Mittwoch, 8. Januar 2014

Ja, Panik: Ausweitung der Kampfzone

Ja, Panik
“Libertatia”

(Staatsakt)

Ist’s schon an der Zeit für die erste, trübe Frühjahrsdepression? Neues Jahr begonnen und trotzdem genauso schlecht drauf wie im alten? Den Dauermaulern und Kopfhängern möchte man umgehend das neue Album von Ja, Panik ans furchtsame Herz legen, denn den drei Österreichern gelingt mit “Libertatia” die erste wirklich wundervolle Tanzplatte der Saison. Aufgenommen mit Tobias Levin in Hamburg und Berlin bringen Andreas Spechtl, Sebastian Janata und Stefan Pabst gutgelaunten Schwung in die sonst so ironiefreie Kampfzone, sie laden zur Schaumparty der kosmopolitischen Beiläufigkeit: “Dance the ECB, shake the gouvernement, swing the Staatsfinanzen – zwing sie zum Tanzen”, wann hat man Systemkritik in letzter Zeit so charmant buchstabiert?

Natürlich geht’s nicht ohne Manifest, aber eben kein verbohrt zähneknirschendes, sondern eines mit “Zärtlichkeit”, mit Übermut und dem “Look Of Love”. Einmal mehr präsentieren sich Ja, Panik als feinsinnige Verklausulierer des Guten wie des Schlechten da draußen, sind subversiv mit Vorsatz, weil alles andere zu platt und zu billig wäre. Mit der gewohnten Mixtur aus deutscher und englischer Sprache wird Slogan um Slogan zum melancholischen, aber nicht allzu traurigen Weltbild verwoben, Zitate-Overflow, nur darauf wartend, dass sich Heerscharen von vorbildlich geschulten Kulturwissenschaftlern, Historikern und ehrgeizigen Feuilletonisten daran abarbeiten.

Man liest, weil gegen Recherche ja grundsätzlich nichts einzuwenden ist, über die Reisen der drei, nach Ägypten und in den Sudan für das Goethe-Institut, das schärft die Blicke und rückt gerade. “Libertatia” hat viel mit Bewegung zu tun, weg von allem (“Au Revoir”), auch weg vom Alten (“Eigentlich wissen es alle”), manchmal aufeinander zu (“… weil ich dahin muss wo das herkommt was du hast”, ACAB) oder einfach rundherum in der Welt (“Antananrivo”). Und wie ihre (ja, doch) Brüder im Geiste von Tocotronic dahin wollen, “wo die soft boys wohnen”, bevorzugen auch Ja, Panik das Ungefähre, das Dazwischen, “I want the inbetween girls and boys, living and laughing and lying” (Chain Gang).

Und eben da, im Ungefähren, bleiben auch viele Sachen, kryptisch, witzig – man sollte es mit der Deutung wirklich nicht übertreiben. “We’re not naked, we have the radio on” klingt auch so schon amüsant, und irgendwie auch tröstlich. Eingespielt wurde das Album zu dritt, es ist deshalb, wie zu lesen war, ihr “zweites Erstes” geworden, auf der kommenden Tour werden sie dann zu fünft auf der Bühne stehen und das, wie man hört, sogar mit deutscher Beteiligung. Und Klassenbewußtsein, Kriegskunst und Wahl der Waffen hin oder her, hier werden wohl vernehmlich Körperbeherrschung und Geschmeidigkeit zählen – wohl dem, der sie dann hat, die “Gästelistenplätze auf dem allerbester aller Feste”.

25.01.  Wien, FM4 Geburtstagsfest
04.02.  Hamburg, Uebel & Gefährlich
05.02.  Köln, Gebäude 9
06.02.  Frankfurt, Zoom
07.02.  Stuttgart, Keller Klub
08.02.  Zürich, Stall 6
10.02.  München, Strom
11.02.  Erlangen, E-Werk
12.02.  Leipzig, Conne Island
13.02.  Berlin, Lido
20.04.  Dresden, Beatpol
21.04.  Wels, Alter Schlachthof
22.04.  Graz, Bang Bang Club
23.04.  Salzburg, ARGEkultur
24.04.  Innsbruck, Weekender
25.04.  St. Gallen, Palace
26.04.  Heidelberg, Karlstorbahnhof
28.04.  Düsseldorf, Zakk                  
29.04.  Münster, Gleis 22  
30.04.  Bremen, Theater Bremen
02.05.  Rostock, Helgas Stadtpalast

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