Freitag, 7. November 2014

Kofelgschroa: Das eigene Tun

Kofelgschroa
„Zaun“

(Trikont/Gutfeeling Records)

Entschleunigung, das muss mal gleich zu Beginn gesagt werden, ist ein scheußliches Wort. Seit es Workout-Seminare für ausgebrannte Hedgefonds-Manager braucht, treibt dieser Begriff sein Unwesen, mit ihm werden isotonische Joghurtkulturen, multifunktionale Aussteigertextilien und andere must-have‘s für potente Selbstoptimierer beworben. Entschleunigung soll Ausbruch, Eigeninitiative und Persönlichkeitsfindung suggerieren, pampert aber nur den Status Quo und sichert das weitere Funktionieren. Warum dieses Unwort dennoch so häufig im Zusammenhang mit der Musik der Oberammergauer Brasskapelle Kofelgschroa auftaucht, bleibt ein Rätsel, die vier Burschen haben mit Marketing soviel am Hut wie die CSU mit christlicher Nächstenliebe und wer Maxi Pongratz, Martin und Michael von Mücke und Matthias Meichelböck live auf der Bühne oder wenigstens in ihrem Kinofilm „Frei.Sein.Wollen“ gesehen hat, der mag gar nicht glauben, dass es daran überhaupt je einen Zweifel gibt.

Kofelgschroa sind nicht diejenigen, die viel über das Selbstverständnis und den Hintersinn ihrer Passion philosophieren, sie machen was sie wollen, das muss reichen und bedarf eigentlich auch keiner weiteren Erklärung. Wunderbar kleinteilige Beobachtungen, liebenswürdige Gereimtheiten aus dem Alltag, der selten ein spektakulärer ist, damit war schon ihr Debütalbum vor zwei Jahren gefüllt und als solches ein Glücksfall. Von großen Stimmen heißt es, sie könnten ein Telefonbuch vorlesen und es würde einen noch immer fesseln – Kofelgschroa vertonen mit „Hausnamen“ ein Klingelschild und man hört ihnen gern zu dabei. Ein wenig von der Attwengerschen Lautmalerei also, ansonsten auch auf „Zaun“ viele lebenskluge Einfachheiten, die für sich selbst sprechen, der Sound dazu mal warm und getragen, später nervös und verspielt, nichts Unnötiges, genügsam.

Vielleicht ist ja Gelassenheit ein Wort, mit dem man weiterkommt. Beim „Takatukatrip“ fällt einem das buddhistische Gleichnis ein, bei welchem der Lehrer dem Schüler dessen Ruhelosigkeit vor Augen führt: “Wenn Du sitzt, dann stehst Du schon. Wenn Du stehst, dann gehst Du schon. Wenn Du gehst, dann bist Du schon am Ziel.” Pongratz singt: „Wann i sitz, will i stehn, wann i steh, will i geh, wann i geh, geht’s ma guat, geht’s ma ned guat, mog i furt.“ Obwohl also die vier nicht so wirken, als hätten sie ein Problem mit der ständigen „Hetzerei“, gibt es selbst bei ihnen eine Sehnsucht nach der inneren Ruhe. Im Gegensatz zur antrainierten kann die aber, das wissen sie, nur dann kommen, wenn man sie im eigenen, täglichen Tun findet und mit einer gesunden Wurschtigkeit kombiniert.

Daraus entstehen dann zauberhafte Lieder an die Unabänderlichkeiten des Lebens – der „Mainzelmo“ („Und jeder Dog sollt a Gschenk sei, aber ned oiwei sig i’s ei, ob’s war a Rucksack oder Gschenk, seng ma nach wenn ma gstorbn sen“) oder „Bladl“, eine herzerwärmende Meditation über den nicht ganz so augenfälligen Zusammenhang von Jahreszeitenwechsel und Beziehungsgeschick: „Mei wia mia do steh – jetz is a schee, ohne Bladl aufm Bam, weast seng, kemma wieda welche nauf, ohne dass uns irgendwer braucht…“ Zäune, Mauern, Regeln sind auch nicht so ihres, Kofelgschroa bleiben Verweigerer, nicht aus reinem Trotz oder gar aus Provokation, sondern weil es für sie einfach keinen Sinn macht, Dinge zu tun, die ihnen weder Spass noch Befriedigung bringen. Und wenn dann irgendwann einmal ein Nonbusiness-Slow-Movement-Weekend zu haben ist, welches mit dem Lied „Blume“ beschlossen werden kann – dann, ja dann überlegen wir uns, ob wir nicht doch … nein, besser nicht, wir lassen’s besser wie’s ist. http://www.kofelgschroa.by/

13.11.  Nesselwang, Alpspitzhalle
14.11.  Rattenberg, Burggasthof Neurandsberg
15.11.  Erlangen, E-Werk
26.11.  Peru (Lima), International Highland Music Festival
06.12.  Deggendorf, Café Holler
07.12.  Regensburg, Alte Mälzerei
11.12.  Rosenheim, Asta-Kneipe
12.12.  Gauting, Bosco - Bürger - und Kulturhaus
13.12.  Dorfen, Jakobmayer
14.12.  Traunstein, Festung - Nachholtermin für den 07.11.
21.12.  München, Muffathalle - Releasekonzert (für 02.11. + 06.11.)
28.12.  Moosburg a. d. Isar, Stadthalle

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