Paul Weller
„Saturns Pattern“
(Parlophone/Warner)
Wie das wohl ist, wenn man, in gesetztem Alter angekommen, ständig beobachtet und begutachtet wird, sich immer wieder der aufdringlichen Frage stellen muß „Bringt der’s noch?“ Paul Weller war Zeit seines bisherigen Lebens eine ziemlich coole Sau und wer sich zu seinen Fans zählt und ebenfalls in die Jahre gekommen ist, tat und tut das immer in der Hoffnung, auch etwas von dieser zeitlosen Coolness abzubekommen. Fromme Wünsche halt. Weller ist auch einer, der sich oft mit den jüngeren, wilderen umgibt, der die einen so gern hofiert wie er andere vor den Kopf stößt. Ein Lad, ein Mod, knurrig, kompromisslos, mit Stil. Man kann sich die Antwort auf die obige Frage ausmalen – besser sucht man aber schnell das Weite, wenn man sie denn unbedingt stellen will. Denn natürlich wird Weller bissig behaupten, er mache genau jetzt die Musik, die er immer schon machen wollte, würde er an sich selbst zweifeln, wäre erst gar keine neue Platte erschienen. Und ob das nun zeitgemäß oder altersgerecht klänge, würde ihn einen feuchten Dr…, naja, Weller halt.
Zum Beweis legt er, gleich nachdem sich die Planetenwinde gelegt haben, los wie die Feuerwehr, die Gitarren knarzen und scheppern wie zu seligen Jam-Zeiten und der Grantler aus Woking klingt keineswegs wie eine schlechte Kopie seiner selbst, sondern so frisch und unverbraucht wie lange nicht mehr. „White Sky“ schroff und verzerrt, das Titelstück mit viel Soul und selbst „Going My Way“ gerät nicht zur befürchtet schwülstigen Schunkelballade, sondern packt angenehm sperrige Gitarrenakkorde in den satten Chorus. Ein Stück wie „Long Time“ (Wellers Verbeugung vor den Stooges, Debbie Harrie, Lou Reed und Velvet Underground) oder den gebremsten Funk von „Pick It Up“ hat man einem David Bowie in den letzten Jahren ebenfalls zugestanden, warum also sollte das bei einem Mann wie Weller wegen ein paar Falten mehr im Gesicht denn peinlich sein?
Die Abwege hat sich der Brite für die zweite Hälfte des Albums aufgehoben. Hier trifft ungewohnt Braves („I’m Where I Should Be“) auf wild stampfenden Bluesrock („In The Car“), für „Phoenix“ und „These City Streets“ lässt Weller seine psychedelischen Seite von der Leine, in letzterem – eine Liebeserklärung an London übrigens – sogar knappe neun Minuten lang. Das gelingt nicht alles immer so zwingend und zupackend wie zu Beginn des Albums, zeigt aber, dass der Mann die Lust am Experiment noch lange nicht verloren hat, ja sogar bereit ist, das Risiko des Scheiterns einzugehen, bevor er zu einer faden Jukebox früherer Erfolge zu verkommen droht. Der Querverweis auf „Kosmos“, den Schlußsong seines Solodebüts aus dem Jahr 1992, ist im Übrigen ein zufälliger – es überrascht nicht, dass Weller mit Astrologie so rein gar nichts am Hut hat und der Titel „Saturns Pattern“ seiner Frau eher beiläufig eingefallen ist. Er fand ihn eigentlich nur – naja, ziemlich cool… http://paulweller.com/
07.07. Wien, Opernhaus
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