Mittwoch, 28. März 2012

Mutmacher



Paul Weller “Sonik Kicks” (Universal)
Wir fangen am besten ganzen hinten an, bei „Be Happy Children“ also. Seien wir ehrlich, es gibt nur wenige, die solch einen Schmus verzapfen und ihren Fans danach noch gerade in die Augen blicken können: “For my love knows no limit, when it comes to loving you, and my heart is always with you“ croont Weller am Kinderbettchen, das Piano säuselt dazu, Hannah Andrews, Wellers zweite Frau, gibt ein wiederholtes Stelldichein und am Ende darf noch was auf’s Band gebrabbelt werden – wer keinen Spaß an seiner Karriere hat, dem reicht so ein Song in der Regel zum sicheren Untergang. Nicht so bei Paul Weller. Der geht mit seiner neuen Platte allem Geunke zum Trotz schnurstracks an die Spitze der heimatlichen Charts und wer bisher noch Zweifel am britischen Humor hatte, dem sollten sie jetzt genommen sein.

Nun ist es nicht so, dass der Mann dem Gefühligen jemals abgeneigt gewesen wäre – er hat schließlich schon Songs wie „Moon On Your Pyjamas“ oder „You Do Something To Me“ gesungen und zu seiner Ehrenrettung sollte man ihm zugestehen, dass er als später Nochmal-Vater allen Grund zur Rührseligkeit hat – erstaunlich ist nur die Konsequenz, mit der sich Weller in zunehmendem Alter jedweder Erwartungshaltung entzieht. Und davon kann „Sonik Kicks“ wahrlich mehr als ein Lied singen. Das zackige „Green“ schon rennt gerupft von rechts nach links und wieder zurück, auf das skizzenhafte, recht beschwingte „The Attic“ folgt mit „Kling/Klang“ ein Krautrockbrocken allererster Güte – Weller huldigt dem Augenblick, was war, ist egal, was kommt, wird schon klappen: „And I don't care about the coming wave, I take my chances in the grave, it’s only one moment that is now, I can't undo what I don't know how“.

Es gibt in der Tat nur wenige Stücke, die dem neuerlich Experimentierfreudigen in althergebrachter Tonlage gefallen haben müssen – bei „Dragonfly“ pumpt ein dunkler Bass für gut abgehangenen Postrock, „Around The Lake“ läßt sich am straighten Beat festmachen und „Paperchase“ wird zwar elektrisch satt unterfüttert, gefällt aber mit kantigen Psychrockgitarren. Der Rest – sechseinhalbminütiger Blubberpop mit Familienduett („Study In Blue“), soulige Sonnenklänge („When Your Garden‘s Overgrown“), „Shoowap, shoowap“ im gefährlichsten aller Zeitalter und ein völlig abgedrehtes, fiebriges „Drifters“ – der Mann weiß noch immer zu irritieren.

Hat man die Platte einige Male am Stück gehört, kommt man zu dem Schluß, dass das alles so schlimm gar nicht klingt, von wenigen Ausnahmen abgesehen ist nichts wirklich Schlechtes dabei und mit Ungewöhnlichem durfte man ja durchaus rechnen. Ehrenwert im Übrigen nicht nur die anhaltende Bereitschaft, sich auf neue Dinge einzulassen, auch die Begründung für diese Lust kommt durchaus sympathisch rüber: „It’s not a „Fuck-you-thing“ – it’s a trying to encourage people to listen to something new“, so Weller zum Rolling Stone, dafür gibt’s auf der – für ihn ohnehin nach oben offenen – Wertschätzungsskala ein paar Punkte extra: Wir haben verstanden. http://www.paulweller.com/

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