Whitney
„Light Upon The Lake“
(Secretly Canadian)
Junge Männer, die wehmütige Lieder schreiben, geben entweder Anlass zur Sorge oder – wie hier – zu großer Hoffnung: Whitney bieten einem zudem mal wieder die seltene Gelegenheit, den überschwänglichen Lobhudeleien der tonangebenden Kritikerkaste uneingeschränkt und gewissenlos zu folgen: Max Kakacek, Gitarrist der Smith Westerns, und Julien Ehrlich, ehemaliger Drummer des Unknown Mortal Orchestra, haben sich für das Debüt ihrer neue Formation in diesem Sommer nicht nur die sonst üblichen generösen Kopfnicker und Schulterklopfer abgeholt, sondern wahre Hymnen eingeheimst, der Guardian verhaspelte sich in seiner Vorstellung gleich mal aufgeregt und taufte den Sänger in Uhrlich um, im Folgenden ließ er jede Zurückhaltung fahren und komplimentierte unbritisch großzügig: “… if Curtis Mayfield fronted a stoner-rock band.” Ganz so daneben liegt die Zeitung damit nicht, denn Soul und Falsett bilden die stilistischen Grundlagen von Whitney (den Stoner-Rock dagegen muss man lange suchen), bereichert um Keyboards, Bass, Gitarre und Trompete gelingt den Jungs ein bestechend traditioneller und dennoch erfreulich frischer Sound. Und auch wenn nicht jeder Song die Ausnahmequalitäten des Openers “No Woman” hat, wo sich liebevoll verschwurbelte Gitarrenhooks zum Stelldichein mit schmelzenden Streich- und Bläserarrangements treffen – selbst der Rest kommt trotz des zarten Gewands mit bemerkenswerter Lässigkeit daher. Es fallen Namen wie Lambchop (unbedingt!), Orange Juice und Hall And Oates (passenderweise aus ihrer Heimatstadt Chicago), von Allen Toussaint haben sie ein Cover dabei (“Southern Nights”) und ohnehin mit Country, Jazz, Folk und Blues einen randvoll gepackten Rucksack auf den Schultern, den sie mit großer Leichtigkeit zu tragen verstehen. Ob schwungvoll (“The Falls”), cool (“Red Moon”) oder getragen (“Polly”), Whitney gelingt hier mit einfachen Mitteln Erstaunliches – gut möglich, dass sie es damit noch sehr weit bringen werden.
19.06. Hamburg, Molotow
20.06. Berlin, Sommerloft
23.06. Münster, JuWi-Fest
25.10. Köln, Blue Shell
26.10. München, Unter Deck
27.10. St. Gallen, Palace
28.10. Dudingen, Bad Bonn
Dienstag, 31. Mai 2016
Montag, 30. Mai 2016
The Kills: Ein Hoch der Stagnation
The Kills
„Ash And Ice“
(Domino Records)
Forschrittsverweigerer und Besitzstandswahrer werden ja gemeinhin (und selten zu Unrecht) gern beschimpft und schnell als verspießerte Langweiler betitelt, die die Menschheit noch zu keiner Zeit einen Millimeter vorangebracht hätten. Doch auch wenn man es kaum glauben möchte: Das neue Album von Jamie Hince und Alison Mosshart gibt eben jenen Menschen für eine knappe Stunde Spielzeit uneingeschränkt recht – es feiert den Stillstand und man sollte dankbar darum sein. Fünf Jahre liegt das letzte Album “Blood Pressure” zurück und hatte damals (Selbstzitat) “kratzigen, knochigen Bluesrock, sorgfältig geschreddert und gewohnt dunkel eingefärbt“ im Angebot, nebenbei noch eine obligatorische Pianoballade zur Herzerwärmung, basta. Und was soll man sagen – sie sind keinen Deut von diesem, ihrem Konzept abgewichen, schon die ersten Takte von „Doing It To Death“ machen dies unmissverständlich und wortwörtlich klar.
Unbehauene, satte Gitarrenriffs rollen ein ums andere Mal in die Arena, der Bass flattert, die Drums wummern, Mosshart grollt und wütet auf’s Allerfeinste und fast alles was folgt („Heart Of A Dog“/“Let It Drop“/“Siberian Nights“…) haut in die gleiche Kerbe, ohne dass es auch nur für einen klitzekleinen Moment langweilig zu werden droht. Worin genau die große Kunst dabei besteht, kann man nun ausgiebig diskutieren – die Produktion von Hince zusammen mit Tom Elmhirst und John O'Mahoney, die selbst schon bei Guns’n Roses, Metric, Coldplay, Adele und LCD Soundsystem an den Reglern standen, wird sicher ihren Anteil daran haben, ebenso der sparsame, punktgenaue Einsatz elektronischer Hilfsmittel – hier mal ein paar nervöse, technoide Beats untergebracht (“Hard Habit To Break”), dort ein wenig auf Hall programmiert (“Echo Home”) – sie leisten sich eigentlich keine Schwächen.
Dass gute Produktionen leider desöfteren eine unnötige Glättung und Verflachung nach sich ziehen, musste man ja schon bei vielen, die hoffnungsvoll gestartet waren, leidvoll feststellen, The Kills scheinen sich dagegen als immun zu erweisen. Sie können sich die klassische Bluesballade (“Hum For Your Buzz”) ebenso leisten wie den akustischen Tearjerker (“That Love”), ohne dass es zu einem nennenswerten Spannungsabfall kommt, für den Rest haben sie ein Übermaß an guten Ideen und jede Menge eingängigster Melodien parat, die aus einem passablen schnell ein überaus gelungenes Album werden lassen. Wer also demnächst wieder mal gegen die Beharrlichkeit und Unbelehrbarkeit wettert, dem sollte dieses Album als Stagnation auf höchstem Niveau als Gegenbeweis dienen. http://thekills.tv/
„Ash And Ice“
(Domino Records)
Forschrittsverweigerer und Besitzstandswahrer werden ja gemeinhin (und selten zu Unrecht) gern beschimpft und schnell als verspießerte Langweiler betitelt, die die Menschheit noch zu keiner Zeit einen Millimeter vorangebracht hätten. Doch auch wenn man es kaum glauben möchte: Das neue Album von Jamie Hince und Alison Mosshart gibt eben jenen Menschen für eine knappe Stunde Spielzeit uneingeschränkt recht – es feiert den Stillstand und man sollte dankbar darum sein. Fünf Jahre liegt das letzte Album “Blood Pressure” zurück und hatte damals (Selbstzitat) “kratzigen, knochigen Bluesrock, sorgfältig geschreddert und gewohnt dunkel eingefärbt“ im Angebot, nebenbei noch eine obligatorische Pianoballade zur Herzerwärmung, basta. Und was soll man sagen – sie sind keinen Deut von diesem, ihrem Konzept abgewichen, schon die ersten Takte von „Doing It To Death“ machen dies unmissverständlich und wortwörtlich klar.
Unbehauene, satte Gitarrenriffs rollen ein ums andere Mal in die Arena, der Bass flattert, die Drums wummern, Mosshart grollt und wütet auf’s Allerfeinste und fast alles was folgt („Heart Of A Dog“/“Let It Drop“/“Siberian Nights“…) haut in die gleiche Kerbe, ohne dass es auch nur für einen klitzekleinen Moment langweilig zu werden droht. Worin genau die große Kunst dabei besteht, kann man nun ausgiebig diskutieren – die Produktion von Hince zusammen mit Tom Elmhirst und John O'Mahoney, die selbst schon bei Guns’n Roses, Metric, Coldplay, Adele und LCD Soundsystem an den Reglern standen, wird sicher ihren Anteil daran haben, ebenso der sparsame, punktgenaue Einsatz elektronischer Hilfsmittel – hier mal ein paar nervöse, technoide Beats untergebracht (“Hard Habit To Break”), dort ein wenig auf Hall programmiert (“Echo Home”) – sie leisten sich eigentlich keine Schwächen.
Dass gute Produktionen leider desöfteren eine unnötige Glättung und Verflachung nach sich ziehen, musste man ja schon bei vielen, die hoffnungsvoll gestartet waren, leidvoll feststellen, The Kills scheinen sich dagegen als immun zu erweisen. Sie können sich die klassische Bluesballade (“Hum For Your Buzz”) ebenso leisten wie den akustischen Tearjerker (“That Love”), ohne dass es zu einem nennenswerten Spannungsabfall kommt, für den Rest haben sie ein Übermaß an guten Ideen und jede Menge eingängigster Melodien parat, die aus einem passablen schnell ein überaus gelungenes Album werden lassen. Wer also demnächst wieder mal gegen die Beharrlichkeit und Unbelehrbarkeit wettert, dem sollte dieses Album als Stagnation auf höchstem Niveau als Gegenbeweis dienen. http://thekills.tv/
Red Hot Chili Peppers: Einen Schritt weiter
Nach so langer Pause saugt man alles wie ein Schwamm auf, ist doch klar: Allein die Ankündigung, am 17. Juni würde das neue Album "The Getaway" der Red Hot Chili Peppers erscheinen, machte aus einem ganz normalen Tag mühelos und im Handumdrehen einen Feiertag - ganz unabhängig von der Qualität des ersten Tracks "Dark Necessities" wohlbemerkt. Stück um Stück wird die Sache nun klarer, denn gerade ist der Titelsong im Netz aufgetaucht.
Sonntag, 29. Mai 2016
Dinosaur jr.: Werbejingle [Update]
Und noch so eine Vorankündigung, zu der Luftsprünge durchaus angebracht sind: J Mascis und Dinosaur jr. werden am 5. August via Jagjaguwar ihr neues Album "A Glimpse Of What Yer Not" veröffentlichen, elf neue Songs werden darauf enthalten sein und zur allergrößten Freunde werden die Herren auch für ein paar Konzerte die Runde machen. Zur Ankündigung haben sich die Grunge-Ikonen übrigens Henry Rollins, den Godfather des US-Punk, ausgeliehen und der hatte offenkundig mächtig Freude am Werbejinglen.
05.06. Mannheim, Maifeld Derby
07.06. Leipzig, Täubchenthal
09.06. Basel, Kaserne Basel
11.06. Bern, Dachstock
13.06. Erlangen, E-Werk
17.06. Duisburg, Traumzeit Festival
03.11. Köln, Live Music Hall
04.11. Rolling Stone Weekender, Weissenhäuser Strand
11.11. Berlin, Astra Kulturhaus
Update: Und da ist er dann auch schon, der erste neue Song - "Tiny" heißt er und wurde gestern bei Later With Jools Holland uraufgeführt ... und ein paar Tage später gibt's dann mit "Goin Down" noch einen weiteren (28.05.2016).
05.06. Mannheim, Maifeld Derby
07.06. Leipzig, Täubchenthal
09.06. Basel, Kaserne Basel
11.06. Bern, Dachstock
13.06. Erlangen, E-Werk
17.06. Duisburg, Traumzeit Festival
03.11. Köln, Live Music Hall
04.11. Rolling Stone Weekender, Weissenhäuser Strand
11.11. Berlin, Astra Kulturhaus
Update: Und da ist er dann auch schon, der erste neue Song - "Tiny" heißt er und wurde gestern bei Later With Jools Holland uraufgeführt ... und ein paar Tage später gibt's dann mit "Goin Down" noch einen weiteren (28.05.2016).
Samstag, 28. Mai 2016
Weaves: Kein Entkommen
Manchmal ist es gar nicht so wichtig, wohin, sondern dass man sich bewegt: Die Weaves aus dem kanadischen Toronto zum Beispiel wissen wahrscheinlich selbst nicht so genau, wie man ihren Musikstil kategorisieren sollte. Was auch irrelevant ist, weil man seinen Körper dazu ohnehin kaum unter Kontrolle zu halten vermag. Freakiger Funk, haufenweise Gitarrenhooks zum Verlieben und dazu noch Jasmyn Burkes überdrehte Stimme, man kann sich ihnen kaum entziehen - am 17. Juni erscheint das selbstbetitelte Debüt des Quartetts, deshalb gibt's im angehängten Serviceteil des Posts nicht nur die aktuelle Single "Coo Coo", sondern auch die etwas älteren Stücke "One More" und "Candy". Plus zwei Livetermine für unmittelbar Begeisterte.
02.06. Berlin, Fluxbau
03.06. Mannheim, Maifeld Derby (bis 05.06.)
02.06. Berlin, Fluxbau
03.06. Mannheim, Maifeld Derby (bis 05.06.)
Lizbet Sempa: Schon sehr weit
Ganz ehrlich, auf zwanzig wäre man bei der Stimme nicht gekommen: Nicht älter aber ist Lizbet Sempa, der Londoner Shootingstar mit ugandischen Wurzeln. Gerade hat sie mit "Deep Inside" ihre zweite Single veröffentlicht und wie auch beim Vorgänger "Mistakes" lohnt hier genaueres Hinhören - soulful, warm, von überraschender Reife, man muß nicht allzu lange im Kaffeesatz umherforschen um zu ahnen, dass dem Mädchen höchstwahrscheinlich eine glänzende Zukunft bevorsteht.
Freitag, 27. Mai 2016
Bat For Lashes: Überraschung
Auf Überraschungen durfte man bei Natasha Khan aka. Bat For Lashes spätestens nach ihrem zweiten Alter Ego Sexwitch ja gefaßt sein, dennoch ist man erstaunt, wenn man ihre neue Single "Sunday Love" zum ersten Mal hört - zur gewohnt glockenhellen Stimme mischen sich schnelle, programmierte Beats, anderswo würde man ein solches Stück als "Killertrack" bezeichnen. Lassen wir ihn einfach mal so stehen (und schauen uns das dazugehörige Video von John DeMenil an), die Vorfreude auf "The Bride", ihr neues Album (VÖ 1. Juli), wird so jedenfalls noch größer.
The Night Café: DIY
In ein paar Jahren (wenn sie denn, was zu hoffen ist, so lange dabeibleiben), werden sich die vier Jungs der Liverpooler Band The Night Café für diese Bilder höchstwahrscheinlich in Grund und Boden schämen. Jetzt kann ihnen das allerdings herzliche egal sein - ihre Doppelsingle "Together"/"Time" ist so verteufelt eingängig, wie es zu Lebzeiten auch The Smiths waren. Und deshalb dürfen sie auch weiterhin gern so alberne DIY-Videos drehen.
Donnerstag, 26. Mai 2016
The Strokes: Kein Trauermarsch
Und das toppt natürlich die Meldungen den Tages: Von Julian Casablancas und The Strokes hat man ja längere Zeit nichts mehr zu hören bekommen - Casablancas war in letzter Zeit mit seiner Zweitband The Voidz unterwegs und legte mit ihnen das Album "Tyranny" vor, "Comedown Machine", die letzte Platte seiner Hauptband, stammt aus dem Jahr 2013 und fast hätte man deshalb schon zum Trauermarsch geblasen. Pustekuchen, am 3. Juni veröffentlichen die Herren auf dem Label ihres Sängers eine neue EP mit dem wegweisenden Titel "Future Present Past", die mit "Oblivius", "Threat Of Joy" und "Drag Queen" drei neue Song plus einen Remix enthält - anhören kann man sich das Material vorerst nur auf der Seite der Plattenfirma.
Silent Wave: Türöffner
Wieder mal Schweden, wieder mal gut: Tildeh Hjelm, Hans Olsson Brookes und Martin Öhman alias Silent Wave stammen aus Göteborg und ihr waviger Electropop geht einem recht schnell ins Ohr. Und auch wenn sie hierzulande noch nicht allzu bekannt sind - spätestens mit der gerade veröffentlichten Single "War" sollte sich das schnellstmöglich ändern.
KAUF: Der nächste Schritt
In Sachen feingewirkter Elektronik ist Ronald Kaufman aka. KAUF ja kein Unbekannter mehr. Vor drei Jahren veröffentlichte der junge Mann aus Los Angeles mit "As Much Again" seine erste EP, tourte mit Cut Copy und lieferte u.a. für The Big Pink und Poliça Remixarbeiten ab. Nun ist offenbar Größeres am Werden - zwei neue Singles weisen auf das Debütablum "Regrowth" hin, das später im Jahr erscheinen soll, hier also "Through The Yard" und das aktuelle "A Ruin".
Mittwoch, 25. Mai 2016
New Order: Imageverstärker
New Order
„Complete Music“
(Mute Records)
Einerseits. Andererseits. Einerseits – sind solche Langversionen eine prima Sache. New Order haben sie ja quasi mit erfunden und können in dieser Hinsicht (zusammen mit ihrer Anhängerschaft) auf eine reichhaltige Tradition zurückblicken. Gleich eine ihres ersten Singles „Blue Monday“ wurde als Maxi zum Überhit (und durfte diesen Erfolg in veränderter Form später noch zweimal wiederholen), bis weit ins neue Jahrtausend hinein existierte für das legendäre Vinyl-Floppy-Cover zudem ein elitärer Blue Monday Owners Club. Ob später mit dem wunderbaren Doppelalbum „Substance“ oder der opulenten RETRO-Box – New Order haben seit Jahrzehnten gerade mit der Verlängerung erfolgreich daran gearbeitet, ihren Imagewandel von der auf düster getrimmten Wavekapelle hin zur danceorientierten Synthpopformation glaubhaft zu machen. Andererseits – so eine Extendet Version hat gegenüber der Komplettüberarbeitung einen entscheidenden Nachteil: Der Remix vermag aus einem schlechten durchaus auch einen guten Song zu machen, wenn ein Meister seines Fachs die Regler bedient, die Maxi dagegen läßt den Langweiler immer noch langweilig, nur eben länger klingen, ein gelungener Track verliert dagegen durch die Extrarunden kaum an Spannung.
Bei „Complete Music“ kommt nun all das auf’s Augenscheinlichste zum Tragen: Da sich die elf Stücke des regulären Albums ohnehin schon auf eine gute Stunde strecken, wird auf der Langversion nun noch mal draufgesattelt und ins Doppelformat editiert, dreimal geht’s über die magische „9“ und erwischt dabei nicht unbedingt die besten Nummern. Die erste Single „Restless“, eine der schwächeren Nummern der Platte, erfährt durch diese Ausdehnung erwartungsgemäß kein qualitatives Upgrade, „Plastic“ war schon vorher ausgereift und ausgereizt und „Unlearn This Hatered“ bzw. „People On The Highline“ bleiben auch bei längerer Distanz besserer Durchschnitt. Umgekehrt sind die Extraminuten samt einfallsreicher Verzierungen bei „Singularity“, „Tutti Frutti“, „Nothing But A Fool“ und vor allem „Stray Dog“ ein wirklicher Gewinn, auch wenn von Hot Chip oder Erol Alkan noch spannendere Zuarbeiten kamen. Die beiden Blitzlichtgewitter „The Game“ und „Superheated“ runden das Ergebnis am Ende versöhnlich ab, ohnehin muss jeder selbst entscheiden, welches der Stücke die zusätzlichen Loops und Bleeps wert war – die Klasse des Ursprungsalbums wird dadurch sicher nicht in Frage gestellt. http://www.neworderonline.com/
„Complete Music“
(Mute Records)
Einerseits. Andererseits. Einerseits – sind solche Langversionen eine prima Sache. New Order haben sie ja quasi mit erfunden und können in dieser Hinsicht (zusammen mit ihrer Anhängerschaft) auf eine reichhaltige Tradition zurückblicken. Gleich eine ihres ersten Singles „Blue Monday“ wurde als Maxi zum Überhit (und durfte diesen Erfolg in veränderter Form später noch zweimal wiederholen), bis weit ins neue Jahrtausend hinein existierte für das legendäre Vinyl-Floppy-Cover zudem ein elitärer Blue Monday Owners Club. Ob später mit dem wunderbaren Doppelalbum „Substance“ oder der opulenten RETRO-Box – New Order haben seit Jahrzehnten gerade mit der Verlängerung erfolgreich daran gearbeitet, ihren Imagewandel von der auf düster getrimmten Wavekapelle hin zur danceorientierten Synthpopformation glaubhaft zu machen. Andererseits – so eine Extendet Version hat gegenüber der Komplettüberarbeitung einen entscheidenden Nachteil: Der Remix vermag aus einem schlechten durchaus auch einen guten Song zu machen, wenn ein Meister seines Fachs die Regler bedient, die Maxi dagegen läßt den Langweiler immer noch langweilig, nur eben länger klingen, ein gelungener Track verliert dagegen durch die Extrarunden kaum an Spannung.
Bei „Complete Music“ kommt nun all das auf’s Augenscheinlichste zum Tragen: Da sich die elf Stücke des regulären Albums ohnehin schon auf eine gute Stunde strecken, wird auf der Langversion nun noch mal draufgesattelt und ins Doppelformat editiert, dreimal geht’s über die magische „9“ und erwischt dabei nicht unbedingt die besten Nummern. Die erste Single „Restless“, eine der schwächeren Nummern der Platte, erfährt durch diese Ausdehnung erwartungsgemäß kein qualitatives Upgrade, „Plastic“ war schon vorher ausgereift und ausgereizt und „Unlearn This Hatered“ bzw. „People On The Highline“ bleiben auch bei längerer Distanz besserer Durchschnitt. Umgekehrt sind die Extraminuten samt einfallsreicher Verzierungen bei „Singularity“, „Tutti Frutti“, „Nothing But A Fool“ und vor allem „Stray Dog“ ein wirklicher Gewinn, auch wenn von Hot Chip oder Erol Alkan noch spannendere Zuarbeiten kamen. Die beiden Blitzlichtgewitter „The Game“ und „Superheated“ runden das Ergebnis am Ende versöhnlich ab, ohnehin muss jeder selbst entscheiden, welches der Stücke die zusätzlichen Loops und Bleeps wert war – die Klasse des Ursprungsalbums wird dadurch sicher nicht in Frage gestellt. http://www.neworderonline.com/
FURS: Aus lauter Freude [Update]
Die Londoner Kapelle FURS, hier schon mit ein paar Stücken ihres Debüts "Just Kids" vorstellig geworden, feiert gerade den Release ihres Erstlings mit einer weiteren Hörprobe. Nach dem rockigen Einstieg gibt es nun mit "Holy Reviewer" ein paar verträumtere Töne zu hören, man darf gespannt sein, wie sich denn das Komplettprogramm auf der Bühne macht (wenn sie denn mal auf Reisen gehen).
Update: Dass die vier eine ungemein lustige Truppe sind, beweisen sie im aktuellen Video zur Single, das gerade das Licht der Welt erblickt hat.
Update: Dass die vier eine ungemein lustige Truppe sind, beweisen sie im aktuellen Video zur Single, das gerade das Licht der Welt erblickt hat.
onDeadWaves: Work-Work-Balance
onDeadWaves
„onDeadWaves“
(Mute Records)
Der Grund, weshalb Arbeitsbeziehungen in der Regel grandios scheitern, könnte vielleicht darin begründet sein, dass sich beide Seiten vornehmlich auf die Beziehung und weniger auf die Arbeit konzentrieren. Streicht man dagegen den ganzen darwinistischen und gefühlsduseligen Kram mal komplett raus, sind die Chance auf ein ertragreiches Gelingen gar nicht mal so schlecht. Polly Scattergood und James Chapman beispielsweise sind beide beim Plattenlabel Mute Records unter Vertrag und haben sich dort auch vor Jahren auf einer Veranstaltung kennengelernt. Und beschlossen, neben ihren eigenen Projekten auch für ein gemeinsames zu musizieren – herausgekommen ist das wunderbare Debütalbum unter dem Namen onDeadWaves. Auch wenn Scattergood und Chapman solistisch eher der Passion ihres Arbeitgebers und somit der Elektronik folgen – sie war 2013 mit “Arrows” erfolgreich und er zur gleichen Zeit als Maps mit dem Album “Vicissitude” – hier huldigen die beiden unverholen den Säulenheiligen der Songwriterzunft. An erster Stelle ist da natürlich Leonhard Cohen zu nennen, zu dem sich die meisten Parallelitäten heraushören lassen, aber auch Bob Dylan und Jim O’Rourke werden aufgeführt, wenn es um Vorbildfunktionen geht.
Herausgekommen sind Stücke wie die Einstiegssingle “Blackbird” – Scattergoods Zwiesprache mit dem schwarzen Vogel auf der Bettkante ist ein wahrhaft anrührender, melancholischer Moment, ebenso perfekt gelungen wie das spätere “Blue Inside”, ein Song über Aufbrüche und Verletzlichkeiten, gesungen mit brüchigem Timbre und sehr, sehr viel Düsternis. Es gibt auf dem ganzen Album mit “California” eigentlich nur ein einziges Stück, das sich etwas Ausgelassenheit und bessere Laune gönnt, alles andere wirkt angenehm verhangen und schemenhaft konturiert. Chapman und Scattergood singen, raunen, hauchen, flüstern jeden der zehn Titel gemeinsam, bei “Alice” sogar so zart, dass man meint, im nächsten Augenblick würden sie sich endgültig in Rauch auflösen. In allen Liedern schwingt eine große, wohltuende Wärme mit, garniert mit zaghaften Percussions, schimmernden Gitarrenakkorden, Zurückhaltung scheint oberstes Gebot und selbst am Schluß, wenn sich “Winter’s Child” zu einem vorsichtigen Blues aufmacht, dauert es seine Zeit, bis sich Scattergood und Chapman zum finalen Crescendo trauen – dann aber ist mit einem Schlag alles vorbei. Und die Repeat-Taste schon gedrückt …
„onDeadWaves“
(Mute Records)
Der Grund, weshalb Arbeitsbeziehungen in der Regel grandios scheitern, könnte vielleicht darin begründet sein, dass sich beide Seiten vornehmlich auf die Beziehung und weniger auf die Arbeit konzentrieren. Streicht man dagegen den ganzen darwinistischen und gefühlsduseligen Kram mal komplett raus, sind die Chance auf ein ertragreiches Gelingen gar nicht mal so schlecht. Polly Scattergood und James Chapman beispielsweise sind beide beim Plattenlabel Mute Records unter Vertrag und haben sich dort auch vor Jahren auf einer Veranstaltung kennengelernt. Und beschlossen, neben ihren eigenen Projekten auch für ein gemeinsames zu musizieren – herausgekommen ist das wunderbare Debütalbum unter dem Namen onDeadWaves. Auch wenn Scattergood und Chapman solistisch eher der Passion ihres Arbeitgebers und somit der Elektronik folgen – sie war 2013 mit “Arrows” erfolgreich und er zur gleichen Zeit als Maps mit dem Album “Vicissitude” – hier huldigen die beiden unverholen den Säulenheiligen der Songwriterzunft. An erster Stelle ist da natürlich Leonhard Cohen zu nennen, zu dem sich die meisten Parallelitäten heraushören lassen, aber auch Bob Dylan und Jim O’Rourke werden aufgeführt, wenn es um Vorbildfunktionen geht.
Herausgekommen sind Stücke wie die Einstiegssingle “Blackbird” – Scattergoods Zwiesprache mit dem schwarzen Vogel auf der Bettkante ist ein wahrhaft anrührender, melancholischer Moment, ebenso perfekt gelungen wie das spätere “Blue Inside”, ein Song über Aufbrüche und Verletzlichkeiten, gesungen mit brüchigem Timbre und sehr, sehr viel Düsternis. Es gibt auf dem ganzen Album mit “California” eigentlich nur ein einziges Stück, das sich etwas Ausgelassenheit und bessere Laune gönnt, alles andere wirkt angenehm verhangen und schemenhaft konturiert. Chapman und Scattergood singen, raunen, hauchen, flüstern jeden der zehn Titel gemeinsam, bei “Alice” sogar so zart, dass man meint, im nächsten Augenblick würden sie sich endgültig in Rauch auflösen. In allen Liedern schwingt eine große, wohltuende Wärme mit, garniert mit zaghaften Percussions, schimmernden Gitarrenakkorden, Zurückhaltung scheint oberstes Gebot und selbst am Schluß, wenn sich “Winter’s Child” zu einem vorsichtigen Blues aufmacht, dauert es seine Zeit, bis sich Scattergood und Chapman zum finalen Crescendo trauen – dann aber ist mit einem Schlag alles vorbei. Und die Repeat-Taste schon gedrückt …
The Kills: Pelzträger
Aller guten, in diesem Falle sogar sehr guten, Dinge sind drei: The Kills veröffentlichen heute das dritte Video zur dritten Single - nach "Doing It To Death" und "Heart Of A Dog" kommt jetzt "Siberian Nights" daher. Der Clip, der mit rennenden Wölfen und Pferden im Gegenlicht und einigen bepelzten Menschen aufwarten kann, stammt von Schauspieler Giovanni Ribisi (Avatar, Selma, Lost Highway, The Postman) und soll u.a. Bezug auf den Streifen "The Misfits" von John Houston nehmen - schön anzusehen ist er allemal.
Dienstag, 24. Mai 2016
Banks And Steelz: Men in Black and White [Update]
Gemessen am medialen Haltbarkeitsdatum ist diese Meldung aus dem Herbst 2013 heute schon gar nicht mehr wahr: Damals hatte RZA, Chef-Rapper des Wu Tang Clan, gemeinsam mit Paul Banks, dem Sänger der New Yorker Wavekapelle Interpol, eine Platte in Aussicht gestellt oder zumindest die Zusammenarbeit der beiden öffentlich gemacht - bis heute hat es gedauert, dass dem vagen Projekt auch ein greif- bzw. hörbares Ergebnis abgerungen wurde. "Love + War" nennt sich die erste Single der beiden Herren, die jetzt unter dem Namen Banks And Steelz firmieren und unterschiedlicher kaum sein könnten (wenn auch Banks' Vorliebe für HipHop mehrfach dokumentiert wurde). Mit im Studio übrigens auch Ghostface Killah, anzuhören ist das Stück wieder einmal als Radiorip von Zane Lowe.
Update: Jetzt mit einem Schuß Tarantino meets Yakuza - das Video zum Song ist da.
Update: Jetzt mit einem Schuß Tarantino meets Yakuza - das Video zum Song ist da.
Montag, 23. Mai 2016
Giungla: Stromgitarrenprinzessin [Update]
Jetzt wird's kratzig: Emanuela Drei heißt die junge Dame aus dem italienischen Bologna, die sich hinter dem Pseudonym Giungla verbirgt und ganz offensichtlich pflegt sie ein sehr inniges Verhältnis zu ihrer Gitarre. Bereits vor Tagen ließ sie mit zwei Stücken ihrer kommenden EP "Camo" aufhorchen und bei einem der beiden ("Cold") entlockte sie ihrem Instrument schon erstaunlich widerborstige Töne. Nun kommt die neue Single "Forest" ins Netz und auch die ist nicht von schlechten Eltern. Wer mag, darf sich auch noch das Cover "How Do You Do It" (ursprünglich von Empress Of) anhören, klingt alles ganz so, als habe sie sich einiges vorgenommen.
Update: Wo sie die Töne und den Beat doch immer wieder herholt - hier die neue Single "Wrong" und auch die kracht und knirscht ganz formidabel.
Update: Wo sie die Töne und den Beat doch immer wieder herholt - hier die neue Single "Wrong" und auch die kracht und knirscht ganz formidabel.
Kristin Kontrol: Häutungen
Kristin Kontrol
„X-Communicate“
(Sub Pop)
Kurz Augen und Ohren gerieben und dann die unausweichliche Frage: Warum? Warum wird aus einer Dee Dee eine Kristin Kontrol und aus lässigem Surfsound plötzlich Powerpop? Nun, Kristin Gundred ist nicht die erste, die es reizt, mal aus der Spur zu laufen und auch wenn sich ihre Dum Dum Girls im Laufe der Jahre schon geändert haben, eine so auffällige Häutung hätte sie wohl mit ihren Kolleginnen nicht zu Wege gebracht. Der Hinweis auf die notwendige Neuorientierung findet sich denn auch gleich mehrmals auf dem Solodebüt, von „Shed Skin“ ist die Rede und wenig später singt sie: „We are nothing if not going through the motions.“ Sie zieht also durchaus die Möglichkeit in Betracht, dass diese Platte ein Reinfall wird und ihre Fans das neue Gesicht so gar nicht sehen wollen – aber: Sie hat es wenigstens probiert. Und kommt, wie sie in einem Interview betont, ganz gut damit klar: “I feel free. I had to excommunicate myself to be able to explore. Even if I have to rebuild my whole career, I’d rather work tirelessly then feel stagnant. I feel excited again, and you can’t put a price on that.”
Die Liste ihrer Vorbilder, die sie für ihre erste ‘eigene’ Musik ins Feld führt, erweist sich dann auch als entsprechend bunt und wird bei manchem Anhänger für Bauchschmerzen sorgen. Denn neben Chrissie Hyde und Patti Smith stehen da auch Janet Jackson, Madonna, TLC und Mariah Carey. Ganz so schlimm, wie sich das jetzt liest, muss man sich “X-Communicate” aber wirklich nicht vorstellen – es ist eine recht routinierte, klassische Pop-Platte geworden, manchmal etwas arg konventionell, dennoch vielgestaltig und beileibe nicht langweilig. Die Einflüsse reichen vom Synthpop der 80er über den RnB der 90er, hier steht das simple Rockbrett (“Face 2 Face”) neben dem pumpenden Diskostampfer (“Shed Skin”), hymnische Balladen (“Don’t Wannabe”/“What Is Love”) treffen auf einen Titelsong, der auch als Kim-Wilde-Hear-a-like durchgehen könnte und dabei gar nicht mal so schlecht abschneidet. Über sechzig Songs sollen es gewesen sein, aus denen Gundred zusammen mit den Produzenten Kurt Feldman und Andrew Miller die vorliegenden zehn ausgesucht haben, sieht also ganz so aus, als sei das Projekt auf längere Zeit ausgelegt. Für’s erste darf man jedenfalls von einem einigermaßen gelungenen Einstand sprechen. http://www.kristinkontrol.com/
„X-Communicate“
(Sub Pop)
Kurz Augen und Ohren gerieben und dann die unausweichliche Frage: Warum? Warum wird aus einer Dee Dee eine Kristin Kontrol und aus lässigem Surfsound plötzlich Powerpop? Nun, Kristin Gundred ist nicht die erste, die es reizt, mal aus der Spur zu laufen und auch wenn sich ihre Dum Dum Girls im Laufe der Jahre schon geändert haben, eine so auffällige Häutung hätte sie wohl mit ihren Kolleginnen nicht zu Wege gebracht. Der Hinweis auf die notwendige Neuorientierung findet sich denn auch gleich mehrmals auf dem Solodebüt, von „Shed Skin“ ist die Rede und wenig später singt sie: „We are nothing if not going through the motions.“ Sie zieht also durchaus die Möglichkeit in Betracht, dass diese Platte ein Reinfall wird und ihre Fans das neue Gesicht so gar nicht sehen wollen – aber: Sie hat es wenigstens probiert. Und kommt, wie sie in einem Interview betont, ganz gut damit klar: “I feel free. I had to excommunicate myself to be able to explore. Even if I have to rebuild my whole career, I’d rather work tirelessly then feel stagnant. I feel excited again, and you can’t put a price on that.”
Die Liste ihrer Vorbilder, die sie für ihre erste ‘eigene’ Musik ins Feld führt, erweist sich dann auch als entsprechend bunt und wird bei manchem Anhänger für Bauchschmerzen sorgen. Denn neben Chrissie Hyde und Patti Smith stehen da auch Janet Jackson, Madonna, TLC und Mariah Carey. Ganz so schlimm, wie sich das jetzt liest, muss man sich “X-Communicate” aber wirklich nicht vorstellen – es ist eine recht routinierte, klassische Pop-Platte geworden, manchmal etwas arg konventionell, dennoch vielgestaltig und beileibe nicht langweilig. Die Einflüsse reichen vom Synthpop der 80er über den RnB der 90er, hier steht das simple Rockbrett (“Face 2 Face”) neben dem pumpenden Diskostampfer (“Shed Skin”), hymnische Balladen (“Don’t Wannabe”/“What Is Love”) treffen auf einen Titelsong, der auch als Kim-Wilde-Hear-a-like durchgehen könnte und dabei gar nicht mal so schlecht abschneidet. Über sechzig Songs sollen es gewesen sein, aus denen Gundred zusammen mit den Produzenten Kurt Feldman und Andrew Miller die vorliegenden zehn ausgesucht haben, sieht also ganz so aus, als sei das Projekt auf längere Zeit ausgelegt. Für’s erste darf man jedenfalls von einem einigermaßen gelungenen Einstand sprechen. http://www.kristinkontrol.com/
The Julie Ruin: Ab dafür
Der Entscheidung folgt der Abschluss, eine Logik, die man ganz grob auch für The Julie Ruin nutzen kann: Für den 8. Juli ist ja bereits via Hardly Art das neue Album "Hit Reset" von Kathleen Hanna und Band angekündigt, die erste Auskopplung hieß "I Decide" und nun kommt "I'm Done" als Vorabtrack Nummer zwei.
26.11. Köln, Week-End Festival
27.11. Berlin, Columbia Theater
26.11. Köln, Week-End Festival
27.11. Berlin, Columbia Theater
Sonntag, 22. Mai 2016
Ceiling Demons: Ausweglos
Ceiling Demons
„Belly Of The Hopeless“
(Frux Tapes)
Es gibt tatsächlich Geräusche, die als Zitate durchgehen könnten. Zum Beispiel bei „Stones“, der aktuellen Single der Ceiling Demons – da tönt ein blecherner Loop gegen Ende des Tracks, den man so schon bei Massive Attack gehört hat. Trip Hop also, Bristol natürlich – wir sind auch bei Tricky und Portishead, tiefschwarze Raps zu tonnenschwerem, pechzähem Dub. Psy Ceiling, Dan und Beat Demon haben ihre EP „Belly Of The Hopless“ in die Hände von Jonathan Swift gegeben und der stellt den Bezug zur musikalischen Historie besagter englischer Hafenstadt her und wüßte man nicht sicher, dass diese Klänge hier das Stilmittel Nummer eins sind, man müßte sich Sorgen machen um die drei Herren aus Richmond. Denn auch „Love Will Return“ und „Belly“ schleppen sich wie rostige, havarierte Maschinen auf Halblast durch die apokalyptischskizzierte Landschaft, bei „Tricky Kid“ schließlich erwachen die Lebensgeister etwas, kommen ein paar staubige Gitarrentöne hinzu, bevor in „Turn The Page“ zu beschwörendem und bedrohlichem Raunen die Beats maschinengewehrartig stotternd herausgeschleudert werden. Den Abschluß macht ein seltsam souliger, mehrstimmiger Singsang zu Piano und dröhnenden Synthausläufern – ein ganz und gar erstaunliches, wenn auch leider nur sehr kurzes Musikerlebnis.
„Belly Of The Hopeless“
(Frux Tapes)
Es gibt tatsächlich Geräusche, die als Zitate durchgehen könnten. Zum Beispiel bei „Stones“, der aktuellen Single der Ceiling Demons – da tönt ein blecherner Loop gegen Ende des Tracks, den man so schon bei Massive Attack gehört hat. Trip Hop also, Bristol natürlich – wir sind auch bei Tricky und Portishead, tiefschwarze Raps zu tonnenschwerem, pechzähem Dub. Psy Ceiling, Dan und Beat Demon haben ihre EP „Belly Of The Hopless“ in die Hände von Jonathan Swift gegeben und der stellt den Bezug zur musikalischen Historie besagter englischer Hafenstadt her und wüßte man nicht sicher, dass diese Klänge hier das Stilmittel Nummer eins sind, man müßte sich Sorgen machen um die drei Herren aus Richmond. Denn auch „Love Will Return“ und „Belly“ schleppen sich wie rostige, havarierte Maschinen auf Halblast durch die apokalyptischskizzierte Landschaft, bei „Tricky Kid“ schließlich erwachen die Lebensgeister etwas, kommen ein paar staubige Gitarrentöne hinzu, bevor in „Turn The Page“ zu beschwörendem und bedrohlichem Raunen die Beats maschinengewehrartig stotternd herausgeschleudert werden. Den Abschluß macht ein seltsam souliger, mehrstimmiger Singsang zu Piano und dröhnenden Synthausläufern – ein ganz und gar erstaunliches, wenn auch leider nur sehr kurzes Musikerlebnis.
Samstag, 21. Mai 2016
Band Of Horses: Aliens gotta party
Woran das wohl liegt: Ein Puppenfilm jagt den nächsten - gerade erst wurden "Silly Me" von Yeasayer und Holy Fuck's "Xed Eyes" durchgewunken, da kommt schon die Band Of Horses mit einem weiteren sonderbaren Clip um die Ecke - bei "Casual Party" haben offensichtlich ziemlich durchgeknallte Aliens das Regime übernommen, sieht jedenfalls alles ziemlich abgefahren aus. Das Album "Why Are You Ok" erscheint weiterhin am 10. Juni bei Caroline.
Freitag, 20. Mai 2016
Eagulls: Gutes Maß
Eagulls
„Ullages“
(Partisan Records)
Ganz so tief musste man gar nicht in der Vergangenheit kramen, um die Blaupause für diesen kleinen Gag zu finden: Vor zwei Jahren veröffentlichten die New Yorker Interpol bekanntlich ihr letztes Studioalbum und nutzten für den Titel ein Anagramm – aus Interpol wurde so „El Pintor“, der Witz bei der Sache war allerdings schwer vermittelbar. Nun also formen die Eagulls aus dem englischen Leeds für ihre zweite Platte den eigenen Namen ebenfalls zu einem Anagramm, das mit etwas Fantasie noch eine nützliche Pointe abgeben könnte. Denn unter einer Ullage versteht der Seemann den Freiraum, der beim Betanken des Schiffes zwischen Tankdeckel und Füllstand belassen wird. Interpretiert man George Mitchell, den Sänger der Band, richtig, dann möchte er das gern als psychologisches Maß verstanden wissen – das also, was hierzulande gern unter persönlicher Sichtweise verstanden wird: Das Glas ist halbvoll oder eben halbleer. Hört man sich die Musik der fünf Burschen an, möchte man eher auf ‚halbleer‘ tippen, denn früher wie heute klingen sie ziemlich düster – geändert hat sich allerdings der Stil.
War auf dem gleichnamigen Debüt noch mehrheitlich wilder, wütender Garage-Noise zu hören, wenden sie sich auf „Ullages“ nun den wavigeren und gemäßigteren Tönen zu. The Cure dürften jetzt wohl als das größte Vorbild herhalten, Mitchells klagender Gesang erinnert sehr an Robert Smith und auch Gitarren und Bass liefern ähnliche Erinnerungen. Das schönste daran ist, dass der neue Sound der Band richtig gut steht, die Songs sind weitaus hörbarer, auch melodischer und wer darin einen Nachteil sieht, muss schon ziemlich hartherzig sein. Gerade die drei ausgekoppelten Singles „My Life In Rewind“, „Lemontrees“ und „Skipping“ geben ein gutes Bild für die neu gewonnene Bandbreite, der es gerade bei letzterem Stück auch nicht an der nötigen Härte fehlt. In allem ist jetzt eine Spur mehr Traurigkeit, aber eben auch eine größere Weite zu hören – zu „Euphoria“ beispielsweise würde ein ausgiebiger Spaziergang durchs regnerische Yorkshire wunderbar passen (auch wenn das jetzt doch eine Spur zu kitschig rüberkommt). Kurz: An diese Eagulls möchte man sich gern gewöhnen, das Glas ist also gut gefüllt.
23.05. Berlin, Badehaus RAW-Gelände
24.05. Hamburg, Hafenklang
„Ullages“
(Partisan Records)
Ganz so tief musste man gar nicht in der Vergangenheit kramen, um die Blaupause für diesen kleinen Gag zu finden: Vor zwei Jahren veröffentlichten die New Yorker Interpol bekanntlich ihr letztes Studioalbum und nutzten für den Titel ein Anagramm – aus Interpol wurde so „El Pintor“, der Witz bei der Sache war allerdings schwer vermittelbar. Nun also formen die Eagulls aus dem englischen Leeds für ihre zweite Platte den eigenen Namen ebenfalls zu einem Anagramm, das mit etwas Fantasie noch eine nützliche Pointe abgeben könnte. Denn unter einer Ullage versteht der Seemann den Freiraum, der beim Betanken des Schiffes zwischen Tankdeckel und Füllstand belassen wird. Interpretiert man George Mitchell, den Sänger der Band, richtig, dann möchte er das gern als psychologisches Maß verstanden wissen – das also, was hierzulande gern unter persönlicher Sichtweise verstanden wird: Das Glas ist halbvoll oder eben halbleer. Hört man sich die Musik der fünf Burschen an, möchte man eher auf ‚halbleer‘ tippen, denn früher wie heute klingen sie ziemlich düster – geändert hat sich allerdings der Stil.
War auf dem gleichnamigen Debüt noch mehrheitlich wilder, wütender Garage-Noise zu hören, wenden sie sich auf „Ullages“ nun den wavigeren und gemäßigteren Tönen zu. The Cure dürften jetzt wohl als das größte Vorbild herhalten, Mitchells klagender Gesang erinnert sehr an Robert Smith und auch Gitarren und Bass liefern ähnliche Erinnerungen. Das schönste daran ist, dass der neue Sound der Band richtig gut steht, die Songs sind weitaus hörbarer, auch melodischer und wer darin einen Nachteil sieht, muss schon ziemlich hartherzig sein. Gerade die drei ausgekoppelten Singles „My Life In Rewind“, „Lemontrees“ und „Skipping“ geben ein gutes Bild für die neu gewonnene Bandbreite, der es gerade bei letzterem Stück auch nicht an der nötigen Härte fehlt. In allem ist jetzt eine Spur mehr Traurigkeit, aber eben auch eine größere Weite zu hören – zu „Euphoria“ beispielsweise würde ein ausgiebiger Spaziergang durchs regnerische Yorkshire wunderbar passen (auch wenn das jetzt doch eine Spur zu kitschig rüberkommt). Kurz: An diese Eagulls möchte man sich gern gewöhnen, das Glas ist also gut gefüllt.
23.05. Berlin, Badehaus RAW-Gelände
24.05. Hamburg, Hafenklang
Oscar: Ausrufezeichen
Oscar
„Cut And Paste“
(Wichita Recordings)
Eigentlich möchte man sich Oscar Scheller wie folgt vorstellen: Der Londoner Newcomer ist mit Sicherheit der, dem man auf Parties immer mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung hinterherstarrt – die Haare lässig gegelt, den Polokragen stylisch aufgestellt, den Drink mit Fluppe in der einen Hand und die andere natürlich locker um die Hüfte der Schönsten des Abends gelegt. Niemand also, den man unbedingt mag, aber mit dem man in jedem Fall gern getauscht hätte. Gut, die Zeiten sind – für viele von uns jedenfalls – lange vorbei, kein Grund mehr, ihnen nachzutrauern oder sonstwie gram zu sein. Um so vorbehaltloser kann man sich so nämlich einer bestechenden Eigenschaft dieses jungen Mannes widmen, seiner Fähigkeit, richtig gute Popsongs zu schreiben. Die Platte kommt ja in diesen Tagen wie ein Nebensatz daher, hätte durchaus aber das Zeug zum Ausrufezeichen: Wunderbar stimmige Lieder mit ganz viel Pop-Appeal, Scheller hat seinen Morrissey ebenso gehört wie die frühen Platten von The Clash und Blur und deshalb klingt „Cut And Paste“ wie eine lückenlose Aneinanderreihung feinster Hitware, die zu mögen sich keiner schämen muss. Einige der elf Stücke kennt man ja schon aus diversen Vorveröffentlichungen – „Breaking My Phone“, das leicht angerockte „Sometimes“ oder das satt böllernde „Beautiful „Words“, jetzt kommt noch ein wenig Reggae („Good Things“) und ein hübsches Duett mit Folksternchen Marika Hackman („Only Friend“) dazu. Wunderbare Sommerplatte, nix auszusetzen.
19.08. Hamburg, MS Dockville
10.10. Hamburg, Molotow
11.10. Köln, Blue Shell
12.10. Berlin, Privatclub
13.10. Wien, B72
„Cut And Paste“
(Wichita Recordings)
Eigentlich möchte man sich Oscar Scheller wie folgt vorstellen: Der Londoner Newcomer ist mit Sicherheit der, dem man auf Parties immer mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung hinterherstarrt – die Haare lässig gegelt, den Polokragen stylisch aufgestellt, den Drink mit Fluppe in der einen Hand und die andere natürlich locker um die Hüfte der Schönsten des Abends gelegt. Niemand also, den man unbedingt mag, aber mit dem man in jedem Fall gern getauscht hätte. Gut, die Zeiten sind – für viele von uns jedenfalls – lange vorbei, kein Grund mehr, ihnen nachzutrauern oder sonstwie gram zu sein. Um so vorbehaltloser kann man sich so nämlich einer bestechenden Eigenschaft dieses jungen Mannes widmen, seiner Fähigkeit, richtig gute Popsongs zu schreiben. Die Platte kommt ja in diesen Tagen wie ein Nebensatz daher, hätte durchaus aber das Zeug zum Ausrufezeichen: Wunderbar stimmige Lieder mit ganz viel Pop-Appeal, Scheller hat seinen Morrissey ebenso gehört wie die frühen Platten von The Clash und Blur und deshalb klingt „Cut And Paste“ wie eine lückenlose Aneinanderreihung feinster Hitware, die zu mögen sich keiner schämen muss. Einige der elf Stücke kennt man ja schon aus diversen Vorveröffentlichungen – „Breaking My Phone“, das leicht angerockte „Sometimes“ oder das satt böllernde „Beautiful „Words“, jetzt kommt noch ein wenig Reggae („Good Things“) und ein hübsches Duett mit Folksternchen Marika Hackman („Only Friend“) dazu. Wunderbare Sommerplatte, nix auszusetzen.
19.08. Hamburg, MS Dockville
10.10. Hamburg, Molotow
11.10. Köln, Blue Shell
12.10. Berlin, Privatclub
13.10. Wien, B72
Jarvis Cocker: Serientäter
Schön, dass man über Umwege auch mal wieder an ein paar Töne von Jarvis Cocker kommt: Dieser nämlich hat am Score für eine neue Fernsehserie mitgearbeitet - "Likely Stories" basiert auf der Textvorlage von Neil Gaiman, wird bei Sky Arts ausgestrahlt und vom Erfolgsduo Iain Forsyth und Jane Pollard (Nick Cave, "20.000 Days On Earth") betreut. Cocker veröffentlicht zum Film nun also via Rough Trade die EP "Likely Stories" (Cover oben) mit ingesamt vier Tracks, einen davon (das Serienthema) kann man sich schon mal bei Boomkat anhören.
Adiam: Mehr als nur schöne Bilder
Zugegeben, die schwedische Sängerin Adiam kam hier zunächst aus optischen Gründen zur Sprache (Grund waren die markanten Singlecover), doch wenig später stellte sich heraus, dass auch der Sound der Wahlberlinerin der Erwähnung wert ist. Nun hat Adiam Dymott, so der Klarname, angekündigt, den EPs endlich ein komplettes Album folgen zu lassen - für den 26. August ist "Black Wedding" via Vertigo geplant, zum Vorabtrack "Dead Girl Walking" gibt es seit heute auch noch ein Video.
Donnerstag, 19. Mai 2016
Yeasayer: Puppenspiel
Das Cover zur Platte ließ es ahnen - da kommt noch mehr auf uns zu: Yeasayer haben gerade einen weiteren Clip zu ihrem Album "Amen And Goodbye" veröffentlicht - nach "I Am Chemistry" gibt es diesmal eine verwegene und Puppenanimation zur Single "Silly Me", gedreht von Mike Anderson.
Hideous Towns: Sommertauglich
Ein schönes Stück aus der Reihe 'Shoegazing meets Post-Punk' gilt es heute noch zu vermelden: Die Hideous Towns aus dem australischen Melbourne haben gerade bei Lost And Lonesome Records ihre Double-A-Single "Don't Forget/Wake Us" veröffentlicht und der Gesang von Alana West ist auch wirklich zu zauberhaft, als dass man den Song einfach ignorieren könnte - wegschauen geht beim neuen Video natürlich ebenfalls nicht. Der dazugehörige Longplayer ist übrigens für den weiteren Verlauf des Jahres geplant - gut so.
Angela Aux: Das bessere Ende
Angela Aux
„Wrap Your Troubles In Dreams“
(Millaphon)
Das Signing, wenn man denn diesen trendig-marktschreierischen Begriff hier überhaupt verwenden möchte, des Labels Millaphon folgt ebenso wie die Gestaltung des Veranstaltungskalenders im hauseigenen Kellerclub einem schwer durchschaubaren Muster. Hier wie da mischen die Verantwortlichen stilistische Vielfalt, mundartliche Bodenständigkeit und gewagtes Crossover zu einem ambitionierten Programm, mehr noch als bei den unter Vertrag genommenen Künstlern verfährt man an der Abendkasse nach der gängigen Baumarkt-Losung „Geht nicht gibt’s nicht!“ und bringt so in einer Woche mühelos klassische Kammermusik, unterzuckerte Kinderlieder, alpenländische Subkultur und jedwede Spielart hipper Populärkultur unter. Der Plattenladen läßt da zumindest ansatzweise eine Konstante erkennen – mit Dobré, der Moonband und Balloon Pilot wird hier überwiegend anspruchsvolle Feinkostware verlegt, sind die lauten Töne, sieht man mal von den Brassrappern Moop Mama ab, eher in der Minderheit.
Die Entscheidung, auch Florian Kreier und seine Angela Aux ins Portfolio zu nehmen, ist also eine folgerichtige, schon seine letzten Platten – der Vorgänger „Sleep Well Folk“ war noch bei International Bohemian erschienen – versammelten wunderbar wunderliche Klangkunstwerke und auch das aktuelle Album folgt dieser Tradition auf nachdrückliche Weise. Noch reduzierter, noch akustischer kommen die elf Songs daher, allen ist eine zarte Melancholie als wiedererkennbare Signatur eingestickt. Dass Kreier die Menschen zum Denken anregen will, glaubt man ihm gleich, seine Texte sind von einer leichtfüßigen Versonnenheit, die im Einklang mit der Musik den Körper und den Geist zum Schwingen bringen.
Ob mit dem sanften Liebeslied „Simone Please“, das für seine Botschaft wunderbar einfache Worte findet („Simone please, take a look around you, do you believe, the world could be without you? There ain’t no way, definetly no.“), oder die Wankelmütigkeit, die jeden Großstädter irgendwann ergreift und zur Flucht drängt, nur um dann doch der Einsicht nachzugeben, dass man im Für und Wider schon zu sehr verhaftet ist (“Big City Blues”). Kreier spiegelt in seinen Stücken den Zweifler, der sich gern in Tagträumereien und Parallelwelten verliert, der mit seinem Ich hadert und doch nicht weiß, ob ein anderes seine Sache besser machen würde. Dass diese Unentschlossenheit, Zerrisssenheit, das Hin und Her trotzdem so verhalten und warm aus den Membranen federt, das hat schon eine ganz eigene Qualität. Eine, die man – den Vergleich konnte man schon öfters lesen – so nur von Ausnahmekünstlern wie Nick Drake und Elliot Smith kannte. Wie es aussieht, wird das hier aber ein deutlich besseres Ende nehmen.
„Wrap Your Troubles In Dreams“
(Millaphon)
Das Signing, wenn man denn diesen trendig-marktschreierischen Begriff hier überhaupt verwenden möchte, des Labels Millaphon folgt ebenso wie die Gestaltung des Veranstaltungskalenders im hauseigenen Kellerclub einem schwer durchschaubaren Muster. Hier wie da mischen die Verantwortlichen stilistische Vielfalt, mundartliche Bodenständigkeit und gewagtes Crossover zu einem ambitionierten Programm, mehr noch als bei den unter Vertrag genommenen Künstlern verfährt man an der Abendkasse nach der gängigen Baumarkt-Losung „Geht nicht gibt’s nicht!“ und bringt so in einer Woche mühelos klassische Kammermusik, unterzuckerte Kinderlieder, alpenländische Subkultur und jedwede Spielart hipper Populärkultur unter. Der Plattenladen läßt da zumindest ansatzweise eine Konstante erkennen – mit Dobré, der Moonband und Balloon Pilot wird hier überwiegend anspruchsvolle Feinkostware verlegt, sind die lauten Töne, sieht man mal von den Brassrappern Moop Mama ab, eher in der Minderheit.
Die Entscheidung, auch Florian Kreier und seine Angela Aux ins Portfolio zu nehmen, ist also eine folgerichtige, schon seine letzten Platten – der Vorgänger „Sleep Well Folk“ war noch bei International Bohemian erschienen – versammelten wunderbar wunderliche Klangkunstwerke und auch das aktuelle Album folgt dieser Tradition auf nachdrückliche Weise. Noch reduzierter, noch akustischer kommen die elf Songs daher, allen ist eine zarte Melancholie als wiedererkennbare Signatur eingestickt. Dass Kreier die Menschen zum Denken anregen will, glaubt man ihm gleich, seine Texte sind von einer leichtfüßigen Versonnenheit, die im Einklang mit der Musik den Körper und den Geist zum Schwingen bringen.
Ob mit dem sanften Liebeslied „Simone Please“, das für seine Botschaft wunderbar einfache Worte findet („Simone please, take a look around you, do you believe, the world could be without you? There ain’t no way, definetly no.“), oder die Wankelmütigkeit, die jeden Großstädter irgendwann ergreift und zur Flucht drängt, nur um dann doch der Einsicht nachzugeben, dass man im Für und Wider schon zu sehr verhaftet ist (“Big City Blues”). Kreier spiegelt in seinen Stücken den Zweifler, der sich gern in Tagträumereien und Parallelwelten verliert, der mit seinem Ich hadert und doch nicht weiß, ob ein anderes seine Sache besser machen würde. Dass diese Unentschlossenheit, Zerrisssenheit, das Hin und Her trotzdem so verhalten und warm aus den Membranen federt, das hat schon eine ganz eigene Qualität. Eine, die man – den Vergleich konnte man schon öfters lesen – so nur von Ausnahmekünstlern wie Nick Drake und Elliot Smith kannte. Wie es aussieht, wird das hier aber ein deutlich besseres Ende nehmen.
Mittwoch, 18. Mai 2016
Holy Fuck: Trickfilmgrusel
Nächste Woche ist es endlich soweit, dann kommt das neue Album "Congrats" von Holy Fuck in die Regale. Nach dem ziemlich rumänischen Video zur ersten Single "Tom Tom" erwartet uns zum zweiten Streich "Xed Eyes" etwas gruselige Animation - zur Überbrückung.
BadBadNotGood: Gästeliste
Die Numerierung geht also in die nächste Runde: Die Jazzer von BadBadNotGood haben ihr neues Album "IV" angekündigt - die Platte folgt dem Vorgänger "III" und der sehr gelungenen Kollaboration "Sour Soul" mit Ghostface Killah und wird dem Vernehmen nach wieder eine Reihe unterschiedlichster Gäste versammeln. Laut Pitchfork geben sich Colin Stetson, Kaytranada, Mick Jenkins, Charlotte Day Wilson die Ehre, außerdem dabei Sam Herring von den Future Islands und ebenjenes Stück "Time Moves Slow" ist auch nach "Speaking Gently" das zweite, das es vorab zu hören gibt - hier als Radiorip von Zane Lowe. Das da oben ist übrigens tatsächlich das, ähhm, Artwork.
Matthew Dear's Audion: Wiederholungstäter
Gerade erst gab es die Ankündigung, daß Matthew Dear unter seinem Moniker Audion die Single "Mouth To Mouth" in einer Art Zehnfach-Remix-Variante ("Mouth To Mouth 10") veredeln wollte, nun folgt gleich noch ein neues Album hintendrein: "Alpha" soll es heißen, am 10. Juni bei !K7 Records erscheinen und der erste Vorgeschmack "Destroyer" gibt schon gleich mal richtig Gas.
Dienstag, 17. Mai 2016
The Divine Comedy: Die Rückkehr des Komödianten
Klarer Fall von 'Long time no hear': Neil Hannon und The Divine Comedy hatten sich in der Vergangenenheit sehr rar gemacht, das letzte Album "Bang Goes The Knighthood" liegt schon satte sechs Jahr zurück und außer einer kurz nachgeschobenen Liveplatte war von ihm und seinem Orchester nichts mehr zu hören. Nun, das ändert sich jetzt und allerspätestens am 2. September, dann nämlich soll "Foreverland", das nächste Studiowerk, erscheinen. Was wir haben? Das Artwork zumindest (s.u.) und noch ein paar Livetermine für den Winter, Musik alsbald hinterher.
11.02. Lausanne, Theatre Of l'Octogone
13.02. Berlin, Heimathafen
18.02. Hamburg, Mojo Club
11.02. Lausanne, Theatre Of l'Octogone
13.02. Berlin, Heimathafen
18.02. Hamburg, Mojo Club
James Blake: Aus der Herzkammer
James Blake
„The Colour In Anything“
(Polydor)
Ganz ohne Seitenhiebe geht es offensichtlich nicht, wenn sich Feuilleton und Musikpresse mit James Blake und seinem neuen Album beschäftigen – junge Männer, die ihre Empfindsamkeit derart offensiv zum Markenzeichen erklären, haben also schlechte Karten. Der Standard aus Wien schreibt von „Wimmerkunst“, für Die Welt bleibt Blake eine weinerliche Mimose und selbst die SPEX kann sich mit dem Prädikat „Heulermusik“ eine deutliche Spitze nicht verkneifen. Dabei steht nie die Musik des Londoner Ausnahmekünstlers zur Debatte, es ist der zarte Falsettgesang, der es wohl manchem an „Männlichkeit“ vermissen läßt und schon Künstlern wie Tom Krell (How To Dress Well), Christopher Taylor (SOHN), Justin Vernon (Bon Iver) und Frank Ocean oft als Makel ausgelegt wird. Passenderweise hat Blake die beiden letzteren gleich mit an Bord genommen, als es an die Produktion seines dritten Geniestreichs ging – es hat der Platte weiß Gott nicht geschadet.
“I wouldn't want to be one of those artists that keeps themselves in a perpetual cycle of anxiety and depression just to extract music from that” kontert Blake gleichsam vorauseilend im Interview mit Pirchfork die Kritik an Stil und Mitteln und auch wenn “The Colour In Anything” etwas freundlicher, ja cluborientierter geworden ist als die Vorwerke – es hätte dieser Entschuldigung nicht bedurft. Denn die knapp siebzig Minuten sind von einer deratigen Brillanz und anrührenden Intensität, dass es jedem Nörgler sofort die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste. Die Anzahl der Stücke, in denen Blake mit Herzschmerz und Liebeskummer zwischenmenschlicher Zweisamkeit ringt und hadert, ist groß und kaum eines ist dabei, das qualitativ abfällt oder gar enttäuscht. Schon „Radio Silence“, eine der ersten Vorveröffentlichungen, kommt mit seinen mantraartigen Gesangsloops als zärtliche Meditation daher, schon kurz danach schließt sich mit „Love Me In Whatever Way“ die nächste melancholische Großtat an.
Dass Blake (zusammen mit Rick Rubin) noch häufiger träge bis maßvoll beschleunigte Beats in den ohnehin schon vielschichtigen Sound mischt, tut dem Album hörbar gut – „Timeless“ (ohne Kanye West), „I Hope My Life“ und „Noise Above Our Heads“ überzeugen aus dem Stand und man ertappt sich, bislang eher ungewöhnlich, beim verstohlenen Mitwippen. Andere Stücke kommen fast oder gänzlich ohne Extravaganzen aus – allen voran das wunderbare „My Willing Heart“, mitgeschrieben und -gesungen von Frank Ocean. Wenn hier die Suche eines/einer jeden nach dem speziellen Zauber der Liebe zur Sprache kommt, verhandelt der Künstler in „Put That Away From Me“ angeblich seinen Hang zur sanften Droge, wohingegen sich das nicht minder beeindruckende Duett mit Justin Vernon „I Need A Forest Fire“ zur feierlichen Katharsis aufschwingt.
An Klangfarben mangelt es also nicht auf dem Album, gleichwohl geht Blake, ähnlich sein Namensvetter Quentin Blake bei der Aquarell-Illustration des Covers, sehr behutsam zu Werke. Wo passend nutzt der knapp Dreißigjährige auch mal einen Vocoder, um seinem R’n’B etwas mehr künstliche Kühle zu verleihen („Meet You In The Maze“ interpretiert man dabei gern als Hommage an Laurie Andersons „O Superman“), ansonsten halten sich elektronische Texturen mit klassischer Instrumentierung angenehm die Waage, Dominanz wird hier einzig dem Songwriting selbst eingeräumt. Und das ist, gerade für den Titelsong und die erste Vorauskopplung „Modern Soul“, zuweilen erstaunlich aufgeräumt geraten. Könnte also sein, dass der Meister mittlerweile etwas entspannter auf sein Werk schaut, sein Kommentar läßt das vermuten: „With my first two records, as much as I see music I'm very proud of, I also see a headspace I don't want to be in anymore. I’m happy to be sitting out here really enjoying it. It's all in color.“ Wir setzen uns gern dazu. http://jamesblakemusic.com/
„The Colour In Anything“
(Polydor)
Ganz ohne Seitenhiebe geht es offensichtlich nicht, wenn sich Feuilleton und Musikpresse mit James Blake und seinem neuen Album beschäftigen – junge Männer, die ihre Empfindsamkeit derart offensiv zum Markenzeichen erklären, haben also schlechte Karten. Der Standard aus Wien schreibt von „Wimmerkunst“, für Die Welt bleibt Blake eine weinerliche Mimose und selbst die SPEX kann sich mit dem Prädikat „Heulermusik“ eine deutliche Spitze nicht verkneifen. Dabei steht nie die Musik des Londoner Ausnahmekünstlers zur Debatte, es ist der zarte Falsettgesang, der es wohl manchem an „Männlichkeit“ vermissen läßt und schon Künstlern wie Tom Krell (How To Dress Well), Christopher Taylor (SOHN), Justin Vernon (Bon Iver) und Frank Ocean oft als Makel ausgelegt wird. Passenderweise hat Blake die beiden letzteren gleich mit an Bord genommen, als es an die Produktion seines dritten Geniestreichs ging – es hat der Platte weiß Gott nicht geschadet.
“I wouldn't want to be one of those artists that keeps themselves in a perpetual cycle of anxiety and depression just to extract music from that” kontert Blake gleichsam vorauseilend im Interview mit Pirchfork die Kritik an Stil und Mitteln und auch wenn “The Colour In Anything” etwas freundlicher, ja cluborientierter geworden ist als die Vorwerke – es hätte dieser Entschuldigung nicht bedurft. Denn die knapp siebzig Minuten sind von einer deratigen Brillanz und anrührenden Intensität, dass es jedem Nörgler sofort die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste. Die Anzahl der Stücke, in denen Blake mit Herzschmerz und Liebeskummer zwischenmenschlicher Zweisamkeit ringt und hadert, ist groß und kaum eines ist dabei, das qualitativ abfällt oder gar enttäuscht. Schon „Radio Silence“, eine der ersten Vorveröffentlichungen, kommt mit seinen mantraartigen Gesangsloops als zärtliche Meditation daher, schon kurz danach schließt sich mit „Love Me In Whatever Way“ die nächste melancholische Großtat an.
Dass Blake (zusammen mit Rick Rubin) noch häufiger träge bis maßvoll beschleunigte Beats in den ohnehin schon vielschichtigen Sound mischt, tut dem Album hörbar gut – „Timeless“ (ohne Kanye West), „I Hope My Life“ und „Noise Above Our Heads“ überzeugen aus dem Stand und man ertappt sich, bislang eher ungewöhnlich, beim verstohlenen Mitwippen. Andere Stücke kommen fast oder gänzlich ohne Extravaganzen aus – allen voran das wunderbare „My Willing Heart“, mitgeschrieben und -gesungen von Frank Ocean. Wenn hier die Suche eines/einer jeden nach dem speziellen Zauber der Liebe zur Sprache kommt, verhandelt der Künstler in „Put That Away From Me“ angeblich seinen Hang zur sanften Droge, wohingegen sich das nicht minder beeindruckende Duett mit Justin Vernon „I Need A Forest Fire“ zur feierlichen Katharsis aufschwingt.
An Klangfarben mangelt es also nicht auf dem Album, gleichwohl geht Blake, ähnlich sein Namensvetter Quentin Blake bei der Aquarell-Illustration des Covers, sehr behutsam zu Werke. Wo passend nutzt der knapp Dreißigjährige auch mal einen Vocoder, um seinem R’n’B etwas mehr künstliche Kühle zu verleihen („Meet You In The Maze“ interpretiert man dabei gern als Hommage an Laurie Andersons „O Superman“), ansonsten halten sich elektronische Texturen mit klassischer Instrumentierung angenehm die Waage, Dominanz wird hier einzig dem Songwriting selbst eingeräumt. Und das ist, gerade für den Titelsong und die erste Vorauskopplung „Modern Soul“, zuweilen erstaunlich aufgeräumt geraten. Könnte also sein, dass der Meister mittlerweile etwas entspannter auf sein Werk schaut, sein Kommentar läßt das vermuten: „With my first two records, as much as I see music I'm very proud of, I also see a headspace I don't want to be in anymore. I’m happy to be sitting out here really enjoying it. It's all in color.“ Wir setzen uns gern dazu. http://jamesblakemusic.com/
Laura Jae: Kühl genug
Mit allzuviel Vorschußlorbeer muß man vorsichtig sein, hier wäre eine höhere Dosis aber durchaus angebracht: Für Laura Jae, gebürtige Britin aus Greenwich, ging's mit der Karriere als Musikerin recht früh los - ihre erste EP "Silver Lined Hearts" wurde vom Guardian schon gefeiert und schnell in die Nähe von The Knife, Björk oder auch Santigold gerückt. Nun also soll "Cut Piece", das neue Kurzformat, der nächste Schritt werden, offenkundig wurde noch mal am Outfit gearbeitet und "Underwater", die erste Single, hat denn auch schon genügend unterkühlten Charme, um es weiter nach oben zu schaffen.
Anna Of The North: Beschleunigung [Update]
Diese junge Dame hier sollte man sich merken (klar, sonst stände sie ja nicht hier): Anna Lotterud, bald noch bekannter unter dem Namen Anna Of The North, kommt tatsächlich von weit oben, nämlich aus dem norwegischen Örtchen Gjøvik nahe der Olympiastadt Lillehammer. Wenn alles erwartungsgemäß verläuft, wird sie diese Querverweise in Zukunft nicht mehr so oft brauchen, denn nach einer Reihe erfolgreicher Singles tourt sie in Kürze mit dem bekannten DJ Kygo durch Europa (s.u.) und danach, ja danach wird sich ihre Welt wohl noch etwas schneller drehen. Hier jedenfalls neben ein paar älteren Songs auch dasa aktuelle "Baby".
29.03. Köln, Palladium
02.04. Offenbach, Palladium
04.04. Zürch, MAAG Halle
07.04. Wien, Gasometer
08.04. München, Zenith
10.04. Berlin, Columbiahalle
Update: Für das wunderbare "Baby" gibt es nun aktuell von Peter Pint auch ein hübsches Video.
29.03. Köln, Palladium
02.04. Offenbach, Palladium
04.04. Zürch, MAAG Halle
07.04. Wien, Gasometer
08.04. München, Zenith
10.04. Berlin, Columbiahalle
Update: Für das wunderbare "Baby" gibt es nun aktuell von Peter Pint auch ein hübsches Video.
Montag, 16. Mai 2016
Idris Elba vs. Laura Mvula: Sidekick
Okay, da darf man schon mal zugeben, daß das nicht zur Allgemeinbildung gehört: Idris Elba ist zwar hauptberuflich als Schauspieler tätig (Avengers, Thor, Mandela) und als solcher womöglich bald auch der erste schwarze James Bond, in seiner Freizeit kümmert sich der Londoner aber gern auch als DJ unter dem Pseudonym Big Drills um die Turntables. Gerade hat der Mann Laura Mvulas Hit "Phenomenal Woman" bearbeitet und was da herauskam, kann sich gut auf jeder besseren Sause hören lassen.
Sonntag, 15. Mai 2016
Seratones: Pure Energie
Seratones
"Get Gone"
(Fat Possum Records)
Über dieses Quartett aus Shreveport, Louisiana, muss man wahrlich nicht viele Worte verlieren, denn das, was es an Erläuterung braucht, liefern Sängerin AJ Haynes, Gitarrist Connor Davis, Bassist Adam Davis und Jesse Gabriel an den Drums vollumfänglich auf ihrem aktuellen Debüt: Lauter, wuchtiger und psychedelischer Südstaaten-Bluesrock - alles knirscht und vibriert hier ganz wunderbar. Und wenn NPR den Stil als eine Art Garage Gospel bezeichnet, dann ist da sicher etwas Wahres dran. Denn Haynes kann, ganz wie Brittany Howard von den Alabama Shakes übrigens, zwischen derb und soulful so ziemlich jede Schattierung auf die Bühne bringen, die Gitarren stampfen mal (wie im Titelsong) mit schwergängigem Fuzz und kurz darauf mit schnellem Punk zur schnappatmenden Vocals ("Trees"), selbst die Hitsingles "Chandelier" und "Kingdom Come" haben noch genügend schräge Power und machen klar, dass hier noch niemand nach dem Kommerz schielt. Das Ziel ist vielmehr, wie sie selbst schreiben "... rocking your socks off, bringing the house down, and blowing your mind. Our goal is to make your musical experience replenish your faith in the power of Rock'n Roll." Und wenn dann am Ende kein Stein mehr auf dem anderen liegt, ist die Mission erfüllt und alle sind glücklich. https://seratones.bandcamp.com/
22.08. Hamburg, Molotow
23.08. Berlin, Kantine Berghain
24.08. Köln, Blue Shell
"Get Gone"
(Fat Possum Records)
Über dieses Quartett aus Shreveport, Louisiana, muss man wahrlich nicht viele Worte verlieren, denn das, was es an Erläuterung braucht, liefern Sängerin AJ Haynes, Gitarrist Connor Davis, Bassist Adam Davis und Jesse Gabriel an den Drums vollumfänglich auf ihrem aktuellen Debüt: Lauter, wuchtiger und psychedelischer Südstaaten-Bluesrock - alles knirscht und vibriert hier ganz wunderbar. Und wenn NPR den Stil als eine Art Garage Gospel bezeichnet, dann ist da sicher etwas Wahres dran. Denn Haynes kann, ganz wie Brittany Howard von den Alabama Shakes übrigens, zwischen derb und soulful so ziemlich jede Schattierung auf die Bühne bringen, die Gitarren stampfen mal (wie im Titelsong) mit schwergängigem Fuzz und kurz darauf mit schnellem Punk zur schnappatmenden Vocals ("Trees"), selbst die Hitsingles "Chandelier" und "Kingdom Come" haben noch genügend schräge Power und machen klar, dass hier noch niemand nach dem Kommerz schielt. Das Ziel ist vielmehr, wie sie selbst schreiben "... rocking your socks off, bringing the house down, and blowing your mind. Our goal is to make your musical experience replenish your faith in the power of Rock'n Roll." Und wenn dann am Ende kein Stein mehr auf dem anderen liegt, ist die Mission erfüllt und alle sind glücklich. https://seratones.bandcamp.com/
22.08. Hamburg, Molotow
23.08. Berlin, Kantine Berghain
24.08. Köln, Blue Shell
Vince Clarke vs. Paul Hartnoll: Dad's advice
Eigentlich sollte ja nichts schiefgehen, wenn zwei Männer mit einer solchen Vita beschließen, gemeinsame Sache zu machen: Vince Clarke (Depeche Mode, Yazoo, Erasure, VCMG) und Paul Hartnoll (Orbital) werden am 10. Juni bei Very Records ein gemeinsames Album namens "2Square" veröffentlichen - die erste Auskopplung kommt gleich samt Video von Vid Andersøn daher und trägt den schönen Titel "Better Have A Drink To Think". Dass diese Weisheit dem Hirn eines Middleagers entsprungen ist liegt nahe, schließlich äußerte sich Hartnoll lt. Pitchfork zum Projekt wie folgt: "Between us we’ve chalked up more than 50 years of making electronic
dance music, we’re both Dads, and it was time to hold out the hand of
collaboration and help each other up onto the dance floor to dance as
only Dads can."
Samstag, 14. Mai 2016
Swans: Inkarnationsstop [Update]
Letztes Album, vorerst letztes Album, letztes Album der Band in ihrer bisherigen Zusammensetzung - blickt da noch wer durch? War es schon jemals möglich, den Gedankengängen eines Mannes wie Michael Gira, dem Frontmann, Kopf und einzig dauerhaftem Mitglied der Noiserock-Ikonen Swans, zu folgen? Wohl kaum. Und so nimmt man seine aktuellen Verlautbarungen besser als das, was sie immer sind - Zwischenstände, Kurzmeldungen - und freut sich über einen ersten Ausschnitt von "The Glowing Man" und natürlich die Tourdaten der "derzeitigen Inkarnation". Wer diese Herren zuletzt musizieren sah, weiß, dass das Pflichttermine sind, unabhängig davon, wie viele noch folgen werden.
Update: Hier ein weiterer Ausschnitt aus dem kommenden Album, diemal aus dem Stück "When Will I Return?" - gute Frage, übrigens.
17.10. Hamburg, Kampnagel
18.10. Berlin, Huxleys Neue Welt
22.10. Wien, Arena Big Hall
23.10. Graz, Orpheum Extra
10.11. Köln, Gebäude 9
11.11. München, Feierwerk
12.11. Wiesbaden, Schlachthof
Update: Hier ein weiterer Ausschnitt aus dem kommenden Album, diemal aus dem Stück "When Will I Return?" - gute Frage, übrigens.
17.10. Hamburg, Kampnagel
18.10. Berlin, Huxleys Neue Welt
22.10. Wien, Arena Big Hall
23.10. Graz, Orpheum Extra
10.11. Köln, Gebäude 9
11.11. München, Feierwerk
12.11. Wiesbaden, Schlachthof
Halcyon Drive: Doppelpack [Update]
Update: Unbedingt anhören - auch den neuesten Track "Books For The Holidays"
Verdena: Drei für vier
Italienischen Alternativrock hatten wir hier, abgesehen von Giardini di Miro, noch selten im Programm, schon deshalb darf mal eine Ausnahme gemacht werden, auch wenn kein aktuelles Album zur Veröffentlichung ansteht: Verdena stammen aus der lombardischen Stadt Bergamo, seit Mitte der Neunziger sind sie aktiv und in ihrer Heimat zu großer Bekanntheit gelangt. Das Trio, bestehend aus den beiden Brüdern Alberto (Gesang/Gitarre) und Luca Ferrari (Drums) und Bassisitin Roberta Sammarelli, hat mit dem letzten, siebten Album "Endkadenz Vol.2" Ende 2015 die Spitze der italienischen Charts erobert, nun kommen die drei für vier auserlesene Clubkonzerte nach Deutschland - da heißt es schnell sein an der Abendkasse. Übrigens (Nerdwissen): Die Italiener waren einen Schritt schneller und haben noch vor Radiohead einen ihrer aktuellen Songs "Identikit" genannt - siehe unten.
18.05. Köln, Blue Shell
21.05. München, Feierwerk
26.05. Berlin, Bi Nuu
27.05. Hamburg, Nochtspeicher
18.05. Köln, Blue Shell
21.05. München, Feierwerk
26.05. Berlin, Bi Nuu
27.05. Hamburg, Nochtspeicher
Freitag, 13. Mai 2016
Peter Bjorn And John: Folgerichtig
Selbst wenn sie nicht wollten - es würde wohl immer Pop werden: Die drei Schweden von Peter Bjorn And John haben ja im Frühjahr schon ihr neues Album "Breakin' Point" für den 10. Juni angekündigt und gleich mal den Titelsong und "What You Talking About?" mitgeliefert. Nun kommt mit "Dominos" ein weiterer Diskokiller hinterhergewippt, viel besser kann man in's Wochenende eigentlich kaum starten.
St. Tropez: Nirgendwo sonst
Die Amsterdamer Garage-Punk-Kapelle St. Tropez hatten wir hier mit ihrer EP ja im letzten Jahr schon vermerkt, nun haben die Herren für den 26. August via BLTC Records ihr Debütalbum angekündigt und natürlich gibt es auf diesem einen Song namens "I Wanna Live In St. Tropez". Abgemischt hat im Übrigen Rob Schnapf, der auch schon bei Beck, Kurt Vile, The Garden und Fidlar an den Reglern stand.
Donnerstag, 12. Mai 2016
Radiohead: Das große Ganze
Radiohead
„A Moon Shaped Pool“
(XL Recordings)
Erst kürzlich durften wir wieder lernen, dass Radiohead auch (oder gerade) unter Musikern eine große Anzahl von Verehrern haben, ein Stück von Radiohead aber für alle Zeiten nur dann eines bleibt, wenn es auch von der Band selbst gespielt, in jedem Falle aber von Thom Yorke gesungen wird. Für sein Coveralbum „Songs From The Bottom Vol.1“ nämlich hatte der nicht minder begabte Jochen Distelmeyer extra den tiefschwarzen „Pyramid Song“ vom Album „Amnesiac“ ausgewählt und ihn, man hatte es fast vermutet, mehr oder weniger verhauen. Wer immer also versucht, das Abgründige und Abgrundtiefe, das Enigmatische, Sirenenhafte dieser wahrscheinlich großartigsten Band der letzten dreißig Jahre nachzustellen, wird unweigerlich scheitern, einfach weil hier die Kopie an ihre Grenzen stößt und eine Neuinterpretation schlichtweg unnötig ist.
Dafür, dass es bei dieser Regel bleibt, haben Radiohead auch mit dem Nachfolger von „The King Of Limbs“ einiges getan. Marketingtechnisch den Kollegen ohnehin immer mindestens einen Schritt voraus, bleiben die Engländer auch stilistisch der sprichwörtliche Pudding, den an die Wand zu nageln keinem so recht gelingen will. Die elf Stücke weisen erneut eine beachtliche Bandbreite aus – von elektronisch verziertem Krautrock („Ful Stop“), jazzigem Downtempo-Funk („The Numbers“), Latino-Shuffle ("Present Tense") und sparsam instrumentiertem Indierock („Burn The Witch“/“Indentikit“) reicht der Bogen bis hin zum Drama fast schon cineastischen Ausmaßes („Daydreaming“). Wenn man sich einer Sache sicher sein darf, dann, dass sie jede noch so einfache Melodie zu einem Sog, zu einer komplexen Gesamtheit verdichten, die einen Mal um Mal verblüfft staunen läßt.
Die großen Single-Hits wie „Creep“, „High And Dry“ oder „Karma Police“ erwartet man mehr als dreißig Jahre nach Gründung von den fünfen nicht mehr, über das Stadium sind sie (ohne jede Arroganz) wohl längst hinaus. Vielmehr perfektionieren sie die Kunst, abgrundtiefe Traurigkeit mit zarten Kompositionen abzubilden und so überhaupt erst erträglich zu machen, ein jeder, der sich auf die Songs einläßt, verfängt sich unweigerlich in dem fein verwobenen Spinnennetz nahezu vollendeter Klanggebilde. Man erinnert sich wie bei den Alben zuvor letztendlich weniger an die Einzelteile, sondern an das Gesamtwerk, was eine ungleich größere und sehr seltene Leistung darstellt.
Thematisch befassen sich die Stücke auf „A Moon Shaped Pool“ wieder mit den großen Verlustängsten unserer Tage, die der Lebensgrundlage im Hinblick auf die klimatischen Verwerfungen („The Numbers“) oder die seelische Vereinsamung, Enttäuschung, Verlassenheit eines jeden Menschen selbst („Daydreaming“). In diesem Zusammenhang soll unbedingt auf „True Love Waits“ verwiesen werden, eine akkustische Gitarrenballade ganz am Ende der Platte. Auskenner werden lange wissen, dass dieser Song schon zwanzig Jahre auf dem Buckel hat und somit endlich, wie ein Netzportal schrieb, ein würdiges Zuhause gefunden hat. Es ist zwar eher ungewöhnlich, Lieder nach so langer Zeit noch auf den Schild zu heben, andererseits weist es Radiohead und ihr Werk als das aus, was es schon lange ist: zeitlos schön. http://www.radiohead.com/deadairspace/
„A Moon Shaped Pool“
(XL Recordings)
Erst kürzlich durften wir wieder lernen, dass Radiohead auch (oder gerade) unter Musikern eine große Anzahl von Verehrern haben, ein Stück von Radiohead aber für alle Zeiten nur dann eines bleibt, wenn es auch von der Band selbst gespielt, in jedem Falle aber von Thom Yorke gesungen wird. Für sein Coveralbum „Songs From The Bottom Vol.1“ nämlich hatte der nicht minder begabte Jochen Distelmeyer extra den tiefschwarzen „Pyramid Song“ vom Album „Amnesiac“ ausgewählt und ihn, man hatte es fast vermutet, mehr oder weniger verhauen. Wer immer also versucht, das Abgründige und Abgrundtiefe, das Enigmatische, Sirenenhafte dieser wahrscheinlich großartigsten Band der letzten dreißig Jahre nachzustellen, wird unweigerlich scheitern, einfach weil hier die Kopie an ihre Grenzen stößt und eine Neuinterpretation schlichtweg unnötig ist.
Dafür, dass es bei dieser Regel bleibt, haben Radiohead auch mit dem Nachfolger von „The King Of Limbs“ einiges getan. Marketingtechnisch den Kollegen ohnehin immer mindestens einen Schritt voraus, bleiben die Engländer auch stilistisch der sprichwörtliche Pudding, den an die Wand zu nageln keinem so recht gelingen will. Die elf Stücke weisen erneut eine beachtliche Bandbreite aus – von elektronisch verziertem Krautrock („Ful Stop“), jazzigem Downtempo-Funk („The Numbers“), Latino-Shuffle ("Present Tense") und sparsam instrumentiertem Indierock („Burn The Witch“/“Indentikit“) reicht der Bogen bis hin zum Drama fast schon cineastischen Ausmaßes („Daydreaming“). Wenn man sich einer Sache sicher sein darf, dann, dass sie jede noch so einfache Melodie zu einem Sog, zu einer komplexen Gesamtheit verdichten, die einen Mal um Mal verblüfft staunen läßt.
Die großen Single-Hits wie „Creep“, „High And Dry“ oder „Karma Police“ erwartet man mehr als dreißig Jahre nach Gründung von den fünfen nicht mehr, über das Stadium sind sie (ohne jede Arroganz) wohl längst hinaus. Vielmehr perfektionieren sie die Kunst, abgrundtiefe Traurigkeit mit zarten Kompositionen abzubilden und so überhaupt erst erträglich zu machen, ein jeder, der sich auf die Songs einläßt, verfängt sich unweigerlich in dem fein verwobenen Spinnennetz nahezu vollendeter Klanggebilde. Man erinnert sich wie bei den Alben zuvor letztendlich weniger an die Einzelteile, sondern an das Gesamtwerk, was eine ungleich größere und sehr seltene Leistung darstellt.
Thematisch befassen sich die Stücke auf „A Moon Shaped Pool“ wieder mit den großen Verlustängsten unserer Tage, die der Lebensgrundlage im Hinblick auf die klimatischen Verwerfungen („The Numbers“) oder die seelische Vereinsamung, Enttäuschung, Verlassenheit eines jeden Menschen selbst („Daydreaming“). In diesem Zusammenhang soll unbedingt auf „True Love Waits“ verwiesen werden, eine akkustische Gitarrenballade ganz am Ende der Platte. Auskenner werden lange wissen, dass dieser Song schon zwanzig Jahre auf dem Buckel hat und somit endlich, wie ein Netzportal schrieb, ein würdiges Zuhause gefunden hat. Es ist zwar eher ungewöhnlich, Lieder nach so langer Zeit noch auf den Schild zu heben, andererseits weist es Radiohead und ihr Werk als das aus, was es schon lange ist: zeitlos schön. http://www.radiohead.com/deadairspace/
Junk Son: Erneute Hypnose [Update]
Wieder mal bereit für ein paar Minuten erstklassigen Synthpop? Dann haben wir hier immer noch den Londoner John Dunk, der seinen Maschinen unter dem Moniker Junk Son wahrhaft hypnotische Sounds zu entlocken vermag. Überzeugen konnte man sich davon anhand seiner letzten Single "True", jetzt hat er mit "Fool" eine weitere von der aktuellen 4-Track-EP vernetzt. Hinzu kommt ein Livemittschnitt, aufgenommen bei einer Performance in London. Haut einen um, immer noch, garantiert.
Update: Gern füllen wir mit einem weiteren Stück der besagten EP auf - hier also noch "Breathless", ein Cover von Gwilym Gold.
Update: Gern füllen wir mit einem weiteren Stück der besagten EP auf - hier also noch "Breathless", ein Cover von Gwilym Gold.
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