Freitag, 5. Juli 2013

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Jay-Z
„Magna Carta Holy Grail“

(Def Jam/Universal)

Nun hat er also wieder eine Platte gemacht, mit einem Titel wie “ein weit aufgesperrtes Maul” (SZ), und böse Zungen behaupten, es wäre völlig irrelevant, wie gut oder schlecht sie sei – der Mann hätte Dank cleverer Marketingstrategien ohnehin schon genügend grüne Scheine dafür eingesammelt. Ganze fünf Millionen davon kommen von einem südkoreanischen Tante-Emma-Laden, der mittlerweile weltweit in Elektronik macht und sich das Album vorfristig für eine benutzerfreundliche Applikation reservieren ließ – Platinstatus hatte es schon vor Verkauf, so what?! Natürlich hat man Schwierigkeiten, in Jay-Z noch den kleinkriminellen Drogendealer früher Tage auszumachen (was ihm doch hoffentlich niemand ernsthaft zum Vorwurf machen will), “MCHG” wird mutmaßlich das zehnte seiner Alben in Folge sein, das in den heimatlichen Charts ganz oben steht, nicht einmal Mdm. Ciccone hat Vergleichbares geschafft – muss es deshalb ein schlechtes sein? Sicher nicht.

Ein paar Euphoriebremsen darf man dennoch setzen: Den Vergleich mit Kumpel Kanye West, so man ihn ziehen will, wird er trotz des ganzen Ballyhoos wohl verlieren – nicht so spektakulär, nicht so überdreht und freaky, wenige bis keine Reizpunkte, Jay-Z liefert über weite Strecken Konventionelles statt Halsbrecherisches ab. Er hätte es zudem etwas straffen können, knapp sechzig Minuten sind viel, vielleicht zu viel, selbst für den gehobenen Standard. Und womöglich wäre es angeraten, dass er sich für die Zukunft mal ein paar neue Arbeitskollegen sucht – der Sound der Pharrells, Timbalands und -lakes ist einem mittlerweile schon so vertraut, dass man manchmal ein kleines Gähnen nicht unterdrücken kann. Die selbe Erfahrung macht man im Übrigen auch mit Timberlake’s eigenem, letztens ebenso hochgejazzten Folgewerk und auch da liegt der Verdacht nahe, ein wenig mehr an kreativem Input, ein wenig Veränderung hätte nicht geschadet.

Das sollte es mit der Nörgelei dann aber gewesen sein: Nach dem butterweichen Einsingen im Titeltrack und dem putzigen Nirvana-Zitat läuft “MCHG” spätestens mit dem nervös vibrierenden “Tom Ford” auf voller Drehzahl. Sich für das wassermusikalische (hi)storytelling bei “Oceans” (“Because this water drown my family, this water mixed my blood, this water tells my story, this water knows it all”) Frank Ocean an die Seite geholt zu haben, ist zur Zeit kein Fehler; woran auch immer man den Jungen arbeiten lässt – sein RnB hat fraglos den Midas-Touch. Viel Blech – weiter im Text – ist wohl das nächste große Ding (auch Kanye hatte ja schon mächtig in die Laibach-Kiste gegriffen), zum schweren, synthetischen Beat von “F.U.T.W.” passen die Bläsersätze ganz wunderbar und geben dem Stück zusätzlich eine, naja: besinnliche Note. Bei “Somewhere In America” wiederum beleben sie den Song und verpassen ihm einen gehörigen drive, zusammen mit dem Piano im Hintergrund swingt hier eine gehörige Menge Prohibitions-Patina mit.

Dass die Gemahlin bei “Part II (On The Run)” seltsam schläfrig daherkommt und das Stück deshalb nicht so recht zünden will – geschenkt. Dafür gibt’s zusammen mit Timberlake dann doch ein sehr gelungenes “Heaven” inklusive gehäckselter Synths und fabelhaft gecroontem Chorus, machen die Swizz Beatz aus “BBC” eine flotte Jazz-Rap-Aufkoche und geht auch die Morricone-Kulisse für “Blue” mehr als in Ordnung. Ein kleiner Schulterklopfer am Ende noch für Gonjasufi in “Nickles And Dimes”, die schwerblütig trippigen Drums verhelfen dem Ganzen, wenn auch nicht Großen, zu einem ordentlichen Abschluß. Fazit: Ganz sicher keine Offenbarung, auch kein magnum opus, manches der Stücke eher läßlich und in Anbetracht des vollmundigen Vorgeplänkels vielleicht auch etwas ernüchternd. Jay-Z hat den Gral, soweit man hören kann, also entgegen aller Erwartungen (oder Befürchtungen) noch nicht gehoben, die Suche danach ist aber, ganz wie in den Legenden der Frühzeit, auch mit ihm eine unterhaltsame geblieben. http://www.jayzonline.com/

Komplettstream des Albums (noch) bei Testspiel.

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