Donnerstag, 5. November 2009

Gehört_75



A Place To Bury Strangers „Exploding Head“ (Mute)
Der Gedanke, die Qualität einer Band ließe sich hauptsächlich über den Grad ihrer Unhörbarkeit bestimmen, ist sicherlich außerhalb der Death- und Doom-Metal-Szene sehr schwer zu vermitteln und greift im Falle der New Yorker Band A Place To Bury Strangers auch deutlich zu kurz. Zwar erzählen die drei Kravallmacher aus Brooklyn stolz einem jedem, der es hören will (und noch kann), dass sie die lauteste Noiseband des jungen Jahrtausends seien – und wer sie jemals live gesehen hat, wird das sicher nicht in Abrede stellen. Hinzu kommt, dass es kaum eine Band gibt, die in Sound und Attitüde einen so eindeutigen Bezug auf ihre Vorbilder nimmt – die Wahlverwandschaft mit den Gebrüdern Jim und William Reid und deren grandioser Feedbackcombo The Jesus And Mary Chain wird einem mit jedem einzelnen Takt förmlich in den Schädel gehämmert. Doch wo diese dem Hörer zuweilen noch sanft verzerrte Entspannung boten, wird bei A Place To Bury Strangers das Inferno zum Diktat erhoben – Atempausen Fehlanzeige. Dass pure Lautstärke aber durchaus auch Poesie sein kann, haben sie schon mit ihrem selbstbetitelten Debüt 2007 unter Beweis gestellt, und auch auf dem neuen Album gibt es zum Krach immer auch die zauberhafte Melodie, den tonnenschwer rollenden Bass und den hallenden Offgesang. Manches kommt sogar mit leicht gebremstem Beat aus, „Keep Slipping Away“ zum Beispiel ist deutlich zurückgenommen – und wird natürlich gleich im Anschluß von „Ego Death“ ohne jede Rücksicht „brutalstmöglich“ (Roland K.) niedergemäht. Aus der Reihe fällt auch „Smile When You Smile“, das bei aller Härte Shoegazing und Gothic zusammenzwingt und dabei fast beschwingt wirkt. Vorher und nachher wunderbare Rückkopplungsorgien, immer am Limit, mal besser („In Your Heart“ und „Dead Beat“), mal nicht ganz so gelungen („Everything Always Goes Wrong“) und dann klingen sie, man möchte es nicht glauben, fast wie eine überzüchtete Variante von The Cure („Exploding Head“). Und mit dem fulminanten Abschlußsong liefern sie schon mal einen möglichen Bandnamen für kommende Nacheiferer „I Lived My Life To Stand In The Shadow Of Your Heart“. Klar ist jedenfalls: Wer diese Platte leise anhört, der hat sie nicht verstanden. Zaghafte Gemüter sollten sich deshalb schon vor dem Druck auf die „Play“-Taste bei Wikipedia unter dem Stichwort „tinnitus aurium“ informieren, denn das dort so schön umschriebene „Klingeln in den Ohren“ werden sie nach Ende der gut vierzig Minuten noch näher kennenlernen dürfen.

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