Dienstag, 30. April 2013

Alle in die Tasche

Promopost ist nicht selten eine üble, weil öde Angelegenheit - seitenweise Lobgehudel auf die hausgemachten Rohrkrepierer und Ladenhüter, in blumiges Elogenpapier verpackt - Kopfschütteln ist da noch die harmloseste Reaktion. Doch wenn ein Werbebriefchen von Lars Lewerenz, dem Gründer des Hamburger Indielabels Audiolith im Postfach landet, ist Freude angesagt. Denn dessen halsbrecherische Proklamationen über die eigene Produktpalette und die Helden vom Holstenkamp sind zwar noch voreingenommener, übertriebener, größenwahnsinniger als der verschmähte Rest, sie sind dies aber, weil Lewerenz für Audiolith brennt und er (also Audiolith) sich für seine Zöglinge wohl eher ein Bein abhacken würde als mit lautem Marktgeschrei zu geizen - denn es gilt, und das nun schon seit genau zehn Jahren: Den Besten das Beste! Und: Du musst laut sein, um gehört zu werden! Rein stilistisch sind diese Zeilen eher bei Goetz und Zaimoglu als bei Schirrmacher und Hahne zu Hause, machen also mächtig Spaß und deshalb darf gratuliert werden: Vorwärts Elektropunk, vorwärts Audiolith und Forza St. Pauli!

25. Mai 2013  Zehn Jahre Audiolith, 19:00 Uhr
Jugendclub Graal-Müritz: Captain Capa, Fuck Art, Let's Dance und Faxe System, mehr bei Audiolith's (knirsch) Zuckerberg

Wort Bild Ton

Ach herrje - wie lang ist das her, dass man ihn hat so rocken sehen? Am 19. April 2011 gaben die Stooges zu Ehren ihres 2009 verstorbenen Gitarristen Ron Asheton ein Benefizkonzert und Henry Rollins gehörte zu den geladenen Gästen resp. Performern. Von diesem Konzert wird im Juni eine DVD veröffentlicht - darauf enthalten u.a. "I Got A Right" von den Stooges feat. Henry Rollins - hier bei Youtube. Aktuell erschienen im Übrigen gerade eine Sammlung von Kolumnen aus der LA Weekly (2011/12) mit dem Titel "Before The Chop".


Sehr elektrisch

Irgendwie fällt einem zu dem Titel der Name einer schauerlichen deutschen Hardrockband ein, nur hatten die ein X mehr zu bieten: Die Pet Shop Boys jedenfalls werden bekanntlich Mitte Juli ihr Album "Electric" veröffentlichen und "Axis" ist wohl die erste offizielle Single - nicht ganz so melodieverliebt wie frühere Stücke, schnell, technoid, ein Clip dazu steht bei tape.tv.

01.07.  Dortmund, Music Week
09.07.  Freiburg, ZMF
10.07.  München, Tollwood
06.09.  Berlin, Berlin Festival

Montag, 29. April 2013

Katze aus dem Sack

Nun also doch: Das durchaus legendäre Ambient-Duo Boards Of Canada wird im Juni ein neues Album veröffentlichen - "Tomorrow's Harvest" soll es heißen und neben den zahlreichen Querverweisen der letzten Tage gibt es hier auch ein kryptisches Teaservideo und hier das Tracklisting.

Der sanfte Rausch

Francis International Airport
„Cache“

(Siluh Records)

Die smarteste und klügste Synthpop-Platte dieses Jahres kommt überraschenderweise nicht aus Basildon, Grafschafft Essex, sondern aus Wien, Österreich. Dort zimmern seit einigen Jahren die Brüder Zahradnicek mit wechselnden Begleitern Indiepop mit einer derartigen Präzision zusammen, wie man sie hierzulande vielleicht nur aus der Weilheimer Künstlerkolonie The Notwist kennt. Waren Synthesizer auf den beiden ersten Platten von FIA „We Are Jealous, We Are Glass“ und „In The Woods“ allerdings noch schmückende Beigabe, sind sie auf „Cache“ die Hauptakteure. Der Instrumententausch ist konsequent, radikal und – das vor allem – absolut gelungen. Ganz muss man zwar auf gezupfte Saiten nicht verzichten, aber das Gerüst geben neben einem überaus zurückhaltend angespielten Bass die Bleeps und Beats ab. So entstehen ausgeklügelte Songs wie „Backspace“ und „The Right Ones“ – unaufdringlich, mit dunklem Glanz versehen, die zarten Stimmen der Geschwister Zahradnicek, all das läßt eine  wohligen Schauer zurück. Sie müssen nicht tanzen, diese Stücke, aber es kann durchaus passieren, dass es einen beim feinen Pluckern von „March“ erwischt oder man ertappt sich wenig später dabei, gedankenverloren im Takt der „HMCS Wildflower“ mitzuwippen (auch wenn einen der eher besinnliche Text zur Besonnenheit zwingt). Melancholie, Dramatik, feingefühlte Erlebniswelten, FIA bringen all das und mehr auf äußerst angenehme Art und Weise zum Klingen – Musik für den sanften Rausch. http://www.francisinternationalairport.com/

14.05.  Wien, WUK
16.05.  Graz, PPC
17.05.  Linz, Posthof
22.05.  Leipzig, Werk 2
23.05.  Berlin, Haus Ungarn
24.05.  Hamburg, Uebel Und Gefaehrlich

Sonntag, 28. April 2013

Doin' His Time

Museumsbesuche sind öde? Dieser sicher nicht: Anfang Mai öffnet das Johnny-Cash-Museum in Nashville Downtown seine Pforten. Vor dem offiziellen Termin führte nun Bill Miller, Eigentümer, Fan und Betreiber der Homepage www.johnnycash.com Freunde und Familie durch die heiligen Hallen - die Geschwister Joanne Cash Yates und Tommy Cash und Tochter Cathy Cash-Tittle ließen sich exklusiv durch die zahlreichen Erinnerungsstücke ihres Bruders und Vaters geleiten, Gitarren, Show-Outfits, Kaffeepötte aus dem Gefängnis in Folsom. Mehr davon inklusive eines kleinen Filmchens in der Netzausgabe des Tennessean.

Aufrüstung

Nicht mehr lang bis zur Hallentour durch Europa, nun prästentieren die Atoms For Peace einen neuen Song. Den Track "Magic Beanz" kann man sich auf The King Of Limbs Part 2 im Stream anhören - hier.

Samstag, 27. April 2013

Still never dead

Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen
Support: Der Englische Garten
Atomic Cafe, München, 26.04.2013

Gleich vorweg: Bandnamen und Leadgesang werden gemeinhin grob überschätzt. Natürlich klang „Superpunk“ weitaus cooler als die Entlehnung aus einem der ödesten Hollywood-Streifen (den Comic mal außen vor), und natürlich kann Carsten Friedrichs noch immer nicht singen. Der ausgelassenen Stimmung tat beides an diesem Abend jedoch keinen Abbruch – die Liga warf ihren ganzen distanciert hanseatischen Charme in die Runde und prompt wurde aus Neugier Begeisterung. Schon Superpunk, im vergangenen Jahr überraschend verschieden, waren ja von Gewöhnlichkeit weit entfernt, ihre Mischung aus 60’s-Rock, wohltemperiertem Northern Soul und Garagenmucke hatte schon zu Lebzeiten Liebhaberwert, Friedrichs‘ Texte wirkten dazu nicht selten etwas ungelenk und spröde und genau da lag ihre Chance – hatte man sich Songs wie „Matula…“, „Neue Zähne…“ und „Ein bisschen Seele“ erst mal schöngehört, blieben sie einem für immer.

Mit den Liedern der Liga wird es einem nicht viel anders ergehen, das läßt sich nach dem lässigen Debütvortrag in München unschwer voraussagen. Neben Friedrichs hat sich ja auch Bassist Tim Jürgens nach alt bei neu eingeschrieben, ergänzt werden sie von Philip Morton Andernach, der auch schon für Max Mutzke ins Bass-Saxophon bließ, dem Tapete-Gründer Gunther Buskies himself an den Tasten und Ex-Blumfeld-Drummer André Rattay. Der Sound der Liga gerät eine Spur funkiger als der von Superpunk, neben den bekannten Reminiszenzen pendeln die fünf zwischen Velvet Underground („Frühling im Park“) und klassischem Motown-Soul („Der fünfte Four Top“), auch ein Cover des Rektors h.c. der Hamburger Schule Bernd Begemann darf natürlich an so einem Abend nicht fehlen – „Viel zu glücklich…“ fügt sich bestens ein in die Reihe der tragikomischen Betrachtungen von Land und Leuten.

Neben einer Ode an den Berliner Schauspieler und Drehbuchautor Werner Enke (Obacht – Münchenbezug!) gibt’s auch eine an’s eigene Beinkleid („Meine Jeans“), Peter Parker wird genauso gewürdigt („Weine nicht, es ist nur ein Film“) wie die Heimatstadt resp. das ambivalente Verhältnis zur selbigen („Ein Fremder in der eigenen Stadt“). Altersmilde trübt den Blick auf’s Selbst („Ich lass mich gehen in letzter Zeit“) und auf den Gegenüber („Jeder auf Erden…“) und gegen Ende wird – der Haken ist Friedrichs wohl bewusst – noch einmal rangewanzt an’s Dauerthema Fußball („Nimm mich mit zum Spiel“), druckvoll, straight, mit Witz und freundlichem Understatement, man kann es halt. Zum Kehraus dann doch noch zwei Superpunk-Nummern – „Man kann einen ehrlichen Mann…“ und „In der Bibliothek“, das Publikum dankt es lauthals, die Band findet’s fabelhaft: „Danke, sehr freundlich!“ Ein Abend, der passt.

Freitag, 26. April 2013

Sanfte Töne von der Spree

Da muß man nicht lang nach mutmaßlichen Vorbildern suchen, wenn man sich die Musik der Berliner Empire Escape anhört: Interpol, Editors, I Like Trains, alles leicht schattig, viel Moll, schön geschwungene Melodien - das gefällt. Im September diesen Jahres wird "Colours", ihr erstes Album erscheinen und mit "Silhouettes" gibt es nun eine erste Kostprobe inklusive Videofilmchen zu hören/sehen. Und wer im Mai noch einen freien Platz im Kalender hat und zufällig vor Ort ist - nix wie hin.

11.05.  Berlin, Postbahnhof
22.05.  Berlin, Monarch
23.05.  Dresden, Tanteleuk
24.05.  Leipzig, Noch Besser Leben

Keine Gnade, keine Chance

!!!
„Thr!!!er“

(Warp/Rough Trade)

Wie, bitteschön, soll das denn gehen – ein objektiver, kritischer Blick auf diese Platte? Schon mal angeschaut? Schon mal gelesen? Und überhaupt – schon mal reingehört? Hey, draußen haut der Sommer gerade alle seine Säfte auf einmal raus, oben blau, unten grün, Sonne satt. Und dann dieses Cover, wo man sich gern als viertes Ausrufezeichen einreihen möchte. Und dieser Titel, der an Coolness kaum zu überbieten ist und sich auf der Jahresbestenliste ganz knapp hinter “The Chronicles Of Marnia” und “Fool Metal Jack” einordnen darf. Und –natürlich Hauptsache – die Musik: Man hatte ja gemeint, nach “Strange Weather, Isn’t It?” würde Nick Offer und Kollegen ganz sicher die Luft ausgehen und sie müßten alsbald wieder in gelangweilten Griesgrimm verfallen. Weit gefehlt, “Thr!!!er” setzt dem Vorgänger noch einen obendrauf – wenn der funky war, dann ist das hier Superfunkyness. Alles hier, wirklich jeder der neun Songs, hüpft und wippt und flippt. Das geht beim Opener “Even When The Water’s Cold” mit feinem Gitarrentwang und beschwingtem Damenchor los und endet bei bratzigem Fuzzrock auf treibenden Beats im Schlussakkord “Station (Meet Me At)”. Dazwischen wird gnadenlos auf gute Laune getrimmt, Handclaps, Italodisco und Saxsolo (“Get The Rhythm Right”), südamerikanisches Wohlgefühl (“Slyd”), Kopfstimmen – keine Chance für schlechte Laune. Anders als die anderen vielleicht “Fine Fine Fine”, etwas mehr Wave, etwas Heaven 17, und “Carefull” mit seinen sechseinhalb Minuten Sythiegeorgel – hat man letztens bei The Rapture gehört. Will ja nicht behaupten, dass einem so viel Glücksgefühl auch mal auf den Keks gehen kann – aber eingedenk des zurückliegenden Winters: Ein dreifaches Californiyeah! http://www.chkchkchk.net/

03.05.  Wien, Donau Festival
04.05.  Berlin, Gretchen

Standortbestimmung

Einem gut formatierten Ex-Ossi kommt bei dem Albumtitel natürlich gleich der Heuler des Oktoberklubs in den Sinn: "Sag mir, wo du stehst (und welchen Weg du gehst)". Travis, die schottischen Smarties um Fran Healey, die also, die immer im Regen stehen, wollen nach fünf Jahren kreativer Pause am 19. August ein neues Album veröffentlichen. Heißen soll es "Where You Stand" und das ist auch der Name der ersten Single (VÖ Ende April) - wann, wie und wohin kommt dann später. Zunächst noch einmal eine tv.noir-Aufnahme von "Sing":

Donnerstag, 25. April 2013

Rollentausch

Kieran Hebden, besser bekannt unter dem Pseudonym Four Tet, war bisher in der Regel derjenige, der anderer Künstler Werke in Bearbeitung nahm und erstklassige Remixe ablieferte, nun hat es ihn also wieder einmal selbst erwischt: Vom letzten Album des Briten, "Pink", stammt der Song "Pyramid" und dieser hat wiederum Thom Yorke und seinen Atoms For Peace so gut gefallen, dass sie ihrerseits einen Remix anfertigten - hier bei Soundcloud.

Erfolgreiche Stimmabgabe

Westbam
„Götterstrasse“

(Universal)

Größer könnten die Gegensätze wirklich nicht sein: Hier der mittlerweile etwas dickplautzige Maximilian Lenz alias Westbam, der lichtscheu und ungelegt durch Rampenlicht stolpert, dort die geschmeidige und glamouröse Tanzplatte. Natürlich ist das, was hier so gefällig aus den Boxen wummert, kein Nischentechno mehr, auch die Texte lassen sich, vorsichtig formuliert, unter tiefenpsychlogischen Aspekten nur begrenzt verwerten. Westbam folgt auf diesem (im Wortsinne) Album seines Lebens genretypisch, also wie immer, der Devise „form follows function“ und gibt mit der „Götterstrasse“ quasi die irwingsche Ergänzung zum „Teufelswerk“ des Kollegen Hell. Einer illustren Gästeschar, gespeist aus nun bald 30 Jahren hinter den Tellern und mit Liebe und Verstand ausgewählt, schreibt der Meister  seine dreizehn Tunes auf den Leib und es gelingt ihm auf beeindruckende Weise, den jeweiligen Stimmfärbungen und Charakteren den passenden Sound zuzumischen – der Endlosmix geht direkt aus dem Ohr über den Bauch in die Beine.

Dabei greift der heute 48-jährige Münsteraner ganz tief in die Kruschkiste der eigenen Vergangenheit – mit Richard Butler, Iggy Pop, Bernard Sumner und Hugh Cornwell schreiten gleich vier Idole seiner frühen Jugend zur erfolgreichen Stimmabgabe. „You Need The Drugs“ ist eine sehnsuchtsvolle, einschmeichelnde Hymne an die Nacht und ihre Gestalten, Iggy Pop legt sein gegerbtes, windschiefes Grummeln über die spotzenden Beats der „Iron Music“ und der New-Order-Frontmann leiht sein warmes Timbre als Futter für die perlenden Synths von „She Wants“, während das Stranglers-Urgestein mit „A Night To Remember“ eine satten Tanzbodenstampfer veredelt.

Und damit sind die Glanzpunkte des Albums noch nicht einmal ausgezählt. Die alte Weggefährtin und Poptrine Inga Humpe darf sogar zweimal ans Mikrophon treten, beim Titelsong dient ihr zweifellos erotisches Stimmchen noch als getupfte Ausschmückung, „The Middle Of Nowhere“ gibt ihrem Gesang kurz darauf  etwas mehr Raum und – Überraschung – das stört nicht, das funktioniert. Der Kontrapunkt (die Kontrapunktin?) dazu: Die New Yorkerin Katt Rockwell, auch sie darf für zwei Stücke in die Mischmaschine – für die melancholische Erinnerungsadresse an den verstorbenen Freund Mark Spoon („Rebel Heart“) ist sie mit ihrem brüchigen Organ die Idealbesetzung und auch der ruppige Downbeat von „Where we‘re from“ kann mit ihr nur gewinnen.

Das letzte Lob noch für die beiden Besetzungen aus Übersee: Das rostige Rezitativ von Lil Wayne („Kick It Like A Sensei“) erinnert angenehm an Gil Scott-Herons Meisterleistung „I’m New Here“ und scheint direkt aus dem Wachkoma über die Drums gelegt, Kanye West wiederum hat mit „Radio Siberia“ genau den Track erwischt, der seinen nöligen Rhymes am besten zu Gesicht steht – großes Orchester, Electrobrass, kurz: DJ-Culture. Nichts an dieser Platte ist schwer zu haben und dennoch fährt Westbam immer knapp neben der Mainstreamspur. Vielleicht wird manch früherer Jünger das Verschrobene, Trashige vermissen, kein Bamm-Bamm und kein Gabber, von House ganz zu schweigen – Westbam zieht Bilanz und verneigt sich mit dieser Platte vor seiner eigenen Vergangenheit und ihren Protagonisten. Es macht eine Menge Spaß, ihm dabei zuzuhören.

Albumvorschau auf Westbams Facebookseite oder bei MyVideo.de

Mittwoch, 24. April 2013

Immer noch dagegen

Ein waschechtes Revival ist das natürlich nicht, denn wirklich weg waren sie nie: Die New Yorker Post-Hardcore-Helden Girls Against Boys schicken sich an, nach ihrem letzten Album "You Can't Fight What You Can't See" aus dem Jahr 2002 mit einer bislang noch unbetitelten EP auf Tour zu gehen. Der erste neue Song daraus heißt "It's A Diamond Life" und steht bei Soundcloud als Stream bereit, in die Nähe Deutschlands führt sie bislang nur ein Termin am 2. Mai auf das Donau-Festival in Krems.

Kaltes Feuer

The Besnard Lakes
„Until In Excess, Imperceptible UFO”

(Jagjaguwar)

Ganz so einfach machen sie es einem diesmal nicht. Das letzte Album “… Are The Roaring Night” hatte den Hörer mit seinem tonneschweren Progrock und den gewittrig verknitterten Gitarrensoli recht schnell auf seiner Seite, für “Until In Excess…” muß man sich für die freundliche Übernahme schon etwas mehr Zeit gönnen. Wer will, konnte schon anhand der Coverentwürfe der letzten drei Alben (von Corri-Lynn Tetz) einen leichten Wandel erkennen – zweimal tobte auf den Pressungen bei Jagjaguwar der Feuersturm, bevor nun ein kaltes, gleißendes Licht auf graugrüner Moorlandschaft für eine gespenstische Ruhe sorgt. Schluß also mit raumgreifendem Geknarze und düster grollenden Klanglandschaften? Nicht doch, Jace Lasek and Olga Gorea lassen sich diesmal nur etwas mehr Zeit. Die ersten drei Stücke gehen eher behutsam zu Werke – für das fast beschwingte “On Her Eyes Were Painted Gold” geben sich die Besnard Lakes regelrecht melodieverliebt und Goreas zartes Stimmchen schwebt beseelt in höheren Sphären. Zur Mitte des Albums hin dann aber doch wieder ein Mehr an wohldosierter Härte und Wucht, “The Specter”, “Catalina” und besonders “Colour Your Lights In” malen schon mit dickerem Pinsel – es wird lauter. Kulminationspunkt ist das gut siebenminütige “Alamogordo”, ausufernder Gitarrenkrach vor überlangem Fadeout. Unterm Strich: Sie geizen mit dem Lärm, es gefällt uns trotzdem. www.jagjaguwar.com

07.06.  Zürich, Rote Fabrik
08.06.  Köln, Blue Shell
09.06.  Berlin, Monarch
10.06.  München, Atomic Cafe

Sonne satt

Nur eine Randnotiz, aber eine sehr erfreuliche: Das Komplettwerk der amerikanischen Drone- bzw. Doom-Band Sunn O))) ist mit sofortiger Wirkung komplett bei Bandcamp gestreamt - inklusive Livealben und Koops mit Nurse With Wound, Boris etc. Wie vermerkte The Quietus so treffend: Hark! Alle alles - hier.

Dienstag, 23. April 2013

Typical male

Für alle, die auch an den kleinen Details Gefallen finden, hat Kim Gordon, Säulenheilige des Alternativ-Rock und ehemalige Frontfrau von Sonic Youth, der Elle die wahren Gründe für die Trennung von Ehemann Thurston Moore im Jahr 2011, die auch zum Split der Band führten, verraten und diese sind - nun ja, sehr profan. Ganz nebenbei erwähnt sie auch, dass ihr im selben Jahr eine weniger bedenkliche, weil nichtinvasive Art von Brustkrebs diagnostiziert worden ist.

Wiedergutmachung

Ihr Debütalbum "The ArchAndroid" ist an gleicher Stelle nicht gerade gnädig besprochen worden, deshalb gibt es nun ein Stück Wiedergutmachung: Janelle Monáe startet mit einer neuen Single - diesmal feat. Erykah Badu - in die zweite Wochenhälfte. "Q.U.E.E.N." heißt das gute Stück und hören kann man es bei Soundcloud, in naher zukunft kommt dann Album Nummer zwei "The Electric Lady".

Montag, 22. April 2013

Nicht allein

Treffen sich zwei Serienkiller ... Klingt nicht wie der Anfang eines Schenkelklopfers, sieht auch im Video nicht danach aus: Zu "Toe Cutter - Thumb Buster" gibt es von den Thee Oh Sees ein denkbar blutrünstiges, brutales Kurzfilmchen über die Schwierigkeiten, lästige Mitwisser hinreichend zu entsorgen.

Der Reiz des Wandels

Das dritte kommt: James Chapman aka. Maps, britisches Einmannorchester aus Northhampton, hat für Anfang Juli sein nächstes Album angekündigt - nach "We Can Create" und "Turning The Mind" steht nun via Mute "Vicissitude" an und soll nach Auskunft das Meisters selbst deutlich kämpferischer und konfrontativer ausgefallen sein als die beiden Vorgänger. Nun, der Anfang mit "I Heard The Say" ist schon gemacht und klingt gleich mal ziemlich umwerfend - hier, bei Soundcloud.

Sonntag, 21. April 2013

Return to Gender

Vor zwei Jahren brachte Peaches im Berliner Hebbel am Ufer (HAU) ihr weitestgehend autobiografisches Musical "Peaches Does Herself" auf die Bühne - nun tingelt der gleichnamige Film zum Stück durch die einschlägigen Festivalhäuser. Gerade ist er in London angelaufen und im Guardian findet man deshalb ein so aufschlußreiches wie unterhaltsames Interview mit der kanadischen Wahlberlinerin zu Lady Gaga, Peaches Geldof und den Mustknows der Intimpflege.

Samstag, 20. April 2013

Unkaputtbar

Attwenger
Milla, München,
19.04.2013

Das Kompliment klingt ein wenig vergiftet, ist aber gar nicht so gemeint: Attwenger sind als Band mittlerweile das, was man gemeinhin ‚unkaputtbar‘ nennt. Man bekommt dies auch sehr anschaulich auf der DVD zur CD zur Tour (Clubs/Trikont) demonstriert – Markus Binder und HP Falkner können in der kleinsten Kaschemme, auf dem größten Festival, kurz: an den unmöglichsten Orten spielen, im Handumdrehen werden daraus flux (haha) Attwenger-Orte gemacht: Beats, Sog, Trance, shaking my brain, woast eh. Sie können also auch einen Gefälleschlauch wie die Münchner Milla, ambitioniert bis hochklassig kuratiert, aber mit eher unglücklichen Räumlichkeiten ausgestattet, mühelos in einen Hort der kollektiven Freude und Verzückung verwandeln. Klar, man hat schon schweißtreibendere Attwenger-Shows als diese erlebt, dennoch: Die ersten Takte und alle sind bei der Sache – „Dog“, „Mir“, „Hintn Umi“, „Kalender“, „Mief“, Polkaparty rules. Ob Grandmaster Flash oder Bill Withers, hier wird zum Besten aller gefleddert, was das Zeug hält und die Maultrommel hergibt. Jederzeit das, was der Ami, der die beiden Verrückten ja nun auch schon kennenlernen durfte, ein „Goal“ nennt: „Wama Liaba“, endlos, zum Glück, weil gradios, das klassische Attwenger-Mantra. Noch ein Selbstgänger, weil – sonst eher untypisch – mit klarer Botschaft versehen: „Kaklakariada“ als Encore. Das Pu blikumrastet nicht aus, aber es mag, was es hört und erkämpft sich sogar einen zweiten Vorhang. Ein schöner Abend – nicht weniger.

Freitag, 19. April 2013

Fabelhafte Verschwendung

Der Puls bei Daft Punk ist schnell wieder im Normalbereich, bei London Grammar, deren Gesamtwerk im Moment noch sehr überschaubar ist, sieht das schon anders aus: Auf der Website des Trios http://www.londongrammar.com/ kann man nun zwei neue Stücke bestaunen - "Wasting My Young Years" und "Metal And Dust". Das, liebe Kinder, ist Klebstoff!

Herzrasen

Das ist sie nun also, die erste Single "Get Lucky" aus dem neuen Album "Random Access Memories" von Daft Punk: Eingesungen von Pharrell Williams, unterstützt von Nile Rodgers (Chic), Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter im schmucken Glitzerkostüm - alles wie gehabt also. Was genau man da postet, weiß man selbst nicht, bei iTunes gibt's eine Version, bei Soundcloud einen Edit oder andere Heimwerkerarbeiten. Hier jedenfalls etwas von Vimeo. Wer mehr will - selber suchen!

Pogo für Plüschophile

An dieser Stelle mal wieder was für unsere Kleinen und natürlich auch die kleinen Großen: Unsere Lieblingsband Deine Freunde aus Hamburch haben mal wieder ein hübsches Video gedreht - diesmal zum Song "Erzähl mal". Alles dabei, was man von der aktuellen Tournee kennt - plüschophiles Stagediving, Kinderpogo und der garstige Katzengeist. Am 29. April sind die Jungs übrigens zu Gast bei "TV Total", also beim Metzger der Herzen, und wer immer noch nicht gecheckt hat, dass Deine Freunde wirklich rocken, der hat bei folgenden Terminen noch Zeit zum nachbessern:

15.06.  Duisburg, Kinderkulturfestival
16.06.  Münster, Bürgerhaus Kinderhaus
01.09.  Bielefeld, Kulturfest Wackelpeter
05.01.  Erlangen, E-Werk
06.01.  Augsburg, Parktheater

Donnerstag, 18. April 2013

Maul halten, Dingdong aus

Einen knappen Monat noch, dann sind sie endlich da: Savages haben einen neuen Song zum kommenden Album "Silence Yourself" samt Video ins Netz gestellt - bei "Shut Up" kann man schon mal sehen, was einen wohl erwartet oder was man eben verpaßt. Die Termine nochmal - hier.

Der kleine Tipp für Konzertbesucher schon mal vorab:

Peng!

Phoenix
„Bankrupt!“

(Warner Bros.)

Irgendwie hatte man ja insgeheim noch auf so eine Art Guerillagag gehofft, also: ‚Lasst uns vorab mal alle mit einer richtig mittelmäßigen Nummer irritieren – am Ende kommen wir dann mit dem supertollen Album um die Ecke und die ganzen Nörgler haben sich umsonst aufgeregt und müssen jetzt zu Kreuze kriechen!‘ Den Jungs von Phoenix, ja auch sonst nicht gerade um ironische Spitzfindigkeiten verlegen, wäre das wohl zuzutrauen gewesen. Und nun? Kein Täuschungsmanöver, kein Kaninchen im Zylinder – „Bankrupt!“ ist, da hilft kein Jammern, genauso gut oder eben schlecht, wie es der Einstieg „Entertainment“ hat befürchten lassen. Und selbst wenn man dem eigenen Hirn mittels MIB-Neuralisator absolute Unvoreingenommenheit befehlen wollte, also alle vorangegangenen, tatsächlich und zu Recht hochgelobten Platten der Franzosen ausblendete – selbst dann bliebe für die aktuelle nur ein müdes und ratloses Schulterzucken übrig.

Dass die Band aus Versailles das hohe Niveau auf Dauer schwerlich durchhalten würde, welches sie seit dem Debüt „United“ jedem nachfolgenden Werk in die Rillen presste, musste selbst dem glühendsten Anhänger dämmern – allein, es überrascht, wie plötzlich jedwede Songidee und Inspiration verschwunden sind. Vier Einzelbeispiele in zeitlicher Abfolge aus der Vita gepickt – „If I Ever Feel Better“, „Everything Is Everything“, „Sometimes In A Fall“, „Fences“ – keines der neuen Stücke erreicht auch nur annähernd das Format der genannten. Und das liegt beileibe nicht daran, dass sich Phoenix im Jahr 2013 komplett und ganz en vogue dem Synthpop verschrieben haben – auch die älteren Sachen unterschieden sich voneinander und schafften mühelos den Spagat zwischen digital und analog bzw. Korg und Fender.

Der maue, pseudoasiatisch verbrämte Sound von „Entertainment“ setzt sich also schon bei „The Real Thing“ fort, alles klappert und spotzt dazu ganz hübsch beliebig vor sich hin, kaum deutet ein Takt mal Geberqualitäten an, wird er sofort in einer sämigen Popsoße versenkt. Leichtigkeit, Ohrwurmhooks? Fehlanzeige. Alles ächzt im neu geschneiderten Soundgewand – jedoch, es paßt nicht, keine Lässigkeit, von Coolness („Trying To Be...“ haha) ganz zu schweigen. Da hilft es auch nicht, dem Titelstück einen von Pink Floyd inspirierten Ambienttechno anzuschrauben – das klingt verwegen, aber eben auch etwas überambitioniert. Der kleine Gruß an ihre Landsleute („Justice done...“) ist dann aber doch eher unfreiwillig ...

Was bleibt also noch? Das satte „Chloroform“, das zumindest nicht auseinanderfällt, „Bourgeois“ mit verheißungsvollen, weil luftigeren Versen, die dann aber im Chorus gnadenlos vom Synthiesperrfeuer weggeböllert werden, auch „Oblique City“ kommt über ein paar gute Ansätze nicht hinaus. Es endet beschaulich und verzupft und mit der Sehnsucht, es hätte mehr von diesen behutsamen, schillernden Momenten gegeben, die das Quartett früher im Akkord abliefern konnte. Es werden viele kommen und in Anspielung auf den letzten Titel „Wolfgang Amadeus Phoenix“ behaupten, Hochmut käme vor dem Fall. Gegen diese augenzwinkernde Anmaßung ist aber überhaupt nichts einzuwenden, sie bleibt als Stilmittel sogar dringend geboten. Mehr Substanz darf es dann aber trotzdem sein, damit aus dem vorgehaltenen Revolver beim Überfall auch ein Schuss kommt statt eines kleinen Tüchleins, auf dem „Peng!“ zu lesen ist. http://www.wearephoenix.com/

07.06.  Rock im Park
08.06.  Rock am Ring
11.06.  Hamburg, Stadtpark

Unter Brüdern

Na das kann sich doch hören lassen: Kelvin Mercer, David Jude Jolicœur und Vincent Mason, zusammen seit Ende der 80er bekannt als De La Soul, haben für den Herbst diesen Jahres bekanntlich ihr neues Album "You're Welcome" angekündigt, der erste Track daraus ist nun beim Rolling Stone gestreamt - "Get Away" enthält gleich mal ein Sample des Wu Tang Clan von deren Meisterwerk "Wu Tang Forever". Bruderdienste also, auch der Clan plant schließlich für dieses Jahr noch eine Platte ...

Mittwoch, 17. April 2013

Vorreiter

Man wünscht sich das für manche Platte, Christopher Owens hat es für sein erstes Solowerk vorgemacht: "Lysandre" gibt es nun auch als Akkustikversion mit acht Tracks zum freien Download auf seiner Homepage. Auch wenn der Unterschied zum Original in diesem Falle nicht so gravierend ist, das Beispiel sollte Schule machen - wir warten dringend auf: "Music For The Jilted Generation", "Master Of Puppets" und "Raw Power" - Acoustic Albums.

Nummer sicher

Der Liam will also nichts unversucht lassen, um die neue Platte von Beady Eye schon im Vorfeld kräftig zu pushen: Dave Sitek ist für die Produktion von "BE" gewonnen, nun darf man lesen, dass die freizügige Fotografie des Covers von Harri Peccinotti stammt, der Mann hat in den 70ern den Pirelli-Kalender bestückt und gibt nun für Gallagher ein Foto seiner unbekleideten Frau aus dem Fundus. Ach ja, den ersten Song gab's ja mit "Flick Of The Finger" auch schon vor Tagen ...

Auf die Bretter

Erst kürzlich hatten wir's hier zum Thema Rasen, nun kommt die Nachricht zu den Brettern: Billy Bragg wird sich für ganze sechs Konzerte nach Deutschland bemühen, das heißt:

02.11.  Düsseldorf, New Fall Festival
10.11.  Hamburg, Fabrik
11.11.  Berlin, Heimathafen
13.11.  Karlsruhe, Tollhaus
14.11.  München, Strøm
15.11.  Frankfurt, Batschkapp

Krass

Noch ein neuer Clip, diesmal von einer alten Bekannten: Azealia Banks hat für "Yung Rapunxel" visuell nachgeliefert und es ist sicher nicht übertrieben zu behaupten, dass das Flimchen ein echter Hingucker geworden ist - spooky, agressiv, Banks eben. Hier bei Vimeo.

Dienstag, 16. April 2013

Lass es, tu es

Größer könnten die Gegensätze nicht sein - auf der eine Seite der stoische Blick des Leidgeprüften, auf der anderen die übermütige Albernheit jugendlichen Leichtsinns: Tocotronic haben vor Tagen das Video zur aktuellen Single "Ich will für Dich nüchtern bleiben" veröffentlicht, kurz danach gab's die Nachricht von Audiolith, dass das Stück gemixt gehört. Und nun der Clip zur Version von Egotronic - unbedingt, ähhh, reinziehen...

Beneath the valley of ...

Thee Oh Sees
„Floating Coffin“

(Castleface)

Ja, was genau ist das eigentlich? Nach den gängigen Rastern würde man die Kalifornier zwischen Psychedelic, Garage und Punk einsortieren, den Blues darf man nicht unter den Tisch fallen lassen und etwas Stonerrock gehört wohl auch dazu – eine krude Mischung also, die John Dwyer da seit dem Ende der 90er anmischt. Das wievielte Album der Thee Oh Sees „Floating Coffin“ genau ist, wird mit Sicherheit nur der-/diejenige wissen, der/die dem Projekt von Beginn an folgt – zu oft haben Namen und Besetzung gewechselt. Wieder und noch immer dabei: Brigid Dawson, die mit ihrem oft gedoppelten, zarten Gesang einen reizvollen Kontrast zum Brachialsound der Band setzt. Die Stimmung der Platte schwankt zwischen der überhitzten, hochprotzentigen Atmosphäre eines Russ-Meyer-Streifens („Floating Coffin“/“Maze Fancier“) und leicht abgedrehter, verschwurbelter Hypnoserhythmik der 70er („Strawberries“/“Tunnel Time“/“No Spell“). Mittendrin jede Menge quengelnder Orgelfuzz, brüchige Riffs und tonnenschwerer Schlagwerkstomp – es wird nicht lange dauern, und Jack White klopft an die Tür. Das „Tidal Wave“ von „Floating Coffin“ heißt jetzt, obschon etwas schwerfälliger, „Toe Cutter, Thumb Buster“: Zuoberst schwebt Dawsons helle Stimme, unten fallen die jaulenden Gitarren übereinander her, ein infernalisches Getöse. Wirkt, alles in allem, wie ein Sandstrahlgebläse, tut gut. http://www.theeohsees.com/

21.05.  Köln, King Ludwig
22.05.  Stuttgart, Manufaktur

Worauf warten?

Album schon vergessen? Kein Problem - hier kommt der Reminder: Veronica Falls haben zum Titelstück ihrer letzten Platte "Waiting For Something To Happen" ein Video nachgeliefert - die Livetermine für die Londoner stehen wie folgt immer noch:

30.04.  Zürich, Mascotte
02.05.  Wien, Arena
03.05.  München, Orangehouse
04.05.  Stuttgart, Merlin
05.05.  Dresden, Beatpol
06.05.  Berlin, Festsaal Kreuzberg
07.05.  Kiel, Roter Salon
08.05.  Hamburg, Molotow


Montag, 15. April 2013

Immer wieder

The Postal Service
„Give Up“

(Sub Pop)

Eigentlich ist der Untertitel der blanke Hohn – “10th Anniversary Edition”! Pah, was bleibt einem auch anderes übrig. Seit The Postal Service im Jahr 2003 mit „Give Up“ die gesamte Musikkritik quasi im Handstreich nahmen, feiert die Branche dieses Album jedes Jahr von neuem. Feiert und hofft, das Ben Gibbard und Jimmy Tamborello endlich ein Einsehen haben und dem Debüt doch bitteschön bald einen Nachfolger hinterherschicken. Doch alles Wünschen und Sehnen half bisher nichts, „Give Up“ blieb der Monolith, das Meisterwerk, allein schon mangels Vergleichsmöglichkeiten. Klar, wer ähnliche Perfektion im Nachbargehege Gitarrenpop suchte, dem half Gibbard von Zeit zu Zeit mit ein paar Songs von Death Cab For Cutie über magere Zeiten hinweg, es gab mit „Plans“ und „Narrow Stairs“ sogar zwei Langspieler, die der Vollkommenheit von „Give Up“ sehr nahe kamen.

Nun also ein paar gemeinsame Auftritte wie beim alljährlichen Coachella-Spektakel, die es in punkto Aufmerksamkeit locker mit der Brotvermehrung oder sämtlichem Kornkreishokuspokus aufnehmen konnten, und am Ende sogar zwei wenn auch nicht neue, so doch bisher unveröffentlichte Titel. „Turn Around“ und „A Tattered Line Of String“ fügen sich auch nach zehn Jahren mühelos ins überschaubare Oevre des Duos ein – Kunststück, stammen sie doch beide aus den Sessions zum ursprünglichen Album. Der Rest zur Geburtstagstorte ist zur Genüge beschrieben, schnell erzählt und zählt zur Kategorie „Another Sort of Homecoming“:

Man begegnet natürlich allen wieder – den drei prächtigen Singles „Such Great Heights“, „The District Sleeps Alone Tonight“ und „We Will Become Silhouettes“, die bei jedem Durchlauf über die Jahre bewiesen haben, dass es sehr wohl Songs gibt, an denen man sich einfach nicht satthören kann und will. Auch dabei: die fabelhaften Böllerdrums von „Clark Gable“, das sehr smarte Duett mit Jen Wood für „Nothing Better“, das wuchtig schnurpsende Etwas „This Place Is A Prison“ inklusive scheppernder Kochtopfklopperei und herzerweichender Synthiekulisse, die verspielten Konsolentöne von „Brand New Colony“ und natürlich die bratzigen Breakbeats des „National Anthem“.

Teil zwei dann nicht weniger erfreulich – neben den besagten Halbneuigkeiten und diversen hinlänglich bekannten Extended Versions (Tejada, Dear, Styrofoam) sind auch die grandiosen Coverversionen von den Flaming Lips („Suddenly Everything Has Changed“), John Lennon („Grow Old With Me“) und – ungeschlagen – Phil Collins („Against All Odds“) zu finden oder wiederzuentdecken und zwei herausragende Variantionen der Shins und Iron And Wine. Und will man am Ende des Tages ganz ehrlich sein, dann ist gar nicht so viel Schlechtes daran, dass diese Platte bisher ihr Alleinstellungsmerkmal behalten durfte – die Band wahrt ihren Nimbus und wir Zuhörer werden auch die nächsten zehn Jahre mit Wehmut und Freude gleichermaßen an den Beginn des neuen Jahrtausends denken können. Oder wollte da etwa wer aufgeben …? http://postalservicemusic.net/

Liebesdienst

Da werden nicht wenige verzückt jauchzen: Poliça, die Band von Channy Leaneagh, im letzten Jahr mit dem Album "Give You The Ghost" noch Ursache eines einmütigen Begeisterungssturms, wird auch heuer mit einer Platte aufwarten. Der Titel ist noch nicht bekannt, aber es gibt bei Soundcloud mit "Tiff" bereits eine erste Kostprobe zu hören. Bezeichnenderweise ein Duett mit Bon Ivers Justin Vernon, der bei Wikipedia mit dem Urteil gelistet ist: "They’re the best band I’ve ever heard." Na also, hat sich doch ausgezahlt, die Kritik...

Kurzwaren

Fusée Dorée
„Premiere Seconde“

(Cherry Juice)

Ein Platte, zu schön, um sie einfach links liegen zu lassen: Im März hat die Französin Emmanulle Ornon unter dem Namen Fusée Dorée ihre zweite EP veröffentlicht. Nach dem selbstbetitelten Debüt gibt es nun also den Nachschlag aus der Abteilung Elektrokurzwaren. Zusammen mit dem Mexikaner Mario Ramirez am Bass und dem Soundtüftler Stéphane Serra beackert Mme. Ornon ein recht breites Spektrum – auf ihrer Homepage liest sich das wie folgt: „If Fusée Dorée has clearly traveled through the Kate Bush - Blondie - PJ Harvey constellation, she's also visited the solar systems of The Cure, The Kills, Depeche Mode, Fugazi, Sonic Youth and Bashung.“ Voilá, da ist also alles dabei. Den Anfang macht mit „Ils Essaiment“ ein Stück, an dem auch Justin Warfield mitgeschraubt haben könnte, für „Home“ wird’s dann deutlich unentspannter, das knirscht und kreischt schon gewaltig. Anschließend Stimmungsumschwung Nummer drei – „Bien Sur“ präsentiert sich mit einer Art frivoler Leichtigkeit, wie sie wahrscheinlich nur – Allez Klischee! – die Französinnen hinbekommen. Elektronische Frickelei mit Anspruch, die Stücke hören sich allesamt interessant und eingängig an und müssen den Vergleich mit den genannten Vorbildern gewiß nicht scheuen.

Fusée Dorée bei Bandcamp

Kostüme raus, sie leben noch

Einmal mit "We Are The People" bei der deutschen Vodafone an der Angel - sind Empire Of The Sun dann noch vermittelbar? Selber klären. Im Juni jedenfalls erscheint mit "Ice On The Dune" das neue, zweite Album der Australier, die erste Auskopplung "Alive" kann man bei Soundclound schon mal vorhören.

Freitag, 12. April 2013

Zweite Runde

Sie kommen also noch einmal wieder: Thurston Moores Chelsea Light Moving haben neue Termine für eine zweite Europarunde bekanntgegeben und zwar wie folgt:

21.06.  Dudingen (CH), Bad Bonn
23.06.  Duisburg, Traumzeit Festival
01.07.  München, Ampere
02.07.  Schorndorf, Manufaktur
03.07.  Frankfurt, Zoom
04.07.  Berlin, Festsaal Kreuzberg
05.07.  Hamburg, Westwerk

Die können Werbung

Neues Anzeigenmotiv der FAZ - ab morgen dortselbst und in der FAS

Ein Raunen

Das war und ist es, was The National auszeichnet - Matt Berningers tiefgestimmtes Raunen, das die Songs so wohlig kribbeln läßt: Das Album "Trouble Will Find Us" ist auf dem Weg, mit "Don't Swallow The Cap" gibt es nun den zweiten Song zu hören - hier bei TwentyFourBit.

Donnerstag, 11. April 2013

Anatomie

Hat da jemand The Cure gesagt? Na gut, Grundkenntnisse vorhanden. Der Song stammt aber von den schwedischen Holograms, einer Band also, die im vergangenen Jahr mit "Monolith" eine feine Platte herausgebracht hat. Der Nachfolger "Forever" ist offensichtlich in Arbeit, "Flesh And Bone" ist die erste Single daraus - hier bei Soundcloud.

Sammelwut
























„Depeche-Mode-Fans wissen mehr über Depeche als ich. Gäbe es ein Quiz mit mir, Martin und Dave gegen drei Fans, würden sie spielend gewinnen.“

Der Satz stammt von Andy Flechter, dem mittlerweile recht pummeligen und generell - so geht die Rede - sträflich unterschätzten Keyboarder von Depeche Mode. Zu lesen ist er unter anderem auf der Website des Berliner Aufbau Verlages, wo am 20. Mai ein 400 Seiten starker Bildband mit dem Titel "Monument" erscheinen wird. Das Buch wurde vom Journalisten Sascha Lange und Fan bzw. Sammler Dennis Burmeister als Chronik mit über 2.000, teilweise unveröffentlichten Fotos angelegt - es begleitet zudem die "Depeche-Mode-Fan-Exhibition", die vom 11. bis 23. Mai im Berliner Kaufhaus Jandorf stattfindet und ausschließlich aus Exponaten von Anhängern der Band bestehen soll.

Mittwoch, 10. April 2013

Dranbleiben

Wer wie der Autor von Chan Marshalls Musik nicht genug bekommen kann, für den gibt's hier einen neuen Song - gesungen schon auf früheren Konzerten, jetzt während eines TV-Auftritts bei "Later ... with Jools Holland". Bittesehr: Cat Power mit "Bully", bei YouTube.

Nicht zu fassen

Yeah Yeah Yeahs
„Mosquito“

(Universal)

Diesmal war man vorbereitet oder, um im Bild zu bleiben, ganz so überraschend wie ein Mückenstich traf einen dieses Album nicht. Das sah beim Vorgänger „It’s Blitz“ noch ganz anders aus, da mochte man sich über die neuartigen, synthetischen Klänge, über die plötzliche Lust am Tanzbaren noch diebisch freuen oder bei Bedarf auch die Haare raufen – die Yeah Yeah Yeahs unter der Diskokugel, what the hell…? Für den „Mosquito“ jedenfalls war, spätestens als James Murphy, DFA- und LCD-Gott a.D., für seine Mittäterschaft offiziell gepriesen wurde, schon im Vorfeld klar, wohin die Reise ging: nicht zurück jedenfalls. Karen O, Nicholas Zinner und Brian Chase würden den eingeschlagenen Weg nicht ändern, es würde weiterhin beides geben – den keifenden, kratzigen Riffrock und die garstigen Beats, im besten Falle sogar beides zusammen in ein widerborstiges MashUp gepresst.

Schon die erste Single „Sacrilege“ hat viel von allem, Gitarren, Geschrei, dicke Drums und sogar einen Gospelchor, von Sparsamkeit keine Rede. Dass mit „Subway“ schon an zweiter Stelle eine eher zarte, bedächtige Nummer platziert wurde, zeugt vom Selbstverständnis der Band, zum Klappern der Schienen tönt da auch ein trotziges „Wir machen was wir wollen“ im Subtext mit. Der Titelsong dann natürlich wie erwartet wild, mit fast schon lustvoller Schadenfreude feiert Karen O den Stich des Insekts: „Mosquito sing, mosquito cry, mosquito live, mosquito die. They can see you but you can’t see them, they’ll suck your blood.“ Stücke wie „Under The Earth“ und „Slave“ gehören jetzt zum fixen Repertoire der Band, mal Reggae, mal Dance, für „Burried Alive“ gibt’s noch ein paar flotte Raps obendrauf, fertig ist das KLF-Soundalike.

Gitarren? Sehr wohl, auch wenn die reine Lehre von „Fever To Tell“ und „Show Your Bones“ wohl endgültig perdu ist. Da wirkt dann so ein Ungetüm wie „Area 52“ beinahe schon befremdlich und verbleibt im Gesamtbild der Platte als Außenseiter. Dann doch lieber „These Paths“, in der Wüste von Texas entstanden, es wabert und wackelt, geloopte Beats, die O mal dominahaft, mal kieksig als wohltuende Konstante: “These paths we'll cross again, again, these pants come off against, against, take your seat on that tip of the star that you see, take your piece, take a sip or you'll starve from that shit” – Andacht bitte. Selbige auch für “Despair”, das Licht-am-Ende-des-Tunnels-Liedchen der Yeah Yeah Yeahs: „Through the darkness and the light, some sun has got to rise, my sun is your sun.”

Auf die Spitze getrieben dann das Pathos im Schlußkapitel „Wedding Song“, irrlichternde Stimmschnipsel zu düsterem Pochen: “With every breath I breathe , I'm making history, with your name on my lips, the ages fall to bits … you’re the breath that I breath … I lay at your feet, im dying without you here” – puh, da bekommt man schon satt was mit auf die Reise. Doch sind es genau solche Sachen, diese verquere Mixtur des kompletten Albums, welche die Yeah Yeah Yeahs vor der Verwechselbarkeit schützen. Man steht mit dem Hammer und dem Nagel vor der Wand, starrt den Pudding an und lässt es lieber bleiben. „Mosquito“ ist vielleicht nicht der ganz große Wurf, dennoch gelingt den New Yorkern auch im dreizehnten Jahr ihres Bestehens noch allerhand Überzeugendes. www.yeahyeahyeahs.com

06.05.  Berlin, Columbiahalle

 
Komplettstream des Albums bei noisey

Dienstag, 9. April 2013

Fritten für's Ego

Na das ist doch mal eine schöne Kreuzung: Man nehme zwei Songs von Tocotronic vom aktuellen Album "Wie wir leben wollen", namentlich "Ich will für dich nüchtern bleiben" und "Abschaffen", und lege sie in die vertrauensvollen Hände zweier Hamburger Formationen, natürlich via Audiolith. Heraus kommen: A mit dem "Egotronic wirklich nüchtern Mix" und AA "Dandyrevolution - Frittenbude Remix", zu beziehen im Audiolith-Shop, wo sonst?

Transformation

Die Klänge könnten verschiedener nicht sein, den Platz am Mikrophon besetzt ein und dieselbe Person: Elias Rønnenfelt singt sowohl für die dänische Punkband Iceage als auch bei Vår. Zusammen mit Loke Rahbek von Sexdrome wird Rønnenfelt Mitte Mai bei Sacred Bones nun das Album "No One Dances Quite Like My Brothers" veröffentlichen, daraus gibt es bei Soundcloud den Song "The World Fell". Von einer Labelcompilation stammt im Übrigen das folgende Video zu "In Your Arms (Final Fantasy)".


Was bleibt
























Wem anderen als Morrissey gebührt ein Kommentar außer der Reihe der üblichen Kondolenzgänger zum Tode Margaret Thatchers, dem Mann also, der einst für die Eiserne Lady die Guillotine sausen ließ und auf "Viva Hate" Ende der Achtziger schon sang: "The kind people have a wonderful dream: Margaret on the guillotine. Cause people like you make me feel so tired. When will you die?" Hier nun das Statement im O-Ton:

"The difficulty with giving a comment on Margaret Thatcher's death to the British tabloids is that, no matter how calmly and measured you speak, the comment must be reported as an "outburst" or an "explosive attack" if your view is not pro-establishment.

If you reference "the Malvinas", it will be switched to "the Falklands", and your "Thatcher" will be softened to a "Maggie." This is generally how things are structured in a non-democratic society. Thatcher's name must be protected not because of all the wrong that she had done, but because the people around her allowed her to do it, and therefore any criticism of Thatcher throws a dangerously absurd light on the entire machinery of British politics. 

Thatcher was not a strong or formidable leader. She simply did not give a shit about people, and this coarseness has been neatly transformed into bravery by the British press who are attempting to re-write history in order to protect patriotism. As a result, any opposing view is stifled or ridiculed, whereas we must all endure the obligatory praise for Thatcher from David Cameron without any suggestion from the BBC that his praise just might be an outburst of pro-Thatcher extremism  from someone whose praise might possibly protect his own current interests. 

The fact that Thatcher ignited the British public into street-riots, violent demonstrations and a social disorder previously unseen in British history is completely ignored by David Cameron in 2013. In truth, of course, no British politician has ever been more despised by the British people than Margaret Thatcher. 

Thatcher's funeral on Wednesday will be heavily policed for fear that the British tax-payer will want to finally express their view of Thatcher. They are certain to be tear-gassed out of sight by the police. 

United Kingdom? Syria? China? What's the difference?"