SOHN
“Tremors”
(4AD)
Es ist nun einmal so, dass es den Menschen nach Orientierung verlangt. Die Zeiten sind schnelllebig, Veränderungen überholen sich gegenseitig und das, woran man sich gerade noch festgehalten hat, ist im nächsten Moment schon wieder zerfallen. Warum das hier steht? Nun, zum einen weil der Bedarf nach einem verlässlichen Koordinatensystem bis in die kleinste und unbedeutendste Rezension hinein getragen wird – Leser wollen Namen, Referenzen, Anhaltspunkte, denn die Zeit, die man für eine Entscheidung für oder gegen verwendet, ist kostbar und will genutzt sein. So sehr sich also der Rezensent gegen exzessives Namedropping sträubt, er muss damit rausrücken, will er nicht der Zeitverschwendung bezichtigt werden.
Also dann: Die Liste der Musiker, mit denen Christopher Taylor alias SOHN schon Schnittstellenarbeit verrichtet hat, liest sich wie das Who Is Who eines supertrendigen Musikblogs (hüstel…) - Lana Del Rey, Rhye, BANKS, Kwabs, Laura Mvula, Disclosure, Angel Haze, tbc. – über mangelnde Anfragen kann sich der gebürtige Londoner wahrlich nicht beschweren. Glücklicherweise hat er über die zwei Jahre, in denen er mit dem markanten Pseudonym unterwegs ist, die Muße gefunden, eine respektable Zahl eigener Stücke zu schreiben, die er nun auf seinem Debütalbum “Tremors” versammelt hat. Und weil wir einmal damit angefangen haben, können zwei weitere Namen für das Verständnis des SOHNschen Klangkosmos auch nicht schaden: Einordnen läßt sich der Sound des Solisten am ehesten zwischen den schwarzen Electrosoul von Abel Tesfaye aka. The Weeknd und die blassweißen Synthkaskaden eines James Blake. Wobei SOHN sich und uns sowohl die zunehmende Schwülstigkeit des einen als auch die verkopfte Entrücktheit des anderen erspart – in erster Linie hält “Tremors” klug verdichteten, tanzbaren R’n’B neuester Prägung bereit.
Und genau der bringt uns zu einem zweiten, wichtigen Wesenmerkmal dieser Musik: Sie läßt einen trotz aller Beats und Bleeps ganz tief drinnen zur Ruhe kommen, berührt in den besten Momenten das Herz und entspannt das Nervenkostüm nachhaltig. SOHN hat in einem Interview mit der SPEX behauptet, er habe dieses Album speziell dafür gemacht, um seine eigene Persönlichkeit zu ändern, um die Quasselstrippe in ihm selbst auszulöschen. Nun, keine große Überraschung, es gelingt ihm auch bei uns. Stücke wie “Paralysed” oder “Tempest” bestechen durch ihre Ausgeglichenheit und Wärme, Taylors Kopfstimme legt sich sanft auf’s Gemüt und man glaubt sofort, mit solch wunderbar feinfühligen Songs auch gegen die Enttäuschungen und Erschütterungen (“Tremors”) gewappnet zu sein, von denen SOHN im Titelstück ganz am Schluss singt. Ein Album also genau zur richtigen Zeit. http://sohnmusic.com/
08.04. Köln, Gebäude 9
11.04. Hamburg, Uebel und Gefährlich
12.04. Osnabrück, Lagerhalle
13.04. Berlin, Heimathafen Neukölln
20.04. Frankfurt, Zoom
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