Warpaint
„Heads Up“
(4AD)
Alter Hut: Wer zu lange aufeinanderhockt, auch wenn er vorher ganz dicke miteinander ist, bekommt irgendwann den Lagerkoller. Das kommt in den besten Ehen vor (im worst case hat man sich dann nach langer Zeit eben auseinandergelebt) und weil Bands bekanntermaßen eheähnlichen Verhältnissen gleichen, besteht auch hier die Gefahr, dass Mann oder Frau sich überbekommen. Klug deshalb, wenn sich alle ab und an ein wenig Auslauf gönnen. Nun, die vier Damen von Warpaint sind jetzt (bis auf Drummerin Stella Mozgawa) schon über zehn Jahre beisammen und taten wohl gut daran, sich vor den Aufnahmen zu Album Nummer drei anderweitig die Beine zu vertreten. Emily Kokal zum Beispiel mit Folkmusiker Paul Bergmann, Mozgawa mit Kurt Vile und Therese Wayman gar als Mitglied der Kapelle BOSS.
Den größten Ausfallschritt wagte allerdings Bassistin Jenny Lee Lindberg, die im vergangenen Jahr ihr vielbeachtetes Solodebüt „Right On!“ veröffentlichte – konsequent für’s Binnen klima, denn kein Instrument, das hört man einmal mehr auf der aktuellen Platte, bestimmt den Sound von Warpaint so deutlich wie ihres. Daß für „Heads Up“ auch Produzent Jacob Bercovici ins Team zurückkehrte, ist eine weitere positive Überraschung, der Mann verantwortete ja mit der EP „Exquisite Corps“ quasi die tonangebende Taufe des Quartetts. Eine gelungene Wiedervereinigung, das neue Album ist mit ihm den Weg des Vorgängers konsequent weitergegangen – mehr Pop, noch kompakter und ausgefeilter. Stichwort Wiedererkennungsmerkmal: Auffällig oft groovt Lindbergs Bass gemeinsam mit dicken Drums den Song an, bevor Kokal ihre zarte Stimme ins Spiel bringt und sich der gewohnte Zauber entfaltet.
Gegen zwei beschwingte Stücke („Heads Up“, „New Song“) stehen mehrheitlich die dunkel schimmernden, gern auch leicht verschwommenen Tracks mit der psychedelischen Fußnote früherer Tage, die Gitarren erklingen im Cure-Modus und sparsam gesetzte Loops schmücken das Bild in warmen Farben. Die Gemeinschaft, die Hand in Hand auf dem Cover beschworen wird, meint man der Platte tatsächlich anzuhören, hier greifen buchstäblich alle Rädchen ineinander – die Balance aus analogem und programmiertem Soundpattern gelingt bemerkenswert schlüssig, „Whiteout“, „The Stall“, „So Good“, alles Lieblingsstücke, sehr trippy und von beachtlicher Tiefe und Dynamik. Wie man liest, soll „Dre“ sogar als Reminiszenz an Dr. Dre gedacht sein und es braucht in der Tat nicht viel Fantasie, um neben klassischem Wave auch Einflüsse von Hip- und Trip-Hop bei den Songs herauszuhören. Kein Zweifel also, auch das dritte ist also geglückt, Warpaint sind bei sich geblieben und haben sich neuem dennoch nicht verschlossen. Kluge Mädchen. http://warpaintwarpaint.com/
30.10. Köln, Live Music Hall
01.11. Berlin, Astra Kulturhaus
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