Mittwoch, 12. Februar 2020

Blond: Großer Spaß mit Tiefenwirkung

Blond
"Martini Sprite"
(Beton Klunker)

Noch einmal: Dass es von Blond, also den Geschwistern Lotta und Nina Kummer plus Johann Bonitz am Keyboard, bislang kein ganzes Album gab, mochte man gar nicht glauben, tourten sie doch schon seit gefühlt einem halben Jahrtausend landauf, landab mit einem ansehnlichen Repertoire aus knackigen Hau-Drauf-Songs durch die Lande. Insofern mußte sich wohl nur noch jemand finden, der die drei von der Notwendigkeit einer vollumfänglichen Liedersammlung überzeugte - macht man heute immer noch so, braucht's für die Reputation, die Leute vom Merch jammern schon, es gab wohl viele Gründe. Und so folgt denn "Martini Sprite" den beiden beim Chemnitzer Atomino Tonträger erschienenen EP "BLOND" und "TRENDY" und jetzt wissen auch alle, dass das eine gute Idee war.



Denn die Platte bietet sowohl gewohnten Sound als auch neue Töne, es wird gebrettert, geschimpft und gelästert wie es sich gehört und trotzdem gibt es keinen Wiederaufguss. Denn auf dem Longplayer rückt nicht ganz grundlos das in den Vordergrund, was gerade die beiden Schwestern offenkundig schon länger begleitet - die fortschreitende Emanzipation in ihrer natürlichen Arbeitsumgebung. Gerade hat sich beispielsweise eine Userin bei Twitter mal die Mühe gemacht, prominente Festival-LineUps nach female acts zu filtern, herausgekommen ist ein ziemlich mickriger Prozentsatz unter erdrückend männlicher Vorherrschaft. Was das für heranwachsende Besucherinnen für ein Zeichen ist, kann sich jede/r selbst denken. Genau das zu ändern sind Blond angetreten. Es gilt, jedem "Thorsten" dieser Welt eine unmissverständliche Ansage zu machen, das bräsige Patriarchat mit seinen Vorurteilen zu konfrontieren und gleichzeitig Selbstverständnis und Kampfbereitschaft da herauszufordern, wo sie sich noch allzu oft wegduckt, klein beigibt und aus Bequemlichkeit, Angst oder Gewohnheit in der alten Rolle verschwindet.



Einfache Parolen gehören ebenso dazu wie drastische Bilder, ein Song wie "Es könnte grad nicht schöner sein" holt auf äußerst treffende Weise die Scham aus der Nische auf die offene Bühne, ein Thema, das in verschiedensten Genres (Schnipo Schranke, Le Butcherettes, Marika Hackman, Angèle, u.a.) gerade wieder an Aufmerksamkeit gewinnt. Vielleicht sitzt nicht jedes Riff auf "Martini Sprite" und so mancher Reim kommt nicht ohne den Holzhammer aus, andererseits überraschen Blond bei "Sanifair Millionär" als durchaus talentierte Rapperinnen (das scheint ja  ein grundsätzliches Kummer-Ding mit Potential zu sein) und geben sich auch sonst stilistisch mit Pop, House oder Funk bemerkenswert angstfrei. Unterm Strich also ein großer Spaß - und zwar mit Tiefenwirkung. https://www.blond-band.de/

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