Dienstag, 8. Mai 2018

Kreisky: Natürlicher Lebensraum

Kreisky
Milla, München, 7. Mai 2018

Nee, ganz ehrlich, wie eine gemeine Rampensau schaut der Herr Wenzl nun wirklich nicht aus. Wie er da am lauen Maiabend, bewaffnet mit nicht mehr als einem zarten Lächeln und einer Umhängetasche, vom Spaziergang in die Münchner Milla einläuft. Und trotzdem stolziert da eine Stunde später der gleiche Kerl mit entschlossenem, siegessicherem Blick die „Showtreppe“ im Kellerclub herunter, um gleich danach zusammen mit den Herren Kollegen Martin Max Offenhuber (Gitarre), Helmuth Brossmann (Bass) und Klaus Mitter und ohne jede Zurückhaltung den Laden zu rocken. Und zwar laut. Denn auch das neue, bislang fünfte Album der Band "Blitz" ist so kantig, so böse und unbarmherzig geworden wie seine Vergänger, das verträgt keine Weichmacher, kein Rankuscheln, da braucht es Geschrei, bockige Riffs, schiefe Töne. Und Kreisky gehen sofort in die Vollen: Schon bei “Bauch, Bein, Po”, dem Eröffnungsstück der aktuellen Platte, ist die Beziehung in Trümmern, da wird gehauen und gebissen, da kriegt keiner was geschenkt. Weiter mit “Der Depp des 20. Jahrhunderts”, bitterer Abgesang auf unsere Li-La-Laune-Gesellschaft, wo die Dummheit regiert und ehemals Verläßliches nurmehr eine Erinnerung aus einer anderen Zeit ist.



Genug Zeit also für Selbstmitleid (“Veteranen der vertanen Chance”), für Scham und Anklage, die keiner so tiefschwarz malt wie Wenzl: “Ich danke dem Herrn Vater für vier Wochen ohne Fernsehen und für die lebenslängliche Landschaft. Ich danke dem Herrn Vater für die notwendige Erfahrung. Ich danke dem Herrn Vater für das Geld” (“Saalbach-Hinterglemm”). Und wenn er nicht gerade wie ein Schachtelteufel auf der Bühne schimpft, zuckt oder mit Hingabe ins Keyboard schwitzt, steht er gern auch mal im Publikum und bestaunt seine Mitstreiter, wie sie – ganz die Hardrocker – den Kampf mit ihren Instrumenten Kopf an Kopf ausfechten. Zwei Zugaben sollten für einen gelungenen Abend eigentlich reichen, so die Meinung der Band – es wurden dann doch einige mehr und damit auch eine ansehnliche Auswahl älterer Perlen, für die man die Wiener lieben muss: “Asthma”, “Dow Jones”, “Scheisse, Schauspieler”, “Vandalen”, fast zu schön, das alles. Und auch der Alpenblick durfte natürlich nicht fehlen, “Die Wildnis” also: “„Der Mensch gehört nicht in die Wildnis, das ist wider die Natur. Der Mensch gehört in eine Wohnung, auf eine Sofagarnitur“. Eine Einschränkung sei da trotz Tierschutz aber erlaubt – die Rampensau gehört auf die Bühne. Und wir davor.


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