Mittwoch, 13. August 2014

Trümmer: Sanfte Revolte

Trümmer
„Trümmer“

(Euphorie)

Gerade ist ja das Blumfeld-Album „L’Etat Et Moi“ volle zwanzig geworden, da darf man erstmal gratulieren. Und danach kann man sich mal fragen, ob es heute noch Bands mit dieser Relevanz gibt, die ein Album machen, das man in zwanzig Jahren immer noch hören kann und will. Und wie um Himmels Willen man das bloß anstellt? Mit Sicherheit sind das alles keine Gedanken, die sich die drei Jungs von Trümmer aus Hamburg gemacht haben, auch wenn wir mal davon ausgehen wollen, dass ihnen Distelmeyer und Co. nicht unbekannt sind. Denn die drei goldenen Regeln für das angerissene Problem heißt ja wohl: Denk nicht darüber nach, was das für die Folgejahre bringen wird. Mach einfach los. Aber mach es gut. Und Paul Pötsch, Tammo Kasper und Maximilian Fenski haben es gut gemacht. Sie zählen zur Generation der jungen Zweisilbenbands – Trümmer, Zucker, Messer, kurz und prägnant soll es sein, gerne laut, Rock’n Rotzig eben.

Wobei die drei Hamburger zumeist einen eher melodischen, dramatischen Stil pflegen, das was kracht, stellen sie ins dritte Viertel ihres Debüts – “Der Saboteur”, “Straßen voller Schmutz” und “Scheinbar” quengeln und zetern ordentlich, das grimmig Unterbewusste bricht sich Bahn durch die Leichenstadt, mal schleichend, mal ungezügelt und wild. Grundsätzlich verhandeln Trümmer auf der Platte die Jugend, ihr Privileg, “vor uns liegt immer noch mehr als hinter uns” heißt es in “Schutt und Asche”, ob das nun von Vor- oder Nachteil ist, kann ihnen allerdings keiner so recht sagen – ein Song in bester Manic-Street-Preachers-Manier. Markige Worte überall zwischen Fatalismus und jugendlichem Zorn, wie auch schon bei den Stuttgartern Die Nerven sieht/hört man auch die Trümmer ratlos – “ja ich weiß, alles wird zugrunde gehen, nein, ich habe damit gar kein Problem” (“Nostalgie”), schon lange zählt der gelebte Augenblick mehr als die clevere Zukunftsplanung.

Wunderbar, wie sie sich den Überschwang, die Euphorie herbeiwünschen und die Tristesse beklagen – für “Wo ist die Euphorie” haben sie den New Yorkern von Interpol ganz genau ins Songbook geschaut, das Stück funkelt herrlich traurig in der grautrüben Nacht. An anderer Stelle lassen sie sich zu einem trotzigen Traum hinreißen, auch das ist ihr gutes Recht: “Wir sind nicht brav, sondern schlimmer, wir werden nicht alt, sondern bleiben so für immer”, wer hat das nicht auch schon gehofft… Zweckoptimismus gibt es trotzdem keinen, das wäre zu billig, eher etwas Melancholie und – in schöner Tradition – eine Prise Lindenbergscher Poesie, “Pappillon” klingt manchmal so schief und unbeholfen, dass es einem ganz schwummerig ums Herz wird. Wie lange sie das durchhalten? Wie das wohl in zwanzig Jahren klingt? Das darf den dreien im Moment wirklich herzlich egal sein.

30.10.  Berlin, Cassiopeia
31.10.  Leipzig, Täubchenthal
01.11.  Hannover, Lux
02.11.  Darmstadt, Goldene Krone
03.11.  Nürnberg, Club Stereo
04.11.  Wien, Rhiz
05.11.  Würzburg, Café Cairo
06.11.  Heidelberg, Häll
07.11.  Köln, King Georg
08.11.  Essen, Hotel Shanghai
09.11.  Hamburg, Molotow Exil
28.11.  Stuttgart, Zwölfzehn

1 Kommentar:

M. Der Schreiberling hat gesagt…

Mensch Alter: Deine Sprache, Deine Assoziationen. Zucker! Werde die Trümmer in L.e. live testen.