"Big TV"
(Polydor)
So lang scheinen sie nicht her, die Zeiten, als man die White Lies noch freudig als die legitimen Nachfolger der zwischenzeitlich ermatteten Editors begrüßte – „To Lose My Life“, 2009, das ließ sich gut an. Doch nun: vorbei. Die vier Jahre fühlen sich mittlerweile an wie eine halbe Ewigkeit und man weiß jetzt, dass die Zeiteinheit, in welcher die Killers ihren Karren in den Graben gefahren haben, nicht mehr das Maß der Dinge ist – die White Lies haben das deutlich schneller geschafft. Denn was noch als hoffnungsvolle Mischung aus schattigem Elektrowave und Postpunkanleihen begann, endet spätestens mit dieser neuen, dritten Platte im seichten und uninspirierten 80er-Revival-Whatever-Stadionrocktümpel.
Dem Astronauten auf dem aktuellen Cover geht es offensichtlich nicht anders als dem Betrachter, der hier gleichzeitig auch Zuhörer ist – er schaut ein wenig verschreckt und ängstlich drein, so als wisse er auch nicht so genau, was das jetzt eigentlich solle. Denn wer glaubt, mit dem Eingangsstampfer und Titeltrack „Big TV“ sei das Schlimmste schon verdaut, der wird von den nachfolgenden Stücken eines Schlechteren belehrt: Platte, biedere Konsensbolzen, ähnlich wie bei Hurts wird hier gnaden- und einfallslos in die Breite gearbeitet, Schweinrockriffs rule, oberdrauf reichlich Zuckerguß zu Blaupausengeschwurbel Marke Alphaville und Real Life (und schon das waren nicht gerade die Aushängeschilder der beliehenen Epoche) – traurig.
Immer dann, wenn sich, wie bei „Getting Even“ oder „Be Your Man“, mal ein differenzierter Beat aus dem Einerlei hervorwagt, wird er kurz darauf umgehend verkleistert oder verliert sich in der Beliebigkeit – Spannungsbögen, Abwechslung, Geheimnisvolles womöglich, nichts davon ist auf diesem Album zu hören. Stattdessen die standesgemäße Powerballade für die neueste Feuerzeug-App, mehr ist nicht drin. Wenn Harry McVeigh, noch immer mit einer beeindruckenden Stimme gesegnet, und Kollegen nicht bald in Sachen Kreativität nachlegen, dann könnte dies schon der Abgesang gewesen sein. „I can forgive, we can forget“ heißt es in „Getting Even“, so ganz sicher ist man sich da nicht mehr... http://whitelies.com/
09.11. Köln, LMH
11.11. Frankfurt, Gibson
12.11. München, Theaterfabrik
13.11. Wien, Gasometer
14.11. Zürich, Komplex
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