Grandaddy
„Last Place“
(Smi Col)
Man kann Jason Lytle nicht dankbar genug dafür sein, daß er seine Band Grandaddy vor mehr als zehn Jahren nicht einfach hat sterben lassen. Nicht, weil er es uns in irgendeiner Weise schuldig gewesen wäre oder seine Solowerke enttäuscht hätten. Nein, die Leerstelle war einfach zu groß. Man tut sich ja etwas schwer, den Sound des Quintetts aus Modesto, Kalifornien, seriös einzuordnen – heute würde man wohl den sperrigen Begriff Folktronic bemühen, gepaart mit crispy Gitarrenakkorden und Lytles wattierter Stimme. Gerecht wird man ihnen damit auch nur zum Teil. Vielleicht waren und sind die fünf Herren so eine Art männliche Entsprechung zum Debüt einer gewissen Alison Goldfrapp. Deren Erstling „Felt Mountain“ verkörperte zur Jahrtausendwende ähnlich wundersame Sehnsuchtsklänge, mystisch angehaucht, irgendwie verwunschen also, zutiefst melancholisch und aus einer längst vergangenen Zeit in die heutige gefallen. Für einen kurzen Moment war das ohne Vergleich, die Dame sattelte später allerdings auf stampfende Diskonummern um und den Zurückgebliebenen blieben, quasi als Methadon, nur Platten wie „Under The Western Freeway“ und „The Software Slump“ – von Grandaddy.
Aber was heißt hier: nur? Hört man sich das neue und nicht weniger wunderbare „Last Place“ an, dann wird einem bewusst, was gefehlt hat und wie schön es sich anfühlt, Melodien wie diese wieder an seiner Seite zu wissen. Der betörende Gesang, die fein verwobenen Harmonien (natürlich in Moll), Streicher und Piano, alles schmiegt sich wieder in den Gehörgang und erzeugt dort, selbst wenn es rockig wird, ein wohliges Schaudern. Der Kopf wiederum füllt sich mit so seltsamen wie liebenswerten Bildern aus dem Land der vergessenen Dinge, Schmalfilm-Patina, Spieldosenfantasien und chromglänzende Karossen: „Antique photos of celebrities, Samsung black-and-white fade-away qualities, every woman and child and man in the canyon land, in a trance and wandering about in the canyon land – everything about us is a lost machine, everything about we is a forgotten dream…“ Nicht immer folgen den Erinnerungen nur schöne Gedanken, Songs wie „Evermore“ oder „I Don’t Wanna Live Here Anymore“ dealen mit traurigen Bildern, die auch zu Lytles Fotoalbum gehören. Man blättert sie dennoch gern durch, weil die Musik der Band selbst die Wehmut erträglich macht. Wem, bitteschön, gelingt das sonst … ? http://www.grandaddymusic.com/
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