Sonntag, 4. Oktober 2020

Culk: Anderer Blickwinkel

Culk
„Zerstreuen über Euch“
(Siluh)

Wo wir waren, als Culk aus Wien im Frühjahr vergangenen Jahres ihr famoses Debüt veröffentlichten? Nun, wahrscheinlich waren wir (hypevergessen, wie wir nun mal sind) taub von der Granada, haben mit Maurice Ernst zu lange ins Bilderbuch oder mit Wanda zu tief ins Schnapsglas geschaut. Und überhört, dass dieses Quartett mindestens ebenso spannend ist, auch wenn Sophie Löw, Johannes Blindhofer, Benjamin Steiger und Christoph Kuhn gänzlich anders ticken. Kein Schmäh, keine exaltierten Albernheiten, kein versoffenes Selbstmitleid. Anders schaut es mit der vielgerühmten Morbidität aus, hier treffen sich die Wege dann doch irgendwie. Denn Culk feiern die Düsternis auf eine sehr sinnliche Weise und Löws zarte Stimme tut ein Übriges dazu. Waren auf der knappen halben Stunde des Erstlings englische und deutsche Texte noch in der Waage, ist jetzt allein die Muttersprache maßgebend. Und formt sich zu bildreicher Poesie.



Doch auch wenn sie Phantasie ansprechen wollen und Assoziationen herausfordern, so geben Culk den Liedern doch eine sehr bestimmte Wirkrichtung: „Nacht“ beispielsweise thematisiert den Wunsch vieler Frauen, nach einer Party unbeschwert und angstfrei den Heimweg antreten zu können – heute leider noch immer Utopie und Wunschvorstellung. „Helle Kammer“ wiederum erzählt von Unterwerfung und Gefügigkeit, die „Jahre später“ in ihren Folgen weiterspinnt. Und auch „Dichterin“ nimmt die weibliche Rolle ein, begibt sich auf die Seite des Geschlechts (oder auch der Geschlechter), die in unserer patriarchalisch dominierten Gesellschaft an den Rand gedrängt, vernachlässigt, diskriminiert werden. Musikalisch ist das zweite Album weniger Noise, weniger Shoegazing als noch der Vorgänger, jetzt hört man stärker die Bezüge zu mutmaßlich drei großen Vorbildern von Culk heraus – Bauhaus, Siouxsie And The Banshees und vor allem The Cure. Die deutschen Texte bilden hier ein willkommenes Korrektiv, so dass die Songs gar nicht erst in den Ruch der bloßen Heldenverehrung kommen. Ein sehr starkes Album jedenfalls, das der ohnehin reichhaltigen Farbpalette aus dem Nachbarland eine reizvoll dunkle Facette hinzufügt. 

30.10.  Wien, WUK
18.05.  Mainz, Schon Schön
19.05.  Köln, Bumann und Sohn
20.05.  Hamburg, Hafenklang
21.05.  Berlin, Urban Spree
22.05.  Leipzig, Wave Gotik Treffen
26.05.  Nürnberg, Z-Bau
27.05.  München, Heppel und Ettlich
28.05.  Basel, Hirscheneck
29.05.  Stuttgart, Merlin
02.07.  Dortmund, FZW
03.07.  Detmold, Owls’n’Bats Festival






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