Moderate Rebels
„Sound Of Security“
(Everyday Life Recordings)
So, noch einmal volle Konzentration, denn leider geht die gegen Jahresende immer etwas flöten, was so wunderbaren Alben wie diesem nicht gerade in die Karten spielt. Der Londoner Formation Moderate Rebels scheint es allerdings gar nicht so unrecht zu sein, wenn sie weiter im Ungefähren, wenig Konkreten arbeiten kann. Die vier Bandmitglieder, nach Selbstauskunft quasi der harte Kern eines ansonsten ziemlichen offenen Systems, zelebrieren die Unpersönlichkeit nicht aus fehlendem Anstand, sondern weil sie genau diese Kunstform zum Manifest erhoben haben: “The point was to remove ourselves, our beliefs and our intentions as much as possible; to just let it happen. It’s never been about us, we want to make music that aims at being more important than that.” Keine Klarnamen, keine Vorlieben, Hobbys, Referenzen, nichts was ablenken könnte von der Musik selbst, denn genau die steht im Mittelpunkt, sie soll sich, so die etwas eigenartig anmutende Vorstellung der Band, im Idealfall sogar selbst schreiben: “We tried to create conditions where the songs could write themselves with minimum resistance; an automatic writing situation … using as few words and chords as possible.”
Was sich schon in der Erklärung spannend bis abenteuerlich ausnimmt, klingt auch auf ihrem Debüt “Sound Of Security” mehr als nur interessant. Der Sound oszilliert zwischen dem Psychrock von Velvet Underground und den endlos geloopten Krautrock-Orgien ihrer Stadtnachbarn von Stereolab. Kühler, gedoppelter Gesang, machmal ins Chorale schwappend, die Gitarren zuweilen harsch aufgedreht, der Beat mal vorsichtig, mal fordernd. Oft reicht ihnen eine einzige Textzeile, um einen Song zu füllen, “We've come to wreck your house and ruin your life, God sent us” heißt sie beispielsweise zu Beginn des Albums, untermalt von schlingernden, monotonen Akkorden – das Assoziationstheater hat geöffnet und der Eintritt ist frei. Konsequenterweise sind viele der dreizehn Stücke instrumental angelegt, was sich dazwischen an klassischen Songs findet, ist vom allerfeinsten.
So auch die Vorabsingle “When The Cost Has No Value”, ein Stück, das für ihre Verhältnisse sogar eine ziemlich klare, politische Botschaft trägt, dafür aber mit zur Schau getragener Teilnahmslosigkeit ziemlich lässig daherschlendert, die Irritation gelingt perfekt. An anderer Stelle schwingt sich die Musik hinter dem bewußtseinserweiternden Mantra vom Sehen, Fühlen und Glauben in ungewohnt melodische Höhen (“I’m Feeling The Deep State”), diese Art von Lebenshilfe setzt sich dann später im ebenso gelungenen “Waiting For The Water To Clear” auf fast meditative Weise fort. Man hat bei den vier Rebellen trotzdem nicht das Gefühl, daß sie solche kreativen Richtungswechsel mit konsequenter Verweigerung kombinieren, nur um sich interessant zu machen – schließlich tragen sie keine Pandamasken oder spielen ihre Konzerte hinter beleuchteten Bettlaken. Gerade die Verletzlichkeit des Menschen steht ja, unabhängig von der Person selbst, bei ihnen im Zentrum: “Our music seems to be all about turning weaknesses into strengths. We decided to not try to gloss over our musical limitations and imperfections, and just embrace them.” Wir hören gern weiter dabei zu.
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