… dass offensichtlich in gleichem Maße, da der Respekt vor überliefertem Kulturgut abnimmt, die Verschnulzung unserer Umwelt gnadenlos voranschreitet. Neuestes Beispiel: Die Sendung The Voice Of Germany. Nein, wir wollen uns nicht generell über dieses äußert fragwürdige Sendeformat beklagen, damit kämen wir wohl deutlich zu spät und wer bis jetzt nicht kapiert hat, daß man aus unserem Nachbardorf Holland anständigerweise nur Käse, Fußball und Fahrräder importieren sollte, hat es sowieso nicht anders verdient. Nein, vielmehr geht es um einen Clip der unsäglichen Kleinkinderstaffel, der es nun sogar in die bislang standhaften internationalen Musikportale geschafft. Zu sehen ist ein Geschwisterpaar namens Mimi und Josi, das mit Inbrunst den Klassiker „Creep“ von Radiohead trällert. Das wäre nicht ganz so schlimm (denn singen können die beiden wenigstens), müßte man nicht ständig die manga-äugigen Juroren der Sendungen ertragen, deren wirklich ungemein blöde, entgeisterte Gesichter im Großformat eingeblendet werden. Die Regieanweisungen meint man parallel dazu aus dem Off zu hören: „Forster – aufstehen! Und schau bitte, dass Du Dein Grinsen wenigstens kurz aus dem Gesicht bringst! Kloß, Landrut: Tränen! Mehr Tränen! Boss Hoss – äh … ach, macht einfach, was Euch einfällt!“ Und dann wollen wir auch nicht verschweigen, dass die Verwurstung des Songs ansich schon frech ist. Schon die Version von Scala und den Kolacny Brothers war grenzwertig, aber das hier ist noch eine Nummer dicker. Davon abgesehen, dass „Creep“ als Tearjerker wohl nie gedacht war, biegen sich die beiden Girls dann auch noch den Text altersgerecht hin: „… and I wish I was special, you're so very special“ wird da geschmust, im Original aber heißt es „fuckin‘“ – FUCKIN‘! Das haben sogar die Chorknaben hingebracht! Möglicher Einwand: Aber das können die doch als Kinder nicht singen? Antwort: Na dann sollen sie es verdammt noch mal bleibenlassen! Das klingt verbittert? Ja! Intolerant? Doppeltes Ja! In Engstirnigkeit und Prinzipienreiterei we’ll stay strong! Vor vielen Jahren gab es mal einen Maxim Biller, der allen Spießern in der Illustrierten TEMPO mit seinen „100 Zeilen Hass“ ordentlich den Arsch versohlt hat – wo ist denn bitte der Mann heute, wenn man ihn mal braucht!?
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