Phoenix „Wolfgang Amadeus Phoenix“ (Universal)
Kurz, ganz kurz nur hatte ich mit mir gerungen, für diese Marginalie der Musikgeschichte die Rezension etwas dunkler einzufärben als ursprünglich geplant: Der deutsche Rolling Stone schreibt ja in seiner letzten Ausgabe, dass jetzt ausgerechnet der wenig erträgliche und ewig zerknautschte Helmut Karasek auch noch der Onkel des Phoenix-Sängers Thomas Mars sein will. Nein, diese Information hätte es nicht gebraucht, wirklich nicht. Wenn man aber gerecht sein will, so spielt dieses Verwandschaftsverhältnis keine entscheidende Rolle, läßt einen aber in diesem Zusammenhang einmal mehr über diese Band grübeln: Woher wenn nicht von einem ganz anderen, ganz weit da droben sitzenden Überonkel haben die Jungs denn ihre über alle Maßen genialen Songideen, die sie Jahr um Jahr mit jeder ihrer Veröffentlichungen als Ausnahmetalente des Popuniversums ausweisen? War „United“ im Jahre 2000 noch ein Achtungserfolg, der zwar aufhorchen, aber weiß Gott (oder Onkel) noch nichts ahnen ließ, so zwangen sie mit „Alphabetical“ vier Jahre später mit ihrer Spielart von Pop eine so große Schnittmenge unter einen ebensogroßen Hut, dass es einem schon reichlich Achtung abnötigte. Wieder zwei Jahre darauf noch immer keine Schwächen zu erkennen, sie schüttelten weiter reihenweise prachtvolle und perfekte Songs aus dem Ärmel, neben „Rally“ oder „Consolation Prices“ war besonders „Sometimes In The Fall“ ein unglaublicher Geniestreich. Nun also „Wolfgang Amadeus Phoenix“. Natürlich strotzt so ein Titel vom tonnenschweren Ego der Pariser, sie provozieren gekonnt und setzen den kompletten Kredit aufs Spiel. Und gehen mit der doppelten Menge des Einsatzes nach Hause: Ein neuer Coup, ein tolles Album mit haufenweise bestem Material mit noch mehr Rockappeal. „1901“ und „Lisztomania“ nehmen einem jedwedes Gegenargument, selbst das zweigeteilte und etwas psychedelisch angehauchte „Love Like A Sunset“ kann mithalten im Reigen. Das Glanzlicht setzt m.E. „Armistice“ mit einem herrlich mystischen Intro – der großartige Rest ist pures Vergnügen. Und wir wissen jetzt wenigstens, welche Musik Herrn Karasek im Himmel erwartet. Auch ein Trost für ihn.
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