Welcher Veranstaltungsort könnte passender sein als dieser: Frank Ocean wird Ende Juni für eine exklusive Show nach München kommen und bespielt dafür die BMW-Welt. Wer sich das Cover seines ersten, grandiosen Mixtapes "nostalgia, ULTRA" in Erinnerung ruft, wird wissen, warum hier eine Zwangsläufigkeit vorliegt und dass es durchaus sein kann, dass Mr. Ocean noch ein Tuningseminar in Garching mit dranhängt.
25.06. München, BMW Welt
Freitag, 31. Mai 2013
Donnerstag, 30. Mai 2013
As good as it gets [Update]
Es gibt Menschen, die behaupten, sie hätten nie etwas Besseres gesehen als die Shows von Ben Folds. Nicht nur für diese wird es eine gute Nachricht sein (wenn sie's nicht ohnehin schon wissen), dass der Mann aus Chapel Hill Ende diesen Monat seine erste Live-LP veröffentlichen wird. Fünfzehn Stücke, an den verschiedensten Orten auf dem Globus aufgenommen, wird "Ben Folds Five Live" enthalten, mit dabei unter anderem auch "Erase Me" - dieses wiederum präsentierte Folds nun für Promozwecke in der Late Night Show bei Conan O'Brien.
Update: Der Komplettstream zur Platte findet sich im Übrigen bei Speakeasy.com.
Update: Der Komplettstream zur Platte findet sich im Übrigen bei Speakeasy.com.
New one
Good news from Los Angeles: Das fabelhafte Noise-Duo No Age hat für Mitte August ein neues Album mit dem Titel "An Object" angekündigt, der Nachfolger also für das 2010 erschienene, mindestens ebenso fabelhafte "Everything In Between". Ihr Label Sub Pop erreichte offensichtlich eine von Randy Randall und Dean Allen Spunt höchstselbst gefertigte Box mit dem neuen Material. Mehr natürlich bald an gleicher Stelle.
Das Ego läßt die Herzen heulen
Queens Of The Stone Age
„…Like Clockwork“
(Matador)
An den Queens Of The Stone Age scheiden sich die Geister. Hier die hartgesottenen und unbedingten Stoner-Traditionalisten, die sich den Queens auch nach Jahren nur über die kalifornischen Kyuss, zugleich Stammzellenträger, Überväter und Gralshüter des staubtrockenen Wüstenrocks, nähern, da die klassischen Hartmetaller und zu guter Letzt die nicht eben kleine Gemeinde der Grunge-, Alternativ- und Indiespezialisten. Es ihnen allen Recht zu machen scheint schlichtweg aussichtslos: Wo die einen Verrat am Subgenre beklagen und Rückbesinnung einfordern, geht denen, die das gnadenlose Brett bevorzugen, das ganze Diversifikationsgemucke kräftig auf den Sack, der kleinteiliger gestrickten Anhängerschaft kann es wiederum nicht abwechslungsreich genug zugehen. Und mittendrin Josh Homme, einst Kifferikone, dann Vorzeige-Geier, gern auch mal als braver Schmusecrooner unterwegs, ausgestattet mit einem gewaltigen Ego und bekannt dafür, die Besetzung seiner Band fast so häufig auszutauschen wie der selige Mark E. Smith.
Trotzdem und genau deshalb ist dieses sechste Album der Band ein außergewöhnlich gutes geworden, besser in jedem Falle als die beiden etwas zerrissen wirkenden Vorgänger „Lullabies To Paralyze“ und „Era Vulgaris“. Ob’s daran liegt, dass Dave Grohl, letztmals für „Songs For The Deaf“ bei den Queens aktiv, für den Großteil der Stücke wieder hinter den Kuhfellen Platz genommen hat oder mit Nick Oliveri ein alter Bekannter zur Rückkehr bewegt werden konnte? Eher nicht. Denn die Drums auf diesem Album sind, bei allem Respekt, nicht eben die anspruchsvollsten, Oliveris Beitrag ist auch nicht so klar zu bemessen. Überhaupt – Homme gilt ja als bestens vernetzter Musiker, die Payroll zum Album bietet wie gewohnt große Namen, allein: Wen man hört, ist Homme selbst. Am Piano bei „Fairweather Friends“ sitzt Elton John? Piano? Geschenkt. Ähnlich geht’s den Gastbeiträgen von Frank Turner, Mark Lanegan und Jake Shears, sie werden, wenn überhaupt, nur als Randnotiz wahrgenommen. Einzig Trent Reznor kann sich mit „Kalopsia“ den passenden Song kapern und zu Eigen machen – eine düstere Fantasie voller schwermetallischem Krach und unheilvollen Ruhepunkten, die in Geschrei und Chaos endet.
Der Spagat also zwischen den Erwartungen und Ansprüchen ist es, der „…Like Clockwork“ gelingen lässt: Die für die Queens so typischen, vorwärtsgetriebenen Rocknummern „I Sat By The Ocean“ und „My God Is The Sun“, hier läuft der Generator auf Hochtouren und die Stücke erinnern angenehm an die vergangenen Großtaten „Go With The Flow“ oder „Feel Good Hit Of The Summer“. Auch eher traditionell, aber eine Spur überdrehter und deshalb großartig „Smooth Sailing“ – wie der junge Iggy Pop knarzt sich Homme durch diesen satten und windschiefen Rockfetzen: „I’m gonna do the damage, till the damage is done“, wie wahr. Ebenso gut aber auch die ausgefalleneren Stücke wie der synthetisch unterfütterte Schmerzgesang „The Vampyre Of Time And Memory“ (“To be vulnerable is needed most of all, if you intend to truly fall apart, … I feel no love“), der beginnt, als käme er direkt aus der Klangwerkstatt von Depeche Mode und sich später in Richtung Art und Prog emporschwingt, nicht zum ersten Mal lassen Pink Floyd grüßen.
Ähnlich gelagert „I Appear Missing“, das Stück also mit dem mumifizierten Untoten im Schlepptau – eine gelungene Verbindung aus sattem Gitarrenlärm und psychedelischem Gewaber. Cream of the crop aber sicher „If I Had A Tail“ als eine Art Rock-Cabaret oder Zitatesammlung, “Lady Marmelade” vs. “Da Do Run Run” – herrlich. Auch am Schluß ein, jetzt eher nachdenklicher, Querverweis (je nach Alter wahlweise auf Kravitz oder Timberlake): „Most of what you see my dear is purely for show, because not everything that goes around comes back around you know, holding on too long is just fear of letting go, because not everything that goes around comes back around you know” – Homme beklagt im Titelstück mit zarter Kopfstimme die Vergeblichkeit allen Tuns und läßt die Herzen heulen. Er hat es wieder mal allen Zweiflern gezeigt, sechs, sieben erstklassige Stücke darf man zählen, der Rest ist mindestens ordentlich. Er hat ihn noch, den Punch – wer wollte sich also beschweren? www.quotsa.com
13.06. Interlaken (CH), Greenfield Festival
21. bis 23.06. Scheessel, Hurricane
21. bis 23.06. Neuhausen, Southside
22.06. Berlin, Zitadelle
02.07. Wien, Stadthalle
„…Like Clockwork“
(Matador)
An den Queens Of The Stone Age scheiden sich die Geister. Hier die hartgesottenen und unbedingten Stoner-Traditionalisten, die sich den Queens auch nach Jahren nur über die kalifornischen Kyuss, zugleich Stammzellenträger, Überväter und Gralshüter des staubtrockenen Wüstenrocks, nähern, da die klassischen Hartmetaller und zu guter Letzt die nicht eben kleine Gemeinde der Grunge-, Alternativ- und Indiespezialisten. Es ihnen allen Recht zu machen scheint schlichtweg aussichtslos: Wo die einen Verrat am Subgenre beklagen und Rückbesinnung einfordern, geht denen, die das gnadenlose Brett bevorzugen, das ganze Diversifikationsgemucke kräftig auf den Sack, der kleinteiliger gestrickten Anhängerschaft kann es wiederum nicht abwechslungsreich genug zugehen. Und mittendrin Josh Homme, einst Kifferikone, dann Vorzeige-Geier, gern auch mal als braver Schmusecrooner unterwegs, ausgestattet mit einem gewaltigen Ego und bekannt dafür, die Besetzung seiner Band fast so häufig auszutauschen wie der selige Mark E. Smith.
Trotzdem und genau deshalb ist dieses sechste Album der Band ein außergewöhnlich gutes geworden, besser in jedem Falle als die beiden etwas zerrissen wirkenden Vorgänger „Lullabies To Paralyze“ und „Era Vulgaris“. Ob’s daran liegt, dass Dave Grohl, letztmals für „Songs For The Deaf“ bei den Queens aktiv, für den Großteil der Stücke wieder hinter den Kuhfellen Platz genommen hat oder mit Nick Oliveri ein alter Bekannter zur Rückkehr bewegt werden konnte? Eher nicht. Denn die Drums auf diesem Album sind, bei allem Respekt, nicht eben die anspruchsvollsten, Oliveris Beitrag ist auch nicht so klar zu bemessen. Überhaupt – Homme gilt ja als bestens vernetzter Musiker, die Payroll zum Album bietet wie gewohnt große Namen, allein: Wen man hört, ist Homme selbst. Am Piano bei „Fairweather Friends“ sitzt Elton John? Piano? Geschenkt. Ähnlich geht’s den Gastbeiträgen von Frank Turner, Mark Lanegan und Jake Shears, sie werden, wenn überhaupt, nur als Randnotiz wahrgenommen. Einzig Trent Reznor kann sich mit „Kalopsia“ den passenden Song kapern und zu Eigen machen – eine düstere Fantasie voller schwermetallischem Krach und unheilvollen Ruhepunkten, die in Geschrei und Chaos endet.
Der Spagat also zwischen den Erwartungen und Ansprüchen ist es, der „…Like Clockwork“ gelingen lässt: Die für die Queens so typischen, vorwärtsgetriebenen Rocknummern „I Sat By The Ocean“ und „My God Is The Sun“, hier läuft der Generator auf Hochtouren und die Stücke erinnern angenehm an die vergangenen Großtaten „Go With The Flow“ oder „Feel Good Hit Of The Summer“. Auch eher traditionell, aber eine Spur überdrehter und deshalb großartig „Smooth Sailing“ – wie der junge Iggy Pop knarzt sich Homme durch diesen satten und windschiefen Rockfetzen: „I’m gonna do the damage, till the damage is done“, wie wahr. Ebenso gut aber auch die ausgefalleneren Stücke wie der synthetisch unterfütterte Schmerzgesang „The Vampyre Of Time And Memory“ (“To be vulnerable is needed most of all, if you intend to truly fall apart, … I feel no love“), der beginnt, als käme er direkt aus der Klangwerkstatt von Depeche Mode und sich später in Richtung Art und Prog emporschwingt, nicht zum ersten Mal lassen Pink Floyd grüßen.
Ähnlich gelagert „I Appear Missing“, das Stück also mit dem mumifizierten Untoten im Schlepptau – eine gelungene Verbindung aus sattem Gitarrenlärm und psychedelischem Gewaber. Cream of the crop aber sicher „If I Had A Tail“ als eine Art Rock-Cabaret oder Zitatesammlung, “Lady Marmelade” vs. “Da Do Run Run” – herrlich. Auch am Schluß ein, jetzt eher nachdenklicher, Querverweis (je nach Alter wahlweise auf Kravitz oder Timberlake): „Most of what you see my dear is purely for show, because not everything that goes around comes back around you know, holding on too long is just fear of letting go, because not everything that goes around comes back around you know” – Homme beklagt im Titelstück mit zarter Kopfstimme die Vergeblichkeit allen Tuns und läßt die Herzen heulen. Er hat es wieder mal allen Zweiflern gezeigt, sechs, sieben erstklassige Stücke darf man zählen, der Rest ist mindestens ordentlich. Er hat ihn noch, den Punch – wer wollte sich also beschweren? www.quotsa.com
13.06. Interlaken (CH), Greenfield Festival
21. bis 23.06. Scheessel, Hurricane
21. bis 23.06. Neuhausen, Southside
22.06. Berlin, Zitadelle
02.07. Wien, Stadthalle
Tut gar nicht weh
Es wird nachgereicht: Austra, die für Mitte Juni ihr neues Album "Olympia" angekündigt hat, läßt nach "Home" das zweite Stück leaken. "Painful Like" heißt der Titel und ist bei Soundcloud zu finden.
Mittwoch, 29. Mai 2013
Mash Up
Nein, das ist keine Photoshop-Montage, die beiden haben wirklich etwas miteinander, und zwar sehr bald: Elvis Costello hat angekündigt, Mitte September zusammen mit Questlove, dem Schlagmann und Mitbegründer der Roots, ein Album zu veröffentlichen. Einen Vorgeschmack gibt es leider noch nicht zu servieren, die Platte wird aber ganz sicher "Wise Up Ghost" heißen und bei Blue Note Records erscheinen. Das erste Rendezvous der beiden ist dies natürlich nicht, wie man unten sehen kann, standen sie schon gemeinsam auf der Bühne, nicht zuletzt auch wegen Questloves Teilzeitjob bei Jimmy Fallon und seiner Late Night Show.
Fehlerfrei
Kann man da überhaupt etwas falsch machen? Jemand wie Ellie Goulding sicher nicht. Und so covert das Lieblingskind der britischen Musikszene (und Skrillex-Ex) den Song "Tesselate" der aktuellen Mercury-Prize-Gewinner Alt-J und es klingt gar nicht mal so übel - hier bei Soundcloud.
Nichts genaues weiß man nicht
Wenn man auch selber nicht alles im Blick haben kann - dem aufmerksamen Leser entgeht nichts (besten Dank deshalb nach Österreich): Die kanadische Indierockformation Young Rival, erst kürzlich mit ihrem zweiten Album "Stay Young" auffällig geworden, tourt zur Zeit durchs regennasse Europa und schon heute Abend geht's los. Wer sich zuvor noch ein paar Kostproben holen will, dem sei zum einen das extrem kurzweilige Bodypainting-Video zu "Two Reasons" (Favorit: natürlich der Affe!), der Komplettstream des Albums bei Noisey und die letzte Single "Nothing You Know Well" samt Clip (s.u.) empfohlen.
29.05. Berlin, Crystal
30.05. Hamburg, Molotow
31.05. Dresd...äh, Osnabrück (sorry!), Kleine Freiheit
01.06. Mannheim, Maifeld Derby
19.07. Cuxhaven, Deichbrand Festival
20.07. Ingolstadt, Taktrum Festival
29.05. Berlin, Crystal
30.05. Hamburg, Molotow
31.05. Dresd...äh, Osnabrück (sorry!), Kleine Freiheit
01.06. Mannheim, Maifeld Derby
19.07. Cuxhaven, Deichbrand Festival
20.07. Ingolstadt, Taktrum Festival
Dienstag, 28. Mai 2013
Vom Tuten und Blasen
Der Titel klingt ähnlich ungewöhnlich wie "Schachboxen", doch wie wir wissen, gibt's ja mittlerweile auch das: David Byrne und St. Vincent haben im vergangenen Jahr mit "Love This Giant" ein wirklich fabelhaftes Album hinbekommen, die Single "Who" sitzt einem heute noch in den Knochen, und weil das Ganze so viel Spaß gemacht hat, gibt es nun als Bonus die EP "Brass Tactics". Sie versammelt neben dem neuen Stück "Cissus" auch Live- und Remixversionen und kann
">hier, kostenlos und höchst legal, heruntergeladen werden.
">hier, kostenlos und höchst legal, heruntergeladen werden.
Zweifellos zauberhaft
Camera Obscura
„Desire Lines“
(4AD)
Hat sie “schwierig” gesagt? Noch mal hinhören – tatsächlich: Die Aufnahmen zum aktuellen Album, so Tracyanne Campbell, hätten sich schwieriger gestaltet als zuvor, die große Pause zwischen “Desire Lines” und dem Vorgänger “My Maudlin Career” wäre eine neue Herausforderung gewesen, man habe sich schwergetan mit der Platte Nummer 5. Mhhh, ja, wir wollen ihr das glauben. Aber hören, hören tut man das verdammt noch mal an keiner Stelle der gut fünfundvierzig Minuten. Camera Obscura aus dem schottischen Glasgow machen seit 1996 Musik, die offiziell unter dem Label Indiepop firmiert, für ihre Anhänger allerdings gehören Campbell, Lee Thomson, Carey Lander, Kenny McKeeve und Gavin Dunbar zum kleinen, aber auserlesenen Klub der Magiere, Bands also wie Beautiful South, Belle And Sebastian, Standard Fare oder die Veronica Falls, denen es auf schleierhaft einfache Weise gelingt, ein stets schwelgerisches, humorvolles und so warmherzig wie melancholisches Lebensgefühl zu vertonen.
Sie haben sich für dieses Album mit Tucker Martin, einem Produzenten aus Nashville zusammengetan, dem Mann, der schon für R.E.M., Spoon, die Decemberists und Beth Orton gearbeitet hat und – wie zu hören – hat es dem Sound der Schotten nicht geschadet. Auch “Desire Lines” bleibt charmant und unverschämt eingängig, die Stücke in der Mehrzahl zart, einige fordernd und etwas drängender. “Troublemaker” ist ein Song, über dessen nahezu perfektes Arrangement man eigentlich nur den Kopf schütteln kann, Campbell trällert gewohnt unbeschwert über eigene Unzulänglichkeiten und hat, ganz sicher, ein passendes Lächeln dazu. Von ähnlicher Anmut: “New Year’s Resolution”, “William’s Heart” oder auch “Every Weekday”, mal durch eine ungewohnt rockige Gitarrenspur ergänzt, für “Miss Your Party” gibt’s sogar eine bisschen Bigband obendrauf.
Hätte man nicht von den Gastspielen gelesen, man würde kaum merken, dass auch Neko Case und Jim James (My Morning Jacket) bei einigen Liedern im Hintergrund mithelfen, so zum Beispiel beim flotten Swing von “Do It Again”. Zum Abschied setzt man sich für den Titeltrack gemeinsam samt Slide Guitar und verträumtem Georgel ans Lagerfeuer, das Holzknistern und die paar Grillen denkt sich wer will dazu. Nach Deutschland werden sie, soviel ist sicher, so schnell nicht kommen können – Campbell erwartet Nachwuchs: “So that’s another thing to kick us up the arse. Never smooth sailing. But maybe that’s a good thing.” Klingt wieder schwer nach Schwierigkeiten, klingt also so, als sollte es ihnen schon wieder nichts ausmachen. “Desire Lines” jedenfalls ist – Probleme hin oder her – eines ihrer besten Alben geworden, man darf also auch für die Zukunft gespannt sein. http://camera-obscura.net/
Komplettstream des Albums bei NPR
„Desire Lines“
(4AD)
Hat sie “schwierig” gesagt? Noch mal hinhören – tatsächlich: Die Aufnahmen zum aktuellen Album, so Tracyanne Campbell, hätten sich schwieriger gestaltet als zuvor, die große Pause zwischen “Desire Lines” und dem Vorgänger “My Maudlin Career” wäre eine neue Herausforderung gewesen, man habe sich schwergetan mit der Platte Nummer 5. Mhhh, ja, wir wollen ihr das glauben. Aber hören, hören tut man das verdammt noch mal an keiner Stelle der gut fünfundvierzig Minuten. Camera Obscura aus dem schottischen Glasgow machen seit 1996 Musik, die offiziell unter dem Label Indiepop firmiert, für ihre Anhänger allerdings gehören Campbell, Lee Thomson, Carey Lander, Kenny McKeeve und Gavin Dunbar zum kleinen, aber auserlesenen Klub der Magiere, Bands also wie Beautiful South, Belle And Sebastian, Standard Fare oder die Veronica Falls, denen es auf schleierhaft einfache Weise gelingt, ein stets schwelgerisches, humorvolles und so warmherzig wie melancholisches Lebensgefühl zu vertonen.
Sie haben sich für dieses Album mit Tucker Martin, einem Produzenten aus Nashville zusammengetan, dem Mann, der schon für R.E.M., Spoon, die Decemberists und Beth Orton gearbeitet hat und – wie zu hören – hat es dem Sound der Schotten nicht geschadet. Auch “Desire Lines” bleibt charmant und unverschämt eingängig, die Stücke in der Mehrzahl zart, einige fordernd und etwas drängender. “Troublemaker” ist ein Song, über dessen nahezu perfektes Arrangement man eigentlich nur den Kopf schütteln kann, Campbell trällert gewohnt unbeschwert über eigene Unzulänglichkeiten und hat, ganz sicher, ein passendes Lächeln dazu. Von ähnlicher Anmut: “New Year’s Resolution”, “William’s Heart” oder auch “Every Weekday”, mal durch eine ungewohnt rockige Gitarrenspur ergänzt, für “Miss Your Party” gibt’s sogar eine bisschen Bigband obendrauf.
Hätte man nicht von den Gastspielen gelesen, man würde kaum merken, dass auch Neko Case und Jim James (My Morning Jacket) bei einigen Liedern im Hintergrund mithelfen, so zum Beispiel beim flotten Swing von “Do It Again”. Zum Abschied setzt man sich für den Titeltrack gemeinsam samt Slide Guitar und verträumtem Georgel ans Lagerfeuer, das Holzknistern und die paar Grillen denkt sich wer will dazu. Nach Deutschland werden sie, soviel ist sicher, so schnell nicht kommen können – Campbell erwartet Nachwuchs: “So that’s another thing to kick us up the arse. Never smooth sailing. But maybe that’s a good thing.” Klingt wieder schwer nach Schwierigkeiten, klingt also so, als sollte es ihnen schon wieder nichts ausmachen. “Desire Lines” jedenfalls ist – Probleme hin oder her – eines ihrer besten Alben geworden, man darf also auch für die Zukunft gespannt sein. http://camera-obscura.net/
Komplettstream des Albums bei NPR
Anstellen, Marsch Marsch!
Das hätte man einem Ossi nicht sagen müssen - wenn der eine Schlange sieht, stellt er sich ohnehin erst mal an (auch wenn der letzte, der weiß, was es gibt, vor einiger Zeit gegangen ist - sorry, alter Zonenwitz). Vor dem Laden von Vopo-Records in Berlin ist jedenfalls einiges Gedränge. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht wissen Die Ärzte weiter? Der Bademeister hat jedenfalls gerufen und mit etwas Glück beim Schnickschnackschnuck kommt man möglicherweise ein paar Plätze vor ... Wer also in die Reihe will: www.bademeister.com abchecken und anstellen!
Geheime Leidenschaft
Ganz ehrlich, mit Black Mountain vom berüchtigten Jagjaguwar-Label hätte man Lightning Dust nun nicht unbedingt in Verbindung gebracht, zu groß ist der Unterschied zwischen elektronischem Wohlklang und großformatigem Psychrock. Dennoch - Amber Webber und Joshua Wells sind nach wie vor Mitglieder des kanadischen Krach-Ensembles, haben aber offenkundig einen Weg gefunden, ihrer geheimen Leidenschaft, dem Synthpop, zu frönen - Ende Juni wird ihr bislang drittes Album "Fantasy" erscheinen und mit "Diamond" gibt es daraus nicht nur einen wunderschönen Song, sonder auch gleich etwas anmutige Wassergymnastik - wenn das mal nicht ein paar ordentliche Gegensätze sind.
Im Kommen
Glasgow rules, offensichtlich: Die neue Single der Chvrches ist auf dem Weg, ein feines Stück Dancepop, etwas anderes hat man auch gar nicht erwartet. "Gun" erscheint Mitte Juli, bei Soundcloud kann man schon mal reinhören und so langsam, langsam wachsen sie einem an's Haerts (hüstel).
Montag, 27. Mai 2013
Auf Wiederhören
Karl Bartos
„Off The Record“
(Bureau B/Indigo)
Verzwickte Sache – der Mann hat ein Problem. Und wir gleich mit ihm. Seit Karl Bartos Kraftwerk 1990 den Rücken gekehrt hat, will ihm wirklich Wegweisendes nicht mehr gelingen. Nicht mit der Rheingold-Koop Electric Music, auch der Stern von Sumners und Marrs Electronic verglühte so schnell wie er aufgestiegen war und die bisherigen Solowerke unter eigenem Klarnamen waren nicht mehr als solide Arbeitsnachweise. Einst noch Revolutionär, später dann Kunstprofessor mit kinematografischer Passion, nach Rock’n Roll klingt das nicht mehr. Mit den früheren Kollegen Wolfgang Flür und Florian Schneider spricht er ab und an, der Kontakt zu Ralf Hütter ist abgebrochen – Bartos bedachte dessen ReWork- und Animationstour unter altem Namen denn auch mit wenig schmeichelhaften Kommentaren ("Forget about technical nostalgia in 3D...“/Quietus). Und nun wird gerade er, der ein eher ambivalentes Verhältnis zu seiner musikalischen Vergangenheit pflegt, von seinem Label auf den Dachboden geschickt mit der Bitte, doch ein paar alter Bänder aus den 70er und 80er Jahren aus dem Staub zu kramen und für seine neue Platte gewinnbringend aufzuhübschen.
Soll heißen: Der Mann, dem Retro immer ein Dorn im Auge war, gibt nun mit „Off The Record“ den Retrospektivisten – kann das gutgehen? Es ist ja nicht so, dass Bartos nicht wüßte, was für ein heißes Eisen er da anpackt mit Stücken, die bisher – aus welchen Gründen auch immer – auf keiner offiziellen Kraftwerk-LP zu finden waren. Dem Internet-Portal emusic erzählte er neulich: „A song like “The Model” cannot be that good because “The Model” was written more than 30 years ago, and it has gone through so many filters of time.“ Deutet man dies um, heißt es nichts anderes, als dass jemand, der heute noch den Sound von damals zu verfertigen sucht, nur scheitern könne. Gleich das erste Stück „Atomium“ soll also die Probe auf’s Exempel sein – einem der Urthemen seiner Vita und Band verpflichtet („...the rise and fall of the atomic age...“) – hier klappt sie, die Transformation ins heute, die Erinnerung setzt den Rahmen und wirkt trotzdem ganz und gar nicht staubig.
Bezeichnenderweise wird es immer dann grenzwertig, wenn Bartos meint, sich neue Klangspektren erschließen zu müssen: Bei „Nachtfahrt“ fühlt man sich schnell an den süßlichen und unironischen Kitsch von Schiller oder Peter Heppner erinnert, auch „International Velvet“ gerät eine Spur zu gefällig und lieblich. Bei „The Tuning Of The World“ stört das Weichzeichnnerische des Sounds ebenfalls – nebenbei, allzu pathetische Lebensbetrachtungen („I wish I could believe in God...“) möchte man von diesem Mann eigentlich nicht hören. Dagegen steht die gelungene und mehr als augenzwinkernde Adresse an seinen früheren „Showroom-Dummy“ Karl in „Without A Trace Of Emotion“ – der Zwiespalt, mit dem Bartos sich Zeit der Trennung herumschlagen muß, ist hier auf sehr humorvolle Weise zu greifen: „I wish I could remix my life to another beat ... dresscode: red shirt, black tie – you’re history, you’re history.“ Auch „Musica Ex Machina“ und „Vox Humana“ können durchaus gefallen, das erste als eine Art Wegbeschreibung und Manifest, letzteres für einen kühlen Elektrotechniker wie ihn fast schon eine Antithese: „Die menschliche Stimme ist das ausdrucksstärkste Musikinstrument überhaupt“ – Stimme, Kraftwerk, da darf man schon mal leise lachen ...
Es bleibt also bei einem recht widersprüchlichen Vergnügen – Bartos löst sich, gottlob, weder thematisch noch musikalisch von seiner Vergangenheit, wo er es dennoch versucht, scheitert er. Er weiß sehr wohl, dass elektronische Musik heutzutage weitaus komplexer ist als in den Tagen seiner ersten Erfolge und dass vieles von dem, was er damals als Novum mit auf den Weg brachte, heute vereinnahmt und verfeinert, schlimmstenfalls auch bis ins Belanglose verwässert worden ist. Dass er den schmalen Grad zwischen den Zeiten, zwischen U und E, Anspruch und Pop trotzdem unbeirrt weitergeht, ist mindestens respektabel, in manchen, wenigen Momenten aber eben auch einfach schön. http://www.karlbartos.de/
„Off The Record“
(Bureau B/Indigo)
Verzwickte Sache – der Mann hat ein Problem. Und wir gleich mit ihm. Seit Karl Bartos Kraftwerk 1990 den Rücken gekehrt hat, will ihm wirklich Wegweisendes nicht mehr gelingen. Nicht mit der Rheingold-Koop Electric Music, auch der Stern von Sumners und Marrs Electronic verglühte so schnell wie er aufgestiegen war und die bisherigen Solowerke unter eigenem Klarnamen waren nicht mehr als solide Arbeitsnachweise. Einst noch Revolutionär, später dann Kunstprofessor mit kinematografischer Passion, nach Rock’n Roll klingt das nicht mehr. Mit den früheren Kollegen Wolfgang Flür und Florian Schneider spricht er ab und an, der Kontakt zu Ralf Hütter ist abgebrochen – Bartos bedachte dessen ReWork- und Animationstour unter altem Namen denn auch mit wenig schmeichelhaften Kommentaren ("Forget about technical nostalgia in 3D...“/Quietus). Und nun wird gerade er, der ein eher ambivalentes Verhältnis zu seiner musikalischen Vergangenheit pflegt, von seinem Label auf den Dachboden geschickt mit der Bitte, doch ein paar alter Bänder aus den 70er und 80er Jahren aus dem Staub zu kramen und für seine neue Platte gewinnbringend aufzuhübschen.
Soll heißen: Der Mann, dem Retro immer ein Dorn im Auge war, gibt nun mit „Off The Record“ den Retrospektivisten – kann das gutgehen? Es ist ja nicht so, dass Bartos nicht wüßte, was für ein heißes Eisen er da anpackt mit Stücken, die bisher – aus welchen Gründen auch immer – auf keiner offiziellen Kraftwerk-LP zu finden waren. Dem Internet-Portal emusic erzählte er neulich: „A song like “The Model” cannot be that good because “The Model” was written more than 30 years ago, and it has gone through so many filters of time.“ Deutet man dies um, heißt es nichts anderes, als dass jemand, der heute noch den Sound von damals zu verfertigen sucht, nur scheitern könne. Gleich das erste Stück „Atomium“ soll also die Probe auf’s Exempel sein – einem der Urthemen seiner Vita und Band verpflichtet („...the rise and fall of the atomic age...“) – hier klappt sie, die Transformation ins heute, die Erinnerung setzt den Rahmen und wirkt trotzdem ganz und gar nicht staubig.
Bezeichnenderweise wird es immer dann grenzwertig, wenn Bartos meint, sich neue Klangspektren erschließen zu müssen: Bei „Nachtfahrt“ fühlt man sich schnell an den süßlichen und unironischen Kitsch von Schiller oder Peter Heppner erinnert, auch „International Velvet“ gerät eine Spur zu gefällig und lieblich. Bei „The Tuning Of The World“ stört das Weichzeichnnerische des Sounds ebenfalls – nebenbei, allzu pathetische Lebensbetrachtungen („I wish I could believe in God...“) möchte man von diesem Mann eigentlich nicht hören. Dagegen steht die gelungene und mehr als augenzwinkernde Adresse an seinen früheren „Showroom-Dummy“ Karl in „Without A Trace Of Emotion“ – der Zwiespalt, mit dem Bartos sich Zeit der Trennung herumschlagen muß, ist hier auf sehr humorvolle Weise zu greifen: „I wish I could remix my life to another beat ... dresscode: red shirt, black tie – you’re history, you’re history.“ Auch „Musica Ex Machina“ und „Vox Humana“ können durchaus gefallen, das erste als eine Art Wegbeschreibung und Manifest, letzteres für einen kühlen Elektrotechniker wie ihn fast schon eine Antithese: „Die menschliche Stimme ist das ausdrucksstärkste Musikinstrument überhaupt“ – Stimme, Kraftwerk, da darf man schon mal leise lachen ...
Es bleibt also bei einem recht widersprüchlichen Vergnügen – Bartos löst sich, gottlob, weder thematisch noch musikalisch von seiner Vergangenheit, wo er es dennoch versucht, scheitert er. Er weiß sehr wohl, dass elektronische Musik heutzutage weitaus komplexer ist als in den Tagen seiner ersten Erfolge und dass vieles von dem, was er damals als Novum mit auf den Weg brachte, heute vereinnahmt und verfeinert, schlimmstenfalls auch bis ins Belanglose verwässert worden ist. Dass er den schmalen Grad zwischen den Zeiten, zwischen U und E, Anspruch und Pop trotzdem unbeirrt weitergeht, ist mindestens respektabel, in manchen, wenigen Momenten aber eben auch einfach schön. http://www.karlbartos.de/
Hrezen
Freitag, 24. Mai 2013
Zärtliche Übernahme
Hugs And Kisses
„Tender To All Gender“
(Trikont)
„Music with content should be fun and danceable“, was hier so schlüssig im Booklet zu lesen ist, gilt ja seit jeher als Maxime der queeren Szene. Techno, Acid, House, all das bringt man ohne weiteres mit der schwul-lesbischen Tanzkultur in Verbindung – dass abseits der schillernden Clubgrößen auch bislang unbesetzte Genres wie Darkwave und Rap erfolgreich bespielt werden, möchte das halbjährlich erscheinende Hamburger Magazin Hugs And Kisses mit seinem Sampler „Tender To All Gender“ vermitteln. Und so finden sich neben den vertrauten Funkbeats der Dänen Junior Senior, Lesbians on Ecstasy aus Montreal, dem Scream Club aus Olympia/Washington und dem bizarren italienischen Danceduo Hard Ton Disco Queen auf dem Sampler auch einige Überraschungen, die durchaus nicht jedem geläufig sein dürften: So das mexikanisch-argentinische Sextett Kumbia Queers, das lateinamerikanische und afrokubanische Rhythmen angstfrei durch den Sequenzer dreht und mit den altbekannten Posen des Machismo bricht – sie nennen es Tropipunk, whatever. Auch dabei der Australier Scott Matthew, hier mit einem Stück seines letzten Albums „Gallantry’s Favorite Son“. Matthew setzt in „No Place Called Hell“ zu gemütlicher Schunkelei gallig-bitteren Zeilen, die einem die Nackenhaare aufstellen: “They break our ties and tell us that our thoughts are lies, because we know there's nothing on the other side called hell and they can't seem to keep us down. Are you scared 'cause your losing control? Are you scared 'cause your losing that hold?” Passende Wiederaufführung dann für Bernadette La Hengst und "Ein Mädchen namens Gerd", ein bissiges Stück, das man schon von der ebenso feinen Cash-Huldigung "A Boy Named Sue" (Trikont) kannte. Der Eurodance der Hungry Hearts aus Norwegen wiederum könnte beiläufig und lau dahinplätschern, wären die textlichen Einschübe nicht von so unverstellter sexueller Eindeutigkeit, dass die Formatradiotauglichkeit sofort wieder zum Teufel ist (“I want your pussy in my face, your fingers up my arse, your lips around my clit, your hands on my tits, I just wanna fuck you on the floor until your pussy’s sore”) – nix mit ESC also. Zwei weitere Aufmerker dann gegen Ende der Compilation – die Berlinerin Sookee kickt mit „Siebenmeilenhighheels“ den HipHop aus der Hetero-Schublade und Light Asylum aus Brooklyn schaffen es gar, mit ihrem Stück „Dark Allies“ (obschon etwas älter) gleich mehrere Vorurteile zu beerdigen – Newgoth als quasi geschlechtsloses white mens thing ist mit diesem Duo wohl endgültig vorbei. Neben den zahlreichen gesellschaftspolitischen Statements – hier natürlich auch Peaches „Free Pussy Riot“ – ist das also der nicht eben kleine Verdienst der vorliegenden Sammlung: Vielfalt, Extravaganz und Selbstverständnis gleichermaßen aufzuzeigen, ohne auf den Spaß verzichten zu müssen. http://www.hugsandkissesonline.de/
Aufgepaßt: Mapambulo verlost ein Exemplar der Compilation, einfach eine schnelle Mail an info@mapambulo.de und ab geht die Post!
CD-Releaseparty Berlin: 28.05. Möbel Olfe am Kotti mit Bernadette La Hengst und Julie Wood (Hugs And Kisses)
„Tender To All Gender“
(Trikont)
„Music with content should be fun and danceable“, was hier so schlüssig im Booklet zu lesen ist, gilt ja seit jeher als Maxime der queeren Szene. Techno, Acid, House, all das bringt man ohne weiteres mit der schwul-lesbischen Tanzkultur in Verbindung – dass abseits der schillernden Clubgrößen auch bislang unbesetzte Genres wie Darkwave und Rap erfolgreich bespielt werden, möchte das halbjährlich erscheinende Hamburger Magazin Hugs And Kisses mit seinem Sampler „Tender To All Gender“ vermitteln. Und so finden sich neben den vertrauten Funkbeats der Dänen Junior Senior, Lesbians on Ecstasy aus Montreal, dem Scream Club aus Olympia/Washington und dem bizarren italienischen Danceduo Hard Ton Disco Queen auf dem Sampler auch einige Überraschungen, die durchaus nicht jedem geläufig sein dürften: So das mexikanisch-argentinische Sextett Kumbia Queers, das lateinamerikanische und afrokubanische Rhythmen angstfrei durch den Sequenzer dreht und mit den altbekannten Posen des Machismo bricht – sie nennen es Tropipunk, whatever. Auch dabei der Australier Scott Matthew, hier mit einem Stück seines letzten Albums „Gallantry’s Favorite Son“. Matthew setzt in „No Place Called Hell“ zu gemütlicher Schunkelei gallig-bitteren Zeilen, die einem die Nackenhaare aufstellen: “They break our ties and tell us that our thoughts are lies, because we know there's nothing on the other side called hell and they can't seem to keep us down. Are you scared 'cause your losing control? Are you scared 'cause your losing that hold?” Passende Wiederaufführung dann für Bernadette La Hengst und "Ein Mädchen namens Gerd", ein bissiges Stück, das man schon von der ebenso feinen Cash-Huldigung "A Boy Named Sue" (Trikont) kannte. Der Eurodance der Hungry Hearts aus Norwegen wiederum könnte beiläufig und lau dahinplätschern, wären die textlichen Einschübe nicht von so unverstellter sexueller Eindeutigkeit, dass die Formatradiotauglichkeit sofort wieder zum Teufel ist (“I want your pussy in my face, your fingers up my arse, your lips around my clit, your hands on my tits, I just wanna fuck you on the floor until your pussy’s sore”) – nix mit ESC also. Zwei weitere Aufmerker dann gegen Ende der Compilation – die Berlinerin Sookee kickt mit „Siebenmeilenhighheels“ den HipHop aus der Hetero-Schublade und Light Asylum aus Brooklyn schaffen es gar, mit ihrem Stück „Dark Allies“ (obschon etwas älter) gleich mehrere Vorurteile zu beerdigen – Newgoth als quasi geschlechtsloses white mens thing ist mit diesem Duo wohl endgültig vorbei. Neben den zahlreichen gesellschaftspolitischen Statements – hier natürlich auch Peaches „Free Pussy Riot“ – ist das also der nicht eben kleine Verdienst der vorliegenden Sammlung: Vielfalt, Extravaganz und Selbstverständnis gleichermaßen aufzuzeigen, ohne auf den Spaß verzichten zu müssen. http://www.hugsandkissesonline.de/
Aufgepaßt: Mapambulo verlost ein Exemplar der Compilation, einfach eine schnelle Mail an info@mapambulo.de und ab geht die Post!
CD-Releaseparty Berlin: 28.05. Möbel Olfe am Kotti mit Bernadette La Hengst und Julie Wood (Hugs And Kisses)
Donnerstag, 23. Mai 2013
Chinese Democrazy?
Die Meldung, der chinesische Dissident Ai Weiwei arbeite an einem Heavy-Metal-Album, ist ja so neu nicht mehr, nun aber gibt es einen ersten audiovisuellen Arbeitsnachweis: Weiwei hat zu einer unzweideutigen und recht originalgetreu nachgebauten Gefängnisszenerie den in Mandarin eingesungenen Titel "Dumbass" stellen lassen und ist Axl Rose damit um einige Längen voraus.
Killing me softly
Irgendwer muss es halt rauskramen, denn ganz so neu wie's scheint ist die Nachricht wirklich nicht: Lauren Mayberry, vielen zur Stunde bekannt als die Stimme der schottischen Pophoffnung Chvrches, stand vor dieser Zeit bei einer Band mit Namen Blue Sky Archives in Lohn und Brot und beschäftigte sich dort u.a. mit dem Nachsingen allseits bekannter Rap- und Metalklassiker. Im Jahr 2011 haben BSA eine Variation von "Killing In The Name" der Crossover-Ikonen Rage Against The Machine eingespielt - SPIN hat diese nun gefunden, bei Bandcamp darf man sich das und weitere Sachen gern anhören.
Mittwoch, 22. Mai 2013
Kein Trost, nirgends
VÅR
„No One Dances Quite Like My Brothers“
(Sacred Bones)
Und wieder bittet die Finsternis zum Tanz. Was einigermaßen verwirrt ist der Name der Formation – ursprünglich als „WAR“ gestartet, ist daraus bald „VÅR” geworden und das bedeutet nun mal auf dänisch “Frühling” und will so nicht ganz zu den düsteren Klängen passen. Sei’s drum, Elias Bender Rønnenfelt, im Hauptberuf Sänger der Noisepunk-Band Iceage und Loke Rahbek, wiederum bei Sexdrome beschäftigt, werden sich schon ihren Teil dabei gedacht haben. Auch ‚Formation‘ ist trifft es eigentlich nicht ganz, VÅR firmieren eher unter ‘Multimediaprojekt’, die Stücke auf „No One Dances Quite Like My Brothers” wirken eher wie Performances, kühl, distanziert, tiefschwarz ohnehin – man sagt wohl jetzt Coldwave dazu. Die Klammer, die dieses Album als Referenz umschließt, kann mit Joy Division schnell benannt werden – sowohl das erste Stück (Begin To Remember) als auch das abschließende (Katla) erinnern allzu deutlich an “Atmosphere”, den genialen All-Time-Classic der Jungs aus Manchester. Dunkles Pochen und Wummern, eine rostige Tür quietscht in den Angeln, zähe Synthloops zu trostlosem Gesang – Aufmunterung ist hier nicht zu holen. Auch dazwischen wenig Änderung, es nebelt, mäandert, taumelt zu künstlichen Beats, mal verirren sich ein paar Gitarren- und Bläsersamples in trübe Gesamtbild (Motionless Duties), dann wieder lassen trockene Schläge den Körper zucken (The World Fell) – hier und nur hier denkt man kurz, VÅR könnten sich auch gut als ‘Mr. Hyde’ zu den gutmütigen Drums gesellen. Aber natürlich wären sie nicht bei Sacred Bones (Zola Jesus, Lust For Youth, The Men) gelandet, hätten sie sich nicht komplett der Schattenseite verschrieben. Ein reizvolles, wenn auch wenig erbauliches Album – aber der Frühling da draußen macht sich um seinen Namen dieser Tage auch nicht gerade verdient.
„No One Dances Quite Like My Brothers“
(Sacred Bones)
Und wieder bittet die Finsternis zum Tanz. Was einigermaßen verwirrt ist der Name der Formation – ursprünglich als „WAR“ gestartet, ist daraus bald „VÅR” geworden und das bedeutet nun mal auf dänisch “Frühling” und will so nicht ganz zu den düsteren Klängen passen. Sei’s drum, Elias Bender Rønnenfelt, im Hauptberuf Sänger der Noisepunk-Band Iceage und Loke Rahbek, wiederum bei Sexdrome beschäftigt, werden sich schon ihren Teil dabei gedacht haben. Auch ‚Formation‘ ist trifft es eigentlich nicht ganz, VÅR firmieren eher unter ‘Multimediaprojekt’, die Stücke auf „No One Dances Quite Like My Brothers” wirken eher wie Performances, kühl, distanziert, tiefschwarz ohnehin – man sagt wohl jetzt Coldwave dazu. Die Klammer, die dieses Album als Referenz umschließt, kann mit Joy Division schnell benannt werden – sowohl das erste Stück (Begin To Remember) als auch das abschließende (Katla) erinnern allzu deutlich an “Atmosphere”, den genialen All-Time-Classic der Jungs aus Manchester. Dunkles Pochen und Wummern, eine rostige Tür quietscht in den Angeln, zähe Synthloops zu trostlosem Gesang – Aufmunterung ist hier nicht zu holen. Auch dazwischen wenig Änderung, es nebelt, mäandert, taumelt zu künstlichen Beats, mal verirren sich ein paar Gitarren- und Bläsersamples in trübe Gesamtbild (Motionless Duties), dann wieder lassen trockene Schläge den Körper zucken (The World Fell) – hier und nur hier denkt man kurz, VÅR könnten sich auch gut als ‘Mr. Hyde’ zu den gutmütigen Drums gesellen. Aber natürlich wären sie nicht bei Sacred Bones (Zola Jesus, Lust For Youth, The Men) gelandet, hätten sie sich nicht komplett der Schattenseite verschrieben. Ein reizvolles, wenn auch wenig erbauliches Album – aber der Frühling da draußen macht sich um seinen Namen dieser Tage auch nicht gerade verdient.
Feel the pain
Primal Scream
“More Light”
(Ignition/Indigo)
Zugegeben, irgendwann kurz nach der Jahrtausendwende sind einem Primal Scream abhanden gekommen. Der blitzsaubere Rave von “Screamadelica” war zwar immer noch unter ‘best longplayers ever’ in der Großhirnrinde abgespeichert, doch Rave war gerade nicht mehr so gefragt und David Holmes hatte den Jungs mit “XTRMNTR” die wohl spleenigste Platte ihrer Karriere untergejubelt (Kill all Hippies, Swastika eyes, hoho!) – abgelegt. Und nun soll sich olle Bobby Gillespie (wieder mit Holmes) anschicken, etwas Nennenswertes zum Popdiskurs beizutragen? Wer’s glaubt … der alten Verbundenheit wegen also doch mal ein Interview rausgekramt – nun, der Junge scheint richtig sauer: Der Zustand der Gesellschaft, das Verhalten der eigenen Musikerzunft lassen ihn verzweifeln, kritische Selbstbetrachtung, Hinterfragen, ehrliche Auflehnung – alles Fehlanzeige, alles Pose, alles verdorben, bullshit wohin man schaut.
Das sind jetzt nicht gerade die exklusivsten Ansichten, die Gillespie da seinem Gegenüber präsentiert, gleichwohl äußert er sie aus exponierter Position und mit ehrlichem Furor, man will’s ihm also glauben. Und dass es genügend gute Gründe für eine Revolte gibt, aber keine Jugend, die sich dafür begeistern ließe, auch das darf als sicher gelten. Wen wundert’s, dass die neue Primal Scream ein recht unentschiedenes, wenig homogenes Werk geworden ist? Die in stein gemeißelte Regel, ein guter Song brauche nicht mehr als dreieinhalb Minuten, haben Primal Scream seit jeher ignoriert, sie nehmen sich auch bei “More Light” die Freiheit, die Mehrheit der Stücke auf Maximallänge zu strecken. Und es funktioniert meistenteils: Schon “2013” baut um Gillespies wütende Nörgelei die Soundwände der frühen Tage – nicht umsonst hat Kevin Shields auf Teilzeitbasis angeheuert – dazu fetter Bass und blechernes Saxophon, wenn nichts geht, geht wenigstens das.
Es folgen jede Menge Psychedelia, Jazz, Blues bis hin zum dramatischen Orchesterreigen, “River Of Pain” ist als dunkle Gewaltphantasie bedrückend und beeindruckend zugleich, “Hit Void” mimt den Rockfetzen und “Tenement Kid” bietet proletarischen Realismus zu elektronisch verschwurbelten Beats. Jedes der Stücke zeigt eine andere Facette, nur wenige von ihnen sind überraschend und neu, dennoch halten sie die Maschine am Laufen und die Drehzahl hoch. Ob Steelguitar mit Bartenderblues (Goodbye Johnny), kribbelnde Raverhythmen (Turn Each Other Inside Out) oder der teuflische “Elimination Blues” zusammen mit Robert Plant, Langeweile mag nicht aufkommen. Was Jason Pierce und seine Spiritualized im letzten Jahr in ein geniales “Hey Jane” gepackt haben, das verteilen Gillespie, Innes und Shields zu dreizehn gleichen Teilen. Das macht die Songs in der Summe vielleicht etwas weniger ergiebig, der Spaß an der Sache bleibt aber dennoch erhalten. Und wen das bittersüße Abschlußstück “It’s Allright, It’s Okay” nicht kriegt, nun, an dem ist dann auch in den 90ern wohl schon einiges vorbeigelaufen. Noch immer gilt: Don’t fight it, feel it! http://www.primalscream.net//
“More Light”
(Ignition/Indigo)
Zugegeben, irgendwann kurz nach der Jahrtausendwende sind einem Primal Scream abhanden gekommen. Der blitzsaubere Rave von “Screamadelica” war zwar immer noch unter ‘best longplayers ever’ in der Großhirnrinde abgespeichert, doch Rave war gerade nicht mehr so gefragt und David Holmes hatte den Jungs mit “XTRMNTR” die wohl spleenigste Platte ihrer Karriere untergejubelt (Kill all Hippies, Swastika eyes, hoho!) – abgelegt. Und nun soll sich olle Bobby Gillespie (wieder mit Holmes) anschicken, etwas Nennenswertes zum Popdiskurs beizutragen? Wer’s glaubt … der alten Verbundenheit wegen also doch mal ein Interview rausgekramt – nun, der Junge scheint richtig sauer: Der Zustand der Gesellschaft, das Verhalten der eigenen Musikerzunft lassen ihn verzweifeln, kritische Selbstbetrachtung, Hinterfragen, ehrliche Auflehnung – alles Fehlanzeige, alles Pose, alles verdorben, bullshit wohin man schaut.
Das sind jetzt nicht gerade die exklusivsten Ansichten, die Gillespie da seinem Gegenüber präsentiert, gleichwohl äußert er sie aus exponierter Position und mit ehrlichem Furor, man will’s ihm also glauben. Und dass es genügend gute Gründe für eine Revolte gibt, aber keine Jugend, die sich dafür begeistern ließe, auch das darf als sicher gelten. Wen wundert’s, dass die neue Primal Scream ein recht unentschiedenes, wenig homogenes Werk geworden ist? Die in stein gemeißelte Regel, ein guter Song brauche nicht mehr als dreieinhalb Minuten, haben Primal Scream seit jeher ignoriert, sie nehmen sich auch bei “More Light” die Freiheit, die Mehrheit der Stücke auf Maximallänge zu strecken. Und es funktioniert meistenteils: Schon “2013” baut um Gillespies wütende Nörgelei die Soundwände der frühen Tage – nicht umsonst hat Kevin Shields auf Teilzeitbasis angeheuert – dazu fetter Bass und blechernes Saxophon, wenn nichts geht, geht wenigstens das.
Es folgen jede Menge Psychedelia, Jazz, Blues bis hin zum dramatischen Orchesterreigen, “River Of Pain” ist als dunkle Gewaltphantasie bedrückend und beeindruckend zugleich, “Hit Void” mimt den Rockfetzen und “Tenement Kid” bietet proletarischen Realismus zu elektronisch verschwurbelten Beats. Jedes der Stücke zeigt eine andere Facette, nur wenige von ihnen sind überraschend und neu, dennoch halten sie die Maschine am Laufen und die Drehzahl hoch. Ob Steelguitar mit Bartenderblues (Goodbye Johnny), kribbelnde Raverhythmen (Turn Each Other Inside Out) oder der teuflische “Elimination Blues” zusammen mit Robert Plant, Langeweile mag nicht aufkommen. Was Jason Pierce und seine Spiritualized im letzten Jahr in ein geniales “Hey Jane” gepackt haben, das verteilen Gillespie, Innes und Shields zu dreizehn gleichen Teilen. Das macht die Songs in der Summe vielleicht etwas weniger ergiebig, der Spaß an der Sache bleibt aber dennoch erhalten. Und wen das bittersüße Abschlußstück “It’s Allright, It’s Okay” nicht kriegt, nun, an dem ist dann auch in den 90ern wohl schon einiges vorbeigelaufen. Noch immer gilt: Don’t fight it, feel it! http://www.primalscream.net//
Blackest Black
Wesley Eisold zählt ja seit langer Zeit schon zu den Lieblingen dieses Blogs, auch deshalb, weil er sich in regelmäßigen Abständen mit feinen Veröffentlichungen unter seinem Pseudonym Cold Cave in Erinnerung zu bringen weiß. Waren es erst kürzlich die Stücke "Oceans With No End" und "People Are Poison", kommt er nun mit "Black Boots" um die Ecke - zu beziehen über sein Label Heartworm Records.
Dienstag, 21. Mai 2013
Lauter Liebe
Der kleine Mann ist wieder da: Für Mitte September hat Brian Molko das neue Album von Placebo "Loud Like Love" angekündigt, neben dem Coverentwurf gibt es auch schon ein paar Livetermine für den Herbst:
15.11. Leipzig, Arena Leipzig
16.11. Köln, Lanxess Arena
18.11. Zürich, Hallenstadion
19.11. München, Olympiahalle
21.11. Wien, Stadthalle
24.11. Genf, Genf Arena
27.11. Frankfurt, Festhalle
28.11. Berlin, O2 Arena
05.12. Hamburg, O2 World
15.11. Leipzig, Arena Leipzig
16.11. Köln, Lanxess Arena
18.11. Zürich, Hallenstadion
19.11. München, Olympiahalle
21.11. Wien, Stadthalle
24.11. Genf, Genf Arena
27.11. Frankfurt, Festhalle
28.11. Berlin, O2 Arena
05.12. Hamburg, O2 World
Volle Dröhnung
Na wenn das alles ist, was dieser Tag gebracht hat, dann ist es so schlecht nicht: Anfang September werden The Clash ein prächtig anzuschauendes (und mutmaßlich auch fabelhaft klingendes) Superboxset zum Kauf anbieten. Hinter dem Namen "The Clash Sound System" verbirgt sich ein im Stile eines Radiokassettenrekorders (the English do it better: Boombox) gestaltetes Package, das die fünf LP der Punklegenden in Remasterqualität enthält, dazu drei weitere CD's mit Singles, B-Seiten, Raritäten, etc., eine DVD mit Liveaufnahmen, ein seltenes Fanzine-Reprint und jede Menge Spielzeug für die getreue Gefolgschaft. Für Puristen und Träger schmaler Geldbeutel (weil: 290 US-Dollar) gibt es parallel dazu auch die Doppel-CD "The Clash Hits Back" mit dreiunddreißig Tracks.
Montag, 20. Mai 2013
Selten so gelacht
"Res severa verum gaudium."
Orgelinschrift aus dem Leipziger Gewandhaus:
"Es ist eine ernste Sache, etwas Heiteres zu machen."
Loslassen
Gäbe es ein Mapambulo-Radio, das Stück liefe auf heavy rotation - in den blogeigenen Kleinstcharts wird es ja ohnehin schon seit Wochen gelistet: London Grammar ist mit "Wasting My Young Years" eine wirklich wunderbar zarte Musik gelungen, nun gibt's zum Song auch noch ein schemenhaftes, mystisches Video - hach Gott, mehr braucht's nicht ...
Vitamine
Ein paar Wochen noch, dann steht "BE", das zweite Album von Liam Gallaghers Beady Eye im Regal. Die überraschende Meldung dazu war ja weniger das Cover als die Nachricht, Dave Sitek habe sich mit dem Proller zusammengetan - der zweiten Single des Albums hört man das nun auch nicht unbedingt an - "Second Bite Of The Apple" bei Muzu.TV.
Sonntag, 19. Mai 2013
Gods second son
Samstag, 18. Mai 2013
Tagträumer
Selten wurden Jalousien poetischer in Szene gesetzt als hier: Die französische Band mit dem wunderschönen Namen The Sudden Death Of Stars wird Anfang Juni ihr Debütalbum "Getting Up, Going Down" veröffentlichen, psychedelische Popträume, auch bei der ersten Single "I'll Be There". Die Bildmeditation bei Quietus.com, das Farbenspektakel nachfolgend auf Youtube.
Richtigmacher
Nun ist es raus: Das neue Album von Franz Ferdinand wird "Right Thoughts, Right Words, Right Action" heißen und Ende August beim Dealer zu haben sein. Der kurze Teaser zur Platte holt erst mal die Band aus den Betten, wo genau sie dann zur Präsentation auf der Bühne stehen werden, ist - vom Termin in Hockenheim (Rock'n'Heim, puhhhh...) noch nicht bekannt.
Hinrichtung als Lebenszeichen
Klar ist: Es wird bald ein neues Album des Wu-Tang Clan geben und es wird "A Better Tomorrow" heißen. Soweit, so wunderbar. Um die Wartezeit so angenehm wie möglich zu halten, veröffeentlicht das Label Soul Temple einen Track namens "Execution In Autumn", an dem mit RZA, Raekwon, Inspectah Deck und U-God gleich vier aktuelle Clanmitglieder gearbeitet haben - ob das Stück auf der neuen Platte enthalten sein wird, ist allerings nicht sicher. Hier bei Soul Temple Music.
Freitag, 17. Mai 2013
Schattenboxen
Savages
Gebäude 9, Köln, 16.05.2013
Support: Johnny Hostile
Während die Savages in ihrer Heimat nicht mehr nur als Geheimtipp geführt werden, sondern (natürlich) als the next big thing, füllen sie bei ihrem ersten Deutschlandgig für die Debütplatte „Silence Yourself“ einen Laden wie das Kölner Gebäude 9 gerade mal zu zwei Dritteln – es ist, wie es desöfteren ist: Der Hype als Import hat Startschwierigkeiten. Dabei haben die vier Mädchen aus London auch hierzulande schon einige Anerkennung erfahren dürfen – viel Lob für ihr erstes Album (vier von fünf Punkten beim Rolling Stone, neun von zehn gar bei SPON) und nun noch die Coverstory in der SPEX. Warum sich die Resonanz dennoch so zurückhaltend ausnimmt, klärt der Ortstermin: Die Faszination dieser Band beruht nicht unbedingt auf der Eingängigkeit, der Melodik ihrer Songs – diese verbleiben meist sperrig und verstörend beim Zuhörer, sondern vielmehr auf der Körperlichkeit, der Unmittelbarkeit ihrer Bühnenpräsenz.
Kurz – man muß sie sehen um zu wissen, wie gut sie wirklich sind. Eine sparsame Plattenlänge im gelblich-blauen Gegenlicht also, angry young women in action. Am wenigsten auffällig, weil zurückhaltend und scheinbar in sich versunken agierend: Gitarristin Gemma Thompson. Der Gegensatz: Jehnny Beth, das Wutbündel am Mikrophon, auf der Bühne am ehesten an Hilary Swank in „Million Dollar Baby“ erinnernd – düster dreinblickende, energiegeladene Schattenboxerin, tänzelnd, abwartend, um im richtigen Augenblick zu explodieren. Ayse Hassan spielt ihren Bass tatsächlich, wie oft zu lesen war, über das komplette Set mit geschlossenen Augen und einem leichten Lächeln auf den Lippen. Im Hintergrund und dem Publikum trotzdem sehr nahe: Fay Milton, Schlagzeugerin, die mit Hingabe und beseeltem Grinsen ihre Arbeitsgeräte vertrimmt, man schaut ihnen allen einfach gern bei der Arbeit zu.
Der Sound: trocken, laut, voll, agressiv – „Shut Up“, „City’s Full“, „No Face“ – die Platte kommt ungeschliffen, noch eine Spur roher zur Aufführung. Am druckvollsten hier, was auch auf der Vorlage heraussticht – das bittere Mantra, zum zornigen Geschrei gesteigert bei „She Will“, der knüppelharte Beat von „Hit Me“ und das rastlose Keuchen in „Husbands“. Den Schlußpunkt setzt „Fuckers“ – eine Art Manifest der vier: „Don’t let the fuckers get you down“, als letzter Aufschrei kulminiert das Stück in minutenlagem Trommelfeuer und infernalischem Getöse, es ist vollbracht. Dass sie ohne Zugabe von der Bühne gehen, ist schade, aber nicht wirklich ärgerlich, wer sich derart verausgabt, hat Nachsicht verdient. Bald werden sie in Berlin für Portishead eröffnen, einer Band also, die die gleiche Wucht mit gänzlich anderen Mitteln zu entfachen versteht – ein armer Narr, wer das vor Ort liegen läßt.
Anbei noch ein Mitschnitt von "Fuckers" aus dem Konzert der Savages im Electric Ballroom in London vom Februar 2013 - hier bei Youtube.
42 plus 2
Daft Punk
„Random Access Memories“
(Sony)
Seit jeher sind Fragen, die uns zum Thema Zukunft und künstliche Intelligenz einfallen, entweder sehr komplex oder sehr wirr, bestenfalls auch beides. Da hätten wir: “Dream androids of electric sheep?” (Dick) oder “Are Friends Electric?” (Numan) und natürlich “The ultimate question of life, the universe and everything“ (Adams). Na gut, die Antwort auf letzteres ist soweit klar – 42, für den Rest steht sie allerdings noch aus. Weitaus einfacher sollte aber zu klären sein, ob Roboter denn eigentlich tanzen können. Selbstverständlich können sie, Kraftwerk haben diesen Beweis schon in den Siebzigern auf geniale Weise erbracht. Was bei der Sache damals allerdings gröbstens vernachlässigt wurde, war der Spaß an der Sache. Und hier nun kommen Guillaume Emmanuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter ins Spiel. Denn wenn ein Roboter Wert auf intelligente (vorausgesetzt) und zugleich lässig/coole (empfohlen) Tanzmusik legt, dann landet er seit 1993 unweigerlich bei Daft Punk, dem nicht minder genialen Projekt der beiden Franzosen. Und – noch einmal ein kräftiges “Ja!” – die Maschinen können sich gemeinsam mit uns Menschen freuen, denn die neue Daft Punk ist genau für sie wie für uns: The Soundtrack of our digital live.
Das Erstaunliche an dieser Platte mit dem romantisch anmutenden Titel ist allerdings nicht, dass Daft Punk immer noch genau wissen, wie man Electrofunk und House buchstabiert – sie haben in dieser Beziehung nichts verlernt und geben mit der ersten Hälfte von „RAM“ eine Lehrstunde in Sachen ordnungsgemäßer Animation. Es überrascht eher, dass man dieses Album auf einem komplett anderen Level verläßt als das, auf welchem man eingestiegen ist. Die ersten sechs Stücke bieten dem Zuhörer genügend Gelegenheit zum entspannten Mitwippen, die hat der Groove der beiden komplett im Griff und alles, was man von den Vorgängerwerken kennt und schätzt, ist bestens dosiert vertreten: Verfremdetes Vocodersampling, quecksilbrige Synthieloops, feinstes Gitarrenpicking, infektiöser Beat – man kommt ihnen nicht aus. Mittendrin Giovanni „Everyone calls me Gorgio“ Moroder, der – einem Beamten gleich und mit holprigem Akzent – seine Berufung zum besten gibt, auch daraus macht das Duo eine nahezu perfekte Tanznummer, hier sitzt jeder Klick und jedes Beep und selbst die fast schon obligatorische Breitbeingitarre (siehe Frank Ocean, Muse, etc.) passt ins Bild.
Nachdem dann mit Pharrell Williams ein weiterer Gast kurz die Bühne verläßt – natürlich nicht ohne vorher mit „Loose Yourself To Dance“ kräftigst eingeheizt zu haben, kommt mit Paul ein weiterer Williams ins Programm und verpaßt der Platte mit „Touch“ die erste Zäsur. Denn auch wenn der Hintergrund mit technoidem Trance geschmückt wird, überrascht doch die zerbrechliche, klare Stimme der Songschreiberlegende aus den 70ern, der Muppetmann hebt den Song zusammen mithilfe von Daft Punk zum Alleinstellungsmerkmal und läßt unbedingt aufhorchen. Und es kommen noch andere Ausflüge, wenn auch nicht mehr vom selben Kaliber. Nach dem zweifellos großartigen Hit „Get Lucky“, der all der Hysterie um das Album hochoffiziell und als erstes Recht geben durfte (und das wieder mit Pharrell Williams) leitet der smoothe Schummerfunk von „Beyond“ zu einer weiteren angenehmen Irritation.
„Motherboard“, qua Namen zum Hauptspeicher der Platte erhoben, kommt ganz ohne Glitzer und Glamour aus, im Stile der klassischen Synthie-Altvorderen Tangerine Dream ist hier vieles flächig, verschlungen und schwer aufbereitet, erst später pumpen die Drums den Track in bewegtere Bahnen – nicht zum ersten Mal fallen einem hier auch die Landsleute von Air ein. Dass „Doin‘ It Right“ kein Fast Food werden würde, konnte man schon bei der Nennung von Noah Benjamin Lennox, aktivem Mitglied des Animal Collectives, erahnen, der Sound bleibt dennoch satt und wummert mächtig in den Gehörgängen. Standesgemäß folgt am Ende mit „Contact“ und dem alten Bekannten Stéphane Quême alias DJ Falcon ein hochgepitchtes Finale inklusive kolabierenden Systemen – all machines down. Und sonst? Nile Rogers darf keinesfalls unterschlagen werden - dagegen: Julian Casablancas ist auch mit dabei („Instand Crush“), bleibt aber auf der Payroll nicht mehr als eine Fußnote, das Album ist auch so schon groß genug. Und irgendwie beschleicht einen am Ende die Ahnung, dass auch diese fabelhafte Musik das Zeug dazu hätte, die ultimative Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest wenigstens ein Stück weit zu beantworten. http://www.daftalive.com/
„Random Access Memories“
(Sony)
Seit jeher sind Fragen, die uns zum Thema Zukunft und künstliche Intelligenz einfallen, entweder sehr komplex oder sehr wirr, bestenfalls auch beides. Da hätten wir: “Dream androids of electric sheep?” (Dick) oder “Are Friends Electric?” (Numan) und natürlich “The ultimate question of life, the universe and everything“ (Adams). Na gut, die Antwort auf letzteres ist soweit klar – 42, für den Rest steht sie allerdings noch aus. Weitaus einfacher sollte aber zu klären sein, ob Roboter denn eigentlich tanzen können. Selbstverständlich können sie, Kraftwerk haben diesen Beweis schon in den Siebzigern auf geniale Weise erbracht. Was bei der Sache damals allerdings gröbstens vernachlässigt wurde, war der Spaß an der Sache. Und hier nun kommen Guillaume Emmanuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter ins Spiel. Denn wenn ein Roboter Wert auf intelligente (vorausgesetzt) und zugleich lässig/coole (empfohlen) Tanzmusik legt, dann landet er seit 1993 unweigerlich bei Daft Punk, dem nicht minder genialen Projekt der beiden Franzosen. Und – noch einmal ein kräftiges “Ja!” – die Maschinen können sich gemeinsam mit uns Menschen freuen, denn die neue Daft Punk ist genau für sie wie für uns: The Soundtrack of our digital live.
Das Erstaunliche an dieser Platte mit dem romantisch anmutenden Titel ist allerdings nicht, dass Daft Punk immer noch genau wissen, wie man Electrofunk und House buchstabiert – sie haben in dieser Beziehung nichts verlernt und geben mit der ersten Hälfte von „RAM“ eine Lehrstunde in Sachen ordnungsgemäßer Animation. Es überrascht eher, dass man dieses Album auf einem komplett anderen Level verläßt als das, auf welchem man eingestiegen ist. Die ersten sechs Stücke bieten dem Zuhörer genügend Gelegenheit zum entspannten Mitwippen, die hat der Groove der beiden komplett im Griff und alles, was man von den Vorgängerwerken kennt und schätzt, ist bestens dosiert vertreten: Verfremdetes Vocodersampling, quecksilbrige Synthieloops, feinstes Gitarrenpicking, infektiöser Beat – man kommt ihnen nicht aus. Mittendrin Giovanni „Everyone calls me Gorgio“ Moroder, der – einem Beamten gleich und mit holprigem Akzent – seine Berufung zum besten gibt, auch daraus macht das Duo eine nahezu perfekte Tanznummer, hier sitzt jeder Klick und jedes Beep und selbst die fast schon obligatorische Breitbeingitarre (siehe Frank Ocean, Muse, etc.) passt ins Bild.
Nachdem dann mit Pharrell Williams ein weiterer Gast kurz die Bühne verläßt – natürlich nicht ohne vorher mit „Loose Yourself To Dance“ kräftigst eingeheizt zu haben, kommt mit Paul ein weiterer Williams ins Programm und verpaßt der Platte mit „Touch“ die erste Zäsur. Denn auch wenn der Hintergrund mit technoidem Trance geschmückt wird, überrascht doch die zerbrechliche, klare Stimme der Songschreiberlegende aus den 70ern, der Muppetmann hebt den Song zusammen mithilfe von Daft Punk zum Alleinstellungsmerkmal und läßt unbedingt aufhorchen. Und es kommen noch andere Ausflüge, wenn auch nicht mehr vom selben Kaliber. Nach dem zweifellos großartigen Hit „Get Lucky“, der all der Hysterie um das Album hochoffiziell und als erstes Recht geben durfte (und das wieder mit Pharrell Williams) leitet der smoothe Schummerfunk von „Beyond“ zu einer weiteren angenehmen Irritation.
„Motherboard“, qua Namen zum Hauptspeicher der Platte erhoben, kommt ganz ohne Glitzer und Glamour aus, im Stile der klassischen Synthie-Altvorderen Tangerine Dream ist hier vieles flächig, verschlungen und schwer aufbereitet, erst später pumpen die Drums den Track in bewegtere Bahnen – nicht zum ersten Mal fallen einem hier auch die Landsleute von Air ein. Dass „Doin‘ It Right“ kein Fast Food werden würde, konnte man schon bei der Nennung von Noah Benjamin Lennox, aktivem Mitglied des Animal Collectives, erahnen, der Sound bleibt dennoch satt und wummert mächtig in den Gehörgängen. Standesgemäß folgt am Ende mit „Contact“ und dem alten Bekannten Stéphane Quême alias DJ Falcon ein hochgepitchtes Finale inklusive kolabierenden Systemen – all machines down. Und sonst? Nile Rogers darf keinesfalls unterschlagen werden - dagegen: Julian Casablancas ist auch mit dabei („Instand Crush“), bleibt aber auf der Payroll nicht mehr als eine Fußnote, das Album ist auch so schon groß genug. Und irgendwie beschleicht einen am Ende die Ahnung, dass auch diese fabelhafte Musik das Zeug dazu hätte, die ultimative Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest wenigstens ein Stück weit zu beantworten. http://www.daftalive.com/
Unglück verjährt nicht
The National
„Trouble Will Find Me“
(4AD)
Matt Berninger ist kein einfacher Mensch. Und er ist ganz sicher nicht das, was einem zwingend zur Spezies Rockstar einfällt. Gerade erst eröffnete „Mistaken For Strangers“ das New Yorker Tribeca Film Festival, eine Livedokumentation seines jüngeren Bruder Tom, der sich für die Dauer einer Konzerttournee von The National als Newbie unter die Roadies mischte und fortan die Kamera gnadenlos auf alles draufhielt, was ihm berichtenswert schien. Kurz: Tom meets Matt und Matt hatte nicht selten die Nase gestrichen voll davon. Neben all den stimmungsvollen Bühnenbildern flogen so auch mal Gegenstände durch die Leinwanddiagonale, Geschrei, Kopfschütteln, Bilder mit Wahnwitz und Ironie, der ganze Irrsinn eben. In einer Einstellung läßt sich der Bandleader geduldig mit weiblichen Fans in der Öffentlichkeit ablichten – quietschbuntes, aufgekratztes Gekicher und Getuschel im Großstadtrummel, mittendrin der schwarzgewandete, stoisch dreinblickende, sonnenbebrillte Berninger, der hier nur das tut, was er muß, und nicht das, was er mag.
Ganze drei Jahre hatte Matt Berninger nun Zeit, für den Nachfolger zum letzten Album „High Violet“ auf das vielstimmige Raunen seiner inneren Dämonen zu hören, denn diese, das weiß man, sind quasi die Ghostwriter seiner Texte. Und was soll man sagen – sie haben sich zusammen für „Trouble Will Find Me“ richtig Mühe gegeben, so viel, dass man versucht ist zu behaupten, diese Platte schließe nahtlos an die Großwerke „Alligator“ und „Boxer“ an. Berninger gibt in gewohnter Manier den Grübler, den Schmerzensmann, der sich auf alttestamentarische Weise selbst verflucht („I Should Live In Salt“), der für die eigene Gram noch immer Redewendungen findet, die ihresgleichen suchen: „When I walk into a room, I do not light it up. Fuck“ („Demons“) oder „I have only two emotions, careful fear and dead devotion, I can't get the balance right, throw my marbles in the fight“ („Don’t Swallow The Cap“).
Verwünschungen, Schuld und Sühne, jede Menge Frauennamen geistern durch die Zeilen seiner Beichtgesänge. Wirklich wenige können so anrührend und glaubwürdig über den eigenen Gedankenwirrwarr singen wie der bärtige Grummler aus Cincinnati und wenn man nicht wüßte, dass Berninger laut eigener Auskunft ein durchaus unverkrampftes Verhältnis zum Teufel Alkohol pflegt, man müßte sich fragen, wie das alles sonst zu ertragen wäre. Die Musik zum wohltönenden Barriton ist gewohnt dicht, selten aufgekratzt und nimmt sich gern zurück, die Unterschiede zwischen den einzelnen Songs markiert einzig die Taktzahl der Drums, die sich – mal schneller („Don’t Swallow The Cap“/„Graceless“/“Humilations“), mal träge (alle anderen) – nie in den Vordergrund drängen, sondern stets Berningers Gesang die Bühne überlassen.
Es bleibt also der ausschließliche und lohnende Zeitvertreib des Zuhörers, den Tiraden, Klagen und sarkastischen Erzählungen Berningers zu lauschen, man ist und bleibt Zeuge intimer („I was a television version of a person with a broken heart … somebody said you disappeared in a crowd, I didn't understand then, I don't understand now“, Pink Rabbits) und versöhnlicher Einsichten („If I tried you'd probably be hard to find“, Hard To Find) und fühlt sich manchmal vielleicht etwas unwohl in der Rolle des stillen Beobachters. Trotzdem wünscht man dem Mann, hier wird’s dann etwas absurd und unfair, auch in Zukunft nicht unbedingt das Wohlbefinden und die Erlösung, die er sich so dringend erhofft – wer sollte einem denn sonst die Nichtigkeit der eigenen Sorgen derart kunstvoll vor Augen führen, wem würde man dann beim Leiden zuhören wollen? Nichts für ungut Matt, that’s simply your business. http://www.americanmary.com/
21. bis 23.06. Hurricane Festival
21. bis 23.06. Southside Fetival
04.11. Berlin, Max-Schmeling-Halle
05.11. Düsseldorf, Mitsubishi Electric Hall
„Trouble Will Find Me“
(4AD)
Matt Berninger ist kein einfacher Mensch. Und er ist ganz sicher nicht das, was einem zwingend zur Spezies Rockstar einfällt. Gerade erst eröffnete „Mistaken For Strangers“ das New Yorker Tribeca Film Festival, eine Livedokumentation seines jüngeren Bruder Tom, der sich für die Dauer einer Konzerttournee von The National als Newbie unter die Roadies mischte und fortan die Kamera gnadenlos auf alles draufhielt, was ihm berichtenswert schien. Kurz: Tom meets Matt und Matt hatte nicht selten die Nase gestrichen voll davon. Neben all den stimmungsvollen Bühnenbildern flogen so auch mal Gegenstände durch die Leinwanddiagonale, Geschrei, Kopfschütteln, Bilder mit Wahnwitz und Ironie, der ganze Irrsinn eben. In einer Einstellung läßt sich der Bandleader geduldig mit weiblichen Fans in der Öffentlichkeit ablichten – quietschbuntes, aufgekratztes Gekicher und Getuschel im Großstadtrummel, mittendrin der schwarzgewandete, stoisch dreinblickende, sonnenbebrillte Berninger, der hier nur das tut, was er muß, und nicht das, was er mag.
Ganze drei Jahre hatte Matt Berninger nun Zeit, für den Nachfolger zum letzten Album „High Violet“ auf das vielstimmige Raunen seiner inneren Dämonen zu hören, denn diese, das weiß man, sind quasi die Ghostwriter seiner Texte. Und was soll man sagen – sie haben sich zusammen für „Trouble Will Find Me“ richtig Mühe gegeben, so viel, dass man versucht ist zu behaupten, diese Platte schließe nahtlos an die Großwerke „Alligator“ und „Boxer“ an. Berninger gibt in gewohnter Manier den Grübler, den Schmerzensmann, der sich auf alttestamentarische Weise selbst verflucht („I Should Live In Salt“), der für die eigene Gram noch immer Redewendungen findet, die ihresgleichen suchen: „When I walk into a room, I do not light it up. Fuck“ („Demons“) oder „I have only two emotions, careful fear and dead devotion, I can't get the balance right, throw my marbles in the fight“ („Don’t Swallow The Cap“).
Verwünschungen, Schuld und Sühne, jede Menge Frauennamen geistern durch die Zeilen seiner Beichtgesänge. Wirklich wenige können so anrührend und glaubwürdig über den eigenen Gedankenwirrwarr singen wie der bärtige Grummler aus Cincinnati und wenn man nicht wüßte, dass Berninger laut eigener Auskunft ein durchaus unverkrampftes Verhältnis zum Teufel Alkohol pflegt, man müßte sich fragen, wie das alles sonst zu ertragen wäre. Die Musik zum wohltönenden Barriton ist gewohnt dicht, selten aufgekratzt und nimmt sich gern zurück, die Unterschiede zwischen den einzelnen Songs markiert einzig die Taktzahl der Drums, die sich – mal schneller („Don’t Swallow The Cap“/„Graceless“/“Humilations“), mal träge (alle anderen) – nie in den Vordergrund drängen, sondern stets Berningers Gesang die Bühne überlassen.
Es bleibt also der ausschließliche und lohnende Zeitvertreib des Zuhörers, den Tiraden, Klagen und sarkastischen Erzählungen Berningers zu lauschen, man ist und bleibt Zeuge intimer („I was a television version of a person with a broken heart … somebody said you disappeared in a crowd, I didn't understand then, I don't understand now“, Pink Rabbits) und versöhnlicher Einsichten („If I tried you'd probably be hard to find“, Hard To Find) und fühlt sich manchmal vielleicht etwas unwohl in der Rolle des stillen Beobachters. Trotzdem wünscht man dem Mann, hier wird’s dann etwas absurd und unfair, auch in Zukunft nicht unbedingt das Wohlbefinden und die Erlösung, die er sich so dringend erhofft – wer sollte einem denn sonst die Nichtigkeit der eigenen Sorgen derart kunstvoll vor Augen führen, wem würde man dann beim Leiden zuhören wollen? Nichts für ungut Matt, that’s simply your business. http://www.americanmary.com/
21. bis 23.06. Hurricane Festival
21. bis 23.06. Southside Fetival
04.11. Berlin, Max-Schmeling-Halle
05.11. Düsseldorf, Mitsubishi Electric Hall
Mittwoch, 15. Mai 2013
Karrieresprung
Doch, da darf man sich durchaus freuen: Die Dodos aus San Francisco, an dieser Stelle schon mal als Knüppelfolker bezeichnet, werden bald den Nachfolger zu ihrem letzten Album "No Color" vorstellen. "Carrier" wird das Ding heißen und mit "Confidence" liegt bei Soundcloud auch schon die erste Hörprobe vor.
Dienstag, 14. Mai 2013
Spannungsabfall
The Boxer Rebellion
„Promises“
(Absentee Recordings)
Irgendwie treiben einen die Jungs mit dem geschichtsträchtigen Namen immer noch um und man weiß nicht genau, woran das eigentlich liegt. Am letzten Album? Wohl kaum – „The Cold Still“ war nicht mehr als eine gediegene Durchschnittsleistung und selbst für diese Einschätzung musste der Zuhörer einen guten, einen gnädigen Tag erwischen. Ein einziger Song auf dieser Platte, der sich vom weichgespülten Einerlei abhob – „Step Out Of The Car“ weckte Hoffnungen, die der Rest nicht erfüllen konnte. Nun, das Gleiche ist ihnen auch bei „Promises“ gelungen – der Beifall für diesen zweifelhaften Verdienst dürfte sich allerdings in Grenzen halten. „Diamonds“ also – ohne Zweifel ein gradioses Stück Dreampop, einschmeichelnd, watteweich, auch das will so erst mal gezwungen werden. Danach allerdings, das ist die traurige Nachricht, gelingt es keinem der folgenden Stücke auch nur ansatzweise, diese Qualität zu halten. Rasanter Spannungsabfall bis hin zur Belanglosigkeit, wenn „Fragile“ und „Always“ noch mit ein paar schönen Akkorden glänzen können, irgendwann sorgt die Aneinanderreihung all dieser überzuckerten, gefühligen Balladen unweigerlich zu Übersättigung und Völlegefühl – spätestens bei „New York“, der x-ten und leider auch x-beliebigsten Liebeserklärung an die Megacity der Träume ist’s mit dem Wohlwollen vorbei, ans Ende des Werks gelangt man nur mit aufeinandergebissenen Zähnen und einer gehörigen Portion Pflichtgefühl. Einzig die Macher US-amerikanischer Arzt-Schmonzetten dürfen sich schon mal die Hände reiben – „Promises“ bietet jede Menge tränengetränktes Soundtrackfutter. Viel mehr aber eben nicht. http://www.theboxerrebellion.com/
17.09. Köln, Gebäude 9
19.09. Berlin, Lido
25.09. Leipzig, Werk 2
27.09. Frankfurt, Das Bett
29.09. München, Ampere
„Promises“
(Absentee Recordings)
Irgendwie treiben einen die Jungs mit dem geschichtsträchtigen Namen immer noch um und man weiß nicht genau, woran das eigentlich liegt. Am letzten Album? Wohl kaum – „The Cold Still“ war nicht mehr als eine gediegene Durchschnittsleistung und selbst für diese Einschätzung musste der Zuhörer einen guten, einen gnädigen Tag erwischen. Ein einziger Song auf dieser Platte, der sich vom weichgespülten Einerlei abhob – „Step Out Of The Car“ weckte Hoffnungen, die der Rest nicht erfüllen konnte. Nun, das Gleiche ist ihnen auch bei „Promises“ gelungen – der Beifall für diesen zweifelhaften Verdienst dürfte sich allerdings in Grenzen halten. „Diamonds“ also – ohne Zweifel ein gradioses Stück Dreampop, einschmeichelnd, watteweich, auch das will so erst mal gezwungen werden. Danach allerdings, das ist die traurige Nachricht, gelingt es keinem der folgenden Stücke auch nur ansatzweise, diese Qualität zu halten. Rasanter Spannungsabfall bis hin zur Belanglosigkeit, wenn „Fragile“ und „Always“ noch mit ein paar schönen Akkorden glänzen können, irgendwann sorgt die Aneinanderreihung all dieser überzuckerten, gefühligen Balladen unweigerlich zu Übersättigung und Völlegefühl – spätestens bei „New York“, der x-ten und leider auch x-beliebigsten Liebeserklärung an die Megacity der Träume ist’s mit dem Wohlwollen vorbei, ans Ende des Werks gelangt man nur mit aufeinandergebissenen Zähnen und einer gehörigen Portion Pflichtgefühl. Einzig die Macher US-amerikanischer Arzt-Schmonzetten dürfen sich schon mal die Hände reiben – „Promises“ bietet jede Menge tränengetränktes Soundtrackfutter. Viel mehr aber eben nicht. http://www.theboxerrebellion.com/
17.09. Köln, Gebäude 9
19.09. Berlin, Lido
25.09. Leipzig, Werk 2
27.09. Frankfurt, Das Bett
29.09. München, Ampere
Tanz der Vampire
Nun kommen sie also doch und mit dem formidablen Album im Gepäck sollte das auch ein Selbstläufer werden: Vampire Weekend geben sich hierzulande für vier Termine im Juli die Ehre:
02.07. Köln, E-Werk
03.07. München, Tonhalle
16.07. Berlin, Tempodrom
17.07. Hamburg, Große Freiheit
02.07. Köln, E-Werk
03.07. München, Tonhalle
16.07. Berlin, Tempodrom
17.07. Hamburg, Große Freiheit
Sonntag, 12. Mai 2013
Und jetzt alle!
Autokorso, Rathausbalkon - who cares?
Bartels - Ginczek - Bartels - Bruns - Ebbers Fussballgott.
Und jetzt noch mal:
K L A S S E N E R H A L T !
Forza St. Pauli, sonst nix.
Bartels - Ginczek - Bartels - Bruns - Ebbers Fussballgott.
Und jetzt noch mal:
K L A S S E N E R H A L T !
Forza St. Pauli, sonst nix.
Vervollständigung
Schon klar, diese Hobbyfilmer sind schon ein extrem nerviges Völkchen und es gibt ja genügend Ansätze, um hier Abhilfe zu schaffen. Wenn es allerdings hilft, eine solche Aufnahme wie die folgende zu Gesicht zu bekommen, hält sich der Groll in Grenzen: Als die Breeders am 9. Mai im Bostoner Royale Nightclub ihre Full-Album-Show zum Jubiläum von "Last Splash" spielten, gesellte sich auch Ur-Mitglied Tanya Donelly (Throwing Muses, Belly) für zwei Songs zur gutgelaunten Damenpartie - Donelly gehörte zur Startbesetzung der Band und hatte u.a. am Debüt "Pod" mitgewirkt. Zu hören gab es in diesem erweiterten Rahmen "Do You Love Me Now" und den Beatles-Klassiker "Happiness Is A Warm Gun". Also: Nice Shot, Pal!
Freitag, 10. Mai 2013
Begnadete Tragikomiker
Vampire Weekend
„Modern Vampires Of The City“
(XL Recordings)
Nichts für ungut, aber Vampire Weekend sind eine komische Band. Sie waren es, als sie 2006 mit ihrem Debüt den altbackenen Indierock in ein völlig neues Kostüm steckten – „Mansard Roof“, „A-Punk“, „Oxford Comma“, das war Paul Simon auf 45 RPM, Punk mit Funk, Spaß und Stil. Stil, jawohl, eigenartigem wohl gemerkt, schließlich sahen sie aus wie schnöselige rich kids mit ihren Button-Down-Hemden, Strickjacken und quietschbunten Sommershorts. Putziger Klassensprecherpop, aber eben auch verdammt catchy, wem das nicht in die Beine ging, der durfte sich schon einige Grobheiten anhören. Sie blieben komisch, als „Contra“ kam, zu den gewohnten Klängen kamen nun die klassischen, barocken hinzu, virtuos, verspielt, klug und keine Spur von lächerlich. Und immer noch Ezra Koenigs quengelige Stimme, die selbst die traurigsten Erfahrungen mit einer unverschämten Lässigkeit besingen konnte – „Cousins“, „Horchata“, „Giving Up The Gun“, wieder jede Menge Killer.
Wen überrascht es also, dass die New Yorker auch mit ihrem neuen, dritten Album eine komische Band geblieben sind, viel zu clever, als dass sie alles über den Haufen werfen würden, was bisher so gut geklappt hat, ehrgeizig genug, um ihrem Sound doch wieder ein paar neue und überraschende Facetten hinzuzufügen. Es gibt die Nummern mit unverwechselbaren Sound der ersten Tage - „Unbelievers“, der vielleicht bestgelaunteste Song zum Fegefeuer überhaupt, der quirlig schräge Bigbeat von „Diane Young“, ein Stück, das sich die Fans der Automarke Saab wohl auf ewig zum Feind gemacht hat, „Finger Back“ dazu, nicht weniger skurril und flott, Teufelstänze allesamt. Auf der anderen Seite die entspannten Lieder, die so laid back, so einängig geraten, dass einem vor Bewunderung nicht selten der Mund offen stehen bleibt: Der Sonnenaufgang in „Obvious Bicycle“ zu metallisch klackenden Drums, das gewitzte „Step“ mit seinen verfremdeten Stimmen und honigsüßen Melodien – „…and punks who would laugh when they saw us together, well, they didn't know how to dress for the weather“, haha, und dann – ganz bitter – „Hannah Hunt“. Koenig trägt seine Liebe zu Grabe, doch selbst wenn er gegen Ende etwas wehleidig zetert („If I can't trust you then damn it Hannah, there's no future, there's no answer, though we live on the US dollar, you and me, we got our own sense of time“), selbst dann hat das noch Charme, bleibt er sympathisch.
Die richtig guten Nummern haben sich die vier für den Schluß aufgehoben, die also, die ihrem Sound wieder den speziellen Extradreh geben. „Worship You“ ist ein überhitzter Squaredance, nervöse Drums, Saxophon, Bonanza Baby! Die zwei Stücke danach sind mit „großartig“ noch zurückhaltend bezeichnet – „Ya Hey“ (ist das etwa Koenigs „Banana Boat Song“?), lautmalerisch, verquerer Text, das Piano auf Fuge komponiert und dazu diese dramatischen Chöre, unglaublich. Ebenso – „Hudson“. Auch hier eine ähnliche Dramatik, jetzt aber eher Morricone, Gewehrsalven, Marschmusik, staatstragende Historie – „All you who changed your stripes can wrap me in the flag“, man sollte es trotzdem nicht zu ernst nehmen. Diese drei letzten Stücke außen vor, haben Vampire Weekend so viel nicht verändert – ein anderes Licht, eine differente Stimmung, und dennoch ist das Album nicht kleiner als die vorangegangenen. Es bleibt ihr Geheimnis, wie sie zu all den fabelhaften Ideen kommen, wie sie ihrer Lebendigkeit und Freakness immer noch eins draufzusetzen vermögen. Wochenendvampire, die sie nun mal sind, werden sie schon ihre geschützten Quellen haben, um auch für die nächsten Jahre bei Kräften zu bleiben. www.vampireweekend.com
„Modern Vampires Of The City“
(XL Recordings)
Nichts für ungut, aber Vampire Weekend sind eine komische Band. Sie waren es, als sie 2006 mit ihrem Debüt den altbackenen Indierock in ein völlig neues Kostüm steckten – „Mansard Roof“, „A-Punk“, „Oxford Comma“, das war Paul Simon auf 45 RPM, Punk mit Funk, Spaß und Stil. Stil, jawohl, eigenartigem wohl gemerkt, schließlich sahen sie aus wie schnöselige rich kids mit ihren Button-Down-Hemden, Strickjacken und quietschbunten Sommershorts. Putziger Klassensprecherpop, aber eben auch verdammt catchy, wem das nicht in die Beine ging, der durfte sich schon einige Grobheiten anhören. Sie blieben komisch, als „Contra“ kam, zu den gewohnten Klängen kamen nun die klassischen, barocken hinzu, virtuos, verspielt, klug und keine Spur von lächerlich. Und immer noch Ezra Koenigs quengelige Stimme, die selbst die traurigsten Erfahrungen mit einer unverschämten Lässigkeit besingen konnte – „Cousins“, „Horchata“, „Giving Up The Gun“, wieder jede Menge Killer.
Wen überrascht es also, dass die New Yorker auch mit ihrem neuen, dritten Album eine komische Band geblieben sind, viel zu clever, als dass sie alles über den Haufen werfen würden, was bisher so gut geklappt hat, ehrgeizig genug, um ihrem Sound doch wieder ein paar neue und überraschende Facetten hinzuzufügen. Es gibt die Nummern mit unverwechselbaren Sound der ersten Tage - „Unbelievers“, der vielleicht bestgelaunteste Song zum Fegefeuer überhaupt, der quirlig schräge Bigbeat von „Diane Young“, ein Stück, das sich die Fans der Automarke Saab wohl auf ewig zum Feind gemacht hat, „Finger Back“ dazu, nicht weniger skurril und flott, Teufelstänze allesamt. Auf der anderen Seite die entspannten Lieder, die so laid back, so einängig geraten, dass einem vor Bewunderung nicht selten der Mund offen stehen bleibt: Der Sonnenaufgang in „Obvious Bicycle“ zu metallisch klackenden Drums, das gewitzte „Step“ mit seinen verfremdeten Stimmen und honigsüßen Melodien – „…and punks who would laugh when they saw us together, well, they didn't know how to dress for the weather“, haha, und dann – ganz bitter – „Hannah Hunt“. Koenig trägt seine Liebe zu Grabe, doch selbst wenn er gegen Ende etwas wehleidig zetert („If I can't trust you then damn it Hannah, there's no future, there's no answer, though we live on the US dollar, you and me, we got our own sense of time“), selbst dann hat das noch Charme, bleibt er sympathisch.
Die richtig guten Nummern haben sich die vier für den Schluß aufgehoben, die also, die ihrem Sound wieder den speziellen Extradreh geben. „Worship You“ ist ein überhitzter Squaredance, nervöse Drums, Saxophon, Bonanza Baby! Die zwei Stücke danach sind mit „großartig“ noch zurückhaltend bezeichnet – „Ya Hey“ (ist das etwa Koenigs „Banana Boat Song“?), lautmalerisch, verquerer Text, das Piano auf Fuge komponiert und dazu diese dramatischen Chöre, unglaublich. Ebenso – „Hudson“. Auch hier eine ähnliche Dramatik, jetzt aber eher Morricone, Gewehrsalven, Marschmusik, staatstragende Historie – „All you who changed your stripes can wrap me in the flag“, man sollte es trotzdem nicht zu ernst nehmen. Diese drei letzten Stücke außen vor, haben Vampire Weekend so viel nicht verändert – ein anderes Licht, eine differente Stimmung, und dennoch ist das Album nicht kleiner als die vorangegangenen. Es bleibt ihr Geheimnis, wie sie zu all den fabelhaften Ideen kommen, wie sie ihrer Lebendigkeit und Freakness immer noch eins draufzusetzen vermögen. Wochenendvampire, die sie nun mal sind, werden sie schon ihre geschützten Quellen haben, um auch für die nächsten Jahre bei Kräften zu bleiben. www.vampireweekend.com
Donnerstag, 9. Mai 2013
Agenda 2026
Da muß Fan jetzt nicht gleich in Schnappatmung verfallen: In einem Interview mit der australischen Seite noise11.com, so der deutsche Metal-Hammer, hat der Gitarrist von Guns N'Roses, Richard Fortus, ein neues Album der Band für das kommenden Jahr angekündigt - einige Songs seien sogar schon im Kasten. Wenn wir dieser Meldung jetzt die Erfahrungen mit der letzten Platte "Chinese Democracy", die ja ursprünglich 1996 erscheinen sollte, zu Grunde legen, dann darf sich die Vorfreude getrost bis 2026 gedulden - nach eine Reihe von Umbesetzungen, Rehabs und sonstigem medialen Gedöns sollten es Axl und seine Jungs dann geschafft haben.
Mittwoch, 8. Mai 2013
Großer Pop für kleine Dinge
Still Corners
„Strange Pleasures“
(Sub Pop)
Soweit sind wir also schon. Kaum hört man eine Melodie, die sich auf ganz hinterhältige Art und Weise im Gehörgang festhaken konnte, hat man auch schon die passende TV-Kampagne vor Augen – Dandy Warhols, Lenka, Empire Of The Sun, Chromatics, Grouplove, ein neues Betriebssystem, überzuckerte Softdrinks, ein Kommunikationsspielzeug oder das Netz zu selbigem, irgendetwas findet sich immer und trotz aller ehrbaren Vorsätze hat es bisher noch jeden erwischt. Was nichts anderes heißt als: Still Corners können sich schon mal überlegen, wie sie auf lästige Anfragen der PR-Agenten reagieren wollen, denn ihr aktuelles Album „Strange Pleasures“ bietet jede Menge dieser eingängigen, lässigen Superpopsongs, mit denen sich umtriebige Konzerne gern schmücken.
Greg Hughes und Tessa Murray, die sich hinter dem Alias verstecken und mit ihrem Projekt in London beheimatet sind, verfertigen seit ihrem Debüt „Creatures Of An Hour“ einen stark elektronisch geprägten Dreampop, der sich gern mit der einen oder anderen Gitarrenspur schmückt. Die im Allgemeinen recht luftigen Tanznummern liegen nahe bei Anthony Gonzalez aka. M83 oder den Cvrches, man darf aber auch – gerade wegen Murrays zartem Stimmchen inmitten der sythetischen Klänge – Querverweise auf die Cocteau Twins notieren. Die zwölf auf dem Album enthaltenen Titel lassen sich dabei jeweils zur Hälfte in die besagten Ohrwürmer mit hohem Wiedererkennungsfaktor und in eher zurückhaltenende, sphärische Midtempostücke unterteilen.
Hier also „The Trip“, das schon unverschämt poppt, perlt und glitzert, „Berlin Lovers“ – der Song mit dem hübsch schnulzigen Rollschuh-Video, dazu noch „Beatcity“, „Fireflies“ und „We Killed The Moonlight“, alles mit einer wohldosierten Prise Melancholie versehen. Auch „Midnight Drive“ hat diesen Schmelz, diese dicken 90er Powerpopchords, das große Gefühl. Dagegen stehen dann die eher behäbigen, verträumten Nummern – „Beginning To Blue“, „Can’t Sleep“, „Going Back To Strange“ und das großformatige Titelstück am Ende. Hughes meint ja: „All these little bits, these tiny moments, that’s what I was trying to go back to. To bottle that up and put it into a song”, bei den letztgenannten muß er dann schon die XXL-Packung nehmen, um sie in vier Minuten unterzubringen. Doch auch wenn sich die beiden bei dem einen oder anderen Stück mal verheben, es bleibt doch ein gutes Sommeralbum – und jetzt her mit der klebrigen Zuckerbrause!
"Berlin Lovers" bei Subpop als kostenloser Download - hier.
„Strange Pleasures“
(Sub Pop)
Soweit sind wir also schon. Kaum hört man eine Melodie, die sich auf ganz hinterhältige Art und Weise im Gehörgang festhaken konnte, hat man auch schon die passende TV-Kampagne vor Augen – Dandy Warhols, Lenka, Empire Of The Sun, Chromatics, Grouplove, ein neues Betriebssystem, überzuckerte Softdrinks, ein Kommunikationsspielzeug oder das Netz zu selbigem, irgendetwas findet sich immer und trotz aller ehrbaren Vorsätze hat es bisher noch jeden erwischt. Was nichts anderes heißt als: Still Corners können sich schon mal überlegen, wie sie auf lästige Anfragen der PR-Agenten reagieren wollen, denn ihr aktuelles Album „Strange Pleasures“ bietet jede Menge dieser eingängigen, lässigen Superpopsongs, mit denen sich umtriebige Konzerne gern schmücken.
Greg Hughes und Tessa Murray, die sich hinter dem Alias verstecken und mit ihrem Projekt in London beheimatet sind, verfertigen seit ihrem Debüt „Creatures Of An Hour“ einen stark elektronisch geprägten Dreampop, der sich gern mit der einen oder anderen Gitarrenspur schmückt. Die im Allgemeinen recht luftigen Tanznummern liegen nahe bei Anthony Gonzalez aka. M83 oder den Cvrches, man darf aber auch – gerade wegen Murrays zartem Stimmchen inmitten der sythetischen Klänge – Querverweise auf die Cocteau Twins notieren. Die zwölf auf dem Album enthaltenen Titel lassen sich dabei jeweils zur Hälfte in die besagten Ohrwürmer mit hohem Wiedererkennungsfaktor und in eher zurückhaltenende, sphärische Midtempostücke unterteilen.
Hier also „The Trip“, das schon unverschämt poppt, perlt und glitzert, „Berlin Lovers“ – der Song mit dem hübsch schnulzigen Rollschuh-Video, dazu noch „Beatcity“, „Fireflies“ und „We Killed The Moonlight“, alles mit einer wohldosierten Prise Melancholie versehen. Auch „Midnight Drive“ hat diesen Schmelz, diese dicken 90er Powerpopchords, das große Gefühl. Dagegen stehen dann die eher behäbigen, verträumten Nummern – „Beginning To Blue“, „Can’t Sleep“, „Going Back To Strange“ und das großformatige Titelstück am Ende. Hughes meint ja: „All these little bits, these tiny moments, that’s what I was trying to go back to. To bottle that up and put it into a song”, bei den letztgenannten muß er dann schon die XXL-Packung nehmen, um sie in vier Minuten unterzubringen. Doch auch wenn sich die beiden bei dem einen oder anderen Stück mal verheben, es bleibt doch ein gutes Sommeralbum – und jetzt her mit der klebrigen Zuckerbrause!
"Berlin Lovers" bei Subpop als kostenloser Download - hier.
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