SOHN
„Rennen“
(4AD)
Irgendwie wäre es schon interessant gewesen zu erfahren, was denn passiert wäre, würde Christopher Taylor alias SOHN heute anstelle des aktuellen Albums seinen Erstling „Tremors“ präsentieren. Selbst wenn man noch einen gehörigen Debütantenbonus obendrauf rechnete, er täte sich mit dem Neustart wohl ungleich schwerer als noch vor drei, vier Jahren. Was keinesfalls an der Güte des Einstiegswerkes liegt – die ist nach wie vor unbestritten – sondern am Umfeld, das sich in der letzten Zeit kräftig gewandelt hat. Der große Hype um die neue Spielart des RnB, den er damals zusammen mit Künstlern wie The Weeknd, How To Dress Well, James Blake und natürlich Frank Ocean lostrat, ist merklich abgeklungen, Abel Tesfaye und Tom Krell haben das mehr oder weniger deutlich zu spüren bekommen und auch was danach an Neuem kam, war nicht immer von vergleichbarer Qualität. Taylor hat deshalb gut daran getan, seinen Sound für das neue Album hörbar zu überarbeiten: Er arbeitet mit weniger Kopfstimme, sondern holt den variableren Gesang eher aus dem Bauch, der Klang der meisten Stücke ist härter, erdiger, direkter und nicht selten erinnern seine Kompositionen an Depeche Mode, die ja schon Anfang der 90er versucht haben, den Blues und den Sythie-Pop zusammenzubringen und dafür von ihrer Anhängerschaft weit mehr Prügel haben einstecken müssen, als Taylor mit seiner Mixtur heute befürchten muß.
Besonders die beiden ersten Tracks „Hard Liquor“ und „Conrad“ stampfen ganz wunderbar dahin und später wiederholt er mit „Falling“ das Muster erneut. Über viereinhalb Minuten sammelt der Song ein Geräusch nach dem anderen zu einem dunkel pulsierenden Etwas, das hat Grip und klingt ausreichend dirty, um sich von seinen früheren Mitstreitern angenehm abzuheben. Daß Taylor aber auch das Schwelgerische, Zarte nicht verlernt hat, beweist er auf eindrucksvolle Weise mit dem Titelsong und gleich darauf auch mit „Proof“, beide können vor Melodieverliebtheit kaum geradeaus gehen – wunderbar. „Ich wollte diesmal weniger dramatisch, dafür aber unmittelbarer sein“, sagte er kürzlich der Musikzeitschrift Intro. Und auf den Charakter seines Debüts angesprochen, meinte er weiter: „Es gibt in der Musik und auch in den anderen Künsten diese Vorstellung, dass man ein leidender Künstler sein müsse, um als authentisch und intelligent wahrgenommen zu werden. Aber heute glaube ich nicht mehr, dass man sich selbst zerfetzen muss, um große Musik zu produzieren. Heute folge ich meinen Instinkten und Einflüssen.“ Und die haben ihm ganz offenkundig die richtigen Tipps gegeben – wie auch schon der Vorgänger ist diese Platte die richtige zur richtigen Zeit. www.sohnmusic.com
13.02. Wien, Arena
14.02. München, Technikum
16.02. Graz, PPC
17.02. Berlin, Astra Kulturhaus
18.02. Köln, Kantine
23.02. Hamburg, Mojo Club
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