Mittwoch, 14. Oktober 2009

Gehört_66



The Boxer Rebellion “Union” (Rough Trade)
Man hätte es ahnen können – sepiafarbenes Cover, weltumspannender Titel, da linst das Kalkül schon zwinkernd um die Ecke. Und nach den ersten Takten wird auch klar, dass The Boxer Rebellion leider in die allgegenwärtige Coldplay-Falle getappt sind. Und zwar mit beiden Füßen, mitten rein. Das muß man nun per se nicht unbedingt schlecht finden, denn gegen flauschige Kuschelhymnen läßt sich im frostigen Winter wenig einwenden. Wer aber im Jahr 2005 Gefallen am deutlich kantigeren Debüt „Exits“ gefunden hat, den wird es schon kräftig wurmen, dass die Londoner für ihren aktuellen Nachfolger eben jenen Weg wählen, den vor ihnen schon andere ähnlich ambitioniert gestartete Bands wie Razorlight, Keane oder Snow Patrol breitgetrampelt haben – Titel der Kurzbio: Vom Raubtier zum Bettvorleger, last exit Serien-Jingle. Nicht das auf dem erwähnten „Exits“ keine Lieder mit Zuckerguß gewesen wären, die gab’s auch da durchaus zu hören, aber sie waren nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Jetzt aber bleibt Nathan Nicholsons Stimme ohne nennenswerte Unterbrechung auf ein ewig barmendes Falsett beschränkt, die Musik erscheint fast ausnahmslos glattgebügelt – wenn’s dann noch mal gegen den Strich geht wie bei „Evacuate“ zuckt man förmlich zusammen, um gleich im Anschluß beim allzu süß triefenden „Soviets“ wieder mutlos in die Kissen zu sinken. Wenig besseres auch danach, der Kopf schwirrt einem von den tonnenschweren Lyrics, all den klagenden Chören und riesenhaft aufgetürmten Melodiegebirgen und wenn man die Augen schließt, schiebt sich einem fast zwanghaft die letzte Folge von Greys Anatomy, Privat Practice etc. vor Augen. Mit einigem Wohlwollen ist vielleicht „Forces“ gegen Ende ein Lichtblick, auch wenn dafür ein Streichholz ausreicht in der trüben Dunkelheit dieser Plüschsoße. Schade drum, wieder eine Band an den Kitsch verloren, bei der es durchaus für mehr gereicht hätte.

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