„Give Up“
(Sub Pop)
Eigentlich ist der Untertitel der blanke Hohn – “10th Anniversary Edition”! Pah, was bleibt einem auch anderes übrig. Seit The Postal Service im Jahr 2003 mit „Give Up“ die gesamte Musikkritik quasi im Handstreich nahmen, feiert die Branche dieses Album jedes Jahr von neuem. Feiert und hofft, das Ben Gibbard und Jimmy Tamborello endlich ein Einsehen haben und dem Debüt doch bitteschön bald einen Nachfolger hinterherschicken. Doch alles Wünschen und Sehnen half bisher nichts, „Give Up“ blieb der Monolith, das Meisterwerk, allein schon mangels Vergleichsmöglichkeiten. Klar, wer ähnliche Perfektion im Nachbargehege Gitarrenpop suchte, dem half Gibbard von Zeit zu Zeit mit ein paar Songs von Death Cab For Cutie über magere Zeiten hinweg, es gab mit „Plans“ und „Narrow Stairs“ sogar zwei Langspieler, die der Vollkommenheit von „Give Up“ sehr nahe kamen.
Nun also ein paar gemeinsame Auftritte wie beim alljährlichen Coachella-Spektakel, die es in punkto Aufmerksamkeit locker mit der Brotvermehrung oder sämtlichem Kornkreishokuspokus aufnehmen konnten, und am Ende sogar zwei wenn auch nicht neue, so doch bisher unveröffentlichte Titel. „Turn Around“ und „A Tattered Line Of String“ fügen sich auch nach zehn Jahren mühelos ins überschaubare Oevre des Duos ein – Kunststück, stammen sie doch beide aus den Sessions zum ursprünglichen Album. Der Rest zur Geburtstagstorte ist zur Genüge beschrieben, schnell erzählt und zählt zur Kategorie „Another Sort of Homecoming“:
Man begegnet natürlich allen wieder – den drei prächtigen Singles „Such Great Heights“, „The District Sleeps Alone Tonight“ und „We Will Become Silhouettes“, die bei jedem Durchlauf über die Jahre bewiesen haben, dass es sehr wohl Songs gibt, an denen man sich einfach nicht satthören kann und will. Auch dabei: die fabelhaften Böllerdrums von „Clark Gable“, das sehr smarte Duett mit Jen Wood für „Nothing Better“, das wuchtig schnurpsende Etwas „This Place Is A Prison“ inklusive scheppernder Kochtopfklopperei und herzerweichender Synthiekulisse, die verspielten Konsolentöne von „Brand New Colony“ und natürlich die bratzigen Breakbeats des „National Anthem“.
Teil zwei dann nicht weniger erfreulich – neben den besagten Halbneuigkeiten und diversen hinlänglich bekannten Extended Versions (Tejada, Dear, Styrofoam) sind auch die grandiosen Coverversionen von den Flaming Lips („Suddenly Everything Has Changed“), John Lennon („Grow Old With Me“) und – ungeschlagen – Phil Collins („Against All Odds“) zu finden oder wiederzuentdecken und zwei herausragende Variantionen der Shins und Iron And Wine. Und will man am Ende des Tages ganz ehrlich sein, dann ist gar nicht so viel Schlechtes daran, dass diese Platte bisher ihr Alleinstellungsmerkmal behalten durfte – die Band wahrt ihren Nimbus und wir Zuhörer werden auch die nächsten zehn Jahre mit Wehmut und Freude gleichermaßen an den Beginn des neuen Jahrtausends denken können. Oder wollte da etwa wer aufgeben …? http://postalservicemusic.net/
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