Als Hörer empfindet man es ja stets als ungerecht und empörend, wenn die Schöpferinnen oder Schöpfer unserer Lieblingswerke Jahre später abfällig über diese reden, sie als unreif, verzichtbar oder misslungen bezeichnen, also das verunglimpfen, was uns Halt gegeben, durch schwere Zeiten gebracht und dem Leben einen Sinn gegeben hat. Und doch dürfen sie das, wollten wir es ihnen denn verbieten? Wie aber damit umgehen, wenn schon vor der Veröffentlichung zu lesen ist: "Ich finde das Album, so wie es jetzt geworden ist, furchtbar." Rumms. Wenn es nicht Max Rieger, Genius der Stuttgarter Punkband Die Nerven und hochgelobter Produzentenguru (Ilgen Nur, Drangsal, Jungstötter, Karies, Levin Goes Lightly) wäre, der da gesprochen hat, wir würden uns nicht weiter mit solch einem Satz beschäftigen. Doch Rieger nicht ernst zu nehmen, hieße seine bisherige zweifellos großartige Arbeit zu negieren, deshalb werden wir also das dritte Album, welcher er unter seinem Pseudonym all diese gewalt am 6. November bei Glitterhouse Records veröffentlicht, um so begieriger hören wollen, um herauszufinden, was ihn zu solchem Selbstzweifel trieb. Bei Rieger weiß man ja zum Glück nie so genau, was einen erwartet, auch die beiden vorangegangenen Alben "Kein Punkt wird mehr fixiert" (2014) und "Welt in Klammern" (2016) waren Wundertüten im besten Sinne. Der Titeltrack nun zu "ANDERE" kommt mit sphärischen, dramatischen Klängen, klaren und dennoch rätselhaften Worten und einem Video von Nicolas Ohnesorge und David Spaeth zusammen mit Schauspielerin Luzia Oppermann. Etwas hat Rieger im Übrigen noch ergänzt zu seinem obigen Statement: "Vielleicht finde ich es deshalb furchtbar, weil ich in diesem langen Entstehungsprozess nicht mit mir im Reinen war. Jetzt ist es schmerzlich, genau das zu hören." Macht die Sache nur noch spannender...
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