Donnerstag, 28. März 2013

Stadt Land Frust

Turbostaat
„Stadt der Angst“

(Cloud Hills/Rough Trade)

Es sieht nicht gut aus im Staate Deutschland, der hier zum Stadtstaat wird: „Und es klappt nicht, von außen zu sanieren, die Jungen merken das sofort, die ganze Stadt ist halber Schutt, komm reiß sie endlich ein!“ Jan Windmeier, Sänger der Flensburger Punkkombo Turbostaat schreit sich schon im ersten Stück des neuen Albums „Stadt der Angst“, dem fünften der Band, die Stimmbänder wund – ein „Fehler in der Konstruktion“, nichts zu machen, da hilft nur noch die Abrissbirne. Der Kniff, das Große auf’s Kleine herunterzubrechen, ist in der neueren deutschen Musikgeschichte ja so neu nicht, 1980 waberte bei den Fehlfarben der Grauschleier über der Stadt, der eigentlich das ganze Land im klammen Griff hielt, knappe zehn Jahre später philosophierte Blixa Bargeld mit seinen Einstürzenden Neubauten über das „Haus der Lüge“ („Gott hat sich erschossen, das Dachgeschoss wird ausgebaut“), Metaphernfestspiele.

Turbostaat ist die künstlerische Versinnbildlichung sonst eher fremd, als Freunde klarer Worte spielen sie wohl mal mit dem einen oder anderen Songtitel, im Text – auch dieser neuen Platte – allerdings regiert der Unmißverstand. Der Kampf gilt seit jeher der allgegenwärtigen Spießbürgerlichkeit („Psychoreal, ein Leben lang Kassenwart, psychoreal, Eierlikörgefangenschaft“/Psychoreal), der schleichende Verbräunlichung unserer Gesellschaft („Freie Wilde in euren Hallen, unterm Mantel die alte Idee“) und dem Betrug an der Jugend und der Kriegstreiberei („Und dann im Februar, auf dem Weg nach Kandahar, liegst du zitternd auf dem Boden, während andere ins Kino gehen“/Sohnemann Heinz) – Deutschpunk at it’s best.

Trotz aller ersten Wasserstandsmeldungen – ganz so anders als die vorangegangenen Alben ist auch „Stadt der Angst“ nicht geworden, von Moses Schneider (Beatsteaks, Tocotronic, Fehlfarben) produziert, klingt die Platte etwas kantiger, organischer, auch dringlicher. Schwer außer Atem hetzt der Hörer zusammen mit der Band durch die zwölf meistenteils klassisch angelegten Gitarrenstücke, bestenfalls „Alles bleibt konfus“ fällt mit seinen leichteren Popmomenten etwas aus dem Rahmen, der Rest ist so düster und bedrohlich, wie es Zustandsbeschreibungen aus deutschen Landen nun mal sein können. Das gibt kein schönes, kein tröstliches Bild – „der Krieg ist nie vorbei, solange er sich lohnt“ – und doch sind derart schonungslose Zeilen jederzeit dringend erforderlich, der Stadtstaat ist ja schließlich noch bewohnt.

Turbostaat in Deiner Stadt:
24.04.  Marburg, KFZ
25.04.  Dresden, Beatpol
29.04.  München, Feierwerk
02.05.  Frankfurt, Nachtleben
04.05.  Köln, Gebäude 9
weitere Termine unter http://www.stadtderangst.de/

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