Mittwoch, 2. März 2011

Gehört_247



Beady Eye „Different Gear, Still Speeding“ (Indigo)
Während ich dies hier schreibe, komme ich mir ein wenig so vor wie der Großmeister des ostfriesischen Autorenfilms Otto Waalkes. Nicht weil ich schon so lichtes, dünnes Haupthaar hätte oder mich in unbeobachteten Momenten mit meinem Fön unterhielte. Sondern weil sich, ist einer der beiden Gallaghers im Spiel, fast zwangsläufig, wie in einer von Waalkes‘ cineastischen Glanztaten, ein Engel und ein Teufel in Miniaturformat auf meine Schulter setzen. Und letzterer schreit so laut, dass sein Widerpart kaum zu verstehen ist, auf mich ein: „Hau sie in die Pfanne! Und nicht zu knapp! Haben doch eh‘ alle einen an der Waffel! Sind sowas von vorgestern! Will keiner hören!“

Wie gesagt, vom Engel habe ich noch nichts gehört und so ganz ohne sorgsam gepflegte Vorurteile komme auch ich nicht aus. Was die Frage aufwirft, wie objektiv lässt sich eine Platte beurteilen, die federführend von einer arroganten Dumpfbacke wie Liam Gallagher verantwortet wird? Gar nicht, sonnenklar. Über die zeitgeschichtliche Bedeutung des Oasis-Nachfolgers kann man sicher trefflich streiten, Fakt ist jedoch, dass ich mich, wie wohl viele, diesem Album mit neugierigem Schaudern und der quasi voyeuristischen Hoffnung auf maximales Scheitern nähere.

Und enttäuscht werde. Kein Absturz, kaum Zumutung und schon gar kein Grund zur Schadenfreude. Dass „Different Gear...“ reinster Retrobeat ist, die vollkommene Rückwendung zu den Glanzzeiten des Rock’n Roll also, dürfte keine große Überraschung sein – wer wegweisend Neues erwartet hatte, muss ein ahnungsloser Tropf sein. Hat man das einmal kapiert, macht das Album dann sogar Spaß. Eine kleine Einschränkung gleich zu Beginn: Der Einstieg folgt dem Motto „Gefällt Euch nicht? Ich spiel‘s trotzdem!“, denn „Four Letter Words“ ist uninspirierter, breitbeiniger Schweinerock und wenn wir gerade dabei sind, zu dieser ärgerlichen Kategorie zählt auch „Standing At The Edge ...“ als verunglückte Kopie des famosen „Get Back“ (dennoch sollte es keinen wundern, wenn Liam demnächst behaupten würde, gerade diese beiden Songs seien das Größte, was er jemals geschrieben habe).

Egal, denn das soll’s mit den Verfehlungen auch schon gewesen sein, der Rest der Platte kommt erstaunlich frisch daher. „Millionair“, „The Roller“, „Wind Up Dream“, allesamt gut abgehangene Gitarrenbretter, schön getreten auch das Manifest „Beatles And Stones“ („Well it beats me mama, I just want to rock and roll, I'm gonna stand the test of time like Beatles and Stones“) – den Verweis auf eine ähnlich gelagerte Kuschelversion von The House Of Love würden Beady Eye sicher müde belächeln. „Bring The Light“ ist einem Oasis-Song wohl noch am nächsten, bei „For Anyone“ ist entspanntes Schlendern angesagt und für „Kill For A Dream“ und „The Beat Goes On“ werden die Beatles auf durchaus erträgliche Weise beliehen. Als persönlicher Favorit dann noch das quengelige „Three Ring Circus“, die psychedelischen Schlieren bei „The Morning Son“ hätten im Gegensatz zum weit spannenderen „Wigwam“ gern etwas kürzer ausfallen dürfen.

Wenn Liam Gallagher in einem Interview behauptet, die Platte würde mit einem Lied weniger etwas humpeln, dann entspricht das zwar seinem Selbstverständnis, darf aber getrost bezweifelt werden. Ansonsten: Wenn vieles auf „Different Gear...“ eine Nummer kleiner geraten ist als noch bei den letzten, recht fragwürdigen, gemeinsamen Veröffentlichungen zusammen mit seinem Bruder Noel, dann hilft das der Platte deutlich. Die ganz großen Songideen sucht man wohl auch vergeblich. Dass Beady Eye aber jenseits aller großmäuligen Versalien und Imperative durchaus für ordentliches Entertainment taugen, das ist wahrscheinlich für viele die schmerzhafteste Überraschung.
http://www.beadyeyemusic.com/

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

musstest du viele schnäpse trinken vor diesem text? ;-)
beady eye rules! derciri

Mapambulo hat gesagt…

Ungefähr so viele wie Du für ein Bayernspiel mittlerweile brauchen tust ...