Corin Tucker Band
“Kill My Blues”
(Kill Rock Stars)
Ganz versteht man es immer noch nicht. Von all den Riot-Grrrl-Bands waren Sleater Kinney Zeit ihres Bestehens wohl die interessanteste – dass gerade sie vor sechs Jahren die Ämter ruhen ließen, will einem bis heute nicht in den Kopf. Natürlich ist das eine ziemlich vereinfachte Denke, denn von den internen Beweggründen kennt man als Außenstehender ohnehin nur die gefilterten Verlaubarungen von Label und Presse. Schaut man sich aber an, mit welch traumwandlerischer Sicherheit alle drei Mädels heute noch ihr Handwerk beherrschen – wieso auch nicht, sie können’s ja kaum verlernt haben – dann kommt neben Bewunderung auch ein bisschen Wehmut auf: Carrie Brownstein mit Janet Weiss bei Wild Flag – grandios, Janet Weiss bei Malkmus’ Jicks – wunderbar, und nun Corin Tucker mit dem Nachfolger zu “1,000 Years” – it rock’s.
Für den Begriff “Weiberrock” habe ich ja bei Wild Flag an gleicher Stelle schon mal ein’s über den Schädel bekommen, Vorsicht ist also geboten, wem man wie womit wofür einen Orden anhängt. Der Reiz von Tuckers Album ist jedoch der gleiche, den schon Brownsteins Platte auszeichnete und der auch für Sleater Kinney stand: geradeaus gerockt, immer ein wenig dreckig, immer ein wenig neben der Spur, Spannung halten, die richtigen Themen besetzen. Schon “Groundhog Day” am Anfang also ein wütendes Manifest einer Enttäuschten: “I took some time to be a mom and have some kids, what’s up y’all? I thought we had a plan, gonna move things forward for us and women round the globe. Awake now, outside it froze, instead of going forward, where the hell we going now?“ Gute Frage, Pussy Riot versuchen sie gerade wieder einmal zu beantworten.
Tucker ist also noch nicht fertig mit der Welt und allem, was an ihr so stört, sie beißt noch und man hört ihr gern dabei zu. “Kill My Blues” ist feinster Rock mit famoser Orgelbegleitung, auch “Neskowin” (“Darling, I know, I don’t go like the other girls”) macht schön vorwärts – hey, das haben The Gossip auch mal versucht, als sie noch gut waren. Mal ist es der Surfsound der 60s, dann wieder ein paar Psychedelia aus dem nächsten Jahrzehnt, es bleibt wild und rauh, mit “Joe” ist sogar ein richtiger Heuler auf dem Album. Selbst in den ruhigeren Passagen (“Outgoing Message”, “Blood Bones, And Sand”) ist die Energie der Band zu spüren – für “Tiptoe” gibt’s noch mal alles inklusive Sara Lunds zwingendem Beat. Feine Platte – sollten eine Tournee mit Divine Fits veranstalten, die Bude wäre gerammelt voll. www.corintuckerband.com
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