(Century Media/EMI)
Selten findet man die Abzweigungen von selbstgetretenen, musikalischen Trampelpfaden allein und ohne fremde Hilfe – wer greift schon aus Langeweile, Jux und Dollerei zu einem Album mit Totenschädel, kalkweißen Fingerkrallen und Pentagrammschriftzug? Wie so oft funktioniert der Zugang nur über Multiplikatioren, Verweise, gern auch von Künstlern, die man in diesem Umfeld eher nicht vermutet hätte. Dass dieser Tage der hochverehrte Thurston Moore bekanntgab, er wolle sich nebenbei bei der Black-Metal-Band Twilight verdingen, lies zunächst aufhorchen. Deren Mitglied Blake Judd wiederum ist hauptberuflich Gründer der amerikanischen Brachialkombo Nachtmystium, die just vor ein paar Tagen ihr sechstes Album „Silencing Machine“ veröffentlichten. Eben jenes mit Totenschädel, weißen Finger-… naja.
Besagter Blake Judd gab auch noch sinngemäß zu Protokoll, dass er auf einen Großteil seiner Anteile an diesem Album mit Twilight verzichtet hätte, allein für die Chance, mit seinem Idol Moore zusammenspielen zu können, er liebe Sonic Youth ohnehin über alles. Und das von einem – Klischee, Klischee! – tumben Grobmetaller, da lohnt sich doch der Blick auf’s eigene Werk. Und siehe da – „Silencing Machine“ von Nachtmystium ist keineswegs das abwechslungsarme, stuppides Geklopfe, mit dem das eigene Vorurteil Black Metal gern verkabelt hält, mit etwas Durchhaltevermögen kann man sogar etwas von den Vorlieben des Frontmannes entdecken. Schon beim Titeltrack gibt es durchaus überraschende Breaks, ein Stück wie „Borrowed Hope And Broken Dreams“ hat regelrecht melodische, fast hymnische Stellen, ähnlich vertrackt und gekonnt dosiert wie zuweilen auf den Altwerken der Collegepunks von Sonic Youth.
Noise ist hier sowieso an der Tages-, besser Mitternachtsordnung, das Schlagzeug leistet Schwerstarbeit und Judd gesellt sein eigenes Gekreisch dem der Gitarren hinzu. Und immer wieder es gelingt dem Quartett, vom üblichen, streng orthodoxen Weg abzuzweigen und dem Hörer Verblüffendes anzubieten – die gefälligen, kratzigen Riffs von „I Wait In Hell“ und „Give Me The Grave“ oder die rollend punkigen Beats bei „Decimation, Annihilation“ zum satten Basslauf. Dem altgedienten Fan mag das bekannt sein, der Neueinsteiger, sonst eben eher auf Thurston Moores Seite unterwegs, reibt sich verdattert die Ohren und staunt – das gefällt.
Komplettstream des Albums auf Spin.