Donnerstag, 16. Februar 2012

Späte Einsichten

Lambchop „Mr. M“ (Merge)
Eine Zeile, alles drin. Meint man zumindest, wenn Kurt Wagner die ersten Takte der neuen Platte einleutet: „Don’t know what the fuck they’re talking about“ grummelt der Mann aus Nashville aus einer Welt, die nicht von dieser ist, aus einer Zeit, die stehengeblieben scheint, seit Jahren schon. Das elfte Album also. Doch auch wenn man geneigt ist, das Gesamtwerk von Lambchop über die Jahre als warmes und wohltuendes Grundrauschen zu betrachten, so sind doch Änderungen erkennbar: Die gebremste Funkyness der frühen Jahre („Hank“, “Thriller“, “Nixon“,etc.), der Reggae von „Is A Woman“, die abgrundtiefe Düsternis von „Damaged“ – „Mr. M“ fügt dem Ganzen eine neue Variante hinzu. Im Waschzettel des Albums gibt Wagner bekannt: “This is a record of, and about, love and the healing, binding force that it represents. It’s the thing that becomes, more and more, the only thing worth living for as we move on through these years together, not alone“ – love, healing, together?! – der Mann hat sich für seine alten Tage trotz Verbitterung und Sarkasmus offensichtlich noch ein paar Einsichten aufgehoben. Aber nach überstandener Krebs-OP und dem Verlust des engen Freundes Vic Chesnutt, dem diese Platte gewidmet ist, blickt auch Wagner wieder milder in die Zukunft. Und setzt zumindest im ersten Teil von „Mr. M“ die Lebendigkeit fort, die schon auf dem Vorgänger „OH (Ohio)“ zu spüren war – „If Not I’ll Just Die“ swingt noch verhalten, für „2B2“ lassen sich die Jungs dann einige feine Spielereien einfallen – eine knirschende Gitarre, Gesprächsfetzen, alles recht stimmungsvoll arrangiert. Das knapp siebenminütige „Gone Tomorrow“ ist dann wohl das interessanteste, wiewohl auch unentschiedenste Stück des Albums, nach drei beschaulichen Minuten wird zum free-jam geladen, die Streicher wild, das Piano klimpert, geordnetes Durcheinander. Der Rest des Albums inklusive des schönen Titelstücks besteht, ganz ohne Häme, aus grundsoliden, typischen Lambchop-Standards, mal instrumental („Gar“, „Betty‘s Overture“), mal elektrisch verstärkt („Good Life“) und zum Schluß ein paar Takte mit Darling Cortney Tidwell („Never My Love“). Auf die Frage, wie lange er das noch durchhalten wolle, antwortete Wagner dem Guardian: "Realistically in five years I will be 60, or close to it. Is that something someone's gonna want to see or care about?" Nun, ein paar Jährchen dürfen es schon noch sein. http://www.lambchop.net/

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