Dienstag, 9. April 2013

Blick zurück nach vorn im Zorn

Love A
„Irgendwie“

(Rookie/Cargo Records)

Seien wir ehrlich: Nicht die Blockbuster sind es, die uns zu überraschen vermögen – nur zu oft werden die Alben der Schwergewichte nach Erwartungsvorgaben und Pflichtenheften abgearbeitet, durchgewinkt, wegsortiert. Gutes Album – brav gemacht, schlechtes Album – ab dafür, der nächste bitte! Wer will schon den alljährlichen Aufguss des Abgesangs auf all jene hören, die, verheißungsvoll gestartet, nunmehr im Mainstream dahindümpeln auf nimmer Wiederhören? Es sind die, mit Verlaub, kleinen Bands mit den kleinen Platten, die aufhorchen lassen, die man eben nicht auf dem Schirm hatte, für die man sich auf die Schnelle keine Meinung schablonieren konnte und die nun, da sie sich die nötige Aufmerksamkeit krallen, als zartes Pflänzchen für das Gute, das Unverbrauchte gelten dürfen resp. herhalten müssen.

Love A aus Trier also stehen, selbst gemessen am überschaubaren Erfolg ihrer früheren Labelmates Turbostaat, noch immer am Beginn ihrer Karriere. 2010 gegründet, dem deutschen (Post-)Punk verpflichtet und doch schon, wie bei Bandcamp vermerkt, längst ein Stück weiter. Vor zwei Jahren mit dem Debüt „Eigentlich“ überrascht, nun mit „Irgendwie“ der Zögerlichkeit einen neuen, weiteren Namen hinzugefügt. Und das ist es, was sich wie ein roter Faden, der vom Cover dröselt, durch das Werk der Jungs um Sänger Jörkk Mechenbier zieht: das Unentschieden, der Zweifel, ein Hin- und Hergerissensein zwischen dem, was früher heilige Pflicht war und heute wenigstens reflektiert gehört. Fast jeder der neuen Songs trauert ein Stück weit der Sorglosigkeit, dem Leichtsinn früherer Tage hinterher (dem „Mut sich nicht zu fragen, was das bringt“), mal ist es Sehnsucht, mal trotziger Vorwurf.

Sie können und sie wollen nicht wie früher, nicht bei „Valentinstag“ („Du bist Kirmes, du bist Möbelhaus, und ich, ich bin genervt“), nicht bei „Nutzlos glücklich“ („Bleiben wir einfach weiter nutzlos, weil das ja so schön einfach ist, vielzuviel Blabla von den Helden ohne Charisma“) und, jetzt ganz plakativ, erst recht nicht in „Heul doch, Punk!“ („Sieh doch zu, dass du dir selber glaubst“). Natürlich ist das hier und jetzt auch keinen Deut besser, umgeben von „makellosen Menschen“, denen ein „bisschen Glitzern, n’bisschen wie Italien“ („Juri“) schon für’s magere Ego reicht, von umweltbewegten Einfaltspinseln („Der tausendste Affe“) und von bekehrten Wohlstandsgläubigen, die heute dem „Schwachsinn 2.0“ huldigen und früher mal die besten Freunde waren („Windmühlen“).

Die Wut, man kann sie hören, wenn Mechenbier seine Verse schreit: „So findet jeder Horst am Ende seine Tanja, so findet jede Niete am Ende aus dem Lostopf raus…“  – sie haben ganz gewiß keine Lust, als Spießer zu enden, vorgezeichnete Wege sind ihnen höchst suspekt. Anlaß zur Sorge besteht allerdings kaum, denn so wie sie textlich den Schritt nach vorn, auch ins Ungewisse wagen, so ist der Sound auf dem Album wieder ein Stück kompakter und facettenreicher geworden, was auch daran liegen kann, dass Robert Whiteley den finalen Cut besorgt hat, der auch schon den Wobats ihr „This Modern Glitch“ zimmerte. Vielleicht geht der Platte etwas die Unbeschwertheit der ersten Tage ab, kein „Freibad“ dabei, keine Zeilen also wie „Fahrradschloss aufgesperrt, Susi Neumann abgecheckt, Bademeister – Mittelfinger, Hose runter Freibad.“ Geschenkt, das hier bleibt eine gelungene Überraschung. In diesem Sinne (s.o.): Klein bleiben, bitte!

12.04.  Landau, Fatal
13.04.  Oberhausen, Druckluft
19.04.  Trier, Exhaus (Release-Party)
24.04.  Gießen, MUK
01.05.  Freiburg, Slowclub
02.05.  Frankfurt, Nachtleben
07.05.  Köln, Sonic Ballroom
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