Dienstag, 28. Februar 2012
Mit der Heidi in die Hölle
Django 3000 “Django 3000” (7daysmusic)
Jedem halbwegs gebildeten Muttersprachler werden ein paar Zeilen aus dem Volkslied „Lustig ist das Zigeunerleben“ geläufig sein – die Sache also mit des Kaisers Zins und dem grünen Wald, dem Hunger und dem Hirschlein – Zeilen, mit denen man heute keinen Menschen mehr hinterm Ofen oder Schreibtisch hervorzuholen vermag. Ob das an der verlogen spießigen Sozialromantik liegt oder an den allzu trägen Schunkelrhythmen – Fakt ist, dass mit „Faria-Faria-Ho“ heute kein Staat mehr zu machen ist, da muss man sich schon etwas cleverer anstellen. Und weil Django 3000 als oberbayerische Zigeunerburschen, bekennende Strizzis und Möchtegernstenze, genau dies machen, ist die Verweildauer bei Liedern wie dem genannten minimal. Ebenso unbegründet die anfängliche Angst, hier reite jemand die Mundartwelle geradewegs in die Studios der Formatsender und ergo ins Grab – sicher ist nach allem Hype etwas mehr Vorsicht angebracht, wenn nun nicht mehr die örtlichen Gäubodenfeste, sondern ganze Almen oder Mehrzweckhallen für die Anhängerschar verbucht werden.
Trotzdem ist, was die vier Jungs da veranstalten, mehrheitlich originell und in höchstem Maße elektrisierend. Die Richtung stecken sie selbst ab – Vogelwildes, Unbehauenes, Heimatverliebtes und allzeit extragroßes Gefühl zwischen Django Reinhardt und Tierpark-Toni. Klischee als jugendliches Vorrecht, das gelebt werden will – na klar: „I bleib mei Lem lang frei, i hob mei Lem lang Zeit fia ois, werds bugglad aufm Weg, muast mittn durche geh. Wer woast wost ois vasammst, wennst steh bleibst und grod drammst“ (Zeit fia ois). Wenn der Kreisel sich dreht, wird mancher Vorbehalt über Bord geworfen und die gefurchte Denkerstirn weicht einem breiten Grinsen – wer möchte nicht lieber mit „Heidi“ eine Runde drehen („Leg Osch danzd de, Harrschaftszeidn!“) oder Tscharlie-gleich in die Kitschsonne reiten („Und koana wird woana um di, doch aufhoidn lasst du di nia“, Django Django). Langes Philosophieren ist ihre Sache nicht („Wo’s schee ist, da bin i“, Südwind) und wenn’s einmal zu Ende geht, dann bitt‘schön statt zum Portner gutgelaunt geradewegs in „d’Höll“ („Kimm no nei! Für di, für di is no a Grillrost frei!“, Da Wuide und da Deife). Die Fiedel weint, der Basskasten hüft und die Gitarren zwirbeln umeinander – schwer wird leicht und selbst aus dem ehemals spaßfreien Besatzerruf „Rucky Werch!“ (Hände hoch!) gelingt der bunt gemischten Truppe ein feines Stück Tanzmusik.
Wenn man von einem Debüt wie diesem behaupten kann, die Band habe eigentlich nichts falsch gemacht, dann ist das einerseits sicher ein willkommenes Kompliment. Andererseits hofft man natürlich auch, dass die vier ein ordentliches Maß der hier vertonten Weltsicht verinnerlicht haben, also Djangos genug sind, um sich die Lässigkeit und den Witz dieser Platte auch für kommende zu bewahren. www.django3000.de
Django 3000 unterwegs (ausgewählt):
13. März München/Ampere
14. März Regensburg/Gloria
17. März Passau/Zeughaus
24. März Augsburg/Kantine
28. März Stuttgart/Kellerklub
21. April Nürnberg/DESI
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