Dienstag, 30. Juni 2009

Gehört_39



Moby "Wait For Me" (edel)
Es gab Zeiten, da galt der Begriff Kaffeehausmusik als ehrenvolle Bezeichnung für die entspannte Untermalung kurzweiliger Gespräche unter gedimmten Lüstern, Musik also, die quasi als akustische Tapete den Menschen unaufdringlich Wohlbefinden suggerieren sollte, anspruchsvoll schon, aber nie anstrengend. Und wer dazu dezent das Tanzbein schwingen wollte, konnte auch das tun – früher. Heutzutage wiederum gilt Kaffeehausmusik eher als grobe Beleidigung, wer also Musik macht, die in Coffeeshops in der Endlosschleife rotiert, wird schnell als untalentiert, überkommerziell und völlig unhip gedisst, last exit Fahrstuhlmuzak also. Langer Rede kurzer Sinn: Es wird nur eine kurze Zeit dauern, bis auch die neue Moby wieder in dieser Schublade steckt, wo auch schon seine früheren Veröffentlichungen gelandet sind. Der Vorwurf, das alles auf „Wait for Me“ sei weder neu, noch einfallsreich, ohne jedwede Überraschung und überhaupt so fürchterlich getragen, angekitscht und deprimierend obendrein, der Vorwurf wird kommen. Stimmt natürlich alles irgendwie und doch ist es egal. Denn auch so eine Platte muß erst mal gemacht sein und Moby wollte ja nach eigenen Aussagen genau diese verhaltenen, umschmeichelnden und plüschigen Klänge haben und die hat er dann auch gut hinbekommen. „Pale Horses“ und „Walk With Me“ sind mit der gebrochenen, lasziven Gospelstimme seltsam anrührend, „Shot In The Back Of The Head“ braucht nur ein verfremdetes Riff, um zu bezaubern und zu „Mistake“ muß man gar nichts weiter sagen – ein perfekter, tieftrauriger Popsong in bester Postpunktradition. Gegen Ende gehen Herrn Moby dann etwas die Ideen aus, etwas knapper hätte er sein Werk da schon fassen können, aber „Isolate“ setzt einen versöhnlichen Schlußpunkt. Also, kein „Play“, deshalb nur 4 von möglichen 5 Sternen. Und wir bestellen uns jetzt – na was, natürlich: Einen Middle Sized Caffé Latte Decaf To Go ...

Montag, 29. Juni 2009

C-Ess-U



Ja, da meint man, mit knapp 40 hätte man schon viel gesehen von der Welt oder, um das Themenfeld etwas enger zu fassen, da ist man mit einer Grafikerin verheiratet und denkt, man weiß wie der Hase läuft in der Werbebranche. Aber weit gefehlt! Als ich vor einiger Zeit an dieser Stelle aus dem wunderbaren Artikel von Edelfeder Kurt Kister über das fabelhafte Wahlplakat von CSU-Supermodel Bernd Posselt zitierte, sah alles danach aus als könne danach Besseres nicht kommen. Doch scheinbar fühlte sich Parteikollege Johannes Singhammer, gesegnet mit dem gleichen Charisma wie Exwirtschaftsminister Glos oder auch zweieinhalb Kilo Sülzwurst, derart herausgefordert, dass er schnurstracks zu seinem PR-Agenten lief und flugs ein weiteres, viel unschlagbareres Plakat für den Münchner Wahlbürger entwerfen lies. Singhammers Idee: Porträttechnisch kann ich den Posselt nicht toppen, aber ich habe einen so klangvollen Namen, da müßte sich doch was mit machen lassen. Und es lies sich ... was mit machen. Und mit dem Ergebnis, seien wir ehrlich, hat er uns im Sack, der Singhammer! A Hund isser scho ...

Mittwoch, 24. Juni 2009

Gefunden_18



So nah hat sich der lange Arm bzw. die linke Gerade des deutschen Feuilletons, also das „Streiflicht“ der Süddeutschen Zeitung noch selten an die Popkultur herangetraut. Eine Institution in der hiesigen Zeitungslandschaft, die den Begriff Zeitgeist fürchtet wie der Teufel (München: Deifi) das Weihwasser, bringt in seinen 72 Zeilen auf einen Schlag die Begriffe „Jamie Hince“, „The Kills“, „Punk“, „Independent“ und „Kate Moss“ unter (nebenbei allerdings auch noch „Ein Prosit der Gemütlichkeit“) – ein Grund, also sich das ganze mal komplett zu gönnen. Ein ungekürztes Zitat ist hier aus presserechtlichen Gründen bekanntlich keine so gute Idee - Dank der Segnungen der modernen Medienlandschaft gibt es solches aber mittlerweile als Audiostream. Also denn: Hereingehört!
Süddeutsche.Audio/Streiflicht

Mittwoch, 17. Juni 2009

Gehört_38



Dinosaur Jr. "Farm" (PIAS)
Traditionell ist der Sommer ja eher arm an umwerfenden Neuveröffentlichungen – wer gut im Geschäft ist, tourt die allseits bekannten Festivals ab, alle anderen sitzen ohne Einladung schmollend im abgedunkelten Zimmer und verfluchen ihre unfähigen Agenten. Nicht so die Mannen um die singende Haargardine J. Mascis. Seit 26 Jahren bringen sie mit kleineren Unterbrechungen eigentlich immer ein und dieselbe Platte heraus. Aber ganz im Gegensatz zu manchem ihrer Kollegen ist man ihnen deshalb überhaupt nicht gram. Denn von Zeit zu Zeit verlangen Herz und Hirn nach festem Halt, nach – Achtung: Silbermondzitat (sic!) – einem kleinen bißchen Sicherheit. Und das heißt hier: verquengeltes Genuschel, minutenlanges Gitarrengeschwurbel, alles so herzlich liebgewonnen in den letzten Jahren. Da kramt man dann versonnen die alten Preziosen wieder aus dem Schrank: Das wunderbare Cure-Cover „Just Like Heaven“ inklusive schmerzlichem Brachialabbruch, das gut siebenminütige „Thumb“ in einer fabelhaften Liveversion, der ebenso gekonnt gecoverte Bowiesong „Quick Sand“ und und und ... Das Gute ist, dass die neuen Sachen keineswegs gegen die alten abfallen. So recht herausheben mag man eigentlich keines der Lieder, „Plans“ ist zum niederknien, das beschwingte „See You“ besticht durch ungewohnte Leichtigkeit, „I Don’t Wanna Go There“ ist allein schon durch seine Länge, aber auch wegen des infernalischen Gitarrensolos rezeptpflichtig. Und das eigentümliche Cover, ach herrje, ich wills doch gar nicht wissen, in wessen geistiger Verirrung das entstanden ist und ob da jemand eine Umdrehung Tolkien zuviel abbekommen hat – egal, man wärmt sich einfach an dieser Reise in frühere Zeiten und schweigt in stiller Andacht.

Dienstag, 16. Juni 2009

Gehört_37



The Gossip "Music For Men" (Sony)
Bei all dem Ballyhoo inklusive szenetypisch enervierendem Begleitpersonal von Zopfhanserl Lagerfeld bis Modelheroin(;-)e Kate Moss ist fast in Vergessenheit geraten, dass Beth Ditto nebst Kombo The Gossip kurz nach der Jahrtausendwende angetreten war, dem arrivierten Schubladendenken der Musikbranche mit ihrem energiegeladenen Mashup von Punk, Soul und Disko mal kräftig in den Arsch zu treten. Und natürlich nimmt sie die Einladung gern an, der nach Hippness lechzenden Prominenz das ach so abgefahrene Role Model zu geben, zeigt sich geschickt mit den richtigen Leuten, trifft mit ihrer Toughness den passenden Ton und spielt die Trumpfkarte Sex in bewundernswert souveräner Weise wo sie nur kann. Und, mein Gott, Kelly Osourne nimmt sich neben ihr förmlich wie ein spätpubertierendes Schulmädchen aus … Also, die Musik – ja, hätte man wie gesagt fast vergessen, dabei ist „Music For Men“ wieder ein unglaublich sattes Album geworden, schier berstend vor Selbstbewußtsein und bestem Songmaterial. Anders als beim rocklastigeren Vorgänger „Standing On The Way Of Control“ weist der Weg beim Nachfolger deutlich mehr in Richtung Disko und auch wenn sich ab und an mal etwas Gleichklang eingeschlichen hat, sind die Songs doch nach wie vor treibende, schwitzende Durchlauferhitzer. Nach den ersten drei brillanten, altbewährten Nummern – grandios „8th Wonder“ – kommt er in Fahrt, der Danceexpress. „Love Long Distance“, „Pop Goes The World“, „Vertical Rhythm“ – durch die Bank auf der Tanzfläche zu Hause, beim Titeltrack gibt’s sogar ein kokettes „Chain, Chain Chain“ obendrauf – Aretha Franklin auf Acid. Auch der Rest wird einfach nicht schlechter, allenfalls etwas gemäßigter. Ganz kurz wird noch mal mit der Gitarre dazwischengehauen, bei „2012“ meint man sogar ein wenig Souxie Sioux durchzuhören, „Spare Me From The Mold“ ist bester Punk. Wer diese Frau übrigens noch nicht live gesehen hat, sollte das dringend nachholen – auch wenn das jetzt wohl nicht mehr ohne störende mediale Nebengeräusche (s.o.) zu haben sein wird. Ach – und übrigens, schöne Grüße an Kollegin Karen O., wenn schon Disko, dann doch bitte so! Ansonsten: Mein Tip - Platte des Jahres.

Montag, 15. Juni 2009

Hören + Sehen



DEPECHE MODE, Olympiastadion München, 13.06.2009
Ob man nun will oder nicht, man kommt nicht umhin, dieses Konzert im Kontext mit der Krankheit Dave Gahans zu betrachten – kaum jemand konnte sich vorstellen, dass die Jungs nach dem zwischenzeitlichen und überraschenden Tourabbruch so schnell auf die Bühne würden zurückkehren können. Und durch diese Brille betrachtet wird daraus eine sehr emotionale, einzigartige Show, die sonst wohl eher als eine von vielen und sicher nicht die beste erschienen wäre.

So aber war die Spannung gleichsam mit Händen zu greifen – können sie die letzten Wochen einfach so wegstecken, würde Dave die Rampensau bleiben, die man im Laufe der Jahre so liebgewonnen hatte? Die Antworten waren dann schnell gegeben – ja, sie haben es offenkundig gut verkraftet und sich ihre Spielfreude sichtlich bewahrt, und ja, Gahan tanzte und wirbelte wieder wie ein Derwisch umher und nur bei den seltenen Großaufnahmen auf den Leinwänden mochte man ein schmaleres, blasseres Gesicht erkennen.

Dass die Band den Anfangsteil ihrer gut zweistündigen Show noch im Tageslicht absolvieren mußte, war sicher gewöhnungsbedürftig, auch die ersten zwei, drei Songs neueren Datums – auf der Platte von unbestrittener Qualität, haben live lange nicht das Potential der älteren Stücke. So war es erst der Stampfer „A Question Of Time“, der die Massen erstmals zur Messe brachte. Danach dann in rasanter Abfolge Höhen und Tiefen aus 30 Jahren Bandgeschichte, optisch gewohnt professionell und beieindruckend mit einer perfekten Videoshow in Szene gesetzt. Klassische Homeruns natürlich „Enjoy the Silence“, „I Feel You“ und „Personal Jesus“, ebenso das dunkle und tiefrote „In Your Room“, ein überraschend frisches „Precious“ und – allein das die knapp 70 Euro wert – die allseits beliebte Kornfeldchoreografie bei „Never Let Me Down Again“. Anderes, langersehntes blieb leider unter den Erwartungen – „Fly On The Windscreen“ ist ein wunderbarer Song, live funktioniert er nur sehr begrenzt. Die zweite aktuelle Single „Peace“ wiederum verlor durch die Visualisierung mittels Holzhammer fast komplett ihren Reiz, „Come Back“ blieb wie schon auf der Platte ein andauerndes Mißverständnis.

Zur Mitte hin holte sich dann auch Mastermind Martin Gore seine kollektive Umarmung vom euphorisierten Publikum ab – neben der schon auf der letzten Tour präsentierten, wunderbar anrühenden Akkustikversion von „Home“ gab es noch den heimlichen Höhepunkt der aktuellen Platte „Jezebel“ als Kraftwerk-Homage obendrauf. Als Zugaben die schon erwähnten Klassiker, dazu ein ärgerlich verhunztes weil zwangsmodernisiertes „Master & Servant“ und ein mediokres „Strangelove“, wo die bayerische Zensurbehörde wieder ganze Arbeit leisten mußte.

Das Fazit kann man natürlich auch gern verkürzen: lieber dunkel als hell, lieber laut als leise, lieber drinnen statt draussen und lieber alt statt neu. Aber so ist das mit Depeche-Mode-Konzerten: Kaum hat man sie erlebt, überhöhen sie sich schon von selbst wenige Stunden nach dem Besuch ins sehnsüchtig rosarote, Enttäuschungen wiegen immer weniger schwer oder, um es mit Gahans einfachen Worten zu sagen: „See’ya next time!“. Na hoffentlich, mein Junge!

Freitag, 5. Juni 2009

Gehört_36



Bei Placebo heißt es aufpassen, die Band um Kajalzwerg Brian Molko hat eine ähnlich fanatische Fanbase wie Muse oder Depeche Mode – nicht ohne Grund hat Molko kürzlich während eines Konzerts herzerweichende Genesungswünsche an den Kollegen Dave Gahan gerichtet – man kann also mit einer einzigen negativen Randnotiz so richtig knietief im Dreck zu stehen kommen. Dem möchte ich natürlich vorbeugen und so gebe ich unumwunden zu, dass Placebo nach ihrem wunderbaren „Black Market Music“, also vor knapp neun Jahren, bei mir so nach und nach vom Radar verschwunden sind. Aber, auch da die Parallele zu Muse, man sollte sie nie aufgeben, den wachsweichen Crowdpleaser, den hymnischen Tearjerker, den kriegen sie allemal noch gezaubert. Beim neuen Album ist das wohl der Titeltrack, „Battle For The Sun“ zwingt sich ins Ohr und will da erst mal nicht mehr raus, ähnliche Wirkung entfalten dann allenfalls noch „Speaking In Tongues“, „The Never-Ending Why“ und das wirklich fabelhafte „Kings Of Medicine“, das dankenswerterweise mal ohne die obligatorische Gitarrenwand auskommt. Der Rest scheint mir mit Verlaub eher bessere Füllware zu sein, durchaus hör- aber eben leider auch schnell austauschbar, die erste Single „For What It’s Worth“ ist richtiggehend ärgerlich und ideenarm. Textlich bewegen sich Placebo wieder auf eher bescheidenem Holzschnittniveau („A heart that hurts is a heart that works“), aber das war wohl bei ihnen noch nie das primäre Qualitätskriterium. Altersmilde gestimmt resümiert der Rezensent: Für eingefleischte Fans dreizehn gute Gründe für den Plattenkauf, den Download oder meinentwegen die Raubkopie – die Konfettikanone lassen wir aber mal für Kommendes ungezündet in der Ecke stehen.

Donnerstag, 4. Juni 2009

Gehört_35



Sonic Youth „The Eternal“ (Matador)
Mit der Selbstbeherrschung ist das so eine Sache, sie läßt sich einfach nur eine begrenzte Zeit aufrecht erhalten, irgendwann erliegt man ganz zwangsweise dem Drang, alle Beschränkungen fallen zu lassen. Das ist menschlich. Und irgendwann ist jetzt. Nach dem Besuch des phänomenalen Konzerts von Sonic Youth im Münchner Haus der Kunst habe ich noch schwer mit den Worten gerungen, um sie nicht ganz so kritiklos und liebedienerisch klingen zu lassen. Damit ist es mit dem neuen Album endgültig vorbei. Diese Platte, das muß einfach raus, ist besser fast nicht hinzubekommen, eine Offenbarung vielleicht, in jedem Falle aber ein perfektes Stück Musik. Sie enthält alle Ingredienzien, die Sonic Youth seit nunmehr 28 Jahren so unverwechselbar machen – und das ist in der heutigen Zeit vielleicht das größte Kompliment, was man einer Band machen kann. Sie klingen nicht „wie“ oder „nach“, sie sind Stil und Original in einem. Rückkopplungsorgien, kantige Breaks, atonale Verzerrungen, herzzerreißende Melodien – alles dabei und von allem genug. „Sacred Trickster“ war als Appetizer in seiner Wucht schon nicht zu verachten, „Anti-Orgasm“ bietet als Duett fast schon schwermetallische Riffs nebst bandtypischem Fadeout, ebenso grandios der Swing von „Malibu Gas Station“, die fast schon befremdliche Harmonie bei „Walking Blue“ und die winzige, augenzwinkernde Drumsession von „What We Know“. Getreu dem Motto „Das Beste zum Schluß“ haben sie mit „Massage The History“ die Essenz ihres Schaffens ans Ende der Platte gelegt, knappe zehn Minuten zwischen Lamm und Biest, zwischen Leere und Lärm, Kim Gordon wimmert waidwund zum Gotterbarmen, der Rest sägt und hämmert die Einrichtung darnieder und am Ende steht wie so oft der atemlose, einzelne Ton als Monument. Ob das nun die Platte für die „Ewigkeit“ ist, müssen andere entscheiden – für den Moment allerdings fällt mir weiß Gott keine Alternative ein. Wollen wir also hoffen, dass die Band dem alterstypischen Greisen-Casting von Rick Rubin so lange wie möglich widerstehen kann. Denn – Herrgott nochmal – wenn diese Welt gerecht ist, dann spielen sie in zwanzig Jahren keine Kammermusik, sondern immer noch diesen genialen Sound. Jawoll.
Komplettstream "The Eternal"

Dienstag, 2. Juni 2009

Gehört_34



Beweisen, nein beweisen muß Herr Osterberg wohl keinem mehr etwas und seit ich weiß, dass er ungefähr so alt ist wie mein Vater und ich ihn leibhaftig habe wüten sehen, hat er auch bei mir so eine Art Freifahrtsschein gezogen. Und trotzdem bleibt nach dem Anhören von „Preliminaires“ zunächst die Frage: Was war jetzt das?! Ein wenig ratlos sitzt man da, schaut mit verhangenem Blick auf diese Miniaturensammlung und nach einiger Zeit schafft man es zumindest zu einem „Respekt, alter Sack!“ Dass der olle Iggy Pop nicht nur das brachiale Brett kann, das wußte man spätestens seit dem wundervollen Soundtrack von Kosturicas „Arizona Dream“, wo er ja schon so manches Wunderwerk mit Goran Bregovic zusammengeklöppelt hatte. Dass er das nun allerdings auf CD-Länge und einem Mehr an Abwechslung auszudehnen vermag ist einigermaßen verwunderlich, hätte man ihm, dem König der altmeisterlichen Punkpose, dem Mann mit der Transparenzhose, dem Berufsberserker wohl nicht zugetraut. Und französisch auch noch. Eingerahmt von zwei geraunten – ja, Chansonversionen Marke Serge Gainsbourg findet sich so allerlei TamTam auf dem Album, Jahrmarktsgetröte, Gitarrenakustik, Pianoklimpern, unterstützt von reichlich Prominenz wie Vanessa Paradis nebst Ehemann Johnny Depp, Chrissie Hynde und, und ... Gut, vieles davon wird nicht übermäßig lange im Gedächtnis bleiben, zu unfertig wirkt es manches Mal, zu oft wird man wieder in eine neue Richtung gestoßen, an die zu gewöhnen so viel Zeit nicht bleibt. Lustigerweise haften die krachigen Sachen wie „Nice To Be Dead“ am wenigsten, gefälliger da schon die zurückgenommenen, dunklen Stücke: herrlich hier „I Want To Go To The Beach“ mit alterweisen Bissen „You can convince the world, that you’re some kind of superstar, well an asshole is what you are, but that’s allright“. Croonend winkt der Meister auch bei „Spanish Coast“ und „How Insensitive“ einen kurzen Gruß an Leonhard Cohen. Und ob man jetzt am Ende den vielzitierten Roman von Houellebecq für’s Verständnis der Platte gelesen haben muß, ist mir ehrlich gesagt piepegal, mir gefällt sie auch so schon ganz gut ...