Die Nachrichtenlage ist einigermaßen schwammig, man muss deshalb vorsichtig sein mit allzu vollmundigen Ankündigungen: Fakt ist, dass das Musikportal CLASH einen neuen Titel namens "Get Some" der kalifornischen Psychrock-Ikonen The Brian Jonestown Massacre verlinkt hat. Feiner Stoff, das ist schon mal klar, ob das Stück eventuell zu einer Platte gehört, die unter "Mini Album Thingy Wingy" am 13. November erscheinen soll oder ob das alles nur Mumpitz ist - egal, das Stück ist im Kasten und gesichert. Komme was wolle.
Mittwoch, 30. September 2015
Two Cartoons: Gut gemeint
Unwiderstehlichen und höchst tanzbaren Rock gibt es zu späterer Stunde vom englisch-neuseeländischen Trio Two Cartoons: Die drei jungen Männer haben sich ein paar Gedanken zu den unangenehmen Umtrieben männlicher Artgenossen auf der Suche nach ausgelassener Wochenendunterhaltung gemacht - herausgekommen ist mit "Males" ein richtiger Crowdpleaser - wenn das mal nicht nach hinten losgeht ...
Refugees Welcome: München sagt Danke! [Update]
Na, ein paar Besucher mehr können da nicht schaden: Die Stadt München gab heute laut Internetportal Mucbook bekannt, dass sie das am Sonntag, den 11. Oktober 2015 stattfindende Benefizkonzert zur Würdigung aller ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen für durchreisende Flüchtlinge der letzten Wochen großzügig unterstützen wird - die ursprüngliche Idee zur Veranstaltung kommt von der Initiative Bellevue di Monaco und den Sportfreunden Stiller. Alle Künstler treten ohne Gage auf, moderieren wird den Abend Yoko Winterscheidt - Start ist um 17:30 Uhr am Odeonsplatz, Eintritt frei. Hier die bisherige Teilnehmerliste:
Sportfreunde Stiller, The Notwist, BAP-Sänger Wolfgang Niedecken, Blumentopf, Wanda, Fiva, DONOTS, Judith Holofernes, Dreiviertelblut, Michael Mittermaier, Roger & Schu, Fettes Brot
Update: Auch Herbert Grönemeyer wird nun dabei sein, der Veranstaltungsort ist allerdings vom Odeons- an den Königsplatz verlegt worden.
Sportfreunde Stiller, The Notwist, BAP-Sänger Wolfgang Niedecken, Blumentopf, Wanda, Fiva, DONOTS, Judith Holofernes, Dreiviertelblut, Michael Mittermaier, Roger & Schu, Fettes Brot
Update: Auch Herbert Grönemeyer wird nun dabei sein, der Veranstaltungsort ist allerdings vom Odeons- an den Königsplatz verlegt worden.
The Muscadettes: Mit der Zeitmaschine
Tanzbar Poppiges, direkt via Zeitmaschine aus den 60ern ins Jetzt gebeamt, präsentieren The Muscadettes, ein Duo aus Montreal. Nach dem Erfolg ihrer EP "Side A" kommt nun, wie könnte es anders sein, "Side B" in den Handel - die Leadsingle "Earthquake" hier schon mal geteilt und dazu noch zum Vergleich "Pearl And Oyster" vom vorangegangenen Kleinformat.
Daughter: Wieder was Eigenes
Die letzte Meldung zu Daughter stammt vom Ende des vergangenen Jahres, da hatten die drei in gegenseitigem Einvernehmen mit Warpaint eine Art Remix-Vereinbarung getroffen, die Ergebnisse waren wie erwartet sehr hörenswert. Anfang 2016 wird die Band aus dem Londoner Norden aber wieder mit eigenen Stücken verzaubern - dann nämlich ist ihr zweites Album "Not To Disappear" (Artwork oben) angekündigt. Die erste Single daraus nennt sich "Doing The Right Thing" und bei Dooloop kann man schon mal den Clip dazu bestaunen.
New Lovers: Vorbote
Der Track ist zwar schon eine Weile unterwegs, wir wollen ihn trotzdem mal erwähnt haben: Die australische Post-Punk-Band New Lovers sitzt schon geraume Zeit an den Plänen für ein neues Album - wann genau das soweit sein wird, ist noch unklar, dass das Material durchaus hörenswert sein könnte, beweist die aktuelle Single "Fatal Shore". Wer sich weiterbilden möchte, kann gern auch noch bei Soundcloud stöbern.
Dienstag, 29. September 2015
The Chills: Nun also doch
Aus lauter Freude einer Falschmeldung aufgesessen - das kann schon mal passieren: Im vergangenen Jahr hatten wir hier aus Anlass der Veröffentlichung des Songs "Molten Gold" von The Chills gleich weitergekabelt, dem wäre ein Album mit dem Namen "Somewhere Beautiful" vorausgegangen. War es aber nicht - der Track blieb lange Zeit allein auf weiter Flur, nun aber verdichten sich die Meldungen, dass mit "Silver Bullets" doch noch ein Longplayer der Australier zu erwarten ist. Am 30. Oktober soll er bei Fire Records endlich erscheinen, ganze neunzehn Jahre nach "Sunburnt" - mit "America Says Hello" und "Warm Waveform" gibt es zwei feine Arbeitsnachweise. Und "Molten Gold" hat laut Pitchfork auch eine Heimat gefunden...
Guy Garvey: Was andere können...
Klingt ganz so, als hätten da zwei etwas gemeinsam: Gerade erst hat Matt Berninger (The National) mit seinem neuen Projekt EL VY erstaunlich funkige Töne angeschlagen, da kommt auch der zweite Obergrübler, Elbow-Sänger Guy Garvey solo mit gänzlich neuen Klängen daher. Zumindest gilt das für die aktuelle Single "Angela's Eyes", die es hier mit Video vorzuführen gilt - das dazugehörige Album "Courting The Squall" kommt dann am 30. Oktober.
The Dead Weather: Lob der Unzufriedenheit
The Dead Weather
„Dodge And Burn“
(Third Man Records)
Wer ebenfalls zu den Menschen gehört, die sich fragen, warum Sturmtiefs hierzulande meistenteils mit weiblichen Vornamen ausgestattet werden, für den haben wir eine mögliche Erklärung parat: Denn es gibt wohl kaum ein schlechtgelaunteres Unwetter als Alison Mosshart (“I hate sunshine so much, the sun gives you cancer“, Evening Standard) – die Frau also, die zusammen mit Jamie Hince bei The Kills ihrem Brotjob nachgeht und in unregelmäßigen Abständen Jack White’s elektrischem Psychobluesrock ihre trotzige Stimme leiht. Und zwar so fabelhaft, dass die White Stripes und die Raconteurs nur mehr noch als mattes Irrlicht am Horizont auftauchen. Zum dritten Mal nach “Horehound” und “Sea Of Cowards” haben White, Mosshart, Fertita und Lawrence also ihre Windmaschine an den Starkstrom angeschlossen, es knattert und knirscht ganz wunderbar auf “Dodge And Burn” und gibt somit überhaupt keinen Anlaß, an der miesen Stimmung der Truppe irgendetwas ändern zu wollen. Beschwichtigungsversuche würden vermutlich ohnehin nicht viel helfen, wenn Madame Mosshart schon die Hilfe von ganz droben rundweg ablehnt (“Oh Lord, forget about me … I got no minds for you, I will not please…”/Buzzkiller), sie scheint sich in der Rolle des maskulinen Bösewichts sehr wohl zu fühlen: “Boom, boom, boom – I’m a bad man!” Ein Krachen und Klirren und Scheppern an jeder Ecke, kaum jemals besser gehört als bei “Let Me Through”, “Be Still” oder “Too Bad”, Jack White gibt sich, auch wenn man's angesichts des ohrenbetäubenden Geschrammels kaum glauben mag, mit dem Platz hinterm Schlagzeug und ein paar Gastauftritten am Mikro zufrieden. Einzige Ausnahme “Three Dollar Hat”, bei dem er sich mit Mosshart den Gesang teilt, wobei White seinerseits die Grenzen zwischen helltönendem Geschrei und überdrehtem Rap gewohnt fließend hält. Es ist am Ende die erwartbare = erhoffte Rumpel-Scheibe geworden; ob der Bassist nun einen Finger mehr hat oder die Mosshart zum Schluss glaubt, sich noch eine Partie Piano (!) und Streicher (!!) gönnen zu müssen ("Impossible Winner") – wen interessiert’s? Besser noch einen ordentlichen Flachwitz am Ende zur Stimmungsaufhellung: Donnerwetter! http://www.thedeadweather.com/
„Dodge And Burn“
(Third Man Records)
Wer ebenfalls zu den Menschen gehört, die sich fragen, warum Sturmtiefs hierzulande meistenteils mit weiblichen Vornamen ausgestattet werden, für den haben wir eine mögliche Erklärung parat: Denn es gibt wohl kaum ein schlechtgelaunteres Unwetter als Alison Mosshart (“I hate sunshine so much, the sun gives you cancer“, Evening Standard) – die Frau also, die zusammen mit Jamie Hince bei The Kills ihrem Brotjob nachgeht und in unregelmäßigen Abständen Jack White’s elektrischem Psychobluesrock ihre trotzige Stimme leiht. Und zwar so fabelhaft, dass die White Stripes und die Raconteurs nur mehr noch als mattes Irrlicht am Horizont auftauchen. Zum dritten Mal nach “Horehound” und “Sea Of Cowards” haben White, Mosshart, Fertita und Lawrence also ihre Windmaschine an den Starkstrom angeschlossen, es knattert und knirscht ganz wunderbar auf “Dodge And Burn” und gibt somit überhaupt keinen Anlaß, an der miesen Stimmung der Truppe irgendetwas ändern zu wollen. Beschwichtigungsversuche würden vermutlich ohnehin nicht viel helfen, wenn Madame Mosshart schon die Hilfe von ganz droben rundweg ablehnt (“Oh Lord, forget about me … I got no minds for you, I will not please…”/Buzzkiller), sie scheint sich in der Rolle des maskulinen Bösewichts sehr wohl zu fühlen: “Boom, boom, boom – I’m a bad man!” Ein Krachen und Klirren und Scheppern an jeder Ecke, kaum jemals besser gehört als bei “Let Me Through”, “Be Still” oder “Too Bad”, Jack White gibt sich, auch wenn man's angesichts des ohrenbetäubenden Geschrammels kaum glauben mag, mit dem Platz hinterm Schlagzeug und ein paar Gastauftritten am Mikro zufrieden. Einzige Ausnahme “Three Dollar Hat”, bei dem er sich mit Mosshart den Gesang teilt, wobei White seinerseits die Grenzen zwischen helltönendem Geschrei und überdrehtem Rap gewohnt fließend hält. Es ist am Ende die erwartbare = erhoffte Rumpel-Scheibe geworden; ob der Bassist nun einen Finger mehr hat oder die Mosshart zum Schluss glaubt, sich noch eine Partie Piano (!) und Streicher (!!) gönnen zu müssen ("Impossible Winner") – wen interessiert’s? Besser noch einen ordentlichen Flachwitz am Ende zur Stimmungsaufhellung: Donnerwetter! http://www.thedeadweather.com/
Starling: Noch nicht genug
Erfreulicherweise werden es also langsam ein paar Songs mehr: Starling, die bezaubernde junge Dame aus London, hat nun ihren letzten Stücken "Take It Down" und "Misfit" das ebenso gelungene "Wild Heart" folgen lassen - immer noch geheimnisvoll und gut genug, um nach mehr zu rufen.
Montag, 28. September 2015
Flies+Flies: Betörend
Ein kleines Highlight in Sachen Synthpop gab es vor ein paar Tagen aus London zu hören: Das Trio Flies+Flies präsentierte da seinen neuesten Track "Bury Your Young" - verdammt eingängig und ähnlich ambitioniert wie "Later On", ein Stück, das im Sommer die Runde machte, beide so gut, dass man nur hoffen kann, bald mehr von den dreien zu hören.
Sonntag, 27. September 2015
Familienalbum # 13: Die Nerven [Update]
Es war schon auf den ersten Blick klar, dass hier ein neues Familienalbum her muss: Die Nerven haben mit dem Cover zu "Out", ihrem bald erscheinenden dritten Album, ein paar Erinnerungen und Assoziationen geweckt. Zuerst natürlich an die Handfetischisten von Spoon, die hier gleich mit zwei Hüllen vertreten sind, dann die wunderbare Fotografie "Hands of the World" von Touhami Ennadre bei Dead Can Dance, Ikonografisches von System Of A Down und den Dead Kennedys. Allzu bekannt, aber nicht so herzeigbar die Verpackungen von Bon Jovi, Chris De Burgh und den Simple Minds - der Rest wie gewohnt von links nach rechts und oben nach unten.
Spoon "They Want My Soul"/"Kill The Moonlight", Argent "Ring Of Hands", Spiritualized "She Kissed Me", Hold Steady "Heaven Is Whenever", Dead Can Dance "Into The Labyrinth", The Hollies "Moving Fingers", The Blackwood Brothers "His Hands", Bumblefoot "Hands", Dean Blunt "Redeemer", The Afghan Whigs "Up In It", System Of A Down "System Of A Down", Godspeed You! Black Emperor "Lift Your Skinny Fists Like Antennas To Heaven", Dead Kennedys "Plastic Surgery Disasters", The Antlers "Hospice", The Script "Science And Faith"
Update: Ein kleiner Nachtrag also noch - das britische Bläserensemble The Haggis Horns, spezialisiert auf Jazz, Funk und Soul, hat schon mit/für Amy Winehouse, Tim Burgess und Lily Allen gespielt und wird im Oktober sein neues Album "What Comes To Mind" veröffentlichen - das Cover passt auf alle Fälle wunderbar zum Thema.
Update: Ein kleiner Nachtrag also noch - das britische Bläserensemble The Haggis Horns, spezialisiert auf Jazz, Funk und Soul, hat schon mit/für Amy Winehouse, Tim Burgess und Lily Allen gespielt und wird im Oktober sein neues Album "What Comes To Mind" veröffentlichen - das Cover passt auf alle Fälle wunderbar zum Thema.
Freitag, 25. September 2015
Ryan Adams: Generationenkitt
Ryan Adams
„1989“
(Pax Am)
Von allen vorangegangenen Versuchen, komplette Alben anderer Künstler neu einzuspielen (und derer gab es nicht wenige, denkt man an Beck vs. Velvet Underground, die Dirty Projectors vs. Black Flag, Camper Van Beethoven vs. Fleetwood Mac und natürlich die irren Aufführungen der Flaming Lips), von allen Versuchen also ist der von Ryan Adams der vielleicht ungewöhnlichste. Zum einen hätte man Berührungspunkte zwischen dem oft genialen, aber zuweilen recht schwierigen Slacker und der Prinzessin Lillifee des Glamourpops nicht unbedingt vermutet, zum anderen ist der unbestrittene Erfolg von Taylor Swifts „1989“ noch ein ganz frischer – das Risiko, sich daran die Hände zu verbrennen und sich lächerlich zu machen, war also kein geringes. Umso erstaunlicher das Ergebnis. Swifts überdrehten Hochglanzsound derart radikal auf den verschlurften Americana-/ Countrysound herunterzubrechen, meistenteils zu reduzieren, gelingt Adams nachgerade meisterhaft und dass dabei der sich schon länger abzeichnenden ‚Springsteenisierung‘ des Songwriters ein paar neue Takte hinzugefügt werden, ist keineswegs störend.
Adams‘ Reduktion und Neufassung, das müssen wohl auch all jene zähnefletschend anerkennen, die das Original-Album bislang ignoriert oder mit der Beißzange angefasst haben, konnte natürlich nur gelingen, weil die meisten Songs in sich stimmig sind und im Kern eine kaum zu leugnende Qualität aufweisen – Melodik, Dramaturgie, Tempi, passt alles, wird nur leider allzu oft überladen und in grellem Quietschbunt präsentiert. Adams dagegen verschafft den Stücken eine eher besinnliche, melancholische Grundstimmung oder rockt sie wie bei „Style“ geradewegs Richtung Hell’s Kitchen. Dass ihm „Bad Blood“ und „Shake It Off“ so entspannt wie charmant von der Hand gehen, nötigt einem schon gehörig Respekt ab, viel mehr aber erstaunt, dass gerade die unscheinbaren Kandidaten des Albums bei Adams eine Aufwertung erfahren. „Out Of The Woods“, „Clear“ und „Wildest Dreams“ bekommen in dieser teilweise doch deutlich abgespeckten Form die nötige Luft zum Atmen und – wenn Adams wie bei „Blank Space“ die Tonart häufiger von Dur zu Moll tauscht – einen ganz eigenen, gefühlvolleren Glanz – und das, obwohl der Mann die Texte bewusst unberührt gelassen hat.
Eine rundum gelungene Sache möchte man also meinen. Selbst Taylor Swift hat im Vorfeld und ebenso nach Erscheinen oft genug betont, wie sehr sie Adams‘ Arbeit schätzt und mit dem für sie wohl doch recht ungewohnten Klang ihrer Stücke zufrieden ist. Daran kann man nur noch einen persönlichen Dank als PS anschließen: Für jemanden, der inständig hofft, dass die eigenen Töchter doch jetzt und zukünftig die musikalische Vorerziehung des Vaters zu schätzen lernen, ist diese Platte nichts anderes als ein großes Glück, weil sie doch zwei grundverschiedene Welten miteinander verbinden kann. Zwar sollte man sich schnellstens von der Illusion lösen, die geduldigen Hinweise im Stile der School Of Rock würden mit demütigem Dank quittiert – auf Erstaunen, vielleicht sogar die eine oder andere interessierte Nachfrage darf man beim Nachwuchs aber schon hoffen. Insofern ist „1989“ in dieser Fassung nicht nur ein ein kleines Wunder, sondern auch ein mögliches Stück Generationenkitt und vertonte Familienzusammenführung. http://paxamrecords.com/
„1989“
(Pax Am)
Von allen vorangegangenen Versuchen, komplette Alben anderer Künstler neu einzuspielen (und derer gab es nicht wenige, denkt man an Beck vs. Velvet Underground, die Dirty Projectors vs. Black Flag, Camper Van Beethoven vs. Fleetwood Mac und natürlich die irren Aufführungen der Flaming Lips), von allen Versuchen also ist der von Ryan Adams der vielleicht ungewöhnlichste. Zum einen hätte man Berührungspunkte zwischen dem oft genialen, aber zuweilen recht schwierigen Slacker und der Prinzessin Lillifee des Glamourpops nicht unbedingt vermutet, zum anderen ist der unbestrittene Erfolg von Taylor Swifts „1989“ noch ein ganz frischer – das Risiko, sich daran die Hände zu verbrennen und sich lächerlich zu machen, war also kein geringes. Umso erstaunlicher das Ergebnis. Swifts überdrehten Hochglanzsound derart radikal auf den verschlurften Americana-/ Countrysound herunterzubrechen, meistenteils zu reduzieren, gelingt Adams nachgerade meisterhaft und dass dabei der sich schon länger abzeichnenden ‚Springsteenisierung‘ des Songwriters ein paar neue Takte hinzugefügt werden, ist keineswegs störend.
Adams‘ Reduktion und Neufassung, das müssen wohl auch all jene zähnefletschend anerkennen, die das Original-Album bislang ignoriert oder mit der Beißzange angefasst haben, konnte natürlich nur gelingen, weil die meisten Songs in sich stimmig sind und im Kern eine kaum zu leugnende Qualität aufweisen – Melodik, Dramaturgie, Tempi, passt alles, wird nur leider allzu oft überladen und in grellem Quietschbunt präsentiert. Adams dagegen verschafft den Stücken eine eher besinnliche, melancholische Grundstimmung oder rockt sie wie bei „Style“ geradewegs Richtung Hell’s Kitchen. Dass ihm „Bad Blood“ und „Shake It Off“ so entspannt wie charmant von der Hand gehen, nötigt einem schon gehörig Respekt ab, viel mehr aber erstaunt, dass gerade die unscheinbaren Kandidaten des Albums bei Adams eine Aufwertung erfahren. „Out Of The Woods“, „Clear“ und „Wildest Dreams“ bekommen in dieser teilweise doch deutlich abgespeckten Form die nötige Luft zum Atmen und – wenn Adams wie bei „Blank Space“ die Tonart häufiger von Dur zu Moll tauscht – einen ganz eigenen, gefühlvolleren Glanz – und das, obwohl der Mann die Texte bewusst unberührt gelassen hat.
Eine rundum gelungene Sache möchte man also meinen. Selbst Taylor Swift hat im Vorfeld und ebenso nach Erscheinen oft genug betont, wie sehr sie Adams‘ Arbeit schätzt und mit dem für sie wohl doch recht ungewohnten Klang ihrer Stücke zufrieden ist. Daran kann man nur noch einen persönlichen Dank als PS anschließen: Für jemanden, der inständig hofft, dass die eigenen Töchter doch jetzt und zukünftig die musikalische Vorerziehung des Vaters zu schätzen lernen, ist diese Platte nichts anderes als ein großes Glück, weil sie doch zwei grundverschiedene Welten miteinander verbinden kann. Zwar sollte man sich schnellstens von der Illusion lösen, die geduldigen Hinweise im Stile der School Of Rock würden mit demütigem Dank quittiert – auf Erstaunen, vielleicht sogar die eine oder andere interessierte Nachfrage darf man beim Nachwuchs aber schon hoffen. Insofern ist „1989“ in dieser Fassung nicht nur ein ein kleines Wunder, sondern auch ein mögliches Stück Generationenkitt und vertonte Familienzusammenführung. http://paxamrecords.com/
Zugezogen Maskulin: Störbilder
Menschen mit Suchtproblemen sollten sich vielleicht überlegen, ob sie sich das neue Video von Zugezogen Maskulin antun wollen (obwohl Menschen ohne Suchtprobleme genaugenommen ähnlich arme Schweine sind). "Grauweißer Rauch" stammt vom immer noch maximal guten Album "Alles Brennt" - zum Single-Release gehören im Übrigen auch noch drei Remixe von Bandbuddy Kenji451, Dead Rabbit und Zimmermann. Und wer die beiden Jungs bislang noch nicht live sehen konnte, bekommt ab Anfang Oktober seine zweite Chance.
08.10. Würzburg, B-Hof
09.10. Augsburg, Kantine
10.10. Wien, Flex Café
11.10. Graz, PPC Bar
13.10. Heidelberg, Karlstorbahnhof
14.10. Wiesbaden, Schlachthof
15.10. Freiburg, Schmitz
16.10. Trier, ExHaus
17.10. Duisburg, Grammatikoff
19.10. Düsseldorf, Zakk
20.10. Hannover, Musikzentrum
21.10. Oberhausen, Druckluft
22.10. Oldenburg, Kulturetage
27.10. Dresden, Groove Station
28.10. Cottbus, Glad House
29.10. Rostock, Peter-Weiss-Haus
30.10. Berlin, So36
08.10. Würzburg, B-Hof
09.10. Augsburg, Kantine
10.10. Wien, Flex Café
11.10. Graz, PPC Bar
13.10. Heidelberg, Karlstorbahnhof
14.10. Wiesbaden, Schlachthof
15.10. Freiburg, Schmitz
16.10. Trier, ExHaus
17.10. Duisburg, Grammatikoff
19.10. Düsseldorf, Zakk
20.10. Hannover, Musikzentrum
21.10. Oberhausen, Druckluft
22.10. Oldenburg, Kulturetage
27.10. Dresden, Groove Station
28.10. Cottbus, Glad House
29.10. Rostock, Peter-Weiss-Haus
30.10. Berlin, So36
Wanda: Traurige Gespenster
"Leider sind wir beide unserem Wesen nach Gespenster, traurige Gespenster, weiße Kirchenfenster. Hin und wieder stehen wir uns nah. Genauso wie die Flaschen von gestern, meine beiden Schwestern, ich schau dich gern von rechts an. Hin und wieder stehen wir uns nah."
Was da so schön zwischentönig und anzüglich daherkommt, stammt natürlich aus Wien, von Wanda und aus der zweiten Single - nach "Bussi Baby" nun "Meine beiden Schwestern", hier auch als Premierenclip, Album "Bussi" folgt dann nächste Woche. Endlich.
Was da so schön zwischentönig und anzüglich daherkommt, stammt natürlich aus Wien, von Wanda und aus der zweiten Single - nach "Bussi Baby" nun "Meine beiden Schwestern", hier auch als Premierenclip, Album "Bussi" folgt dann nächste Woche. Endlich.
Donnerstag, 24. September 2015
The Dead Weather: Kurz vor knapp
Morgen ist es also draußen, das neue Album und wer den aktuellen Song "Be Still" hört und das Video dazu sieht, der kann die ganze Aufregung um die Platte sicher gut verstehen - "Dodge And Burn" bringt Jack White, Alison Mosshart und The Dead Weather zurück ins Rampenlicht, man hat sie schmerzlich vermisst.
T.O: Viele Gesichter
Die Vorstellungsrunde hat der französische Musiker Théophile Aries alias T.O, jetzt wohnhaft in Berlin, vor Ort bereits absolviert, wir können also Taten - hier: Musik - für ihn sprechen lassen. Denn der Junge hat gerade einen neuen standalone-track Song mit Namen "The Bunker" eingespielt und der ist ihm wieder sehr gut gelungen. Deutlich elektronischer als die Vorgänger, wandelt das Stück in den sieben Minuten mehrfach sein Gesicht und bleibt trotzdem spannend.
Chvrches: Bonusrunde
Chvrches
„Every Open Eye“
(Vertigo)
Das Teilnehmerfeld all derer, die sich um das bunte Marktsegment EDM, also Electronic Dance Music, kümmern, seit es wieder zum Trend umgewidmet wurde, ist seit der Veröffentlichung von „The Bones Of What You Believe“, dem Debüt der Chvrches, nicht eben kleiner geworden. Und, wie das oft so ist, leider auch nicht wirklich gehaltvoller. Im Kielwasser des schottischen Trios tummeln sich eben nicht nur Schwergewichte wie Purity Ring, London Grammar und Lorde, sondern auch jede Menge mäßig talentierte Klone, denen die Technik größere Gefallen tut als ihre Stücke Substanz aufzuweisen haben. Man musste deshalb von Lauren Mayberry und ihren beiden Mitstreitern auch keine großartigen Innovationen erwarten – beim zweiten Album sind solcherlei Veränderungen, gerade wenn der Erstling so großen Anklang fand, für die Karriere eher hinderlich und vom Hörer kaum gewünscht. Besitzstandswahrung war also angesagt und genau das ist es auch geworden.
Die Chvrches klingen auf „Every Open Eye“ exakt so wie die Chvrches klingen müssen, wenn sie keine Fehler machen wollen. Himmelstürmende Melodien gibt es im Übermaß, natürlich ebensoviel Melancholie, Herzschmerz, vertonte Allerweltsdramen – angefüttert mit wummernden Beats, vertrackten Loops und Mayberrys manchmal etwas dünner, aber schöner Stimme. Apropos Mayberry: Man weiß ja, dass die Frau, wenn es um die Genderdebatte oder den Feminismus geht, nicht nur eine kompetente, sondern auch sehr hartnäckige und unbequeme Gesprächspartnerin sein kann – es gibt auf „Every Open Eye“ auch Lieder wie „Empty Threat“ oder das fabelhafte „Bury It“, denen eine gewisse Grundaggressivität nicht abzusprechen ist. Das Dilemma allerdings ist, dass der honigsüße Sound nicht ganz dazu passen möchte und dann maximal eine Art Charli-XCX-Variante dabei herauskommt.
Dass sich auch Keyboarder Martin Doherty stimmlich wieder an einem Stück versuchen darf, ist jetzt keine so große Überraschung – „High Enough To Carry You Over“ bleibt aber mangels zündender Momente hinter den anderen Songs etwas zurück. Besser machen es da das titelgebende, kämpferische „Clearest Blue“ und vor allem „Down Side Of Me“, eine wunderbare Synthpop-Nummer mit abgebremstem Tempo, hypnotischem Chorus und einem kleinen, aber gelungenen Ausflug in die Welt von Autotune. Den Abschluß bildet, auch hier folgen die drei ganz brav den allgemeinen Gepflogenheiten, mit „Afterglow“ eine ruhige und tieftraurige Ballade zum Stühlehochstellen: „A lifeline to highs and lows, to seeing the bright side and I should know we wait for the afterglow, to cover the blind side and I should know –I've given up all I can…“ Leise weinend von der Tanzfläche runter, wir haben schon bedeutend Schlimmeres gehört und hier paßt es hin. Für die nächste Runde allerdings sollten sich die Chvrches etwas überlegen, auf Dauer braucht auch dieser Sound ein paar frische Ideen. http://www.chvrch.es/
12.11. Hamburg, Docks
Der komplette Albumstream zu "Every Open Eye" findet sich momentan u.a. bei NPR.
„Every Open Eye“
(Vertigo)
Das Teilnehmerfeld all derer, die sich um das bunte Marktsegment EDM, also Electronic Dance Music, kümmern, seit es wieder zum Trend umgewidmet wurde, ist seit der Veröffentlichung von „The Bones Of What You Believe“, dem Debüt der Chvrches, nicht eben kleiner geworden. Und, wie das oft so ist, leider auch nicht wirklich gehaltvoller. Im Kielwasser des schottischen Trios tummeln sich eben nicht nur Schwergewichte wie Purity Ring, London Grammar und Lorde, sondern auch jede Menge mäßig talentierte Klone, denen die Technik größere Gefallen tut als ihre Stücke Substanz aufzuweisen haben. Man musste deshalb von Lauren Mayberry und ihren beiden Mitstreitern auch keine großartigen Innovationen erwarten – beim zweiten Album sind solcherlei Veränderungen, gerade wenn der Erstling so großen Anklang fand, für die Karriere eher hinderlich und vom Hörer kaum gewünscht. Besitzstandswahrung war also angesagt und genau das ist es auch geworden.
Die Chvrches klingen auf „Every Open Eye“ exakt so wie die Chvrches klingen müssen, wenn sie keine Fehler machen wollen. Himmelstürmende Melodien gibt es im Übermaß, natürlich ebensoviel Melancholie, Herzschmerz, vertonte Allerweltsdramen – angefüttert mit wummernden Beats, vertrackten Loops und Mayberrys manchmal etwas dünner, aber schöner Stimme. Apropos Mayberry: Man weiß ja, dass die Frau, wenn es um die Genderdebatte oder den Feminismus geht, nicht nur eine kompetente, sondern auch sehr hartnäckige und unbequeme Gesprächspartnerin sein kann – es gibt auf „Every Open Eye“ auch Lieder wie „Empty Threat“ oder das fabelhafte „Bury It“, denen eine gewisse Grundaggressivität nicht abzusprechen ist. Das Dilemma allerdings ist, dass der honigsüße Sound nicht ganz dazu passen möchte und dann maximal eine Art Charli-XCX-Variante dabei herauskommt.
Dass sich auch Keyboarder Martin Doherty stimmlich wieder an einem Stück versuchen darf, ist jetzt keine so große Überraschung – „High Enough To Carry You Over“ bleibt aber mangels zündender Momente hinter den anderen Songs etwas zurück. Besser machen es da das titelgebende, kämpferische „Clearest Blue“ und vor allem „Down Side Of Me“, eine wunderbare Synthpop-Nummer mit abgebremstem Tempo, hypnotischem Chorus und einem kleinen, aber gelungenen Ausflug in die Welt von Autotune. Den Abschluß bildet, auch hier folgen die drei ganz brav den allgemeinen Gepflogenheiten, mit „Afterglow“ eine ruhige und tieftraurige Ballade zum Stühlehochstellen: „A lifeline to highs and lows, to seeing the bright side and I should know we wait for the afterglow, to cover the blind side and I should know –I've given up all I can…“ Leise weinend von der Tanzfläche runter, wir haben schon bedeutend Schlimmeres gehört und hier paßt es hin. Für die nächste Runde allerdings sollten sich die Chvrches etwas überlegen, auf Dauer braucht auch dieser Sound ein paar frische Ideen. http://www.chvrch.es/
12.11. Hamburg, Docks
Der komplette Albumstream zu "Every Open Eye" findet sich momentan u.a. bei NPR.
Liu Bei: Leise Erinnerung
Große Gefühle in leise Lieder zu packen ist immer wieder ein Drahtseilakt. Das gilt im Übrigen so ähnlich auch für den Film, soll heißen, große Gefühle mittels sparsamer Gesten zu transportieren gelingt nur nur wenigen. Einer, der das und vieles andere geschafft hat, war Philip Seymor Hoffman, der 2014 mit einer Überdosis diverser Betäubungsmittel tot in seinem Appartment aufgefunden wurde. Ein Verlust, den auch Richard Walters schwer verwinden konnte - Walters spielt zusammen mit Patrick James Pearson in der Londoner Band Liu Bei und gemeinsam haben die beiden gerade eine Doppel-Single aufgelegt, die neben dem Song "Mind Over Matter" auch das herzerwärmende Erinnerungsstück "Philip Seymor Hoffman" enthält. Walters dazu bei DIY: “When he died I was genuinely broken by it, it felt like such an
unexpected loss…the chorus line was originally me jokingly asking who’s
going to play me in the big Oliver Stone biopic of my life, but then
just became about him…who the fuck is going to play Philip Seymour
Hoffman?” Durchaus eine berechtigte Frage.
Andreas Spechtl: Erinnerungshilfe
„Germans, they get dangerous after dark, so watch out in Dresden, München, Berlin, after dark“ - Worte, die an Bedeutung nichts verloren haben, vor allem nicht in den letzten Wochen. Der Schöpfer dieser Zeilen ist Andreas Spechtl, Sänger von Ja, Panik und in diesem Jahr mit seiner ersten Soloplatte "Sleep" unterwegs. Und weil der Song "After Dark" durch die politischen Geschehnisse hierzulande eben aufgeladen bleibt, widmen Spechtl und Filmemacher Manuel Gehrke den Videoclip aktuell dem Philosophen Walter Benjamin, der sich 1940 auf der Flucht vor den Nazis das Leben nahm.
Spirit Animal: Lockermachen
So, beginnen wir diesen Tag mal mit ein paar Lockerungsübungen: Spirit Animal kommen aus dem umtriebigen New York, genauer Brooklyn, und haben gerade ihre neue Single "Regular World" im Angebot - klassisch funkiger Crossover mit fettem Bass, Gitarrenkrach und ordentlich zackigen Lyrics - wir denken: So kann aus dem Tag was werden. Das Album "World War IV" kommt dann am 30. Oktober.
Mittwoch, 23. September 2015
New Order: Freischwimmer
New Order
„Music Complete“
(Mute Records)
Ganz ehrlich: Die Messer waren gewetzt, die Hinrichtung schon vorbereitet. Einstieg über das klassische Odd-Couple-Zerwürfnis (Waters/Gilmour, Collins/Gabriel, Townshend/Daltrey waren notiert), da hätten Hook und Sumner mit ihren kindischen Sandkastenstreitereien wunderbar hineingepaßt und nach der Veröffentlichung der ersten Single “Restless”, die nun wirklich eine ziemlich schwache Nummer abgab, war die Richtung klar und das Urteil gesprochen. Nun wird man von älteren Herren und Damen in dieser Branche, nimmt man Johnny Cash, Leonhard Cohen und Marianne Faithfull mal beiseite, nicht oft überrascht, in diesem speziellen Fall muss man allerdings unumwunden der Wortmeldung von Barry Walters aus dem amerikanischen Rolling Stone folgen, der da schrieb: "Just as [Ian] Curtis' suicide inspired his bandmates to reinvent themselves as New Order in 1980, Hook's departure frees them to create their most varied and substantial work in decades", Ansage – Punkt.
Und das ist nicht übertrieben: Man hat tatsächlich den Eindruck, Sumner und Kollegen hätten sich auf dem ersten Album der Post-Hook-Ära seit langem mal wieder richtig freischwimmen, austoben können, mit einem neuen Bassisten an Bord (Tom Chapman) und der Wiedergängerin Gillian Gilbert haben die fünf lustvoll gegen jede Erwartung gearbeitet und dabei ein Meisterstück abgeliefert. Was gibt es nicht alles zu hören: schiefen, schlierigen Synthrock (“Singularity”), ganze drei Stücke mit Elly Jackson aka. La Roux, von denen das pumpende “Plastic” das stringenteste und der Moroder-Glampop von “Tutti Frutti” das überraschendste ist. Gutgelaunten Diskofunk (der mit Hook so ganz sicher nicht funktioniert hätte), wilden Stilmix samt eigenwilliger Percussions und dem Gegrummel von Iggy Pop (“Stray Dog”), die Streicher werden, nicht gerade zimperlich, bis hin zu Rondo Veneziano verbaut und wenn dann ein paar Gitarren erklingen, dann schimmern und schillern diese Hooks (ist das so noch politisch korrekt?!) auf allerschönste Weise.
Natürlich gibt es auch Reminiszenzen und Grüße an die eigene Vergangenheit, als der Sound von New Order, das darf man ohne Wehmut sagen, noch ein unverwechselbarer, identitätsstiftender war. Gerade in “Academic” und “Nothing But A Fool” werden die Nostalgiker einiges wiedererkennen, was vieler Menschen Jugend als Soundtrack begleitet hat – ein paar melancholische Schleifen, angeschlagene Akkorde aus dem Retrobaukasten, sparsam eingesetzt und doch immer noch für die eine oder andere Erinnerung gut. Dass sie das Ganze kaum noch für sich allein stehen lassen, sondern mit Psychrock oder gar krassem Techno (“Unlearn This Hatred“) versetzen, spricht für Mut, Innovationsgeist und den unbedingten Willen, keinesfalls in allzu rückwärtsgewandte Verhaltensmuster zu fallen. Ob’s dafür noch den leicht süßlichen Kehraus mit Brendan Flowers und obendrauf ein Glockenspiel gebraucht hätte, nun gut – unterm Strich bleibt es trotzdem ein im besten Sinne verrücktes Album, zur Ruhe legen können sich gern die anderen. http://www.neworder.com/newordernow
11.11. Berlin, Tempodrom
Und dennoch zwei aktuelle Mixe der ersten Single "Restless":
„Music Complete“
(Mute Records)
Ganz ehrlich: Die Messer waren gewetzt, die Hinrichtung schon vorbereitet. Einstieg über das klassische Odd-Couple-Zerwürfnis (Waters/Gilmour, Collins/Gabriel, Townshend/Daltrey waren notiert), da hätten Hook und Sumner mit ihren kindischen Sandkastenstreitereien wunderbar hineingepaßt und nach der Veröffentlichung der ersten Single “Restless”, die nun wirklich eine ziemlich schwache Nummer abgab, war die Richtung klar und das Urteil gesprochen. Nun wird man von älteren Herren und Damen in dieser Branche, nimmt man Johnny Cash, Leonhard Cohen und Marianne Faithfull mal beiseite, nicht oft überrascht, in diesem speziellen Fall muss man allerdings unumwunden der Wortmeldung von Barry Walters aus dem amerikanischen Rolling Stone folgen, der da schrieb: "Just as [Ian] Curtis' suicide inspired his bandmates to reinvent themselves as New Order in 1980, Hook's departure frees them to create their most varied and substantial work in decades", Ansage – Punkt.
Und das ist nicht übertrieben: Man hat tatsächlich den Eindruck, Sumner und Kollegen hätten sich auf dem ersten Album der Post-Hook-Ära seit langem mal wieder richtig freischwimmen, austoben können, mit einem neuen Bassisten an Bord (Tom Chapman) und der Wiedergängerin Gillian Gilbert haben die fünf lustvoll gegen jede Erwartung gearbeitet und dabei ein Meisterstück abgeliefert. Was gibt es nicht alles zu hören: schiefen, schlierigen Synthrock (“Singularity”), ganze drei Stücke mit Elly Jackson aka. La Roux, von denen das pumpende “Plastic” das stringenteste und der Moroder-Glampop von “Tutti Frutti” das überraschendste ist. Gutgelaunten Diskofunk (der mit Hook so ganz sicher nicht funktioniert hätte), wilden Stilmix samt eigenwilliger Percussions und dem Gegrummel von Iggy Pop (“Stray Dog”), die Streicher werden, nicht gerade zimperlich, bis hin zu Rondo Veneziano verbaut und wenn dann ein paar Gitarren erklingen, dann schimmern und schillern diese Hooks (ist das so noch politisch korrekt?!) auf allerschönste Weise.
Natürlich gibt es auch Reminiszenzen und Grüße an die eigene Vergangenheit, als der Sound von New Order, das darf man ohne Wehmut sagen, noch ein unverwechselbarer, identitätsstiftender war. Gerade in “Academic” und “Nothing But A Fool” werden die Nostalgiker einiges wiedererkennen, was vieler Menschen Jugend als Soundtrack begleitet hat – ein paar melancholische Schleifen, angeschlagene Akkorde aus dem Retrobaukasten, sparsam eingesetzt und doch immer noch für die eine oder andere Erinnerung gut. Dass sie das Ganze kaum noch für sich allein stehen lassen, sondern mit Psychrock oder gar krassem Techno (“Unlearn This Hatred“) versetzen, spricht für Mut, Innovationsgeist und den unbedingten Willen, keinesfalls in allzu rückwärtsgewandte Verhaltensmuster zu fallen. Ob’s dafür noch den leicht süßlichen Kehraus mit Brendan Flowers und obendrauf ein Glockenspiel gebraucht hätte, nun gut – unterm Strich bleibt es trotzdem ein im besten Sinne verrücktes Album, zur Ruhe legen können sich gern die anderen. http://www.neworder.com/newordernow
11.11. Berlin, Tempodrom
Und dennoch zwei aktuelle Mixe der ersten Single "Restless":
Love A: Schöne Bilder
Ein weiteres Video kommt von der Band Love A: Nach "Trümmer" und "100.000 Stühle leer" gibt es nun mit "Toter Winkel" den nächsten Emo-Happen vom Album "Jagd und Hund" - der Clip dazu ist eine Art liebenswertes Roadmovie aus der Provinz, wer möchte, kann sich die zauberhaften Töne dazu noch auf ein paar wenigen Terminen höchstselbst anhören.
24.09. Oberhausen, Druckluft
25.09. Flensburg, Volxbad
26.09. Erfurt, Engelsburg
30.09. Frankfurt, Elfer Music Club
01.10. Nürnberg, Desi
02.10. München, Feierwerk
03.10. Würzburg, Cairo
04.10. Karlsruhe, Jubez
24.09. Oberhausen, Druckluft
25.09. Flensburg, Volxbad
26.09. Erfurt, Engelsburg
30.09. Frankfurt, Elfer Music Club
01.10. Nürnberg, Desi
02.10. München, Feierwerk
03.10. Würzburg, Cairo
04.10. Karlsruhe, Jubez
Dienstag, 22. September 2015
Die Nerven: Ernst machen
Zugegeben: Sie haben uns lange warten lassen. Zunächst kam vor Monaten die Ankündigung, Die Nerven aus Stuttgart wären nun zum ehrenwerten Label Glitterhouse gewechselt und würden dort recht bald ihr neues Album "OUT" veröffentlichen - Punkt. Dann: Abtauchen, livemucken, sind dann mal weg. Zum Glück nimmt das Ganze nun wieder Fahrt auf, die erste Single "Barfuß durch die Scherben" steht am Start, schön zornig, zerschreddert wie eh und je, dazu das gewohnt simplifizierte Covermotiv - am 9. Oktober kommt der Rest und die Tour steht auch schon fest.
22.10. Bonn, Harmonie
23.10. Saarbrücken, Silo
17.11. Wien, Fluc
18.11. Dornbirn, Spielboden
19.11. Graz, Postgarage
20.11. Weels, Youki Filmfest
24.11. Darmstadt, Oettinger Villa
25.11. Zürich, Hafenkneipe
26.11. Bern, Rössli
27.11. Erlangen, PULS Festival
28.11. München, PULS Festival
30.11. Chemnitz, Atomino
01.12. Leipzig, Conne Island
02.12. Dresden, Groove
03.12. Berlin, Lido
07.12. Hamburg, Molotow
08.12. Bremen, Lagerhaus
13.12. Essen, Weststadthalle
14.12. Köln, Gebäude 9
15.12. Weinheim, Cafe Central
16.12. Stuttgart, Universum
22.10. Bonn, Harmonie
23.10. Saarbrücken, Silo
17.11. Wien, Fluc
18.11. Dornbirn, Spielboden
19.11. Graz, Postgarage
20.11. Weels, Youki Filmfest
24.11. Darmstadt, Oettinger Villa
25.11. Zürich, Hafenkneipe
26.11. Bern, Rössli
27.11. Erlangen, PULS Festival
28.11. München, PULS Festival
30.11. Chemnitz, Atomino
01.12. Leipzig, Conne Island
02.12. Dresden, Groove
03.12. Berlin, Lido
07.12. Hamburg, Molotow
08.12. Bremen, Lagerhaus
13.12. Essen, Weststadthalle
14.12. Köln, Gebäude 9
15.12. Weinheim, Cafe Central
16.12. Stuttgart, Universum
Editors feat. Rachel Goswell: Perfekte Ergänzung
Noch einmal ein paar neue Töne vor dem Release: Die Editors haben sich für ihren aktuellen Song "The Law" mit Rachel Goswell von Slowdive zusammengetan, herausgekommen ist ein erstaunlich stimmiges Downtempostück, das erst am Ende dicke draufpackt, zuvor aber angenehm entschlackt wirkt. Das Album "In Dream" erscheint am 2. Oktober.
Radio Dept. : Unentschlossen
Selbst das gemeinhin gut informierte Portal Pitchfork weiß nicht so recht: Das letzte Album der schwedischen Indiepop-Band Radio Dept. liegt mit "Clinging To A Scheme" schon knappe fünf Jahre zurück, ein neues soll in Arbeit sein, aber trotzdem bleibt es auch für den zweiten Song nach "Occupied", den gerade erschienenen Track "This Repeated Sodomy", bei der Bezeichnung "one-off-single". Das Stück geht natürlich trotzdem in Ordnung, der Rest wird sich finden.
Montag, 21. September 2015
Sleaford Mods: Stimme der Übersehenen
Einem Phänomen auf der Spur: Die Sleaford Mods sind - kaum jemand wird das ernsthaft bestreiten wollen - mehr Punk, mehr working class als alles, was da jetzt gerade auf der Retrowelle aus Great Britain herüberschwappt. Nur konsequent deshalb, dass die Filmemacher Nathan Hannawin und Paul Sng versuchen, Jason Williamson und Andrew Fearn auf die Spur zu kommen - Konzertausschnitte, politische Stimmungsbilder, Interviews mit Band, Kollegen, Journalisten und Fans. Im nächsten Monat startet die Dokumentation "Invisible Britain" in Kinos in Nottingham und London, hierzulande wird man wohl auf die DVD warten müssen. Oder ab nach Berlin, zum mutmaßlich letzten Gig des Jahres in Deutschland:
05.11. Berlin, Astra Kulturhaus
Und übrigens immer noch top - das aktuelle Album "Key Markets".
05.11. Berlin, Astra Kulturhaus
Und übrigens immer noch top - das aktuelle Album "Key Markets".
BREVE: Feinstarbeiten
Erst ein paar trippige, leicht somnambule Synthetikloops, danach die knirschenden Gitarren - BREVE, ein australisches Trio selbstbewusster Schnurbartträger und Musiker, weiß offenbar, an welchen Knöpfen man drehen und welche Saiten wie klingen müssen, um einen in kürzester Zeit zu fesseln. Mit ihrer aktuellen Single "Movement" gelingt ihnen das vorzüglich, das dazugehörige Album, von dem man Genaueres noch nicht weiß, soll bald bei Psychic Ric Records erscheinen, bis dahin können Dougal Shaw (voc/synths), Toby Fitzgerald (bass) und Mathias Dowle (drums/synths) ja noch etwas feilen.
Saltwater Sun: Vergleichsweise egal
Waren die Engländer neidisch? Wollten sie auch mal was Ähnliches haben? Dass sich Saltwater Sun mit ihrem aktuellen Song "Making Eyes" also ein wenig wie die britische Version der schottischen Belle And Sebastian anhören, werden sie kaum abstreiten wollen (wer möchte, darf auch Camera Obscura dafür einsetzen - sind aber auch Schotten). Letztendlich ist das aber nicht wichtig, denn schließlich gilt das hauptsächlich für die neue, zweite Single, ihr Erstling "Habit On My Mind" kommt schon deutlich rockiger daher. Hörenswert sind beide in jedem Falle, die EP "Wild" folgt am 2. November".
Sonntag, 20. September 2015
Petite Noir: Zurück in die Zukunft
Petite Noir
„La Vie Est Belle/Life Is Beautiful“
(Domino Records)
Überraschungen sind, nicht erst seit die dazugehörigen Schokoeier fein säuberlich in blaue Jungs- und rote Mädchenware getrennt wurden, wirklich selten geworden. Yannick Ilunga, einer der derzeit schillerndsten Persönlichkeiten im Popgeschäft, ist mit seinem Debüt mal eine richtig gute gelungen. Der Junge bemüht ja in diesem Zusammenhang gern die von ihm selbst erdachte Wortschöpfung des ‚Noirwave‘ und wenn man seinen Lebenslauf liest und das vorliegende Album hört, weiß man, dass dies ein sehr dehnbarer Begriff sein muss. Geboren in Belgien, aufgewachsen im südafrikanischen Molloch Kapstadt, jetzt in London zu Hause, versuchte sich Ilunga zunächst in der Metalcore-Kombo Fallen Within und danach als Teil des Elektroduos Popskarr. Zumindest den Einflüssen der letzten Station kann man auf „La Vie Est Belle…“ noch nachspüren, ansonsten zeichnet sich der Erstling dadurch aus, dass er wie kaum eine andere Platte dieses Jahres konsequent sämtliche Strömungen der 80er und 90er bis zur Mitte der 2000er Jahre zu einem neuen, verheißungsvollen Sound formt – das ist Petite Noir, das ist Noirwave.
Es ist schon bemerkenswert, wie selbstverständlich und gekonnt Ilunga den europäischen Pop einer Zeit, die ja von vielen immer noch verschämt und eher als peinliche Entgleisung wahrgenommen wird, für seine Zwecke vereinnahmt – die Namen, die einem bei diesen Songs in den Sinn kommen, könnten denn auch unterschiedlicher nicht sein: David Byrne, Kele Okereke, Simon Le Bon, natürlich Roland Orzabal und seine Tears For Fears, er nähert sich der Musik dieser Vorbilder mit dem gesunden Selbstbewußtsein eines Devonté Hynes, der unter dem Pseudonym Lightspeed Champion (für das ähnlich betitelte „Live Is Sweet! Nice To Meet You“) schon ähnlich virtuos zu Werke ging. Und natürlich beläßt es Petit Noir nicht bei cleverer Retroaufkoche, sondern mischt dem Ganzen Funk, den Afrobeat eines Fela Kuti und Hip Hop bei (im Titelstück hat er sich dafür den kongolesischen Rapper Baloji an die Seite geholt) und wenn es dem Spaß dient, wird schnell auch mal Olivia Newton-John’s Grease-Hymne „You’re The One That I Want“ verbastelt („MDR“).
Das alles ergibt eine angenehm bunte und durchaus aufregende Mixtur, dicke Synthies, treibende Percussions, helle Bläsersätze, mal kommt Ilunga uns mit dunklem, vollem Timbre, dann wieder croont er mit einer Hingabe, als hätte er seine Lehrjahre unter der Ägide von Schmachtkönig George Michael verbracht. Manch einer, der sich dieser Tage an ungezwungenem und zeitgemäßem Pop mit Seele versucht, dürfte gehörig neidisch werden – von Langeweile ist auf diesem Album so gar nichts zu spüren, die Mehrdimensionalität macht es im Übrigen um einige Längen interessanter als die Werke von Kwabs, The Weeknd oder auch Okereke selbst. Zusammen mit der Coverart von Lina Victor und dem Video zu „Best“ von Travys Owen arbeitet Ilunga nicht zuletzt an einer neuen, gern auch provokativen afrikanischen Popästhetik, für Deutschland gibt es im Übrigen noch zwei Livetermine, die dringend zu empfehlen sind, wo man sich zumindest akustisch von den Qualitäten des jungen Mannes überzeugen lassen kann.
23.09. Berlin, Badehaus Szimpla
25.09. Hamburg, Reeperbahn Festival
„La Vie Est Belle/Life Is Beautiful“
(Domino Records)
Überraschungen sind, nicht erst seit die dazugehörigen Schokoeier fein säuberlich in blaue Jungs- und rote Mädchenware getrennt wurden, wirklich selten geworden. Yannick Ilunga, einer der derzeit schillerndsten Persönlichkeiten im Popgeschäft, ist mit seinem Debüt mal eine richtig gute gelungen. Der Junge bemüht ja in diesem Zusammenhang gern die von ihm selbst erdachte Wortschöpfung des ‚Noirwave‘ und wenn man seinen Lebenslauf liest und das vorliegende Album hört, weiß man, dass dies ein sehr dehnbarer Begriff sein muss. Geboren in Belgien, aufgewachsen im südafrikanischen Molloch Kapstadt, jetzt in London zu Hause, versuchte sich Ilunga zunächst in der Metalcore-Kombo Fallen Within und danach als Teil des Elektroduos Popskarr. Zumindest den Einflüssen der letzten Station kann man auf „La Vie Est Belle…“ noch nachspüren, ansonsten zeichnet sich der Erstling dadurch aus, dass er wie kaum eine andere Platte dieses Jahres konsequent sämtliche Strömungen der 80er und 90er bis zur Mitte der 2000er Jahre zu einem neuen, verheißungsvollen Sound formt – das ist Petite Noir, das ist Noirwave.
Es ist schon bemerkenswert, wie selbstverständlich und gekonnt Ilunga den europäischen Pop einer Zeit, die ja von vielen immer noch verschämt und eher als peinliche Entgleisung wahrgenommen wird, für seine Zwecke vereinnahmt – die Namen, die einem bei diesen Songs in den Sinn kommen, könnten denn auch unterschiedlicher nicht sein: David Byrne, Kele Okereke, Simon Le Bon, natürlich Roland Orzabal und seine Tears For Fears, er nähert sich der Musik dieser Vorbilder mit dem gesunden Selbstbewußtsein eines Devonté Hynes, der unter dem Pseudonym Lightspeed Champion (für das ähnlich betitelte „Live Is Sweet! Nice To Meet You“) schon ähnlich virtuos zu Werke ging. Und natürlich beläßt es Petit Noir nicht bei cleverer Retroaufkoche, sondern mischt dem Ganzen Funk, den Afrobeat eines Fela Kuti und Hip Hop bei (im Titelstück hat er sich dafür den kongolesischen Rapper Baloji an die Seite geholt) und wenn es dem Spaß dient, wird schnell auch mal Olivia Newton-John’s Grease-Hymne „You’re The One That I Want“ verbastelt („MDR“).
Das alles ergibt eine angenehm bunte und durchaus aufregende Mixtur, dicke Synthies, treibende Percussions, helle Bläsersätze, mal kommt Ilunga uns mit dunklem, vollem Timbre, dann wieder croont er mit einer Hingabe, als hätte er seine Lehrjahre unter der Ägide von Schmachtkönig George Michael verbracht. Manch einer, der sich dieser Tage an ungezwungenem und zeitgemäßem Pop mit Seele versucht, dürfte gehörig neidisch werden – von Langeweile ist auf diesem Album so gar nichts zu spüren, die Mehrdimensionalität macht es im Übrigen um einige Längen interessanter als die Werke von Kwabs, The Weeknd oder auch Okereke selbst. Zusammen mit der Coverart von Lina Victor und dem Video zu „Best“ von Travys Owen arbeitet Ilunga nicht zuletzt an einer neuen, gern auch provokativen afrikanischen Popästhetik, für Deutschland gibt es im Übrigen noch zwei Livetermine, die dringend zu empfehlen sind, wo man sich zumindest akustisch von den Qualitäten des jungen Mannes überzeugen lassen kann.
23.09. Berlin, Badehaus Szimpla
25.09. Hamburg, Reeperbahn Festival
Samstag, 19. September 2015
Pumarosa: Tanz der Priesterin
Unbedingt hörenswert auch dieser Track: Pumarosa ist eine fünfköpfige Band aus London und ihr Stil oder vielmehr die Stimme von Sängerin Isabel Munoz-Newsome zum Sound der Debüt-Single "Priestess" erinnert etwas an Fever Ray oder The Knife - auffällig hier die strikte Tanzbarkeit und die wunderbaren Sax-Passagen. Wovon, was noch (außer zwei älteren Demos) - keine Ahnung. Aber: Kann und darf mehr kommen!
The Vryll Society: Vom großen Ganzen
Wie man luftigen Pop und Psychedelic verbindet, das weiß die Band The Vryll Society ganz gut. Gerade veröffentlichen die Liverpooler beim Label Deltasonic ihre Debüt-EP "Pangea", von dieser gibt es hier die Stücke "Deep Blue Skies", "Beautiful Faces" und - ganz neu - "Air" zu hören. Wen das Ganze ein wenig an die fabelhaften Songs der Stone Roses erinnert, der liegt sicher nicht ganz falsch.
Donnerstag, 17. September 2015
Le Butcherettes: Tollwut
Le Butcherettes
„A Raw Youth“
(Ipecac Recordings)
Hand auf’s Herz: Wann bekommt man denn heutzutage noch Wildheit und ungezügelten Überschwang geboten? Siehste – nicht so oft. Alles um einen herum ist auf Gleichklang, Nervenschonung, Quality Time und Work-Life-Balance ausgerichtet, über die berüchtigten Stränge schlägt schon lange keiner mehr. Die ungezügelten Genußtrinker verziehen sich aus Angst vor grassierendem Gesundheits- und Selbstoptimierungswahn besser in die hintersten Raucherecken und wer grob flucht, ist krank und hat Tourette. Einer Band wie den mexikanischen Le Butcherettes muss man deshalb unendlich dankbar dafür sein, dass sie sich um solche Konventionen einen feuchten Dreck kümmern und mit ihrem erfreulich analogen Garagen-Krach aus einer Zeit grüßen, für die weder in der Cloud noch irgendeiner Spotify-Playliste ein Platz vorgesehen ist.
Auch auf ihrem bislang dritten Album zerren, scheppern, schreien und fetzen Teri Gender Bender, Chris Common und Jamie Aaron Aux auf das Herrlichste – der angesprochene Zeitversatz verweist maximal auf die frühen Yeah Yeah Yeahs zu Zeiten von “Fever To Tell”. Ungehemmt schmirgeln und knirschen die Gitarren, ab und an werden mal ein paar spotzende Synthesizer-Akkorde ins brodelnde Gemisch geworfen, wenn das schief und ungeschönt rüberkommt, dann ist das – raten wir mal – genau so gewollt. Angenehm altmodische Typo, ebenso altmodischer Sound, Stücke wie “Reason To Die Young”, “Stab My Back” oder “They Fuck You Over” lassen den Puls des Nostalgikers deutlich höher schlagen und beim wunderbar verqueren Progpop von “Oil The Shoes…” gibt’s gleich gar kein Halten mehr.
Zwei Gäste haben sich die Schlachter eingeladen: Zunächst versucht sich der Alt- und Lehrmeister des heulenden Punkrocks, Iggy Pop, in „La Uva“ an spanischem Gesang – viel mehr als gutturales Gebrummel läßt sich allerdings kaum vernehmen und der Song fällt dann zum famosen Rest auch ein wenig ab. Viel besser macht es da Ex-Peppers-Gitarrist John Frusciante, der für „My Half“ sein Instrument auf die gewohnt virtuose Weise quält und sich bestens in die psychedelische Gesamtdröhnung des Albums einzupassen versteht. Retro möchte man das gar nicht nennen (obwohl man weiß, dass es das und nichts anderes ist), vielmehr bleiben der Wunsch und die Hoffnung, öfter auf derart ungestüme Weise wachgerüttelt zu werden – es muss ja nicht unbedingt blutig enden. http://lebutcherettes.net/
24.11. Berlin, Berghain Kantine
„A Raw Youth“
(Ipecac Recordings)
Hand auf’s Herz: Wann bekommt man denn heutzutage noch Wildheit und ungezügelten Überschwang geboten? Siehste – nicht so oft. Alles um einen herum ist auf Gleichklang, Nervenschonung, Quality Time und Work-Life-Balance ausgerichtet, über die berüchtigten Stränge schlägt schon lange keiner mehr. Die ungezügelten Genußtrinker verziehen sich aus Angst vor grassierendem Gesundheits- und Selbstoptimierungswahn besser in die hintersten Raucherecken und wer grob flucht, ist krank und hat Tourette. Einer Band wie den mexikanischen Le Butcherettes muss man deshalb unendlich dankbar dafür sein, dass sie sich um solche Konventionen einen feuchten Dreck kümmern und mit ihrem erfreulich analogen Garagen-Krach aus einer Zeit grüßen, für die weder in der Cloud noch irgendeiner Spotify-Playliste ein Platz vorgesehen ist.
Auch auf ihrem bislang dritten Album zerren, scheppern, schreien und fetzen Teri Gender Bender, Chris Common und Jamie Aaron Aux auf das Herrlichste – der angesprochene Zeitversatz verweist maximal auf die frühen Yeah Yeah Yeahs zu Zeiten von “Fever To Tell”. Ungehemmt schmirgeln und knirschen die Gitarren, ab und an werden mal ein paar spotzende Synthesizer-Akkorde ins brodelnde Gemisch geworfen, wenn das schief und ungeschönt rüberkommt, dann ist das – raten wir mal – genau so gewollt. Angenehm altmodische Typo, ebenso altmodischer Sound, Stücke wie “Reason To Die Young”, “Stab My Back” oder “They Fuck You Over” lassen den Puls des Nostalgikers deutlich höher schlagen und beim wunderbar verqueren Progpop von “Oil The Shoes…” gibt’s gleich gar kein Halten mehr.
Zwei Gäste haben sich die Schlachter eingeladen: Zunächst versucht sich der Alt- und Lehrmeister des heulenden Punkrocks, Iggy Pop, in „La Uva“ an spanischem Gesang – viel mehr als gutturales Gebrummel läßt sich allerdings kaum vernehmen und der Song fällt dann zum famosen Rest auch ein wenig ab. Viel besser macht es da Ex-Peppers-Gitarrist John Frusciante, der für „My Half“ sein Instrument auf die gewohnt virtuose Weise quält und sich bestens in die psychedelische Gesamtdröhnung des Albums einzupassen versteht. Retro möchte man das gar nicht nennen (obwohl man weiß, dass es das und nichts anderes ist), vielmehr bleiben der Wunsch und die Hoffnung, öfter auf derart ungestüme Weise wachgerüttelt zu werden – es muss ja nicht unbedingt blutig enden. http://lebutcherettes.net/
24.11. Berlin, Berghain Kantine
Tamper: Achtbar neu
Einen lohnenswerten Nachschlag kann das Duo Tamper aus Brooklyn vermelden. In der Reihe ihrer Coverversionen folgt auf das hier schon erwähnte "Disparate Youth" von Santigold "Red Socks Pugie" von den Foals und - ganz frisch - "Wide Eyes" der Local Natives, alle so gut, dass sie vom Original nicht unbedingt abfallen.
A Love Like Pi: Illustration
Sehr dekorativ und zugleich künstlerisch anspruchsvoll kommt uns das New Yorker Synthrock-Trio A Love Like Pi: Zu ihrem aktuellen Song "Wide Awake" haben sie sich von der taiwanesischen Künstlerin MIN LIU einen sehr sehenswerten Clip illustrieren lassen, der bestens mit den wunderbar weichen Tönen harmoniert und auf spezielle Art auch ein wenig an die White Stripes und das grandiose "Seven Nation Army" erinnert. Das Album zum Song heißt im Übrigen "III" und wird am Freitag via RAR/Motor erscheinen.
Ryan Adams: Nineteen eighty nine [Update]
So, nun ist es also nicht ganz so spaßig geworden wie erhofft - egal: Ryan Adams hat gerade das Cover für sein Taylor-Swift-Tribute-Album "1989" in die Runde gezeigt und das sieht dann doch recht brav und gesetzt aus. Einen Erscheinungstermin gab es auch noch dazu, die digitale Version soll am 21. September, also schon in gut vier Tagen erscheinen. Für den laufenden Abend ist laut Pitchfork dann auch noch die Vernetzung der ersten Single "Bad Blood" via Zane Lowe's Beats 1 Show angekündigt, was soviel heißt wie: Stay tuned!
Update: Schon da!
Update: Schon da!
AlunaGeorge vs. ZHU: Backtrack
Vor zwei Jahren vor Ort als 'Spitzplatzhalter' gefeiert, haben sich Aluna Francis und George Reid aka. AlunaGeorge nun endlich einmal wieder zu Wort gemeldet - wobei Wort bei ihnen natürlich und unmissverständlich auch gleich Tanz bedeutet. Der neue Track "Automatic" ist in Zusammenarbeit mit dem geheimnisvollen Produzenten und House-Musiker ZHU entstanden und folgt dem feinen Album "BodyMusic".
Mittwoch, 16. September 2015
New Order: Silver lining
Man sollte nicht vergessen, dass New Order schon einmal eine Wandlung hin zum tanzbaren Synthpop vollzogen hatten, bevor es dann doch wieder ein paar Gitarren mehr wurden. An diese Zeiten nun erinnert das neue Stück "Plastic" auf angenehme Weise - nach der eher mauen Single "Restless" ein Silberstreif am Horizont für die Veröffentlichung des neuen Albums "Music Complete" am 25. September.
G.Rag und Die Landlergschwister: Nur die Liebe zählt
G.Rag und Die Landlergschwister
„Schwung“
(Gutfeeling)
Nein, Mitleid wollen sie garantiert nicht dafür: Wenn auf der Website des Münchner Labels Gutfeeling Records vermerkt ist „Jetzt geht er los, der wahnsinnige Herbst“, dann ist das – für Ausständige, Unwissende und Nichtsahnende – keineswegs ein Hilfeschrei, sondern der sachliche Kommentar zu alljährlichen und immergleichen Umtriebigkeit, für die sich die Schutzbefohlenen der kleinen Plattenpresse zu wappnen haben. Denn dieser Wahnsinn, von dem hier die Rede ist, hat in München durchaus Methode, nennt sich Wiesn (althochdeutsch: Oktober-/sonstige: Bierfest) und hält für alle neben dem ausgiebigen Biergenuß auch reichlich Pflichttermine im Herzkasperlzelt und der Krinoline bereit. Wer die Herausforderung sucht, legt in diese Jahreszeit auch noch eine Plattentaufe – auch das bei G.Rag und Den Landlergschwistern durchaus nicht ungewöhnlich, haben sie doch den Release ihr letzten gemeinsamen Albums „Honky Tonkin“ auch schon vor zwei Jahren auf den Frühherbst terminiert.
Und wo wir gerade bei den Wiederholungstaten sind – ein jedes Mal erntet die sympathische Blechkommune haufenweise Lob für ihre mit Feinsinn und Spielwitz arrangierten Kleinkunstwerke und so ist es auch nicht wirklich verwunderlich, dass einem zum aktuellen „Schwung“ nicht viel mehr übrigbleibt als abermals respektvoll den Hut zu ziehen. Nicht nur, dass die Band das brauchtümliche Repertoire um einige gutgelaunte und schmissige Landler, Zwiefache und Polkas erweitert, Hochachtung verdient ebenfalls die Auswahl der obligatorischen Coverversionen, ganze drei Stück enthält die ‚Platte mit dem Prost‘. Von hinten nach vorn berichtet ist da zunächst eine fast zarte Interpretation der Hank-Williams-Nummer „Lost On The River“, der Schritt vom Country zum Brass ist ja genaugenommen gar nicht so groß und hier gelingt er vorzüglich.
Etwas gewöhnungsbedürftiger da schon die Neubearbeitung eines Hits der Wuppertaler Muskelkapelle DAF – bislang gab es „Der Räuber und der Prinz“ nur live zu hören, jetzt also endlich für die Konserve. Was im Original nach schwarzem Lack riecht und schweißtreibend pumpt, entwickelt hier mit der Bigband eine andere, weit weniger düstere Art von Drive. Abgerundet wird mit einer wirklich ausgesucht gelungenen Variation des Rocksteady-Klassikers „The Liquidator“. Ursprünglich Ende der Sechziger bei Trojan Records von den Harry J Allstars eingespielt, entwickelte sich der Song in den Achtzigern zum Skinhead-Anthem und fand hernach auch Verwendung für Choreografien des Fußballanhangs des FC Chelsea. Die G.Rag’s unterstreichen damit einmal mehr ihre Vorliebe für Punkrock und zeitlich Artverwandtes und beweisen erneut ein feines Gespür für weniger naheliegende Zwischentöne. All das aus reiner Liebe zur Musik – ein größeres Kompliment kann man ihnen eigentlich nicht machen.
Sämtliche Tour- resp. Wiesntermine auf www.gutfeeling.de.
„Schwung“
(Gutfeeling)
Nein, Mitleid wollen sie garantiert nicht dafür: Wenn auf der Website des Münchner Labels Gutfeeling Records vermerkt ist „Jetzt geht er los, der wahnsinnige Herbst“, dann ist das – für Ausständige, Unwissende und Nichtsahnende – keineswegs ein Hilfeschrei, sondern der sachliche Kommentar zu alljährlichen und immergleichen Umtriebigkeit, für die sich die Schutzbefohlenen der kleinen Plattenpresse zu wappnen haben. Denn dieser Wahnsinn, von dem hier die Rede ist, hat in München durchaus Methode, nennt sich Wiesn (althochdeutsch: Oktober-/sonstige: Bierfest) und hält für alle neben dem ausgiebigen Biergenuß auch reichlich Pflichttermine im Herzkasperlzelt und der Krinoline bereit. Wer die Herausforderung sucht, legt in diese Jahreszeit auch noch eine Plattentaufe – auch das bei G.Rag und Den Landlergschwistern durchaus nicht ungewöhnlich, haben sie doch den Release ihr letzten gemeinsamen Albums „Honky Tonkin“ auch schon vor zwei Jahren auf den Frühherbst terminiert.
Und wo wir gerade bei den Wiederholungstaten sind – ein jedes Mal erntet die sympathische Blechkommune haufenweise Lob für ihre mit Feinsinn und Spielwitz arrangierten Kleinkunstwerke und so ist es auch nicht wirklich verwunderlich, dass einem zum aktuellen „Schwung“ nicht viel mehr übrigbleibt als abermals respektvoll den Hut zu ziehen. Nicht nur, dass die Band das brauchtümliche Repertoire um einige gutgelaunte und schmissige Landler, Zwiefache und Polkas erweitert, Hochachtung verdient ebenfalls die Auswahl der obligatorischen Coverversionen, ganze drei Stück enthält die ‚Platte mit dem Prost‘. Von hinten nach vorn berichtet ist da zunächst eine fast zarte Interpretation der Hank-Williams-Nummer „Lost On The River“, der Schritt vom Country zum Brass ist ja genaugenommen gar nicht so groß und hier gelingt er vorzüglich.
Etwas gewöhnungsbedürftiger da schon die Neubearbeitung eines Hits der Wuppertaler Muskelkapelle DAF – bislang gab es „Der Räuber und der Prinz“ nur live zu hören, jetzt also endlich für die Konserve. Was im Original nach schwarzem Lack riecht und schweißtreibend pumpt, entwickelt hier mit der Bigband eine andere, weit weniger düstere Art von Drive. Abgerundet wird mit einer wirklich ausgesucht gelungenen Variation des Rocksteady-Klassikers „The Liquidator“. Ursprünglich Ende der Sechziger bei Trojan Records von den Harry J Allstars eingespielt, entwickelte sich der Song in den Achtzigern zum Skinhead-Anthem und fand hernach auch Verwendung für Choreografien des Fußballanhangs des FC Chelsea. Die G.Rag’s unterstreichen damit einmal mehr ihre Vorliebe für Punkrock und zeitlich Artverwandtes und beweisen erneut ein feines Gespür für weniger naheliegende Zwischentöne. All das aus reiner Liebe zur Musik – ein größeres Kompliment kann man ihnen eigentlich nicht machen.
Sämtliche Tour- resp. Wiesntermine auf www.gutfeeling.de.
Deafheaven: Gar nicht kleinlich
Hier wird also nicht gekleckert, sondern geklotzt: Sogar ein paar Sekunden länger ist der zweite Track, den unsere Liebslingsmetaller von Deafheaven heute präsentieren - nach "Brought To The Water" kommt mit einer Spielzeit von gut neun Minuten "Come Back" hinterher, das Album "New Bermuda" dann am 2. Oktober bei ANTI.
Dienstag, 15. September 2015
Mexico City Blondes: Feinschliff
Nachschlag in Sachen feinem Pop gibt es ganz aktuell aus dem kalifornischen Santa Barbara, wo das Duo Mexico City Blondes zu hause ist. Allie Thompson und Greg Doscher haben gerade ihre selbstbetitelte Debüt-EP vernetzt, den neuesten Track "First Cut" gibt es hier zu hören, alles weitere bei Bedarf natürlich via Soundcloud.
Montag, 14. September 2015
KWABS: Gut bedient
KWABS
„Love + War“
(Warner)
Eigentlich ist das eine ziemlich undankbare Sache und sie sollte, wenn man es recht bedenkt, auch eher am Ende als am Anfang stehen. Am Ende, weil sonst der Eindruck entstünde, diese Platte des jungen und überaus talentierten Kwabena Sarkodee Adjepong, kurz KWABS, die doch aus welchen Gründen auch immer so lange bis zu ihrer Veröffentlichung gebraucht hat, also diese Platte sei eine schlechte geworden. Das ist sie mit Sicherheit nicht. Natürlich keine makellose, die sind höchst selten, aber schlecht? Nee! Nennen wir das Debüt des Mannes aus London deshalb also gleich mal eine blitzsaubere, zeitgemäße RnB-Scheibe voller honigsüßer und überaus geschmeidiger Melodien, mit viel, sehr viel Gefühl für den Funk, den Pop und natürlich den Soul. Und weil man dieses Gefühl natürlich auch zu Teilen seinen beiden Protegés resp. Produzenten SOHN und Dave Okumu zuschreiben könnte (und sicher auch muss), müssen wir fix noch seine unglaublich warme und bezirzende Stimme ins Spiel bringen, die nicht wenige (zumindest hierzulande) in punkto Schmelz an den nicht mehr ganz so großen Seal erinnern wird. Über die famosen Singles „Walk“, „Look Over My Shoulder“ oder “Wrong Or Right” muss man dann auch nicht mehr viel sagen – Powerpop, Schmachtfetzen, alle clever gemacht und unbestreitbar eingängig. Hat man sich „Love + War“ dann aber bis zum Ende angehört, bleibt irgendwie ein leicht schaler Beigeschmack, eine Art Übersättigung zurück. Zu perfekt wird ein ums andere Mal in die immergleiche Kerbe gehauen, meint: ein bisschen viel Kalkül für einen Jungspund wie ihn. Den Erfolg hört man leider schon täglich und öfter als einem lieb sein kann – das Formatradio umarmt KWABS auf die bekannt unanständige Weise und weil man kürzlich bei George Ezra Ähnliches erleben musste, weiß man leider schon, wo das enden muss. Belassen wir es dennoch bei einem knappen, aber verdienten Lob: Ein achtbarer Spätstart. http://kwabsmusic.com/
08.11. Zürich, Kaufleuten
23.11. Berlin, Huxleys
24.11. Hamburg, Große Freiheit
27.11. München, Muffathalle
Der komplette Albumstream findet sich u.a beim Guardian.
„Love + War“
(Warner)
Eigentlich ist das eine ziemlich undankbare Sache und sie sollte, wenn man es recht bedenkt, auch eher am Ende als am Anfang stehen. Am Ende, weil sonst der Eindruck entstünde, diese Platte des jungen und überaus talentierten Kwabena Sarkodee Adjepong, kurz KWABS, die doch aus welchen Gründen auch immer so lange bis zu ihrer Veröffentlichung gebraucht hat, also diese Platte sei eine schlechte geworden. Das ist sie mit Sicherheit nicht. Natürlich keine makellose, die sind höchst selten, aber schlecht? Nee! Nennen wir das Debüt des Mannes aus London deshalb also gleich mal eine blitzsaubere, zeitgemäße RnB-Scheibe voller honigsüßer und überaus geschmeidiger Melodien, mit viel, sehr viel Gefühl für den Funk, den Pop und natürlich den Soul. Und weil man dieses Gefühl natürlich auch zu Teilen seinen beiden Protegés resp. Produzenten SOHN und Dave Okumu zuschreiben könnte (und sicher auch muss), müssen wir fix noch seine unglaublich warme und bezirzende Stimme ins Spiel bringen, die nicht wenige (zumindest hierzulande) in punkto Schmelz an den nicht mehr ganz so großen Seal erinnern wird. Über die famosen Singles „Walk“, „Look Over My Shoulder“ oder “Wrong Or Right” muss man dann auch nicht mehr viel sagen – Powerpop, Schmachtfetzen, alle clever gemacht und unbestreitbar eingängig. Hat man sich „Love + War“ dann aber bis zum Ende angehört, bleibt irgendwie ein leicht schaler Beigeschmack, eine Art Übersättigung zurück. Zu perfekt wird ein ums andere Mal in die immergleiche Kerbe gehauen, meint: ein bisschen viel Kalkül für einen Jungspund wie ihn. Den Erfolg hört man leider schon täglich und öfter als einem lieb sein kann – das Formatradio umarmt KWABS auf die bekannt unanständige Weise und weil man kürzlich bei George Ezra Ähnliches erleben musste, weiß man leider schon, wo das enden muss. Belassen wir es dennoch bei einem knappen, aber verdienten Lob: Ein achtbarer Spätstart. http://kwabsmusic.com/
08.11. Zürich, Kaufleuten
23.11. Berlin, Huxleys
24.11. Hamburg, Große Freiheit
27.11. München, Muffathalle
Der komplette Albumstream findet sich u.a beim Guardian.
Wolf Alice: Bedenkzeit
Manchmal könnte man schon ins Grübeln kommen: Was wohl derzeit in Mutti Merkels Kopf herumgeht? Warum ein Burger ausgerechnet mit einer Gurke und einem Salatblatt verziert werden muss? Und wieso eine so formidable Rockband wie Wolf Alice mit einem so gelungenen Debüt wie "My Love Is Cool" hierzulande nicht einschlagen wie eine Wasserstoffbombe? Na gut, für letzteres ist ja noch ein bisschen Zeit, vielleicht tun ja die beiden Deutschlandtermine ihren Teil dazu und auch die neue B-Seite von "You're A Germ" mit dem Titel "Baby Ain't Made Of China".
14.02. Frankfurt, Zoom
23.02. Zürich, Dynamo
28.02. Wien, Flex
29.02. Stuttgart, Kellerklub
14.02. Frankfurt, Zoom
23.02. Zürich, Dynamo
28.02. Wien, Flex
29.02. Stuttgart, Kellerklub
Isolation Berlin: Verliebte Jungs
Die dringende Würdigung einer verschämten Jugendsünde: Isolation Berlin haben ihre neue Single dem trashigen 80er-Streifen "Eis am Stiel" gewidmet - "Annabelle" und "Swantje" kommen am 25. Oktober als blumig rockige Liebeserklärung (oder auch Protopop) mit hübschem Coverdesign via Staasakt ins Geschäft - nach "Körper" und "Aquarium" ist das mal ordentlich Abwechslung. Für den Februar 2016 verspricht das Label dann einen ersten Longplayer. Und wir? Freuen uns darauf.
Freitag, 11. September 2015
Viet Cong: Aus der Versenkung
Das ist wohl das Schicksal der Platten, die gleich zu Beginn eines jeden Jahres erscheinen - sie können noch so gut und gelungen sein, immer geraten sie schneller in Vergessenheit als die später hinzugekommenen. So auch das famose Debüt von Viet Cong - im Januar noch für großes Getöse gesorgt, jetzt, da ein weiteres Video dazu erscheint, nur noch eine schöne Erinnerung. "Bunker Buster" jedenfalls ist bestens geeignet, das Hirn mal etwas durchzublasen, der SciFi-Clip von Yoohna Park tut ein Übriges.
A Deer A Horse: Absurdes Theater
Absurdes Thema, widerborstiger Song: "Mother Night", die B-Seite der aktuellen Single "Gunpoint" der New Yorker Kapelle A Deer A Horse, ist nach einer Erzählung von Kurt Vonnegut benannt - ein zähes, aber spannendes Stück Musik voller Energie, wie gemacht für Leute, die nicht alles auf Falte gebügelt haben wollen.
CocoRosie: Wie erwartet
Die Verwunderung hält an: Auch beim dritten Track, den man sich vom neuen Album "Heartache City" anhören kann, gelingt es CocoRosie zu überraschen - zarte Stimmen, die sich vorsichtig an einigen Raps versuchen, minimalistische Soundpatterns, very strange, indeed. Aber jetzt wollen wir mal nicht so tun, als hätten wir wirklich etwas anderes erwartet, schließlich haben sich Sierra und Bianca Casady genau mit solchen Wunderlichkeiten einen/ihren Namen gemacht - bittesehr, "Tim And Tina".
Donnerstag, 10. September 2015
Low: Der Reiz des Alltäglichen
Low
„Ones And Sixes“
(Sub Pop)
Was soll man sagen: Da lassen also, selten genug kommt es vor, Mimi Parker und Alan Sparhawk im Zuge der unerlässlichen Plattenpromo die neugierige Öffentlichkeit in’s Seelen- und Arbeitsleben blicken, blättern ihr aktuelles Songbook durch und am Ende? Ist von Drama, erschütternden Verwerfungen oder einzigartigen Grenzerfahrungen so gar nichts zu hören, geht es doch nur um das alltägliche Kleinklein, das Brecht mal treffend „die Mühen der Ebene“ genannt hat. Parker und Sparhawk bilden seit mehr als zwanzig Jahren den kreativen Nukleus der Band und führen, wenn man den Aufzeichnungen glauben darf, zusammen mit ihren zwei Kindern im Teenageralter ein recht beschauliches, unaufgeregtes Leben. Dass sie aus diesem wenig spektakulären Dasein einen Sound destillieren, der mit Emotion, Anmut und großen Gefühlen nicht geizt, der seit mittlerweile zehn Alben herzerwärmende Melodien im Übermaß bietet, mag man kaum glauben.
Doch wie auch schon beim ähnlich berauschenden „The Invisible Way“ werden auch bei „Ones And Sixes“ vertraute Jedermann-Themen in eine bestechende Klangkulisse verpackt: Das Altern, die Einsamkeit im Neben- und Miteinander, die Schwierigkeiten, den Gegenüber zu verstehen, auch wenn man sich schon über Jahrzehnte zu kennen glaubt. Einmal mehr nutzt die Band dazu klassische und elektronische Instrumente gleichermaßen, wieder gelingt es ihnen, Stücke wie „Gentle“ und „No Comprende“ so auszubalancieren, dass sie einen packen und so schnell nicht mehr loslassen. Mal pocht ein Computer seinen dunklen Beat dazu, an anderer Stelle drängt sich eine Ry-Cooder-Gitarre ins gleissende Finale. Platz ist hier für alles – den konventionellen Folk („No End“) und den sonnigen Pop („What Part Of Me“), selbst eine so wuchtige Post-Rock-Nummer wie „Landslide“ mit ihren neun Minuten Spiellänge oder der sphärische Downbeat von „DJ“ wirken nicht deplatziert.
Diese Aufgeschlossenheit ist dann auch ein wichtiger Erfolgsfaktor ihrer über Jahre andauernden Karriere, zudem überrascht es kaum, dass Parker und Sparhawk ihre Inspiration an eher ungewohnter Stelle: „There are some extremes in hip-hop and I feel like it’s one of the genres that’s really pushing things. They’ve really been leading the way forward over the last couple of years”, so Sparhawk kürzlich zum Netzportal DIY. Den eigenen Einfluss würden sie selbst in aller Bescheidenheit wohl weniger hervorheben wollen, das Statement dürfte ähnlich simpel ausfallen wie Sparhawks Kommentar zum Lauf der Dinge: “Anybody who’s been in a relationship will understand that dynamic: there’s give and take, there are times when you are your best and there’s times when you are your worst. And if you can make it work, it’s still going to be ugly, it’s still going to be difficult. Sometimes you look back and say ‘Wow, I have no idea what we were doing’, and it’s a complete hell riot but it was totally worth it.” Manchmal sind es eben die einfachen Sachen, die bleiben. Wie diese Platte. http://www.chairkickers.com/
12.10. Köln, Gebäude 9
13.10. Hamburg, Knust
17.10. Berlin, Lido
19.10. München, Ampere
„Ones And Sixes“
(Sub Pop)
Was soll man sagen: Da lassen also, selten genug kommt es vor, Mimi Parker und Alan Sparhawk im Zuge der unerlässlichen Plattenpromo die neugierige Öffentlichkeit in’s Seelen- und Arbeitsleben blicken, blättern ihr aktuelles Songbook durch und am Ende? Ist von Drama, erschütternden Verwerfungen oder einzigartigen Grenzerfahrungen so gar nichts zu hören, geht es doch nur um das alltägliche Kleinklein, das Brecht mal treffend „die Mühen der Ebene“ genannt hat. Parker und Sparhawk bilden seit mehr als zwanzig Jahren den kreativen Nukleus der Band und führen, wenn man den Aufzeichnungen glauben darf, zusammen mit ihren zwei Kindern im Teenageralter ein recht beschauliches, unaufgeregtes Leben. Dass sie aus diesem wenig spektakulären Dasein einen Sound destillieren, der mit Emotion, Anmut und großen Gefühlen nicht geizt, der seit mittlerweile zehn Alben herzerwärmende Melodien im Übermaß bietet, mag man kaum glauben.
Doch wie auch schon beim ähnlich berauschenden „The Invisible Way“ werden auch bei „Ones And Sixes“ vertraute Jedermann-Themen in eine bestechende Klangkulisse verpackt: Das Altern, die Einsamkeit im Neben- und Miteinander, die Schwierigkeiten, den Gegenüber zu verstehen, auch wenn man sich schon über Jahrzehnte zu kennen glaubt. Einmal mehr nutzt die Band dazu klassische und elektronische Instrumente gleichermaßen, wieder gelingt es ihnen, Stücke wie „Gentle“ und „No Comprende“ so auszubalancieren, dass sie einen packen und so schnell nicht mehr loslassen. Mal pocht ein Computer seinen dunklen Beat dazu, an anderer Stelle drängt sich eine Ry-Cooder-Gitarre ins gleissende Finale. Platz ist hier für alles – den konventionellen Folk („No End“) und den sonnigen Pop („What Part Of Me“), selbst eine so wuchtige Post-Rock-Nummer wie „Landslide“ mit ihren neun Minuten Spiellänge oder der sphärische Downbeat von „DJ“ wirken nicht deplatziert.
Diese Aufgeschlossenheit ist dann auch ein wichtiger Erfolgsfaktor ihrer über Jahre andauernden Karriere, zudem überrascht es kaum, dass Parker und Sparhawk ihre Inspiration an eher ungewohnter Stelle: „There are some extremes in hip-hop and I feel like it’s one of the genres that’s really pushing things. They’ve really been leading the way forward over the last couple of years”, so Sparhawk kürzlich zum Netzportal DIY. Den eigenen Einfluss würden sie selbst in aller Bescheidenheit wohl weniger hervorheben wollen, das Statement dürfte ähnlich simpel ausfallen wie Sparhawks Kommentar zum Lauf der Dinge: “Anybody who’s been in a relationship will understand that dynamic: there’s give and take, there are times when you are your best and there’s times when you are your worst. And if you can make it work, it’s still going to be ugly, it’s still going to be difficult. Sometimes you look back and say ‘Wow, I have no idea what we were doing’, and it’s a complete hell riot but it was totally worth it.” Manchmal sind es eben die einfachen Sachen, die bleiben. Wie diese Platte. http://www.chairkickers.com/
12.10. Köln, Gebäude 9
13.10. Hamburg, Knust
17.10. Berlin, Lido
19.10. München, Ampere
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