Dienstag, 8. März 2011

Gehört_250



Elbow „Build A Rocket Boys!“ (Universal)
Guy Garvey ist ja eher eine markige, handfeste Erscheinung, eine also, mit der man eher das Modell britischer Landmann verbindet – erdverbunden, Knickerbocker, Öljacke, kariertes Flanell vielleicht, links die Axt, rechts den Spaten, grimmiger Blick allenthalben. Dass dieser Mann in der Lage ist, zarter Poesie einen so verträumten und oft kammermusikalischen Rahmen zu geben, verwundert den Laien. Und selbst der eingeschworene Fan, „The Seldom Seen Kid“ noch im Ohr, mag sich irritiert fragen, woher der Mann nach diesem grandiosen Vorgängeralbum die Chuzpe nimmt, mit „Build A Rocket Boys!“ gegen die Erwartungen der Branche zu arbeiten.

Denn nach dem vollen, pulsierenden und leidenschaftlichen Vorwerk hatte man wohl eher erwartet, Garvey und Kollegen würden dem Erfolgsrezept noch die eine oder andere Tonspur hinzufügen, alles noch komplexer verbasteln. Nichts dergleichen: „We tried to ignore the excitement of the big stages ... concentrated as always on making a record that would leave the listener somewhere other than [where] it found them“ lautet die Maxime und die acht Minuten zu Beginn sind die Vertonung dazu. Nörgelnde Gitarre, vorsichtig noch, erst nach der Hälfte ein quietschfiedeles Synthiemotiv , dann Orchester, breit, groß, ausladend. Bis bei „Neat Little Rows“ kurzzeitig wieder Leben in die Bude kommt, wird die Kulisse aber streng heruntergedimmt und gnadenlos reduziert. Und auch nach dem kraftvoll stampfenden Ausreißer kehrt Garvey dem Lauten wieder den Rücken, fast so als hätte er Angst, etwas Zerbrechliches zu zerstören. Es bleibt dies die Platte der leiseren, der besinnlichen Töne, der monoton geschlagenen Pianotasten, hier mal ein Horn, da eine Streichersequenz, alles untergeordnet der nach wie vor überragenden Stimme des Meisters selbst.

Verirrt sich mal ein lauteres Schlagwerk in einen Song wie bei „High Ideals“, wird es schnell auf ein Handclapping zurechtgestutzt und auch das Roxette-Riff, nebenbei eine sehr amüsante Idee, läßt sich nur kurz blicken. „Lyrically“, so Garvey, „this is a record about the ups and downs of being young through the eyes of someone who loved and hated it all at the same time“ – er hätte die Platte in Anlehnung an Schätzchen Adele also durchaus auch „22“ nennen können – für solche Spielereien ist er aber wohl einen Tick zu alt. Irgendwie hat man später das Gefühl, er möchte sich selbst in vergangenen Zeiten Trost zurufen, wenn er für „Open Arms“ versichert: „We got open arms for broken hearts, like yours my boy, come home again“. Ein leises Album, dass man gern laut hören darf, erst dann nämlich fängt einen der wohl dosierte Sound ein, erst dann ist man – glücklicherweise – endgültig verloren.
http://www.elbow.co.uk/

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