die Ohren.
Die schier unfaßbare Erhabenheit, so hochtrabend darf man das schon mal benennen – das Radiohead-Ding also, bekannt von Stücken wie „Pyramid Song“, „Everything Is In The Right Place“ oder „Exit Music“ – dieses wohlige Schaudern gelingt ihnen dann bei „Codex“ und „Give Up The Ghost“, zwei Balladen mit überwiegend analoger Grundierung und weniger Zierrat. „Lotus Flower“, als erste offizielle Auskopplung ja schon etwas eher auch in visualisierter Form zu bestaunen (Yorke als fiebrig tanzende Mischung aus Edward Scissorhands und Karl Dall), ist wahrscheinlich der konventionellste Song der Platte und gleichwohl ein sehr guter. Es folgt noch „Morning Mr. Magpie“ mit sexy Gitarrenpicking und einer beachtlichen Portion Funkyness und das Schlußstück „Seperator“ als Reprise des bisher gehörten.
Das Distributionsmodell ist ja nach dem umstrittenen „Zahl doch was Du willst!“ vom Vorgänger „In Rainbows“ wieder auf feste Bezugsgrößen hin angepaßt worden, nach dem zweifelhaften Erfolg der Aktion und der nach wie vor grassierenden Mitnahmementalität im Netz sicher eine weise Entscheidung. Wenn man nicht gerade die selbstkompostierende Ökoedition wählt, bekommt man für gut 10 Euro am Ende zwar keine überragende, so doch eine typische und gelungene Radiohead-Platte. Ketzerisch gesprochen also eine gute Geldanlage ...
http://www.radiohead.com/
Bei Versuch, wissbegierigen Dritten die eigene Passion für Radiohead zu erklären, wird das Gespräch in der Regel erstmals ins Stocken geraten, wenn man sich erfolglos müht, für ihren Stil eine halbwegs schlüssige Beschreibung zu finden. Und auch wenn ihnen auf dem großen Tableau der Geschichte der populären Musik, untermauert durch das ehrfürchtige Lob der Kollegen, anerkanntermaßen eine eigene Kategorie zustünde, greifen die handelsüblichen Muster hier nicht. Von klassischem Indierock haben sie sich, spätestens mit ihrem Jahrhundertwerk „OK Computer“, endgültig verabschiedet, Tanzmusik wollte es niemand ernsthaft nennen, und das Etikett „Elektronisch verstärkter Klagegesang“ trifft auch nur auf wenige Titel des beachtlichen Katalogs zu.
Martin Stempfhuber meinte in einer ungewohnt verbraucherfreundlichen Rezension in der Süddeutschen, Radiohead lieferten die „idealtypische Hintergrundmusik einer komplexen Internetgesellschaft“, das mag zwar etwas emotionslos klingen für eine Band, die ihre Anhängerschaft vor allem mit berührendem Habitus an sich zu binden weiß, trifft aber im Kern fraglos zu. Erstaunlich in diesem Zusammenhang auch, das Radiohead über Jahre Elogen und Lobeshymnen für ein Werk einfahren, welches sich mit der Zeit von klassischen Strukturen eines Popsongs komplett gelöst hat und größtenteils skizzenhafte, fragmentarische Arbeiten aufweist, versehen mit einer ganz und gar seltsamen und ungewöhnlichen Dramaturgie.
Auch die neue Platte macht da keine Ausnahme, die acht Stücke stammen allesamt aus dem von Thom Yorke oft beackerten Graubereich zwischen künstlich-künstlerischem Gefrickel, symphonischen Bruchstücken und akkustischer Reduktion. Und weil Radiohead nicht der Kaste der Erwartungserfüller angehören, starten sie „The King Of Limbs“ mit einem wuselig ausgefransten „Bloom“ – jede andere A&R-Abteilung als die eigene hätte wahrscheinlich schon jetzt entmutigt die Hände zum Himmel geworfen. Auch „Feral“ und „Little By Little“ gehen diesen Weg, der allgegenwärtige Dubstep läßt die Drumpads pochen und allerlei melodische Versatzstücke und verfremdete Sprachfetzen fliegen einem um die Ohren.
Die schier unfaßbare Erhabenheit, so hochtrabend darf man das schon mal benennen – das Radiohead-Ding also, bekannt von Stücken wie „Pyramid Song“, „Everything Is In The Right Place“ oder „Exit Music“ – dieses wohlige Schaudern gelingt ihnen dann bei „Codex“ und „Give Up The Ghost“, zwei Balladen mit überwiegend analoger Grundierung und weniger Zierrat. „Lotus Flower“, als erste offizielle Auskopplung ja schon etwas eher auch in visualisierter Form zu bestaunen (Yorke als fiebrig tanzende Mischung aus Edward Scissorhands und Karl Dall), ist wahrscheinlich der konventionellste Song der Platte und gleichwohl ein sehr guter. Es folgt noch „Morning Mr. Magpie“ mit sexy Gitarrenpicking und einer beachtlichen Portion Funkyness und das Schlußstück „Seperator“ als Reprise des bisher gehörten.
Das Distributionsmodell ist ja nach dem umstrittenen „Zahl doch was Du willst!“ vom Vorgänger „In Rainbows“ wieder auf feste Bezugsgrößen hin angepaßt worden, nach dem zweifelhaften Erfolg der Aktion und der nach wie vor grassierenden Mitnahmementalität im Netz sicher eine weise Entscheidung. Wenn man nicht gerade die selbstkompostierende Ökoedition wählt, bekommt man für gut 10 Euro am Ende zwar keine überragende, so doch eine typische und gelungene Radiohead-Platte. Ketzerisch gesprochen also eine gute Geldanlage ...
http://www.radiohead.com/
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