Dienstag, 19. Januar 2016

Savages: Heißhunger

Savages
„Adore Life“

(Matador)

“If you don't love me, you don't love anybody. Ain't you glad it's you? There are things I know we should, better not do but I know you could. Sleep with me and we'd still be friends. Or I know I'll go insane…” Die Gitarren splittern, der Bass kommt mit der Macht vibrierender Stahlseile, die Worte gehetzt und druckvoll – die Savages präsentieren sich gleich zu Beginn ihres neuen, zweiten Albums lebens- und liebeshungrig. Sie haben sich einiges vorgenommen. Nicht wenige, die dem Hype des Debüts “Silence Yourself” gefolgt waren, bemängelten im Nachhinein, die Stücke hätten es an Kompaktheit, Stringenz fehlen lassen. Nun, davon ist auf “Adore Life” nicht mehr viel zu hören – wenn dies der Wahl des neuen Produzenten Anders Trentemøller geschuldet ist, dann war es zweifellos eine gute. Gleich die drei ersten Stücke wirken wie aus einem Guß, dem wilden “The Answer” folgen “Evil” und “Sad Person” und erst für den Titelsong wechselt Jehnny Beth in den Patti-Smith-Modus und auch das tut sie auf beeindruckende Weise.

Man hat den Savages ja von Beginn an vorgeworfen, bei ihnen ständen Style und Pose vor Authentizität und Wahrhaftigkeit. Natürlich greift das zu kurz, denn nicht wenige bekannte Bands sind quasi am Reissbrett entstanden. Und auch wenn der Vergleich etwas hinkt, so hat sich doch mit David Bowie gerade einer der ganz großen Verkleidungskünstler des Pop zu den Sternen aufgemacht und es würde wohl ernsthaft niemand auf die Idee kommen, ihm den Spaß an der Verwandlung zum Vorwurf zu machen. Solange Attitüde nicht nur gähnende Leere ummäntelt, ist dagegen kaum etwas zu sagen, Joy Division (um im Fach zu bleiben) waren Meister der Verstörung, Siouxsie Sioux liebte die Kostümierung und selbst ein Lemmy Kilmister wusste mit ein paar albernen Ansteckern bestens zu unterhalten – ein Trottel war er deshalb trotzdem nicht. Es bleibt also jedem selbst überlassen, wie ernst er die die vier Damen und ihre inszenierte Uniformität nimmt, Wut, Zerrissenheit und Leidenschaft finden jedenfalls in den neuen Songs ihre passende Entsprechung.

Und das im Lauten wie im Leisen. “I understand the urgency of life, in the distance there is truth which cuts like a knife. Maybe I will die, maybe tomorrow, so I need to say: I adore life” – wenn Beth im Video zu besagtem Stück den Betrachter mit jeder Zuckung ihres Gesichtes, mit ihrem unverstellten, furchtlos flackernden Blick konfrontiert, ja provoziert, dann hat das schon eine seltene Klasse. All Eyes on her, der Sound dazu reduziert, spannungsgeladen, so dass es einem jedes Haar am Körper aufstellt. Wenig später mischen sich (Trentemøller  macht seine Hausaufgaben) ungewohnte, elektrische Klänge ins Bild, “Surrender” stampft und knirscht ganz wunderbar schwer – eine weitere neue Facette der Londoner Band. Vielleicht kann man sich einfach darauf einigen, dass die Savages einen konsequenten Schritt nach vorn gemacht und ihr Debüt, was selten genug vorkommt, noch übertroffen haben. Glaubwürdig? Als neulich die Eagles Of Death Metal nach fürchterlichem Anschlag im Pariser Bataclán darum baten, ihren Song „I Love You All The Time“ als Zeichen der Unterstützung zu covern, waren diese vier Frauen mit die ersten, die ihnen zur Seite standen – wer hätte da noch Zweifel, wie sehr sie das Leben lieben?

03.03.  Köln, Luxor
09.03.  Hamburg, Knust
10.03.  Berlin, Berghain
11.03.  München, Strom
15.03.  Zürich, Dynamo

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