Heliotropes
„Over There That Way“
(The End Records)
Dass eine Band nicht den Fans gehört, realisieren viele von ihnen erst, wenn sich die Idole nicht an das zu halten gedenken, was die getreue Anhängerschar für ihre Gunstbezeugung erhofft, erwartet oder gar einfordert – da kann es schon mal ungemütlich werden im Netz oder gleich in der Front Row. Verständlicherweise scheuen nicht wenige Musiker deshalb die Veränderung und geben Mut und Willen für die andauernde ‘Nummer sicher’ dran. Bemerkenswert wird es dann, wenn selbst der bzw. die Künstler/in merkt, wie wenig sich derartige Umbrüche steuern oder planen lassen und wie groß die Chance auf einen kreativen Neubeginn dadurch ist. So zum Beispiel Jessica Numsuwankijkul, Sängerin der New Yorker Kapelle Heliotropes. Gestartet als All-Girl-Projekt, hat die Gruppe in den Jahren nach dem Erfolg des Debüts “A Constant Sea” nahezu das komplette Line-Up getauscht, Nya Abudu, Cici Harrison und Amber Myers sind, dem Geist des unsteten und teuren Stadtteils Brooklyn folgend, weitergezogen und so haben nun die Herren Giuffre, Thomas und Swift ihren Platz eingenommen. Und natürlich auch die Spielidee des Quartetts ganz im Sinne ihrer Cheffin umgekrempelt. Numsuwankijkul hatte ganz offenkundig keine große Lust mehr, den Leuten weiter mit Brachialriffs den Schädel weichzuklopfen, beschäftigte sich stattdessen lieber mit dem klassischem Rock von Paul McCartney, George Harrison, Lee Hazlewood und nebenbei mit der Historie des ersten und zweiten Weltkrieges.
Beides, so unterschiedlich es im Ansatz klingen mag, bekommt Platz auf dem neuen Album – der Sound der neuformierten Band ist konventioneller, melodischer, weniger wild und hart und die Texte suchen sich im metaphorischen Sinn viele Anknüpfungspunkte (bis hin zum Namen und Cover der Platte) in länger vergangenen Krisenzeiten. „Normandy“, „War Isn’t Over“, „Goodnight Soldier“ – man muß nicht alles wörtlich nehmen, was die Überschriften titeln, denn eigentlich geht es wie oft um nicht mehr als den Kampf, die Eroberung und den Neubeginn. Man darf die reduzierte Schärfe der Arrangements dabei durchaus bedauern, auch wenn das Harsche, Rohe bei einigen Stücken noch durchblitzt („War Isn’t Over“/Dardanelles Part I“) – der Großteil allerdings begnügt sich mit entspanntem, psychedelischen Gitarrenspiel, gern auch mal akustisch, ein paar angedunkelte Tarantino-Momente werden eingestreut und selbst das Saxophon bekommt einen Auftritt („Wherever You Live“). Es wird sicher einige Zeit brauchen, den neuen Stil mit dem Erwarteten übereinander zu bringen, vielleicht fängt man am besten mit „Easy“ an, mit derlei lässiger Rockness fällt die Versöhnung vermutlich am leichtesten.
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