Shearwater
„Jet Plane And Oxbow“
(Sub Pop)
Es gibt ja viele übel beleumundete Subgenres in der bunten Welt der Unterhaltungsmusik, Powerrock ist eines davon. Ganz gleich, wer warum auf die Idee gekommen ist, eine Band mit diesem Etikett zu versehen (wahrscheinlich stammt es noch aus den Zeiten, da Icke Hässler sich neben seinem Job als krummbeiniger Balljunge um den ebenso fragwürdigen ‚Melodic Rock‘ gekümmert hat) – zeitgemäß ist eine solche Kategorisierung schon lange nicht mehr. Shearwater beispielsweise passen beim besten Willen nicht in diese Schublade – selbst wenn man sie groß wählt, dürften sie mit all ihren Prog-, Psych-, Post-, Indie- und Folkanleihen schwerlich unterzubringen sein. Vor einiger Zeit hatte es sich Mastermind Jonathan Meiburg ja zur ambitionierten Aufgabe gemacht, seinen Vorbildern, befreundeten Kollegen und Tourbegleitern mit „Fellow Travelers“ ein ziemlich aufregendes Coveralbum zu widmen, dort tauchten dann mit Coldplay, Clinic, Xiu Xiu und St. Vincent Künstler auf, die unterschiedlicher kaum sein konnten.
Ganz so gegensätzlich präsentiert sich die Band natürlich auf ihrer aktuellen Platte nicht, kleinere Neuerungen lassen sich dennoch entdecken. So gibt es auf „Jet Plane And Oxbow“ wieder deutlich mehr elektronische Ausschmückungen zu hören – durchaus möglich, dass hier die Handschrift von Co-Produzent Brian Reitzell zu erkennen ist. Der Mann kümmert sich sonst ja eher um epische Filmscores und betreute bislang fast sämtliche Streifen von Sofia Coppola, sein Gespür für Dramaturgie und Spannungsbögen hat ihm sicher auch bei diesem Album geholfen. Die neuen Stücke jedenfalls kommen, zumindest im ersten Teil, mit jeder Menge guter Ideen und ziemlich dickem Sound daher, wie ein Halo schimmert die Melancholie durch die Kompositionen und Meiburg tut mit seiner warmen, weihevollen Stimme ein Übriges. Gut vorstellbar, dass Chris Martin oder Brandon Flowers mit neidischem Blick verfolgen, wie hier ein hymnischer Chorus an den nächsten gereiht wird.
Der kann dann poppig und beschwingt klingen wie im zwiespältigen Loblied auf’s eigene Heimatland („Quiet Americans“), samtweich beim zarten „Backchannels“ oder auch vom leidenschaftlichem Pathos des Mahners und Aussteigers getrieben, das sich in „Pale Kings“ Bahn bricht. Vieles ist gelungen, manches etwas mittelmäßig, vor allem dann, wenn es allzu sehr in die breitbeinigen Rockstandards der 90er abgleitet. Meiburg scheut weder das große Gefühl noch manchen Schrei im Hintergrund, dass er Spass am Rollenspiel hat und dieses gut beherrscht, beweist er im Video zur erwähnten Single „Quiet Americans“, wo er nicht nur auf beide Seiten eines nachgestellten Verhörs zu finden ist, sondern sich dafür auch noch bereitwillig den Kopf scheren läßt. Dem ausgewiesenen Vogelfreund und Umweltaktivisten sind lautstarke Meinungsäußerungen ohnehin nicht fremd – diese hier können sich auch noch gut hören lassen. http://shearwatermusic.com/
10.02. Berlin, Frannz Club
12.02. Hamburg, Molotow
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