Doves „Kingdom Of Rust“ (EMI)
Emo ist ja in Bezug auf Musik in letzter Zeit ein wenig zum abwertenden Schimpfwort verkommen, da wird mit falschem Bezug schnell mal auf alles draufgehauen, was sich traut, einen eingängigen Akkord mit ein wenig Melancholie und Emphase zu kombinieren. Die Doves aus Manchester wird solch ein Hinweis wieder treffen, haben sie sich doch schon für ihre ersten drei Alben genau diesen Vorwurf der Weicheierei abholen müssen. Gar nicht oder zu kurz gedacht: Warum sollte man eine Band dafür verdammen, dass sie noch weiß was eine wunderschöne Hookline, ein pränantes Riff sind? Die Rhythmus zu Stimme zu Melodie perfekt zu stellen weiß. Und sich dabei fern der überzuckerten Harmonieseeligkeit ihrer unfreiwilligen Schubladengefährten Starsailor oder Keane bewegt (Coldplay und Snow Patrol hatten wir ja schon) – sie kratzen eben gerade an ebenjener, durch kleine, dosiert gestreute Dissonanzen, wechselnde Tempi und überraschende Geräuschflächen. Sie hauen auch mal zu und rein, wo’s angebracht ist („10:03“, „House Of Mirrors“) und Jimi Goodwins Stimme klingt sowieso mehr nach gesprungenem Reibeisen als nach tränengetränkter Schlagsahne. Es bleiben bei alledem elf herzerwärmende (jawoll!) Songs, die jeder für sich ganz große Momente haben – „Kingdom Of Rust“, „The Greatest Denier“, „Spellbound“, selbst das verhaltene Anfangsstück „Jet Stream“, durch die Bank Gefühlskino im allerfeinsten Sinne. Und wohl auch: Die Platte, die U2 sicher gern gemacht hätten, wenn sie dafür nicht schon zuviel Bombast und Weltschmerzgedöns mit sich herumschleppen müßten. Die Platte, die Travis hätte retten können. Nun halt die Doves – gut so. Fünf von fünf, Punkten, Sternen, was auch immer …