Freitag, 23. September 2016

Deap Vally: Von der Rolle

Deap Vally
„Femijism“

(Cooking Vinyl)

Wem zur Musik von Deap Vally nicht mehr einfällt als die Bemerkung, hübsche Frauen und elektrische Gitarren wären eine ungemein sexy Kombi, dem sollte man dringend anraten, diese Meinung nicht in Gegenwart der beiden Damen aus Los Angeles zu äußern. Lindsey Troy und Julie Edwards nämlich, das darf man vermuten, verstehen in Sachen Klischee und Rollenmodell wenig Spaß. Das trifft im Übrigen auch die Hardcorefeministinnen der Gegenseite, beide dürfen sich auf dem zweiten Album des Duos so ihre Ohrfeigen abholen. Und die lassen, nimmt man beispielsweise den Song „Smile More“, quasi eine Generalabrechnung in komprimierter Form, an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: "And I am not ashamed of my mental state, and I am not ashamed of my body weight, and I am not ashamed of my rage, and I am not ashamed of my age,  and I am not ashamed of my sex life, although I wish it were better, I am not ashamed I am no one's wife , although the idea does sound kind of nice … And yes, I am a feminist, but that isn't why I started doing this, and sometimes I am full of bitterness, but I am trying to work through this.” Und so weiter. Ähnlich wütend geht es eigentlich in jedem der Stücke auf “Femijism” zu – selbst der Titel der Platte steht ja für einen sehr eigenwilligen und selbstbewußten Umgang mit dem in der Regel ziemlich ernst und nicht selten dogmatisch besetzten Thema.

Irritieren und zum Nachdenken anregen, mehr ist zunächst einmal gar nicht gewünscht, ohnehin haben es die beiden satt, sich ständig erklären zu müssen: "Obviously being women and feminism is something we're constantly asked about, which is kind of annoying because guys aren't always asked about being men in bands. When Julie first told me the name [des Albums] I hated it, and then it grew on me. But I kind of liked that about it – I liked that it's slightly revolting at first, and that it made you think." Für den in der Tat sehr widerborstigen Sound haben sich Troy und Edwards mit Nick Zinner, dem Kreativkopf der Yeah Yeah Yeahs, zusammengetan und – Überraschung, schon klingen sie auch ein Stück weit wie eine frühe Ausgabe der New Yorker Punkkapelle. Wildes und wuchtiges Gitarrenspiel, fette Drums und irres Geschrei begleiten ihre Proklamationen gegen die Männer- und Modewelt, gegen diejenigen, die glauben, aller Welt ihre wichtige Meinung kundtun zu müssen ("Everyone is, everyone is a fuckin' critic, a fuckin' cynic…“, Critic). Bei „Teenage Queen“ machen sie das, was auch Jack White auf seinen Soloplatten versucht hat – sie rappen ihren Frust mehr als sie ihn singen, dazu jault der Blues und vibriert ein teuflicher Bass. Hammersong – Hammerplatte. http://www.deapvally.com/

24.09.  Hamburg, Reeperbahn Festival
28.09.  Berlin, Rosis
29.09.  München, Milla
01.10.  Zürich, Mascotte
03.10.  Wiesbaden, Kesselhaus

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