Support: Dikloud
Backstage, München, 29. Januar 2018
Manchmal ist es wirklich etwas traurig. Wenn man oft auf Konzerten unterwegs ist, erlebt man neben den vielen guten natürlich auch die schlechten. Und eben leider auch die guten, die schlecht besucht sind. BELGRAD, Post-Punk-Kapelle aus Berlin und Hamburg, Clash of Generationen plus Lebensläufe, haben gerade mit ihrem gleichnamigen Debüt eine der besten deutschsprachigen Platten zur Zeit veröffentlicht. Und wenn wer behauptet, der Erscheinungtermin kurz vor Jahresschluß war schlecht gewählt, dann hat er sicher zur Hälfte recht. Eigentlich aber ist das Album noch früh dran, denn auch wenn es abgeschmackter nicht klingen könnte – zur ernsthaften Auseinandersetzung mit dem bald anstehenden Jubiläum der Wiedervereinigung kann es keinen besseren Soundtrack geben als diesen. BELGRAD wollen weder abfeiern noch abwinken, ihre Musik ist weder billiger Kitt für allzu offensichtliche Brüche noch destruktive Verneinung des Faktischen. Nein, so simpel das klingt – sich ein paar eigene Gedanken machen, das würde schon reichen. Anregen, anstoßen, irritieren, das ist ihr Ziel. Und dann? Kommen nur dreißig Leute.
Fast möchte man sich also entschuldigen für die Münchner Ignoranz. Iwo, meint Sänger Leo Leopoldowitsch nach der Show, alles halb so wild. Natürlich hätte man sich ein paar Leute mehr im Publikum gewünscht, keine Frage. Aber schließlich wäre dies ihre erste Tour mit der neuen Band, da seien die Erwartungen eher vorsichtig. Und München stände ja keineswegs allein da – quer durch die Republik gäbe es solche und solche Abende: Münster packed, Hannover ebenfalls rappelvoll, Hamburg und Berlin ohnehin, Düsseldorf und Köln eher mau bis dröge, es braucht halt seine Zeit. Vielleicht lags auch daran, daß die komplette Besatzung ihren „Day Off“ in einer Münchner Sauna verbrachte, also Tiefenentspannung und so. Leopoldowitsch hätte im Übrigen guten Grund gehabt, die Lust zu verlieren, schließlich steht er während der Reise fast die doppelte Zeit auf der Bühne – zunächst mit seiner Punk-Formation Dikloud, später mit Hendrik Rosenkranz, Ron Henseler und Stephan Mahler für die Hauptrunde.
Die dann im Vergleich zum ohnehin schon sehr gelungenen Album mit der flankierenden Videokunst noch um einiges zwingender, drängender erscheint, meint: Livepräsenz ersetzt Visualisierung – passt auch. Am beeindruckendsten vielleicht das Schlagzeug. Stephan Mahler hat dort schon (er hört das nicht gar so gern) in den Achtzigern und Neunzigern bei den Hamburger Urpunks Slime gesessen, seine Erscheinung ist so beeindruckend wie die Wucht, die er auf die Felle bringt. Und man wird gewahr, daß er nicht wenige Stücke der neuen Platte auch selbst singt, ihm verdankt das Publikum wohl auch ein Cover der Hamburger Noiserock-Legenden Die Erde. Ein kraftvolles Set, all die denkwürdigen (s.o.) Nummern “Osten”, “Westen”, "Niemand” mit dabei, der Bass satt, der Sound raumgreifend, nichts auszusetzen. Und das Publikum? Dankt es mit den Vieren mit warmem Applaus. Und genau deshalb ist weniger zwar nicht mehr, aber ausreichend. Sagt Leopoldowitsch: “Wenn aus dem Publikum etwas zurückkommt, dann ist es auch egal, wie wenige da unten stehen. Dann ist das gut.” Glück gehabt, München.
30.01. Zürich, Dynamo
31.01. Stuttgart, JuHa West
01.02. Oberhausen, Druckluft
02.02. Leipzig, Neues Schauspiel
03.02. Dresden, Scheune
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen