Donnerstag, 3. Mai 2018

Drangsal: Mutwillig

Drangsal
„Zores“

(Caroline)

Große Erwartungen können bekanntlich beides sein – hilfreicher Gradmesser oder schlechter Ratgeber. Im Falle Max Gruber aka. Drangsal verbietet es sich allerdings, die Meßlatte allzuweit zu senken, schließlich war sein Albumdebüt „Harieschaim“ vor zwei Jahren nicht weniger als fulminant, in der Sparte tanzbarer Wavepop sogar weitgehend ohne ernstzunehmende Konkurrenz. Nennen wir ihn und seine erste Platte also einfach mal einen Glücksfall. Nun hat man auf der begleitenden Tour schon feststellen können, daß Gruber sowohl bei seinem Erscheinungsbild (smarter, eleganter, weniger düster) als auch bei Sound und Sprache Lust auf so manche Änderung hatte und diese auch konsequent umsetzte – der junge Mann aus der Pfalz  ist ja schon qua Lebenslauf keiner, der sich übermäßig von anderen Leuten dreinreden läßt. Also nicht nur schnieke, sondern eben auch gefälliger im Klang und deutsch im Wort, es würde sich einiges tun. Und nun liegt mit „Zores“ das Ergebnis auf dem Tisch und auch wenn wir geahnt haben was da kommt, so überrascht es dennoch – und zwar nicht zu knapp.



Aus dem Pop ist nun Rock geworden, zumindest in großen Teilen, die vormalige Leichtigkeit, das tanzbare, luftige wurde abgelöst – einerseits von spotzenden Gitarren, die dann doch die vorherrschenden Synthesizer verdrängen konnten. Andererseits klingen viele der Arrangements auch wieder erstaunlich gefällig (Achtung, Reizwort: schlagerhaft), obschon eingängig hier aber leider simpel, ja fast dünne bedeutet. „Jedem das meine“ hat noch was von der schönen Coop „Keine Angst“ zusammen mit Buddy Casper, darauf folgen aber einige Stücke, die Inspiration vermissen lassen. Und das gilt leider, leider auch für die dazugehörigen Texte. Man kennt das ja – übersetzt man sich englischsprachige Songs ins Deutsche, ist man oft erstaunt, wie profan, auch kitschig einem plötzlich die vordem so geliebten Lyrics erscheinen. Und irgendwie hat man beim Hören von Zores das Gefühl, man würde genau diese Übersetzung hören.



Klar ist der Kinderchor im Hintergrund ganz nett, aber die hundert heißen Jungs und Mädels mit Kerzen in den Händen („Und du?“), der Reim vom Zungenkuß auf Goldnen Schuss („Turmbau zu Babel“) und das spätere „Uhh, Baby“ („Laufen Lernen“) wandeln doch arg im Grenzland zwischen augenzwinkernder Ironie und billigem Kitsch. Die Worte holpern und stolpern in einer Geschwindigkeit, der man manchmal kaum zu folgen vermag und manchmal hat man den Eindruck, daß auch Gruber hier eher schlecht als recht den Rahmen mit dem berühmten Holzhammer gefüllt hat. Was schade ist, denn die Ideen sind ja gar keine schlechten. „Magst du mich…?“ zum Beispiel ist durchaus ein paar Gedanken mehr wert, der Song für den verunglückten Rennfahrer Gerd Riss läßt aufhorchen. Am ehesten bei sich, so das subjektive Resümee, ist der Künstler dann aber doch bei den beiden letzten Stücken, den beiden einzigen in englischer Sprache. Besonders „ACME“ entwickelt einen unglaublichen Druck, verdichtet auf vier Minuten alles an Kraft, Melodie und Dramatik, was man sich für die komplette Platte gewünscht hätte. Das Ende als Neuanfang? http://www.drangs.al/

Tourdaten Drangsal 2018 hier.

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